:: 7/2005

Europäische Metropolregionen im Vergleich

Vor dem Hintergrund der zunehmenden Globalisierung der Wirtschaft, die gekennzeichnet ist durch eine wachsende internationale Verflechtung der Volkswirtschaften über den Austausch von Gütern, Kapital und Technologie, gewinnt der Wettbewerb der Regionen nicht zuletzt auch innerhalb Europas an wachsender Bedeutung. Gerade eine exportorientierte Wirtschaft mit herausgehobener Bedeutung wie in Baden-Württemberg verlangt im Regionenvergleich nach einer Positionsbestimmung. Auf der Grundlage zentraler demografischer und ökonomischer Indikatoren richtet sich im vorliegenden Beitrag der Fokus auf die Entwicklungsdynamik und die Struktur der europäischen Metropolregionen. In diesem Zusammenhang soll auch der These nachgegangen werden, dass die bisherigen industriellen Kernregionen ihre hervorgehobene Stellung behalten, dass sie ihre Wirtschaftsstruktur aber im Rahmen eines fortschreitenden Tertiarisierungsprozesses deutlich verändern. Im Konzert der Metropolregionen brilliert der Wirtschaftsraum Stuttgart mit seinem hohen Innovationspotenzial. Die Region Stuttgart ist weiterhin die am stärksten von der Industrie geprägte Metropolregion. Im Vergleich zu den anderen untersuchten Regionen ist vor allem Nachholbedarf bei der Entwicklung des Dienstleistungssektors erkennbar.

München vor London mit höchster Wirtschaftskraft

Die Wirtschaft der Metropolregionen Europas (i-Punkt 1, Schaubild 1) ist keineswegs homogen. Auch in ihnen spiegeln sich in hohem Maße die regionalen Unterschiede von Wirtschaftskraft, Wettbewerbsfähigkeit und Wohlstand wider, wie es im Bruttoinlandsprodukt je Einwohner (hier umgerechnet in Kaufkraftstandards; vgl. i-Punkt 2) zum Ausdruck kommt. Der Ballungsraum München war 2002 wie schon in den Vorjahren mit einer Wirtschaftsleistung von fast 40 500 KKS je Einwohner europaweit die wirtschaftstärkste Region, dicht gefolgt von London (40 010 KKS) und Kopenhagen (38 150 KKS). Damit wurde in der bayerischen Metropole pro Kopf fast doppelt so viel erwirtschaftet wie im Durchschnitt der EU-25-Mitgliedstaaten (21 200 KKS). Die Metropolregion Stuttgart (31 530 KKS) konnte innerhalb von Deutschland den zweiten und damit europaweit unverändert den neunten Platz belegen (Schaubild 2). Dagegen zählten Berlin und die ostdeutschen Metropolregionen Leipzig/Halle und Dresden zu den wirtschaftsschwächsten Regionen Europas. Das Schlusslicht der Rangskala bildete Neapel, wo die Wirtschaftskraft fast ein Drittel unter dem europäischen Durchschnitt lag. Bemerkenswert ist der siebte Platz der Metropolregion Dublin, die inzwischen dank ihres enormen Wirtschaftswachstums Stuttgart überholen und sich so vom ehemals 17. auf den 7. Platz verbessern konnte. Trotz dieser partiellen Aufholprozesse ist festzustellen, dass sich zwischen den europäischen Agglomerationsräumen die Ungleichgewichte hinsichtlich der Wirtschaftskraft seit 1995 nicht abgebaut haben.

Erfolgsquellen der Spitzenreiter: Dienstleistungen und Innovationen

Was macht die Spitzenreiter der europäischen Metropolregionen so erfolgreich? Auffallend ist, dass die Bestplatzierten sehr hohe Anteile ihrer Wertschöpfung im Dienstleistungssektor erbringen (Tabelle). So hat der Dienstleistungsanteil 2002 im Großraum München gut 79 % betragen und in London waren es sogar 86 %, während der EU-25-Durchschnitt »nur« bei knapp 71 % lag . Auch in Kopenhagen und Paris haben die Dienstleister zu rund 85 bzw. 83 % zur gesamten Wertschöpfung beigetragen. Diese Ballungsräume brillieren vor allem durch sehr hohe Anteile wissensintensiver Dienstleistungen wie im Verkehrs-, Kommunikations-, Banken-, Versicherungs-, Forschungs-, Bildungs- und Mediensektor, die sich durch sehr hochwertige Arbeitsplätze auszeichnen. 1

Stuttgart ist europaweit die Metropolregion, die am stärksten von der Industrie geprägt ist. 2002 entfielen hier rund 40 % der Wertschöpfung auf das Produzierende Gewerbe – das heißt gut 10 Prozentpunkte mehr als im EU-Durchschnitt. Selbst im stark industrialisierten Norditalien konnten die Metropolen Mailand und Turin »nur« mit Anteilswerten von jeweils rund 30 % aufwarten.

Die Stärke der Stuttgarter Wirtschaft gründet insbesondere auf ihrem hohen Innovationspotenzial. Mit rund 876 Patentanmeldungen je 1 Mill. Einwohner im Jahr 2002 hat sich Stuttgart zusammen mit München, wo 934 Patentanmeldungen je 1 Mill. Einwohner zu verzeichnen waren, in erheblichem Maße von den anderen Metropolregionen abgesetzt. In den nachplatzierten Metropolen wie in Stockholm, Rhein/Main und Kopenhagen wurde allenfalls eine halb so große Patentdichte erreicht. Auch die Industrieregionen Mailand und Turin konnten bei weitem nicht mit den Forschungs- und Entwicklungsergebnissen Stuttgarts mithalten. Erstaunlich gering war die Patentdichte in der TOP-Region London. Dies dürfte sich dadurch erklären, dass die Patente im Allgemeinen lediglich auf neue Produkte und Produktionsverfahren von Industrieunternehmen zielen, die in London wegen der hohen Dominanz der Dienstleistungsunternehmen schwach vertreten sind. In Athen und Lissabon war der Erfindergeist mit 13 bzw. 8 Patentanmeldungen je 1 Mill. Einwohner am schwächsten ausgeprägt.

Höchstes Wirtschaftswachstum im Wirtschaftsraum Dublin

Nicht nur hinsichtlich der Wirtschaftsleistung, der Wirtschaftsstruktur und der Forschungserfolge, sondern auch hinsichtlich des Wirtschaftswachstums (Tabelle) unterscheiden sich die Metropolregionen erheblich. Dublin wies nicht zuletzt auch infolge günstiger Rahmenbedingungen für Investoren mit einer Zunahme des Bruttoinlandsprodukts 2002 gegenüber 1995 von 108 % die höchste Wachstumsrate auf (i-Punkt 2). Damit ist die Wirtschaft der Region Dublin mehr als doppelt so stark gewachsen wie im Durchschnitt der EU-25 (41 %). Weit über dem EU-Durchschnitt lagen auch Warschau (100,5 %) und Budapest (80,2 %), was hier einerseits für einen erfolgreichen Transformationsprozess von der früheren Planwirtschaft zur heutigen Marktwirtschaft, andererseits für den hohen Nachholbedarf, also die relativ niedrige Ausgangsbasis dieser Regionen spricht. Zwar ist ihre Pro-Kopf-Wirtschaftsleistung noch weit von den europäischen Spitzenregionen entfernt, doch liegen sie weit gehend schon im Durchschnitt der EU-25. Auch die Wirtschaft der Metropolregion Athen, die gemessen am Niveau der Wirtschaftsleistung eher zum Schlusslicht Europas gehört, ist merklich dynamischer als der Durchschnitt gewachsen. Hier dürften die Wachstumsimpulse vor allem von den Investitionsprojekten zur Vorbereitung und Durchführung der Olympischen Spiele 2004 ausgegangen sein.

Von den deutschen Metropolregionen haben sich nur München und Stuttgart mit einer Wachstumsrate von gut 42 bzw. 38 % im Rahmen des europäischen Durchschnitts entwickelt. Dagegen blieben alle anderen deutschen Ballungszentren wie Berlin und Leipzig/Halle deutlich hinter Europa zurück. Insofern weichen die ostdeutschen Metropolregionen von dem ansonsten beobachtbaren Grundmuster ab, dass sich Regionen mit einem geringeren Niveau häufig durch eine größere Wirtschaftsdynamik auszeichnen.

Dienstleistungen in den Metropolregionen vielfach stärker als Industrie gewachsen

Europaweit ist der Dienstleistungssektor 2002 gegenüber 1995 mit gut 47 % wesentlich stärker gewachsen als das Produzierende Gewerbe, das nur ein Plus von rund 27 % aufweisen konnte. In fast allen hier betrachteten Metropolregionen sind von den Dienstleistungen die größeren Wachstumsimpulse ausgegangen (Tabelle), wobei Dublin, Budapest und Prag mit Spitzenwerten zwischen 127 und 162 % hervortraten. Gleichzeitig hat in diesen Ballungsräumen auch das Produzierende Gewerbe mit Zuwächsen zwischen 108 und 134 % am stärksten zugelegt, ein Prozess, der in Budapest und Prag wohl auch durch die Verlagerung von Arbeitsplätzen in die lohnkostengünstigeren Beitrittsländer unterstützt wurde. Stuttgarts Industrie konnte mit einem Wertschöpfungszuwachs von 19 % nicht ganz mit dem EU-Durchschnitt mithalten. Völlig im Abseits standen die Metropolregionen Berlin und Leipzig/Halle, die in diesem Sektor Einbußen von nahezu einem Viertel hinnehmen mussten.

Die im Dienstleistungsbereich fast überall größeren Wachstumsimpulse führten in den europäischen Metropolregionen zu einer weiteren Tertiarisierung der Wirtschaft. Nur in der Metropolregion Athen hat sich vor allem durch die vielen baugewerblichen Aktivitäten zur Vorbereitung der bereits erwähnten Olympischen Spiele 2004 der Dienstleistungsanteil deutlich verringert. Stuttgart scheint von der voranschreitenden Tertiarisierung weniger schwungvoll erfasst worden zu sein. Hierbei ist jedoch zu bedenken, dass die Industrie gerade in den Bereichen Logistik, Kommunikation, Verwaltung und Forschung in beachtlichem Umfang selbst Dienstleistungen erbringt.

Hohe Bevölkerungszunahmen in den prosperierenden Metropolregionen Dublin, Madrid und London

Hinsichtlich der Bevölkerungszahl und Bevölkerungsdichte (Tabelle) sind die hier ausgewählten Metropolregionen in der Europäischen Union naturgemäß sehr heterogen. Das liegt an den sehr unterschiedlichen regionalen Dimensionen und Abgrenzungen sowie den Besonderheiten in den Siedlungsstrukturen. Hinzu kommen nicht zuletzt Unterschiede in der Wirtschaftsstruktur, der ökonomischen Entwicklung, den Standortbedingungen und den sie bestimmenden Einflussgrößen, die die Position im interregionalen Wettbewerb bestimmen.

Die mit Abstand bevölkerungsreichste Metropolregion in der europäischen Union ist Paris (Île de France) mit 11,11 Mill. Einwohnern; mit einigem Abstand folgt London mit 7,37 Mill. Einwohnern. Zum Vergleich: In der Region Stuttgart leben 2,6 Mill. Menschen. Die kleinsten dieser Agglomerationsräume, die Regionen Kopenhagen und Dresden, erreichen mit 1,21 bzw. 1,17 Mill. eine erheblich geringere Bevölkerungszahl. Ein ganz anderes Bild vermittelt die Betrachtung der Bevölkerungsdichte: Hier sind die Metropolregionen London mit über 4 650 Einwohnern pro Quadratkilometer, Neapel (2 620) und Manchester (1 962) eindeutige Spitzenreiter. Die Region Stuttgart liegt hier mit einer Bevölkerungsdichte von 723 Personen eher im Mittelfeld. Mit Abstand die geringste Bevölkerungsdichte weisen die Wirtschaftsräume Prag (199) und Stockholm (103) auf.

Gemessen am Bevölkerungswachstum zwischen 1995 und 2002 weisen die wirtschaftlich überdurchschnittlich prosperierenden Metropolen Dublin (+ 10,5 %), Madrid (+ 9 %) und London (+ 5,3 %) die stärkste Anziehungskraft auf. Die Region Stuttgart liegt mit einer Zunahme von 3,1 % deutlich über dem Durchschnitt der 25 EU-Länder (+ 1,5 %). Nur sieben der hier betrachteten Metropolregionen weisen rückläufige Einwohnerzahlen auf, wobei die Regionen Leipzig/Halle (- 5 %) und Budapest (- 2,4 %) das kräftigste Minus verbuchten.

Insgesamt deutet die Bevölkerungsentwicklung in den Metropolen darauf hin, dass mit der verstärkten Internationalisierung und Globalisierung wirtschaftlicher Aktivitäten die großstädtischen Ballungsräume, also die Kernstädte und das mit ihnen wirtschaftlich stark verflochtene Umland, wegen ihrer zentralen Funktion als Knotenpunkte weiter aufgewertet werden. So ist die Bevölkerung in den ausgewählten Metropolregionen auch in weit überwiegendem Maße deutlich stärker angestiegen als in der EU-25 zusammen.

Europäische Dienstleistungszentren London, Brüssel, Kopenhagen

Die meisten Erwerbstätigen hatten 2002 die Wirtschaftsräume Paris mit 5,41 Mill. und London mit 4,55 Mill. Auf Rang drei folgt die deutsche Metropolregion Rhein/Main mit 2,66 Mill. Erwerbstätigen. Das Wachstumstempo der Erwerbstätigkeit fiel besonders ausgeprägt in den wirtschaftlich dynamischen Regionen aus, in denen sich das Bruttoinlandsprodukt überdurchschnittlich erhöht hat. Geradezu stürmisch war der Beschäftigungszuwachs in dem Metropolraum Dublin, in dem im Zeitraum 1995 bis 2001 ein Zuwachs von nahezu 40 % verzeichnet wurde. Eine deutlich überdurchschnittliche Beschäftigungsdynamik registrierten auch die spanischen Metropolen Madrid (+ 20,9 %) und Barcelona (+ 17,9 %). Auf Rang vier positionierte sich London (+ 16,6 %).

Unter den hier ausgewählten deutschen Metropolregionen wies der Raum Köln/Bonn mit einem Plus von annähernd 12 % die beste Erwerbstätigenbilanz auf, gefolgt von München mit knapp 11 %. Von dem im Regionenvergleich leicht unterdurchschnittlichen Wirtschaftswachstum in der Region Stuttgart gingen nur verhaltene Beschäftigungsimpulse aus: Mit einer Zunahme der Erwerbstätigkeit von gut 6 % bewegt sich der Wirtschaftsraum Stuttgart eher im Mittelfeld des Rankings.

Als Jobmotor erwies sich in den europäischen Metropolregionen fast durchweg der Dienstleistungssektor (Tabelle). Hier erhöhte sich beispielsweise die Erwerbstätigkeit von 1995 bis 2001 im Ballungsraum Dublin allein um nahezu 43 %, in Madrid um fast 22 % und in London um 19 % sowie im Wirtschaftsraum Köln/Bonn um bemerkenswerte 21 %. In 19 der 30 untersuchten Metropolregionen expandierte die Erwerbstätigkeit im Dienstleistungsbereich immerhin mit Zuwächsen zwischen 10 % und 20 %, wobei die Region Stuttgart mit einem eher durchschnittlichen Zuwachs bei den Dienstleistungen (ein Plus von 13,7 % im Zeitraum 1995 bis 2002) den bestehenden Nachholbedarf bei den tertiären Tätigkeiten nur teilweise realisieren konnte. Die vorliegenden EU-weiten regionalen Vergleichsdaten für 2002 signalisieren ein sich fortsetzendes breites Wachstum der Dienstleistungen, die auch in starkem Maße mit der Entwicklung der Bruttowertschöpfung in den Metropolregionen korrespondieren.

Die Wirtschaftsstruktur in sämtlichen hier betrachteten Metropolen wird ohne Abstriche eindeutig vom Dienstleistungssektor geprägt, wobei sich die Anteile in den untersuchten Regionen in einer Spannbreite von etwas über 60 % bis deutlich über 80 % bewegen (Schaubild 3).

Die klar führenden Dienstleistungszentren sind – gemessen an den Erwerbstätigen – der Wirtschaftsraum London, wo nahezu jeder neunte Erwerbstätige im tertiären Bereich arbeitet, sowie Kopenhagen (86,7 %) und Brüssel (85,4 %). Zu den führenden Dienstleistungsmetropolen rechnen weiterhin die Regionen Rom, Paris, Stockholm und Marseille. Demgegenüber hat der Dienstleistungssektor in der Region Stuttgart im Vergleich mit allen hier betrachteten Metropolen mit 62 % das geringste Gewicht, wobei der Abstand im Vergleich zu den besonders dienstleistungsintensiven europäischen Ballungsräumen in den letzten Jahren relativ stabil geblieben ist. Es muss allerdings beachtet werden, dass der Dienstleistungsanteil – wie bereits beschrieben – in der Region Stuttgart insoweit unterschätzt wird, als hier in einer Vielzahl von hochtechnologie- und innovationsorientierten Unternehmen in hohem Maße Dienstleistungen (zum Beispiel in Forschung und Entwicklung) selbst erbracht werden, die allerdings unter dem wirtschaftlichen Schwerpunkt des Unternehmens subsumiert werden.

Region Stuttgart am stärksten vom Produzierenden Gewerbe geprägt

Auf der anderen Seite ist der Wirtschaftsraum Stuttgart die Nummer 1 bei der Wertschöpfung und der Beschäftigung im Produzierenden Gewerbes. Stuttgart führt hier mit einem Erwerbstätigenanteil des Produzierenden Gewerbes von 36,5 % an allen Erwerbstätigen in der Region die Rangskala an, gefolgt von den Metropolen Barcelona (36,3 %) und Turin (32 %). Obwohl von der Bevölkerungs- und der Erwerbstätigenzahl erheblich kleiner als die Region London, arbeiteten im Ballungsraum Stuttgart 2001 mit 519 000 Menschen beispielsweise mehr im Produzierenden Gewerbe als in der britischen Metropole (515 000). Lediglich in den Wirtschaftsräumen Paris, Turin, Mailand, Madrid und in der Region Rhein/Main, die mit Ausnahme von Turin eine deutlich größere Bevölkerungszahl als die Region Stuttgart aufweisen, sind mehr Erwerbstätige im Produzierenden Bereich beschäftigt. Mit Ausnahme von sechs Regionen war die Beschäftigung im Produzierenden Sektor rückläufig, beachtliche Zunahmen im Produzierenden Gewerbe konnten lediglich die Metropolregionen Dublin (+ 33,4 %), Barcelona (+ 23,8 %) und Madrid (+ 19,2 %) verzeichnen. Überdurchschnittliche Verluste mussten die Agglomerationen Leipzig/Halle (- 34,9 %), Berlin (- 23,4 %), Dresden (- 12,9 %) und Rhein/Main (- 12,4 %) hinnehmen. Das Produzierende Gewerbe in der Region Stuttgart konnte sich mit einem Minus von 3,9 % im Zeitraum von 1995 bis 2002 noch gut behaupten. Von den Regionen außerhalb Deutschlands war der Wirtschaftsraum Wien am stärksten von Erwerbstätigeneinbußen (- 16,9 %) im Produzierenden Bereich betroffen.

Die Analyse der hier dargelegten Regionalindikatoren zur Wirtschafts- und Beschäftigungsentwicklung scheinen zumindest für den Betrachtungszeitraum die so genannte »Umstrukturierungsthese« zu bestätigen, nach der die bisherigen industriellen Kernregionen ihre hervorgehobene Stellung behaupten können, dass sie ihre Wirtschaftsstruktur aber deutlich verändern (ein Indikator hierfür ist die zunehmende Tertiarisierung der mehr industriell geprägten Metropolen). So ist teilweise auch der Anteil der Dienstleistungsbeschäftigten in den industriellen Kernregionen sogar stärker ausgeweitet worden als in (schon stärker tertiarisierten) Dienstleistungsmetropolen. Diese industriellen Kernregionen können nicht zuletzt zum Beispiel von der Existenz der vorhandenen Innovationsnetzwerke und deren weiterer Förderung profitieren.

Die Wirtschaftsräume Kopenhagen, Stockholm, Mailand mit günstiger Arbeitsmarktbilanz

Wegen fehlender vergleichbarer Datenquellen bei den Arbeitsmarktzahlen wurde für den Regionenvergleich hier die »Arbeitslosenrate«2 als Indikator herangezogen. Die Arbeitslosenraten liegen in den Agglomerationsräumen Dublin, Kopenhagen, Stockholm und Mailand zwischen 3,2 und 3,9 % und damit mit Abstand am niedrigsten. Sehr günstig schneiden auch die Metropolregionen Budapest mit 4,4 % (2001), Manchester, Wien und Prag (Raten zwischen 5,1 und 5,3 %) ab. Die bevölkerungsreichsten Metropolregionen Paris (Île de France) und London haben eine Arbeitslosenrate von 7,5 % bzw. 5,4 %. Auch der Wirtschaftsraum Stuttgart zählt mit einer Rate von 4,7 % (2002) zu den Regionen mit vergleichsweise niedriger Arbeitslosigkeit. Am stärksten von der Arbeitslosigkeit betroffen sind demgegenüber die Metropolen Neapel, wo die Arbeitslosenrate 30,6 % betrug (2001), Berlin (13,5 %) sowie Warschau mit 13,3 % und Marseille mit 12,8 % jeweils (2002).

1 Siehe auch: Weinmann, Thomas: Wissensintensive Dienstleistungen in Baden-Württemberg – Landesstruktur und EU-Vergleich, in: Baden-Württemberg in Wort und Zahl, Heft 5/2003, S. 209 ff.

2 gemessen als Anteil der Arbeitslosen an den Erwerbstätigen