:: 7/2005

Ende der Deponierung von Siedlungsabfällen

Hausmülldeponien bislang zweitgrößter Methan-Emittent

Seit dem 1. Juni 2005 ist die Ablagerung unbehandelter, organischer, biologisch abbaubarer Siedlungsabfälle (Restabfälle) in Deutschland nicht mehr zulässig. Die Abfallablagerungsverordnung regelt, dass ab diesem Stichtag keine biologisch abbaubaren Abfälle mehr auf Deponien abgelagert werden dürfen. Damit sollen die von Deponien ausgehenden Umweltbelastungen weitestgehend reduziert werden. Insbesondere sind hier die Belastung des Grundwassers durch Sickerwasser, das aus ungenügend abgedichteten Deponiekörpern entweicht, sowie die Entwicklung von Deponiegas, das mitverantwortlich ist für den Treibhauseffekt, zu nennen. Der Beitrag zeigt auf, dass in Deutschland immer weniger Abfälle deponiert und immer mehr verbrannt werden. So ging die in Hausmülldeponien abgelagerte Menge von 1990 bis 2003 um 84 % zurück, im gleichen Zeitraum nahm die in Hausmüllverbrennungsanlagen eingebrachte Menge um 43 % zu.

Durchgreifende Veränderung der Entsorgungslandschaft

Die Deponierung von Abfällen hat für die Träger der Entsorgungsaufgaben heute längst nicht mehr die Bedeutung, die ihr noch zu Beginn der 90er-Jahre zukam. Eine Ursache, die diesen Trend mit ausgelöst hat, war die sinkende Akzeptanz in weiten Teilen der Bevölkerung. Bestrebungen, die Deponievolumina auszuweiten, um damit Vorsorge für einen zu Beginn der 1990er-Jahre noch erwarteten »Müllnotstand« zu treffen, sind dank der konsequenten Einführung von Abfalltrennungs- und -verwertungsverfahren schon lange kein Thema mehr.

Mit der Abfallablagerungsverordnung, die in wichtigen Punkten die seit 1993 geltende Technische Anleitung Siedlungsabfälle (TASI) ergänzt und präzisiert, ist ab dem 1. Juni 2005 die Ablagerung von organischen, biologisch abbaubaren Siedlungsabfällen ohne Vorbehandlung auf Deponien nicht mehr zulässig. Gleichzeitig enden alle Ausnahmegenehmigungen, die das bislang gültige Gesetzeswerk, die TASI, ermöglichte.

Die Entwicklung der Entsorgungswege

Die Entsorgungswege der Siedlungsabfälle haben sich in den zurückliegenden Jahren den veränderten Rahmenbedingungen angepasst. Dies findet seinen Niederschlag in der Entwicklung hin zu einem immer geringeren deponierten Anteil und einer starken Zunahme der Verwertung. In Zahlen ausgedrückt ist die Verwertungsquote bei den Siedlungsabfällen bis 2003 immerhin auf 65 % gesteigert worden. Während 1996 noch knapp ein Drittel aller Siedlungsabfälle (32 %) deponiert wurde, waren es 2003 nur noch knapp 18 % (Tabelle).

Im Jahr 2004 gab es in Baden-Württemberg insgesamt über 900 Anlagen1 zur Entsorgung von Abfällen, in denen mehr als 13 Mill. Tonnen an Abfällen angeliefert wurden. Damit hat die Gesamtzahl und vor allem die Vielfalt der Anlagen gegenüber 1980 (745 Anlagen) deutlich zugenommen. Waren 1980 noch drei Anlagentypen im Land aktiv, so sind es heute mehr als ein Dutzend. Noch bis 1990 dominierte eindeutig die Deponie die Entsorgungslandschaft. Unter den insgesamt 745 im Land betriebenen öffentlichen Entsorgungsanlagen waren nur 5 Kompostierungs- und 3 Verbrennungsanlagen, aber 643 Bodenaushub- und Bauschuttdeponien sowie weitere 94 Hausmülldeponien. Inzwischen ist die völlig veränderte Entsorgungslandschaft durch eine große Vielfalt neuer Anlagentypen – von der Altautoverwertung bis hin zur Zerlegeeinrichtung – geprägt, die eine völlig veränderte Struktur der Abfallverwertung und -ablagerung ermöglichen. Unter den mehr als 900 Anlagen, die im Jahr 2004 in Baden-Württemberg zur Entsorgung von Abfällen betrieben wurden, waren 100 biologische Anlagen sowie 29 Anlagen zur thermischen Behandlung, darunter 7 Hausmüllverbrennungsanlagen. Bei den 439 noch betriebenen Deponien handelt es sich ganz überwiegend um Bodenaushub- und Bauschuttdeponien (383), die durch ihre breitflächige Verteilung über das Land zusammen mit einer großen Zahl übertägiger Abbaustätten ermöglichen, die Baumassenabfälle möglichst entstehungsnah abzulagern. Die Zahl der bis dato betriebenen Hausmülldeponien liegt bei 47 Anlagen.

Deponierte Abfallmenge auf ein Fünftel reduziert

Im Zuge der Vorbereitung auf den Stichtag 1. Juni 2005, ab dem nunmehr endgültig die Deponierung unbehandelter Siedlungsabfälle eingestellt werden musste, wurde die Entsorgung von häuslichen und gewerblichen Siedlungsabfällen bereits über einen längeren Zeitraum völlig verändert. So ist bis 2004 die auf Hausmülldeponien abgelagerte Menge auf unter 1,5 Mill. Tonnen geschrumpft (Schaubild 1). Darunter waren noch knapp 1,1 Mill. Tonnen häuslicher und gewerblicher Siedlungsabfälle. Der Anteil der Deponie an der Entsorgung von Siedlungsabfällen in Baden-Württemberg war dadurch bereits auf nur noch 18 % zurückgegangen, auf Bundesebene waren es zuletzt noch 21 %. Noch bis 1990 war die auf Hausmülldeponien im Land abgelagerte Menge an Siedlungsabfällen stetig angewachsen. Von den insgesamt im Jahr 1990 deponierten 9,2 Mill. Tonnen bestanden fast 5 Mill. Tonnen aus häuslichen oder gewerblichen Siedlungsabfällen. Der enorme Rückgang bei der Deponierung von Siedlungsabfällen auf weniger als ein Fünftel wurde im Wesentlichen durch zwei Maßnahmen erreicht. An erster Stelle zu nennen ist die getrennte Erfassung und Verwertung von Teilmengen der Siedlungsabfälle. Durch die gesteigerte Verwertung von Papier, Glas, Kunststoffen, Metallen und anderer verwertbarer Bestandteile sowie durch die getrennte Erfassung und biologische Verwertung von Biomüll wurde die im Land zu beseitigende Menge an Restabfällen aus Haushalten und Gewerbe mehr als halbiert. Zum Zweiten erfolgte der Ausbau der thermischen Behandlung von Restabfällen im Land, aber auch in Anlagen im benachbarten Bayern und in der Schweiz. Die in Baden-Württemberg in Hausmüllverbrennungsanlagen behandelte Menge an Restabfällen stieg bis Ende 2004 auf rund 1,0 Mill. Tonnen. Im Jahr 1996 waren es nach bis dahin leichtem Rückgang nur 590 000 Tonnen (Schaubild 2).

Mit dem jetzt vollzogenen Ende der Deponierung unbehandelter Siedlungsabfälle ist der Bedarf an Deponieraum fast sprunghaft zurückgegangen. Deshalb wurden schon mit dem Stichtag 1. Juni 2005 immerhin 16 der seither im Land noch betriebenen Hausmülldeponien – ein Drittel der zuletzt aktiven Anlagen – stillgelegt (Schaubild 3). Bis zum 15. Juli 2009, einem weiteren abfallwirtschaftlich relevanten Stichtag, wird die Stilllegung weiterer Deponien folgen.

Ende der Deponierung von Hausmüll – ein wichtiger Beitrag zum Klimaschutz

Mit dem Ende der Deponierung unbehandelter Siedlungsabfälle werden zukünftig gravierende Umweltauswirkungen deutlich verringert und schließlich durch umfangreiche Nachsorgemaßnahmen völlig vermieden. Die in einer Deponie abgelagerten und nicht ausreichend vorbehandelten Siedlungsabfälle unterliegen biologischen oder chemischen Reaktionen, die Schäden für Mensch und Umwelt verursachen können. Es entstehen Geruchsbelästigungen, Sickerwässer, die infolge unzureichend abgedichteter Deponiekörper in das Grundwasser eindringen können, und insbesondere entsteht methanhaltiges Deponiegas, das den Treibhauseffekt verstärkt.

Der 1. Juni 2005 ist deshalb insbesondere auch aus Sicht des Klimaschutzes ein wichtiger Stichtag. Die thermische oder mechanisch-biologische Vorbehandlung von Siedlungsabfällen vor deren Ablagerung führt zu einer deutlichen Minderung der Emissionen klimarelevanter Gase. Insbesondere die durch Deponiegase entstehenden Methan-Emissionen werden weiter deutlich zurückgehen. Schon seit 1990 wurde durch die Verringerung der Deponierung von Siedlungsabfällen einerseits sowie durch den Ausbau der Nutzung von Deponiegas für die Energieerzeugung andererseits ein Rückgang der Methan-Emissionen aus Hausmülldeponien um immerhin fast 60 % erreicht. Von den im Land derzeit emittierten rund 220 000 Tonnen Methan stammt ein Drittel aus den Hausmülldeponien des Landes. Damit sind die Hausmülldeponien nach der landwirtschaftlichen Tierhaltung noch der zweitwichtigste Methan-Emittent im Land. Die zuletzt jährlich aus Hausmülldeponien emittierten rund 68 000 Tonnen Methan entsprechen 1,4 Mill. Tonnen CO2. Damit lag der Beitrag der Deponien zu den gesamten gemäß Kyoto-Protokoll abgegrenzten Klimagas-Emissionen in Baden-Württemberg bei 1,6 %. Mit dem Ende der Deponierung organischer Abfälle werden die Emissionen von Methan in folgenden Jahren weiter schrittweise deutlich zurückgehen. Schrittweise deshalb, da der Abbau der organischen Substanzen in Deponien über einen relativ langen Zeitraum hinweg erfolgt. Deshalb wird die Deponiegasnutzung zur Wärme- und Stromgewinnung noch für einen längeren Zeitraum erforderlich und auch wirtschaftlich möglich bleiben, zumal dadurch in beträchtlichem Umfang Methan-Emissionen vermieden werden. Mit der Nutzung der Wärme bei der thermischen Behandlung der Siedlungsabfälle werden zusätzlich fossile Brennstoffe eingespart und damit indirekt durch das Ende der Deponierung ein weiterer zusätzlicher Klimaschutzeffekt erzielt.

1  Alle Ergebnisse für 2004 sind noch vorläufig.