:: 5/2005

Kinderreichtum und Erwerbstätigkeit der Eltern

Auch in kinderreichen Familien, und zwar in etwa jeder zweiten, sind der Vater und die Mutter erwerbstätig – die Väter üblicherweise in Vollzeit und die Mütter in Teilzeit. Außerdem sind von 100 Müttern mit drei und mehr Kindern 14 vollzeiterwerbstätig, selbst dann, wenn sie kleinere Kinder haben. Kinderreiche, allein erziehende Eltern sind besonders häufig und dann eher vollzeiterwerbstätig. Der wesentliche Grund für eine Teilzeitbeschäftigung kinderreicher Mütter sind persönliche oder familiäre Verpflichtungen und wohl vergleichsweise selten die Schwierigkeit, eine Vollzeiterwerbstätigkeit zu finden.

Tag für Tag die Anforderungen der Familie mit denen der eigenen Erwerbstätigkeit unter einen Hut zu bekommen, ist für viele Eltern eine große Herausforderung. Das Erwerbseinkommen eines oder mehrerer Familienmitglieder sichert den Lebensunterhalt der Familie, andererseits lenkt das zeitliche Ausmaß der Erwerbstätigkeit einzelner Familienmitglieder den Alltag in der Familie. Es sind fast ausnahmslos die Mütter, die die Tätigkeiten im Haushalt und die Betreuung und Erziehung der Kinder übernehmen. Gleichzeitig ist Erwerbstätigkeit und Mutterschaft heute nahezu eine Selbstverständlichkeit. Frauen selbst wünschen die Verbindung, Politik und Wirtschaft ermuntern ausdrücklich dazu, ja legen sie den Frauen sogar nahe. Das ist der Hintergrund, vor dem kinderreiche Familien, also Familien mit drei und mehr Kindern, mit dieser Herausforderung umgehen. Von besonderer Bedeutung ist dabei die Berufstätigkeit der Mütter. Unter den derzeit geltenden Rahmenbedingungen in Deutschland ist die Verknüpfung von Familie und Erwerbsbeteiligung für Mütter von ein oder zwei Kindern noch einigermaßen realisierbar. Jedes zusätzliche Kind bringt jedoch zusätzliche Erschwernisse, macht eine kontinuierliche Beschäftigung der Mütter oft unmöglich und erschwert den beruflichen Wiedereinstieg. Gleichzeitig kann für die Frau ihre Entscheidung für eine große Familie gleichsam eine Entscheidung gegen eine zumindest zeitlich umfassendere Erwerbstätigkeit sein.

Mütter mit drei und mehr Kindern sind vollzeiterwerbstätig, selbst dann …

In Baden-Württemberg gibt es derzeit (2004) rund 252 000 Familien mit drei und mehr Kindern. Die Familienverhältnisse sehen wie folgt aus:

Miteinander verheiratete Eltern89 %,
Allein Erziehende9 %,
Nicht miteinander verheiratete Eltern2 %.

Von den kinderreichen Ehepaaren gehen in zahlreichen Familien beide Eltern einer Erwerbstätigkeit nach:

Väter90 %,
Mütter56 %.

Die Väter sind in der Regel vollzeitbeschäftigt, das heißt, ihre Arbeitszeit beträgt 35 und mehr Wochenstunden. Demgegenüber sind erwerbstätige Mütter, die drei und mehr Kinder zu versorgen haben, ganz überwiegend in Teilzeit beschäftigt, die meisten von ihnen weniger als 20 Wochenstunden (Schaubild 1). In rund 6 % aller kinderreichen Ehepaar-Familien sind beide Partner nicht erwerbstätig.

Die Zahl der Kinder beeinflusst allein das Erwerbsverhalten der Mütter. Für die Väter hingegen spielt es kaum eine Rolle, wie viele Kinder sie haben, denn lediglich 3 % aller verheirateten Männer mit Kindern arbeiten in Teilzeit.

Selbst in kinderreichen Familien, in denen die Eltern verheiratet zusammenleben und der Mann vollzeiterwerbstätig ist, gehen fast 6 von 10 Müttern einer Erwerbstätigkeit nach (Schaubild 2).

Jede siebente Mutter von drei und mehr Kindern ist sogar 35 oder mehr Stunden in der Woche erwerbstätig. Allerdings gilt auch weiterhin: Je weniger Kinder zu betreuen sind, desto eher sind die Mütter vollzeiterwerbstätig, desto seltener üben sie eine Teilzeitbeschäftigung aus oder sind nicht erwerbstätig. Dabei fällt auf: Mütter von zwei Kindern sind genauso häufig erwerbstätig wie Mütter von einem Kind; sie sind jedoch deutlich seltener vollzeiterwerbstätig. Sie sind damit kaum häufiger vollzeiterwerbstätig als Mütter von drei und mehr Kindern. Mit anderen Worten: Die Scheidelinie für eine Vollzeiterwerbstätigkeit liegt bei Müttern im Übergang vom ersten zum zweiten Kind. Die Scheidelinie überhaupt für eine Erwerbstätigkeit liegt eher beim Übergang zum dritten Kind (Schaubild 2).

… wenn kleinere Kinder zu betreuen sind

Die Entscheidung für oder gegen eine Erwerbstätigkeit und deren Umfang wird auch vom Alter des jüngsten Kindes mitbestimmt. Der zeitliche Aufwand für die Betreuung und Erziehung ist bei kleinen Kindern am höchsten. Deshalb wohl bleibt gut die Hälfte der kinderreichen Mütter zu Hause, wenn das jüngste Kind noch keine 6 Jahre alt ist. Bei der anderen Hälfte liegt der eindeutige Schwerpunkt auf einer Teilzeitbeschäftigung unter 20 Wochenstunden. Allerdings sind auch 14 % der kinderreichen Mütter mit kleinen Kindern wenigstens 35 Stunden in der Woche erwerbstätig (Tabelle 1). Mit zunehmendem Alter der Kinder steigt die Erwerbsbeteiligung ihrer Mütter an. In der Zeit, in der sich das jüngste Kind im schulpflichtigen Alter zwischen 6 und 15 Jahren befindet, geht der Trend vermehrt zu einer Teilzeitbeschäftigung, bei älteren Kindern wird auch zum Teil wieder einer Vollzeitbeschäftigung nachgegangen.

Ein Viertel der allein Erziehenden mit drei und mehr Kindern ist vollzeiterwerbstätig

Allein erziehende Mütter und Väter1 mit drei und mehr Kindern können nicht auf ein Erwerbseinkommen eines Partners zurückgreifen. Um den Lebensunterhalt der Familie eigenständig zu sichern, müssen sie erwerbstätig sein. Zwei Drittel der kinderreichen allein Erziehenden sind erwerbstätig. 27 % gehen einer Vollzeiterwerbstätigkeit nach und 38 % arbeiten in Teilzeit. Gut ein Drittel (35 %) der allein Erziehenden geht keinem Erwerb nach. Damit sind allein Erziehende doppelt so oft vollzeiterwerbstätig wie kinderreiche verheiratete Mütter. Sind allein erziehende Eltern von drei und mehr Kindern teilzeiterwerbstätig, dann überwiegt ein höherer Stundenumfang zwischen 20 und 34 Stunden in der Woche.

Gründe für eine Teilzeiterwerbstätigkeit

Die vorangegangenen Ergebnisse haben gezeigt, dass es in erster Linie die Mütter sind, die ihre Erwerbsbeteiligung an den Bedürfnissen der Familie ausrichten. Von allen Frauen mit Kindern werden als hauptsächlicher Grund für die ausgeübte Teilzeittätigkeit persönliche oder familiäre Verpflichtungen genannt, wobei diese Aussage bei kinderreichen Familien in höherem Maße zutrifft (Tabelle 2). Je mehr Kinder zu betreuen sind, desto seltener wird die Teilzeitbeschäftigung als eine Notlösung für eine tatsächlich gewünschte Vollzeittätigkeit empfunden. Für allein erziehende Mütter ist es mitunter schwieriger, eine Vollzeittätigkeit zu finden, die sich mit den familiären Belangen in Einklang bringen lässt. Alle anderen Gründe spielen eine eher untergeordnete Rolle oder wurden nicht näher spezifiziert.

1 Die große Mehrheit (82%) der allein Erziehenden sind allein erziehende Mütter.