:: 2/2007

Frauen an baden-württembergischen Hochschulen

Unter den Studierenden gibt es immer mehr Frauen. Seit dem Wintersemester 1986/87 stieg der Anteil der Frauen in Baden-Württemberg von 36 % auf zuletzt 47 % merklich an. Im Wintersemester 2005/06 wurden rund 114 000 Frauen an allen baden-württembergischen Hochschulen gezählt, das waren 44 000 mehr als vor 20 Jahren. Trotz dieses starken Zuwachses gibt es immer noch etwas weniger Studentinnen als Studenten an den Hochschulen. Wie die Verhältnisse bei den Hochschulzugangsberechtigten, Studienanfängern und Absolventen aussehen, welche Fächer Frauen bevorzugen und welche Frauenquoten einzelne Hochschularten und Hochschulen aufweisen, soll im Folgenden näher betrachtet werden.

Fast die Hälfte aller Studierenden sind Frauen

Zum Wintersemester 2005/06 waren von den insgesamt 242 559 eingeschriebenen Studierenden 113 594 Frauen, das entsprach einem Anteil von etwas weniger als der Hälfte (47 %). Auch bei den Studienanfängern des Studienjahres 20051 waren die Frauen mit einem Anteil von etwas mehr als 47 % knapp in der Minderheit. Die Ergebnisse für Deutschland ergeben ein ähnliches Bild wie in Baden-Württemberg: hier lag der Frauenanteil zwar ebenfalls unter der 50 %-Marke aber sowohl für die Studierenden insgesamt (48 %) als auch für die Studienanfänger (49 %) etwas höher als in Baden-Württemberg.

Ein Blick in die Vergangenheit zeigt allerdings, dass die Frauen stark aufgeholt haben. So stieg in Baden-Württemberg seit dem Wintersemester 1986/87 die Frauenquote bei den Studierenden kontinuierlich von 36 % auf zuletzt 47 % an. In den letzten beiden Jahren war allerdings nur noch ein verhaltener Zuwachs zu beobachten. Dies hängt auch mit der Entwicklung der Anzahl an Studienanfängerinnen zusammen. Deren Anteil nahm seit dem Studienjahr 1986 ebenfalls fast durchweg zu, erreichte aber im Studienjahr 2002 mit knapp 49 % ein vorläufiges Maximum, das seither nicht mehr erreicht wurde. Die Entwicklung bei den Studienanfängerinnen legt somit die Vermutung nahe, dass in nächster Zeit der Frauenanteil an den Hochschulen Baden-Württembergs nicht mehr weiter ansteigen wird.

Diese Vermutung wird auch durch einen Blick auf die Hochschulzugangsberechtigten bestätigt. Unter den insgesamt 53 600 studienberechtigten Schulabgängern des Schuljahres 2005 waren nämlich die Frauen mit einem Anteil von 48 % ebenfalls leicht in der Minderheit. Die Entwicklung verlief dabei ähnlich wie bei den Studienanfängern: nach einem Anstieg der Frauenquote bis zum Jahr 2000 bleibt sie seither auf einem nahezu gleich hohen Niveau. Deutlichere Unterschiede treten allerdings bei einer weiteren Differenzierung der studienberechtigten Schulabgänger auf: im Jahr 2005 betrug der Frauenanteil unter den Absolventen mit allgemeiner Hochschulreife 53 %, während er bei denjenigen mit Fachhochschulreife nur 35 % erreichte.

Unter den ausländischen Studierenden haben die Frauen knapp die Nase vorne: zum Wintersemester 2005/06 waren mit einem Anteil von 50,3 % etwas mehr Ausländerinnen als Ausländer an den baden-württembergischen Hochschulen eingeschrieben. Diese knappe Mehrheit haben sie seit dem Wintersemester 2004/05. Etwas ausgeprägter fällt die Mehrheit der Frauen unter den ausländischen Studienanfängern aus: Hier besteht schon seit dem Studienjahr 1993 ein Vorsprung der Frauen, zuletzt erreichten sie einen Anteil von fast 52 %.

Zahl der Absolventinnen in den letzten Jahren stark gestiegen

Entscheidend für Gesellschaft und Wirtschaft ist aber nicht der Umstand, wie viele Studienanfänger und Studierende an den Hochschulen sind, sondern vielmehr die Tatsache, wie viele Abgänger diese mit einem Abschluss verlassen und dem Arbeitsmarkt somit zur Verfügung stehen. In Baden-Württemberg waren im Prüfungsjahr 20052 unter den 34 0502 Absolventen 16 149 Frauen. Der Frauenanteil betrug damit wie bei den Studierenden insgesamt knapp 47 %. Auch bei dieser Quote war in den letzten Jahren eine deutlich steigende Tendenz zu verzeichnen. So stieg die Frauenquote seit dem Prüfungsjahr 1996 um immerhin 8,9 Prozentpunkte. Trotz dieser positiven Entwicklung kommt die Quote der weiblichen Absolventen in Baden-Württemberg nicht an die von ganz Deutschland heran. Bundesweit wurde im Prüfungsjahr 2005 ein Frauenanteil von 50 % festgestellt, dies waren 3 Prozentpunkte mehr als in Baden-Württemberg. Immerhin konnten die baden-württembergischen Absolventinnen in den letzten Jahren den Abstand zu ihren Kommilitoninnen im übrigen Deutschland etwas verringern.

International gesehen weisen sowohl Baden-Württemberg als auch Deutschland unterdurchschnittliche Frauenquoten auf. Unter den 30 OECD-Mitgliedern platzierte sich Deutschland mit seiner Absolventinnenquote nur auf Rang 24. Niedrigere Quoten wiesen Luxemburg, die Türkei, Korea, die Schweiz und Japan auf. Die Spitzenplätze belegten Norwegen, Schweden und Spanien mit Frauenanteilen von mehr als 60 %.

Frauen bevorzugen Studienfächer aus dem Bereich »Sprach- und Kulturwissenschaften«

Während bei den Studierenden, Anfängern und Absolventen das Geschlechterverhältnis weitgehend ausgeglichen ist, gibt es bei den von Männern und Frauen gewählten Fächergruppen teilweise große Abweichungen zwischen den Geschlechtern. So sind bei den Sprach- und Kulturwissenschaften fast zweieinhalbmal so viele Frauen wie Männer eingeschrieben, bei den Kunst und Kunstwissenschaften immerhin rund doppelt so viel. Auch in den Fächergruppen Humanmedizin, Sport sowie Agrar-, Forst- und Ernährungswissenschaften studieren mehr Frauen als Männer. Umgekehrt dominieren die Männer die Ingenieurwissenschaften sehr stark und auch bei der Fächergruppe Mathematik, Naturwissenschaften haben sie klar die Nase vorn. Noch deutlicher variieren die unterschiedlichen Präferenzen der Geschlechter bei den stärker differenzierten Studienbereichen.

Von 100 Studierenden sind in folgenden Studienbereichen Frauen:

Ernährungs- und Haushaltswissenschaften87
Kunst und Kunstwissenschaften allgemein85
Romanistik83
Germanistik80
Psychologie79

Fast paritätisch von Frauen und Männern besetzt sind Studienbereiche wie

Geografie52
Rechtswissenschaften 51
Architektur49
Geschichte48

Sehr stark von Männern dominiert sind dagegen die Studienbereiche

Informatik16
Elektrotechnik9
Verkehrstechnik und Nautik7

An der unterschiedlichen Studienwahl der Geschlechter hat sich in den letzten Jahrzehnten relativ wenig geändert. Schon vor 20 Jahren neigten Männer zu technischen und naturwissenschaftlichen Fächern, während Frauen sprachliche, kulturelle oder soziale Fachrichtungen bevorzugten. Aufgrund der steigenden Zahl an Studentinnen hat sich allerdings der Frauenanteil in fast allen Studienbereichen erhöht.

Besonders in folgenden Studienbereichen konnten hohe Zuwächse der Frauenquote beobachtet werden:

Zahnmedizin+27 Prozentpunkte
Mathematik+22 Prozentpunkte
Forst-/Holzwirtschaft+22 Prozentpunkte
Chemie+20 Prozentpunkte
Psychologie+19 Prozentpunkte
Humanmedizin+19 Prozentpunkte

Nahezu unveränderte Verhältnisse bestehen dagegen in der Romanistik und in der Informatik (jeweils +1 Prozentpunkt); in der Anglistik ging die Frauenquote sogar zurück (−1,5 Prozentpunkte).

Frauen haben häufig kürzere Studienzeiten als Männer

Aber nicht nur bei den gewählten Studienfächern gibt es Unterschiede zwischen den Geschlechtern. Auch die Studiendauer von Männern und Frauen weicht teilweise voneinander ab. Im Prüfungsjahr 2005 absolvierten 27 600 Studierende erfolgreich eine Prüfung in einem Erststudium. Weitere rund 6 900 Studierende bestanden eine Prüfung im Rahmen eines Aufbau-, Zweit-, Masteraufbau- oder sonstigen Studiums. Rund 48 % der Absolventen eines Erststudiums waren Frauen. Die durchschnittliche Studiendauer aller Absolventen im Erststudium betrug 9,6 Fachsemester. Dabei waren die Frauen mit 9,3 Fachsemestern etwas schneller als die Männer mit 9,9 Semestern. Mithin beenden die Frauen ihr Studium ein halbes Semester früher als die Männer. Dieser Abstand fiel bei den Universitätsabsolventen mit Diplom und ähnlichen Abschlüssen mit 0,3 Semestern etwas niedriger aus. Auch bei den Diplomanden von Fachhochschulen sind die Frauen mit 0,2 Semestern etwas schneller als die Männer.

Auch eine Unterscheidung nach Studienbereichen ändert an der Tatsache, dass Frauen schneller als Männer studieren, wenig. Unter den Studienbereichen mit mehr als 200 Absolventen im Prüfungsjahr 2005 hatten fast immer die Frauen die Nase vorn. Relativ groß ist der Abstand zwischen Frauen und Männern bei den Magistern in Geschichte und bei den Diplomanden in der Elektrotechnik mit jeweils 1,2 Semestern. Bei der Elektrotechnik ist allerdings zu bedenken, dass die Frauen hier stark in der Minderzahl sind und dadurch zufällige Verschiebungen eine Rolle spielen können. Dies zeigt ein Blick auf die Absolventen an Fachhochschulen mit einem Diplom in der Elektrotechnik. In diesem Fall bilden die Frauen ebenfalls eine kleine Minderheit, studieren aber 0,4 Semester länger als die Männer. Relativ ausgeglichene Verhältnisse sind dagegen bei den Universitätsabsolventen in den Studienbereichen Rechtswissenschaft, Humanmedizin und Physik zu finden. Auch bei den Fachhochschulabsolventen der Studienbereiche Wirtschaftsingenieurwesen und Architektur/Innenarchitektur gibt es keine Unterschiede zwischen den Geschlechtern.

80 % aller Studierenden an den Pädagogischen Hochschulen sind Frauen

Die unterschiedlichen Studienwünsche der Geschlechter wirken sich auch auf die Frauenanteile der verschiedenen Hochschularten aus. Pädagogische Hochschulen weisen deswegen die höchsten Frauenanteile auf. Auch die Kunst- und Verwaltungsfachhochschulen haben mehr Studentinnen als Studenten. Die eher technisch orientierten Fachhochschulen werden dagegen von Männern dominiert. Etwas ausgeglichener sind die Verhältnisse an den Universitäten, die meist ein sehr breites Fächerspektrum anbieten.

Noch größere Unterschiede bestehen zwischen den Geschlechtern, wenn einzelne Hochschulen betrachtet werden. Den höchsten Frauenanteil weist mit 98 % die Internationale Hochschule Calw auf. An dieser Hochschule waren aber mit 120 Studierenden vergleichsweise wenig Studierende eingeschrieben, die alle berufsbegleitend Kreativpädagogik und inter-disziplinäre Kunsttherapie studierten. Ebenfalls hohe Frauenanteile haben die Fachhochschule für Kunsttherapie in Nürtingen sowie alle Pädagogischen Hochschulen. Nur wenige Frauen gibt es dagegen an der Hochschule für Technik Ulm, der Hochschule für Technik und Wirtschaft Offenburg oder der Hochschule Furtwangen. Hier liegen die Frauenanteile bei maximal 21 %. Von den staatlichen Universitäten hat die Universität Tübingen den höchsten Frauenanteil mit 57 %, dicht gefolgt von den Universitäten Heidelberg, Hohenheim, Konstanz und Freiburg. An den technisch orientierten Universitäten Karlsruhe und Stuttgart studieren anteilsmäßig gesehen wesentlich weniger Frauen. Der Frauenanteil der einzelnen Hochschulen hängt somit stark vom Angebot an Studiengängen und -fächern ab. In allen technisch geprägten Hochschulen sind die Frauenanteile niedrig, in den Pädagogischen Hochschulen und den Hochschulen mit einem Schwerpunkt in den Bereichen Sozialwesen, Gestaltung, Rechtspflege oder Religion dagegen hoch.

1 Studienanfänger im 1. Hochschulsemester. Studienjahr 2005 entspricht dem Sommersemester 2005 und dem Wintersemester 2005/06.

2 Prüfungsjahr 2005 entspricht dem Sommersemester 2005 und dem Wintersemester 2004/05.