:: 11/2004

Statistisches Monatsheft November 2004

Ausbau der Kindertagesbetreuung hat Vorteile für die Volkswirtschaft

Ludwig Georg Braun, der Präsident des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK), wirbt für den Ausbau der Kinderbetreuung als »eine notwendige Investition in die Zukunft … des Wirtschaftsstandortes Deutschland«. Das verstärkte Engagement des DIHK und anderer Wirtschaftsverbände weist darauf hin: Aus demografischer und volkswirtschaftlicher Sicht sprechen gute Gründe für einen bedarfsgerechten Ausbau der Kindertagesbetreuung. Ein verbessertes Betreuungsangebot würde den Erwerbswünschen vieler Mütter entgegenkommen und vielen Familien höhere Einkommen ermöglichen. Auch die Folgen des demografischen Wandels könnten möglicherweise besser bewältigt werden: Eine weitere Zunahme der Frauenerwerbstätigkeit würde dem zu erwartenden Rückgang des Arbeitskräftepotenzials entgegenwirken. Gute Rahmenbedingungen für eine Vereinbarkeit von Beruf und Familie können auch die Entscheidung für Kinder wieder leichter machen. Der bedarfsgerechte Ausbau der Kindertagesbetreuung ist aus volkswirtschaftlicher Sicht eine lohnende Investition, für die privaten wie für die öffentlichen Haushalte. Nicht zuletzt die gegenwärtig zurückgehenden Kinderzahlen bieten die Chance für einen konsequenten Umbau und Ausbau des westdeutschen Betreuungssystems.

Schulabgänger aus allgemein bildenden Schulen ohne Hauptschulabschluss im Bundesgebiet

Bundesweit ist einmal mehr ein Südwest-Nordost-Gefälle feststellbar. So fallen auch in Baden-Württemberg (neben Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz und Bayern) einfach weniger junge Menschen durchs Sieb der schulischen Bildung und haben so bessere Chancen, einen der raren Ausbildungsplätze zu finden, als Jugendliche anderswo. Auch eine Stadt-Land-Diskrepanz ist vor allem im süddeutschen Raum feststellbar.

Im folgenden Beitrag untersuchen Jessica Huter und Prof. Lothar Eichhorn auf Kreisebene für Deutschland die regionale Verteilung der Schulabgänger ohne Hauptschulabschluss. Die Autoren vom Niedersächsischen Landesamt für Statistik haben für ihren Beitrag jeweils verschieden sachadäquate Indikatoren und Bezugsgrößen gebildet, um regionale Unterschiede anhand statistisch vorliegender Merkmale herauszuarbeiten. Die Untersuchung wurde auszugsweise mit freundlicher Genehmigung der Autoren abgedruckt.

Schwerbehinderte Menschen in Baden-Württemberg

Die Zahl der schwerbehinderten Menschen in Baden-Württemberg stieg im Jahr 2003 mit 691 210 Personen gegenüber der letzten Erhebung vor 2 Jahren nur unwesentlich an. Naturgemäß sind Behinderungen bei älteren Menschen häufiger. So ist fast die Hälfte der Betroffenen über 65 Jahre alt. Von einer Schwerbehinderung sind häufiger Männer als Frauen betroffen.

Produktionsschwerpunkte des Verarbeitenden Gewerbes

In der Industriestatistik steht häufig die Konjunkturberichterstattung über die kurzfristige Entwicklung der Auftragseingänge, der Produktion und der Umsätze im Vordergrund. Die Darstellung erfolgt überwiegend in der Form von Indizes. Die sektorale Struktur des Verarbeitenden Gewerbes wird üblicherweise über die Umsätze und/oder Beschäftigten in wirtschaftssystematischer Gliederung abgebildet. Doch selbst bei tiefer sektoraler Differenzierung bleibt meistens verborgen, welche Produktionsschwerpunkte und Spezialitäten und welche Produktvielfalt die verschiedenen Wirtschaftszweige prägen. Für Transparenz über das industrielle Produktsortiment sorgt die Produktionsstatistik, die unterhalb der Wirtschaftszweigebene Daten nach tausenden von verschiedenen Güterarten liefert.

Verarbeitendes Gewerbe: Starke Konzentration der Beschäftigten und Umsätze in den Großbetrieben

Den kleinbetrieblich strukturierten Betrieben wird gemeinhin eine besondere Rolle im Wirtschaftsleben zugeschrieben. Durch ihre geringe Größe und die übersichtlichen Strukturen gelten sie als flexibel und damit als besonders anpassungsfähig für das Agieren in einem dynamischen wirtschaftlichen Umfeld. Daneben ist die breite regionale Streuung ein weiteres Merkmal der kleinbetrieblich strukturierten Betriebe, auf die auch in der Wirtschaftspolitik ein besonderes Augenmerk gerichtet wird. Die Betrachtung der Struktur des Verarbeitenden Gewerbes in Baden-Württemberg zeigt allerdings den starken Einfluss großer Betriebe auf das wirtschaftliche Geschehen.

Spanien – ein Absatzmarkt mit zunehmender Bedeutung für Baden-Württemberg

Im 1. Halbjahr 2004 wurden nach vorläufigen Ergebnissen Waren im Wert von 2,9 Milliarden Euro in das EU-Mitgliedsland Spanien ausgeführt. Das entsprach einem Zuwachs von 9,4 %. Damit setzte sich der schon länger anhaltende zunehmende Trend bei den Warenlieferungen nach Spanien weiter fort. Zwischen 1996 und 2003 hatte sich das Ausfuhrvolumen mehr als verdoppelt (+113 %). Spanien rangierte im 1. Halbjahr 2004 mit 5,2 % Anteil an den Gesamtausfuhren Baden-Württembergs in der Listung der wichtigsten Bestimmungsländer auf Platz 6. Auf dem ersten Platz lagen die USA mit 12,1 % Anteil, gefolgt von den Ländern Frankreich, Italien, Vereinigtes Königreich und der Schweiz.

Wenig Bewegung bei den Baupreisen

Die Krise im Bausektor wird auch durch die stagnierende Preisentwicklung im letzten Jahrzehnt deutlich. Im Jahr 2003 befand sich der Baupreisindex für Wohngebäude auf einem Stand von 100,5 (Basis 2000: = 100) und war damit nur unwesentlich höher als 10 Jahre zuvor. Im Jahr 1993 lag der Vergleichswert zum selben Basisjahr bei 99,8. Erst im 2. Quartal 2004 kam dann etwas Bewegung in die Baupreise, ausgelöst vor allem durch eine sprunghafte Erhöhung der Stahlpreise. Auswirkung zeigte diese besonders auf die Preisentwicklung von Bauleistungen, die auf Stahlerzeugnisse angewiesen sind, wie die Beton- und Stahlbetonarbeiten oder auch die Putz- und Stuckarbeiten.

Umweltökonomische Gesamtrechnungen: Effizienz von Energieverbrauch und CO2-Emission

Energieverbrauch und CO2-Emissionen stellen zwei wichtige Messgrößen zur aktuellen Belastung der Umwelt dar. Die Ziele der Umweltpolitik in Land und Bund geben neben einer Reduktion der absoluten Mengen dieser beiden Umweltfaktoren vor allem vor, die Effizienz der Nutzung dieser Faktoren durch Produktion und Konsum zu steigern. Die Effizienz des produktionsbedingten CO2-Ausstoßes und des produktionsbedingten Energieverbrauchs konnten in Baden-Württemberg seit 1995 in ähnlichem Ausmaß wie im Bundesdurchschnitt gesteigert werden. Differenziert nach Branchen sind aber im Vergleich des Landes zum Bundesgebiet teils deutlich abweichende Veränderungsraten bis hin zu gegenläufigen Entwicklungen festzustellen. Für eine Beurteilung der Veränderungsrate ist es dabei wichtig, das absolute aktuelle Niveau der Umweltfaktoren im Land zu kennen und einzuordnen. So liegen die Effizienzwerte bezogen auf die CO2-Emissionen und den Energieverbrauch vor allem im Verarbeitenden Gewerbe im Land deutlich über dem Bundesdurchschnitt. Auf der anderen Seite übersteigen die CO2-Emissionen der privaten Haushalte aufgrund eines im Land vergleichsweise ungünstigeren Brennstoffsplitts den Bundeswert spürbar.

Der Hegau – Struktur und Entwicklung des Kulturraums im Süden Baden-Württembergs

Zum Hegau zählen 16 Gemeinden im westlichen Teil des Landkreises Konstanz. Ursprünglich durch Landwirtschaft und Industrie geprägt, weist er heute eine ausgewogene Wirtschaftsstruktur auf. Allerdings ist das Arbeitsplatzangebot unterdurchschnittlich und daraus resultierend die Steuerkraft der Gemeinden ebenfalls. Dagegen liegt die kommunale Verschuldung je Einwohner im Hegau nicht einmal halb so hoch wie im Land insgesamt.

Trotz seiner landschaftlichen und kulturellen Attraktivität steht der Hegau touristisch weiterhin im Schatten des Bodensees. Bezogen auf die Einwohnerzahl liegt die »Übernachtungsdichte« im Hegau nur bei gut einem Drittel des Bodenseegebiets und bei etwa drei Viertel des Landesdurchschnitts.

Flächennutzung: Ansprüche und Wirklichkeit

An die Fläche und damit die Nutzungsmöglichkeiten von Grund und Boden werden vielfältige Ansprüche gestellt. Die intensive Nutzung als Siedlungs- und Verkehrsfläche zum Wohnen und Arbeiten, zur Erholung, für die technische wie soziale Infrastruktur und den Verkehr wird zunehmend kritisch hinterfragt. Die Stimmen in der öffentlichen Diskussion, die einen sparsameren Umgang mit der Ressource Boden fordern, mehren sich. Im Entwurf des unweltpolitischen Schwerpunktprogramms der Bundesregierung wurde beispielsweise das Ziel vorgegeben, den täglichen Flächenverbrauch bis zum Jahre 2020 bundesweit auf 30 ha zu beschränken. Im Vergleich zum Referenzzeitraum 1997/2000, in dem in Deutschland durchschnittlich 120 ha pro Tag verbraucht wurden, bedeutet dies eine Reduzierung auf ein Viertel des Ausgangsniveaus – ein sehr ehrgeiziges Unterfangen also.

Churchill: »Ich glaube nur der Statistik, die ich selbst gefälscht habe…«

Zahlen und Statistiken helfen, Sachverhalte auf den Prüfstand zu stellen. Zahlen und Statistiken sind allerdings ihrerseits Prüfungen, Skepsis und Zweifeln ausgesetzt. Das zeigen in dieser Zeit wirtschaftlicher und sozialer Umbrüche vielfache öffentliche Einwendungen gegen zahlenbelegte Feststellungen. Unter den zahlreichen Erstellern von Statistiken nimmt die amtliche Statistik des Bundes, der Länder und der Gemeinden eine Sonderstellung ein, da für sie die gesetzliche Vorschrift gilt, neutral, objektiv und in wissenschaftlicher Unabhängigkeit zu arbeiten und entsprechende Veröffentlichungen vorzulegen. Das bewahrt die amtliche Statistik in der Regel vor ungerechtfertigter Kritik. Aber trotzdem gerät auch die amtliche Statistik immer wieder mit in den Sog der allgemeinen Skepsis gegenüber Statistiken, die sich vor allem in dem »Zitat« ausdrückt: »Ich glaube keiner Statistik, die ich nicht selbst gefälscht habe.« Angeblich stammt das »Zitat« von dem ehemaligen britischen Premierminister Sir Winston Churchill. Muss aber nicht eher von einem »Gerücht« statt von einem »Zitat« gesprochen werden? Im Interesse des Ansehens auch der Datengeber, deren Angaben erst Statistiken ermöglichen, begann vor einigen Jahren das Statistische Landesamt dieser Frage nachzugehen. Nach recht umfangreichen Recherchen, die auf freundliches Interesse von Wissenschaftlern und jüngst auch angesehenen Verlagen stießen, lässt sich heute mehr denn je sagen: Nichts spricht für die Richtigkeit des »Zitats« und alles spricht dagegen.

Rankomanie, Superlative und Benchmarks

Durch die leichte Verfügbarkeit von Daten, den fast spielerischen Umgang mit Kalkulationsprogrammen und die komfortable Vermittlung über das World Wide Web scheint eine weltweite Rankomanie ausgebrochen zu sein. Täglich und zu kaum noch vorstellbaren Themen werden Rankings angeboten. Die Gewinner oder Teilgewinner nutzen das, was sie selbst in ein gutes Licht stellt, zur positiven Selbstdarstellung. Es scheint dabei keine Rolle zu spielen, was die vielen Superlative überhaupt aussagen und wie sie ermittelt wurden. Die Verlierer zweifeln ebenso selbstverständlich die Ergebnisse wegen methodischer Mängel an, weil nicht sein kann, was nicht sein darf.