:: 9/2006

Preise für Nahrungsmittel ziehen an

Obwohl die Nahrungsmittel im Ausgabenbudget eines durchschnittlichen Haushalts nicht an erster Stelle stehen, so liegen doch gerade deren Preise und ihre Entwicklung im Zeitablauf im Fokus der Öffentlichkeit. Schon geringe Preissteigerungen zum Beispiel bei Obst und Gemüse vermitteln den Verbraucherinnen und Verbrauchern das Bild immer wieder ansteigender Lebenshaltungskosten. Die Betrachtung der Preisentwicklung verschiedener Lebensmittel über mehrere Jahre zeigt allerdings ein differenzierteres Bild.

Rückläufige Bedeutung der Ausgaben für Nahrungsmittel im Warenkorb

Seit den 50er-Jahren hat die Bedeutung der Nahrungsmittel für einen durchschnittlichen baden-württembergischen Haushalt kontinuierlich abgenommen. Nahmen die Ausgaben für Nahrungsmittel, Getränke und Tabakwaren 1950 noch ungefähr die Hälfte des Ausgabenbudgets ein, ging dieser Anteil bis 1980 schon auf ein Viertel zurück. Aktuell geben private Haushalte im Durchschnitt nur knapp 18 % fürs Essen und Trinken und Genussmittel aus.1 Ohne alkoholische Getränke und Tabakwaren sind es sogar nur 10 %.

Um die Teuerung von Nahrungsmitteln zu messen, werden in Baden-Württemberg monatlich die Preise für rund 140 Produktgruppen ermittelt. Darunter sind vom täglichen Brot über Wurst und Käse, Fleisch, Obst und Gemüse und Süßwaren alle nur denkbaren Lebensmittel enthalten. Ein Viertel des Warenkorbs für Nahrungsmittel entfällt auf Fleisch und Fleischwaren, knapp ein Fünftel auf Brot- und Getreideerzeugnisse. Fische und Fischwaren spielen mit nur 3,2 % die geringste Rolle.

Verhaltene Entwicklung der Preise für Lebensmittel seit 2000

Die Nahrungsmittelpreise haben sich von 2000 bis 2005 im Vergleich mit dem gesamten Verbraucherpreisindex eher unterdurchschnittlich entwickelt: Während der gesamte Verbraucherpreisindex in diesem Zeitraum um 9,2 % angestiegen ist, erhöhten sich die Preise für Nahrungsmittel um 6,9 %. Nur im Jahr 2001 sind sie stärker gestiegen als der gesamte Verbraucherpreisindex. Die Teuerungsrate für Nahrungsmittel lag damals 2,7 Prozentpunkte über der allgemeinen Inflationsrate.

Wie auch bei den anderen Waren und Dienstleistungen, die in die Berechnung des Verbraucherpreisindex einfließen, entwickelten sich die Preise für die einzelnen Nahrungsmittel höchst unterschiedlich: So kosteten Bananen im Jahresdurchschnitt 2005 mit 17,3 % deutlich mehr als noch im Jahr 2000. Die Steigerungsrate lag damit um das 2,5-fache höher als die Rate für den gesamten Durchschnitt über alle Nahrungsmittel (+ 6,9 %).

Die letzten fünf Jahre seit 2000 waren für Leckermäulchen kein Zuckerschlecken: Wer süße Brotaufstriche wie Konfitüre, Marmelade und Bienenhonig oder auch Schokoladen und Schokoladenerzeugnisse bevorzugt, musste im Jahr 2005 14,6 bzw. 14,7 % mehr zahlen als zu Beginn des Betrachtungszeitraums. Die steigende Nachfrage nach Kakao und das knappere Angebot werden sich wohl auch in Zukunft preissteigernd bei Schokolade auswirken.2

Aber auch die Preise von wesentlich gesünderen Lebensmitteln wie etwa frischem Fisch, Joghurt, Eiern oder auch dem täglichen Brot stiegen innerhalb der vergangenen 5 Jahre überdurchschnittlich an: Fisch wird als gesunde Alternative zum Fleisch immer beliebter. Die steigende Nachfrage wirkt sich auch auf die Preisentwicklung aus. So mussten die Verbraucherinnen und Verbraucher ein Fünftel (20,7 %) mehr für frischen Fisch ausgeben als noch im Jahr 2000. Der Joghurt kostete durchschnittlich 14,0 %, die Eier 12,1 % und das Brot 10,3 % mehr.

Zur Freude der Verbraucherinnen und Verbraucher sanken auch einige Preise für einzelne Lebensmittel – allerdings nicht im zweistelligen Bereich. Frisches Fruchtgemüse kostete durchschnittlich im Jahr 2005 6,4 % weniger als 2000. Butter und frisches Knollen- und Wurzelgemüse sowie frische Pilze waren jeweils 6,0 % günstiger als 5 Jahre zuvor.

Zum Teil erhebliche Preisrückgänge bei einzelnen Nahrungsmitteln im Jahr 2005

Nicht zuletzt wegen des enormen Wettbewerbsdrucks im Einzelhandel mussten die Verbraucherinnen und Verbraucher für Nahrungsmittel 2005 nur wenig mehr als im Vorjahr ausgeben. Die Preise für Nahrungsmittel und alkoholfreie Getränke stiegen um moderate 0,3 % gegenüber 2004. Verschiedene Lebensmittel waren im Jahresdurchschnitt sogar deutlich rückläufig im Preis:

Kartoffeln- 11,8 %,
Obstkonserven, tiefgefrorenes Obst- 6,7 %,
frische Äpfel- 5,5 %,
Butter- 3,6 %.

Die Ursache für den außergewöhnlich starken Rückgang der Kartoffelpreise liegt im Jahr 2004. Nach Missernten waren die Kartoffeln im Jahresdurchschnitt extrem teuer (2004 zu 2003: + 6,1 %), sodass der starke Rückgang auf eine Normalisierung der Kartoffelpreise schließen lässt. Dagegen stiegen die Preise vor allem für einzelne frische Produkte zum Teil sehr deutlich an:

Bananen+ 13,8 %,
Speisekohl+ 11,5 %,
Beeren und Weintrauben+ ?9,6 %.

Die Preise für Obst und Gemüse schwanken erfahrungsgemäß stark im Jahresverlauf. Zum einen unterliegt das Angebot dem normalen Wechsel der Jahreszeiten, zum anderen reagiert es aber auch auf außergewöhnliche Ereignisse wie beispielsweise Ernteeinbrüche infolge von Wettereinflüssen.

Auch im Jahr 2005 stiegen die Preise für Gemüse und Obst bis in den Sommer hinein an, um während und nach der Erntezeit bis zum November hin wieder zu sinken. Saisonbedingt nahmen die Preise im Winter wieder zu.

Insbesondere das von Importen abhängige Angebot von frischem Fruchtgemüse wurde wegen einer Kältewelle in Südeuropa zu Beginn des Jahres 2005 stark reduziert. Infolgedessen lagen die Preise für Paprika, Tomaten, Gurken u. Ä. im Februar 2005 kräftig über dem Vorjahresniveau (+ 38,1 %).

Steigende Preise im Jahr 2006 vor allem witterungsbedingt

Noch 2005 konnten sich die Verbraucher in der ersten Jahreshälfte über eine durchschnittliche Verbilligung der Nahrungsmittel um 0,3 % freuen. Vor allem durch die lange Kälteperiode, die den Frühlingsbeginn im Jahr 2006 verzögert hat, waren Nahrungsmittel im Durchschnitt um 1,2 % teurer als in der ersten Jahreshälfte 2005. Besonders die Preise für Obst lagen schon im Januar und Februar 2006 um 7,1 % bzw. 7,3 % über Vorjahresniveau. In der gesamten ersten Jahreshälfte mussten die Verbraucherinnen und Verbraucher dafür durchweg tiefer in die Tasche greifen: Sie gaben durchschnittlich 3,7 % mehr für ihre Vitamine aus. Besonders teuer waren

frische Birnen + 20,3 %,
andere frische Früchte wie zum Beispiel Kiwi+ 17,3 %.

Ebenfalls witterungsbedingt lagen die Gemüsepreise mit + 4,8 % deutlich über dem Vorjahreswert. Vor allem stiegen die Preise für frische Produkte wie:

Blatt- und Stielgemüse+ 13,6 %,
Speisekohl + 23,7 %,
Kartoffeln + 21,0 %.

Die Entwicklung auf dem Rohstoffweltmarkt für Kakao war maßgebliche Ursache für die überdurchschnittliche Teuerung bei Schokoladen und sonstigen Schokoladenerzeugnissen (+ 3,0 %). Zu Beginn der Eissaison im April/Mai mussten auch Eisliebhaber deutliche Preiserhöhungen für Speiseeis hinnehmen (+ 5,1 % bzw. + 4,1 %). Dadurch stiegen die Eispreise im gesamten Halbjahr durchschnittlich um 2,9 %.

Die weitere Entwicklung der Nahrungsmittelpreise im Jahresverlauf 2006 ist abhängig von der Situation auf dem Weltmarkt für Kakao und andere Produkte sowie von der weiteren Entwicklung der Witterung. Der verzögerte Frühjahresbeginn, die anschließende Hitzeperiode sowie der kühle und verregnete August leisten im weiteren Jahresverlauf einen maßgeblichen Beitrag zu höheren Nahrungsmittelpreisen.

1 Zur Methode der Preiserhebung sowie der Entwicklung des Warenkorbs im Zeitablauf vgl. Sinner-Bartels, Barbara: Wechselhafte Preisentwicklung bei den Nahrungsmitteln, in: Statistisches Monatsheft Baden-Württemberg 9/2003, S. 36-40.

2 Vgl.: Drechsler, Wolfgang: Kakao wird knapp, in: Handelsblatt.com vom 2. Mai 2006.