:: 11/2004

Umweltökonomische Gesamtrechnungen: Effizienz von Energieverbrauch und CO2-Emission

Energieverbrauch und CO2-Emissionen stellen zwei wichtige Messgrößen zur aktuellen Belastung der Umwelt dar. Die Ziele der Umweltpolitik in Land und Bund geben neben einer Reduktion der absoluten Mengen dieser beiden Umweltfaktoren vor allem vor, die Effizienz der Nutzung dieser Faktoren durch Produktion und Konsum zu steigern. Die Effizienz des produktionsbedingten CO2-Ausstoßes und des produktionsbedingten Energieverbrauchs konnten in Baden-Württemberg seit 1995 in ähnlichem Ausmaß wie im Bundesdurchschnitt gesteigert werden. Differenziert nach Branchen sind aber im Vergleich des Landes zum Bundesgebiet teils deutlich abweichende Veränderungsraten bis hin zu gegenläufigen Entwicklungen festzustellen. Für eine Beurteilung der Veränderungsrate ist es dabei wichtig, das absolute aktuelle Niveau der Umweltfaktoren im Land zu kennen und einzuordnen. So liegen die Effizienzwerte bezogen auf die CO2-Emissionen und den Energieverbrauch vor allem im Verarbeitenden Gewerbe im Land deutlich über dem Bundesdurchschnitt. Auf der anderen Seite übersteigen die CO2-Emissionen der privaten Haushalte aufgrund eines im Land vergleichsweise ungünstigeren Brennstoffsplitts den Bundeswert spürbar.

11 % Effizienzsteigerung des CO2-Ausstoßes seit 1991

Energieverbrauch und Kohlendioxid(CO2)-Emissionen sind wesentliche Elemente der Inanspruchnahme von Umwelt und Natur durch die Volkswirtschaft. Sie stellen zwei der in den Umweltökonomischen Gesamtrechnungen (UGR) betrachteten Umwelteinsatzfaktoren dar, die dazu dienen, die Nutzung der Umwelt als Ressourcenquelle und als Aufnahmebecken für Rest- und Schadstoffe zu messen. Ziel der Umweltpolitik ist es, die Menge von Energieverbrauch und CO2-Emissionen zu reduzieren und vor allem die Effizienz der Nutzung der Umwelteinsatzfaktoren durch Produktion und Konsum zu steigern. Als Messzahl für die Effizienz von Umwelteinsatzfaktoren zur Darstellung der Senkenfunktion der Umwelt dienen auf die wirtschaftliche Leistung bezogene spezifische Größen (CO2-Emissionen je Einheit Bruttoinlandsprodukt; BIP). Für die Effizienz der Einsatzfaktoren zur Beschreibung der Nutzung der Umwelt als Ressourcenquelle – wie den Energieverbrauch – wird die Produktivität der Umweltnutzung (BIP im Verhältnis zum Umwelteinsatzfaktor) betrachtet.

Der direkte Energieverbrauch betrug in Baden-Württemberg 2002 knapp 1 620 PJ (Petajoule)1 und hat seit 1991 um 7 % zugenommen. Die CO2-Emissionen, die 92 % der Treibhausgasemissionen ausmachen, beliefen sich 2002 auf insgesamt 80,6 Mill. t und lagen damit um 1,4 % niedriger als 1991. Rund 97 % (78,5 Mill. t) der CO2-Emissionen sind direkt mit dem Energieverbrauch verbunden, die restlichen 3 % (2,2 Mill. t) stammen aus industriellen Prozessen, hauptsächlich der Zement- und Kalkherstellung. Um die Höhe von Energieverbrauch und CO2-Emissionen in Baden-Württemberg auch im Ländervergleich besser beurteilen zu können, werden im Folgenden Emissionen und Energieverbrauch differenziert nach Wirtschaftszweigen und privaten Haushalten betrachtet. Dabei werden Entwicklung und Status quo der Umweltgrößen mit der wirtschaftlichen Leistung in den Branchen verglichen und strukturelle Besonderheiten analysiert.

Die auf die Wirtschaftsleistung bezogenen spezifischen CO2-Emissionen lagen im Land 2001 bei 275 t/Mill. Euro BIP und haben gegenüber 1991 um 11 % abgenommen (Schaubild 1). Deutschlandweit sind sie hingegen um knapp 24 % auf 425 t/Mill. Euro zurückgegangen. Maßgeblich bestimmt wurde der im Bundesdurchschnitt vergleichsweise hohe Rückgang der spezifischen CO2-Emissionen von den ostdeutschen Ländern. So konnten sie in Thüringen fast um zwei Drittel gemindert werden, in Sachsen wurden sie mehr als halbiert. Der Rückgang in Baden-Württemberg liegt mit 11 % im Mittel der alten Bundesländer.

Auch beim erreichten aktuellen Niveau, das bei der Betrachtung regionaler Unterschiede zu beachten ist, sind außerordentlich große Unterschiede zwischen den Ländern erkennbar. Für Baden-Württemberg errechnet sich nach Bayern (259 t/Mill. Euro) mit 275 t/Mill. Euro derzeit der zweitniedrigste Wert der spezifischen CO2-Emissionen. Damit liegen die auf die Wirtschaftsleistung bezogenen spezifischen CO2-Emissionen in Baden-Württemberg um 35 % unter dem Bundesdurchschnitt von 425 t/Mill. Euro. Deutlich darüber liegen sie zum Beispiel in Sachsen (691) und Nordrhein-Westfalen (679). Besondere Strukturen, insbesondere der hohe Anteil der Stromerzeugung verbunden mit einem außerordentlich großen Exportüberschuss, bedingen den hohen Wert in Brandenburg (1 442).

Ähnliche Verhältnisse ergeben sich auch bei der Betrachtung der Effizienz des Energieverbrauchs. So ist die Energieproduktivität im Land seit 1991 um rund 7 % auf 180 Euro/GJ2 im Jahr 2001 gestiegen. Trotz eines bundesweiten Anstiegs um 16 % im gleichen Zeitraum liegt sie aktuell in Baden-Württemberg um immerhin 33 % über dem Bundesdurchschnitt von 135 Euro/GJ und anders als bei den spezifischen CO2-Emissionen sogar höher als der Wert in Bayern (165). Der niedrigste Produktivitätswert errechnet sich analog zum CO2 für Brandenburg (68). Allerdings ist die Streuung zwischen den Ländern bei der Energieproduktivität erheblich weniger stark ausgeprägt als bei den spezifischen CO2-Emissionen.

CO2-Emissionen der Haushalte im Land 12 % über dem Bundesdurchschnitt

Der durch die Produktion von Waren und Dienstleistungen (im Folgenden kurz Wirtschaft) verursachte Energieverbrauch machte mit 1 081 PJ im Jahr 2001 in Baden-Württemberg rund 67 % des gesamten Energieverbrauchs (1 615 PJ) aus. Die übrigen 33 % (534 PJ) sind direkt den privaten Haushalten zuzurechnen. Dies entspricht 50,6 GJ je Einwohner, gut 2 % mehr als im Bundesdurchschnitt. Der Anteil der privaten Haushalte an den gesamten CO2-Emissionen (82,5 Mill. t) beträgt sogar 37 % (30,4 Mill. t), der der Wirtschaft liegt bei 63 % (52,1 Mill. t) (Schaubild 2). Je Einwohner liegen die CO2-Emissionen der privaten Haushalte bei knapp 2,9 t und damit um fast 12 % über dem Bundesdurchschnitt (2,6 t). Im privaten Bereich werden Energieträger vorwiegend in Form von Brennstoffen zur Raumwärmeerzeugung und Warmwasserbereitung, als Kraftstoffe im Straßenverkehr sowie in Form von Strom für privat genutzte Elektrogeräte und Transportmittel eingesetzt. Die vergleichsweise hohen Werte beim CO2 in Baden-Württemberg werden in erster Linie durch die Art der im Land zur Raumheizung eingesetzten Brennstoffe verursacht. Ausschlaggebend ist der in Baden-Württemberg überdurchschnittlich hohe Anteil von leichtem Heizöl und der umgekehrt vergleichsweise geringe Einsatz von Erdgas.

Energieproduktivität der Wirtschaft doppelt so hoch wie in Deutschland

Der Hauptteil des produktionsbedingten Energieverbrauchs wie auch der produktionsbedingten CO2-Emissionen entsteht in den Wirtschaftsbereichen Energieversorgung und Verarbeitendes Gewerbe. Der direkte Energieverbrauch des Wirtschaftszweigs Energieversorgung macht in Baden-Württemberg mit knapp 400 PJ rund 37 % des Gesamtenergieverbrauchs der Wirtschaft aus. Der Anteil an den produktionsbedingten CO2-Emissionen beträgt bei knapp 20 Mill. t rund 38 %. Das Verarbeitende Gewerbe hat mit 410 PJ einen Anteil von 38 % am Energieverbrauch und mit gut 18 Mill. t CO2 einen Anteil von 35 % am CO2-Ausstoß der Wirtschaft. Auf den Dienstleistungssektor entfallen gut 220 PJ Energie und 11 Mill. t CO2 (jeweils rund 21 %), die restlichen 4 % des Energieverbrauchs bzw. 5 % der CO2-Emissionen der Wirtschaft im Land werden vom Baugewerbe, der Landwirtschaft sowie dem Bergbau und der Gewinnung von Steinen und Erden verursacht.

Die Aufteilung der Umwelteinsatzfaktoren auf die Bereiche Energieversorgung, Verarbeitendes Gewerbe und Dienstleistungen fällt fast umgekehrt zur Aufteilung der Bruttowertschöpfung (BWS) aus. Mit 176 Mrd. Euro wurden 2001 immerhin 63 % der gesamten Wirtschaftsleistung des Landes im Dienstleistungsbereich erbracht. Das Verarbeitende Gewerbe trägt mit 83 Mrd. Euro oder knapp 30 % zur Wirtschaftsleistung bei, während auf die Energieversorgung im Gegensatz zu ihrem hohen Anteil an Energieverbrauch und CO2-Emissonen weniger als 2 % der BWS entfallen. Dementsprechend niedrig ist die Energieproduktivität der Energie- und Wasserversorgung (11 Euro/GJ) und hoch der spezifische CO2-Ausstoß je wirtschaftlicher Leistung (4 543 t/Mill. Euro). Dahingegen errechnen sich für den Dienstleistungsbereich eine vergleichsweise hohe Energieproduktivität (782 Euro/GJ) und relativ geringe spezifische CO2-Emissionen (62 t/Mill. Euro) (Schaubild 3).

Insgesamt betragen die spezifischen CO2-Emissionen der Wirtschaft ohne die direkten Emissionen der privaten Haushalte im Land 186 t/Mill. Euro BWS und liegen damit etwa bei der Hälfte des Bundesdurchschnitts (345). Umgekehrt errechnet sich mit 259 Euro/GJ im Land eine um fast 50 % höhere Energieproduktivität der Wirtschaft (Bundesdurchschnitt 181 Euro/GJ). In fast allen Wirtschaftszweigen liegt die Energieproduktivität in Baden-Württemberg über dem entsprechenden Wert im Bundesdurchschnitt. Besonders deutlich ist der Unterschied im Verarbeitenden Gewerbe. Hier liegt sie in Baden-Württemberg mit 203 Euro/GJ weit mehr als doppelt so hoch wie im Bundesdurchschnitt (Schaubild 3).

Spezifische CO2-Emissionen im Maschinenbau am niedrigsten

Die deutlich günstigsten Effizienzwerte errechnen sich im Land für den Maschinenbau mit einer Energieproduktivität von 712 Euro/GJ (Schaubild 3) und einem spezifischen CO2-Ausstoß von 51 t pro Mill. Euro wirtschaftlicher Leistung. Ebenfalls vergleichsweise wenig energie- und CO2-intensiv ist die Produktion im Fahrzeugbau mit einer aktuellen Energieproduktivität von 339 Euro/GJ und rund 111 t CO2 pro Mill. Euro BWS. Beide Branchen tragen zu einem erheblichen Teil zur Wirtschaftsleistung im Land bei. Eher energie- und CO2-intensive Wirtschaftszweige sind die Chemische Industrie und die Metallerzeugung. Beide Branchen haben in Bezug auf Energieverbrauch und CO2-Emissionen in Baden-Württemberg allerdings ein im Vergleich zum Bundesdurchschnitt geringeres Gewicht. Die Gesamtgrößen der spezifischen Emissionen und der Energieproduktivität werden maßgeblich bestimmt vom Anteil dieser Branchen an der Wirtschaft eines Bundeslandes. So haben in Nordrhein-Westfalen, wo das Verarbeitende Gewerbe immerhin rund 50 % des Energieverbrauchs und knapp 30 % der CO2-Emissionen der gesamten Wirtschaft ausmacht, vor allem die beiden genannten energie- und CO2-intensiven Wirtschaftszweige eine anteilig große Bedeutung. Die Energieproduktivität des Verarbeitenden Gewerbes liegt dort um mehr als 35 % niedriger als im Bundesdurchschnitt und sogar um 70 % niedriger als in Baden-Württemberg.

Unterdurchschnittlicher CO2-Ausstoß durch Strom aus Kernkraft

Die Streuung zwischen den Ländern und den Wirtschaftszweigen ist bei den CO2-Emissionen teils erheblich stärker ausgeprägt als beim Energieverbrauch. Dafür sind im Wesentlichen zwei Einflussfaktoren verantwortlich. Zum einen spielt der Einsatz unterschiedlicher Energieträger, vor allem an CO2-neutraler Kernenergie und nachwachsenden Rohstoffen eine wesentliche Rolle. Zum anderen werden die bei der Stromerzeugung entstehenden CO2-Emissionen vollständig dem Land zugerechnet, in dem die Kraftwerke ihren Standort haben, und Stromexporte und -importe zwischen den Ländern nicht berücksichtigt. Eine wesentliche Ursache für hohe spezifische CO2-Emissionen ist demnach in vielen Ländern der Stromexport. In Baden-Württemberg werden 60 % des erzeugten Stroms aus Kernenergie gedeckt, sodass der Wirtschaftszweig Energieversorgung mit 38 % einen vergleichsweise geringen Anteil an den produktionsbedingten CO2-Emissionen ausmacht (bundesweit 47 %). Umgekehrt beträgt der Anteil der Energieversorgung am produktionsbedingten Energieverbrauch im Land 37 % gegenüber 31 % im Bundesdurchschnitt.

Produktionsbedingte Effizienzverbesserung seit 1995 im Bundesdurchschnitt

Die produktionsbedingten CO2-Emissionen insgesamt lagen in Baden-Württemberg 2001 in etwa auf dem Niveau von 1995, der produktionsbedingte Energieverbrauch hat sogar um 2 % zugenommen, wobei allein der Stromverbrauch um fast 28 % anstieg. Die Entwicklung verlief aber in den einzelnen Wirtschaftszweigen sehr unterschiedlich. Im Verarbeitenden Gewerbe steht einer Abnahme der Emissionen um knapp 13 % eine Zunahme des Energieverbrauchs um knapp 4 % gegenüber. Dies erklärt sich aus dem dort sogar um 30 % erhöhten Verbrauch an Strom. Stark geprägt ist diese Entwicklung vom Fahrzeugbau, wo eine Zunahme der CO2-Emissionen um 27 % und des Energieverbrauchs um knapp 35 % zu verzeichnen ist. Die Steigerung des Stromverbrauchs im Fahrzeugbau beläuft sich sogar auf 48 %. Im Dienstleistungsbereich gingen die Emissionen um rund 1 % zurück, der Energieverbrauch stieg im gleichen Zeitraum um 8 % an, ebenfalls vor allem bedingt durch eine beträchtliche Zunahme des Stromverbrauchs um 32 %.

Deutschlandweit sind die CO2-Emissionen der Wirtschaft im gleichen Zeitraum von 1995 bis 2001 um knapp 4 % zurückgegangen, in erster Linie getragen vom Rückgang im Bereich Bergbau und Gewinnung von Steinen und Erden (minus 43 %). Allerdings nahmen die CO2-Emissionen im Verarbeitenden Gewerbe bundesweit mit einem Minus von 10 % weniger deutlich ab als in Baden-Württemberg.

Während die CO2-Emissionen der Wirtschaft im Land 2001 etwa auf dem Niveau von 1995 lagen, stieg die wirtschaftliche Leistung in diesem Zeitraum um insgesamt gut 17 %. Daraus resultiert eine Abnahme der spezifischen CO2-Emissionen je Bruttowertschöpfung um 15 % und eine Steigerung der Energieproduktivität um ebenfalls nahezu 15 %. Die Effizienzverbesserung der gesamten Wirtschaft in Bezug auf Energie und Emissionen ist im Land damit ähnlich hoch wie im Bundesdurchschnitt (Energieproduktivität +11 %; spezifische CO2-Emissionen −15 %). Getragen wird die Entwicklung in Land und Bund vom Verarbeitenden Gewerbe und vom Dienstleistungsbereich. Im Verarbeitenden Gewerbe sind die spezifischen Emissionen in Baden-Württemberg bei einer Steigerung der BWS (gut 12 %) um immerhin 22 % zurückgegangen, im Dienstleistungssektor sanken die spezifischen Emissionen um 19 % bei in etwa gleich bleibender Emissionsfracht in erster Linie als Folge des Anstiegs der BWS (+22 %). Die Energieproduktivität im Dienstleistungsbereich ist um 13 % und im Verarbeitenden Gewerbe um knapp 9 % gestiegen. Auch im Fahrzeugbau konnten durch die gleichzeitige Steigerung der wirtschaftlichen Leistung um 37 % trotz der oben festgestellten deutlichen Erhöhung von CO2-Ausstoß und Energieverbrauch die spezifischen Emissionen um 7 % gesenkt und die Energieproduktivität noch um 2 % erhöht werden.

1 1 Petajoule (PJ) entspricht 1015 Joule; 1 Joule (J) entspricht etwa 0,034 Steinkohleinheiten (SKE) oder 0,278 Kilowattstunden (kWh).

2 1 Gigajoule (GJ) entspricht 109 Joule.