:: 7/2007

Weniger Gründungen aber auch weniger Schließungen von Betrieben mit wirtschaftlicher Substanz

Im Jahr 2006 gab es erstmals wieder weniger Betriebsgründungen mit wirtschaftlicher Bedeutung als ein Jahr zuvor. Weiterhin Konjunktur haben hingegen die Nebenerwerbsgründungen, ihre Zahl stieg erneut deutlich an. Bei den Schließungen verhält es sich umgekehrt. Während Betriebe mit größerer wirtschaftlicher Bedeutung seltener aufgeben mussten, wurden Nebenerwerbsbetriebe häufiger geschlossen als im Vorjahr. Die englische Rechtsform Limited hat bei Gründungen an Bedeutung zugenommen. Verbreitet ist sie überwiegend bei der Eröffnung von Zweigniederlassungen und unselbstständigen Zweigstellen. Das Zahlenverhältnis von Frauen und Männer ist unter den neuen Selbstständigen fast unverändert. Jedoch sank die Zahl der Männer, die eine Betriebsgründung mit Substanz vornahmen wesentlich stärker als die der Frauen.

Im Jahr 2006 wagten in Baden-Württemberg rund 96 600 Personen den Schritt in die Selbstständigkeit, indem sie einen von ca. 88 400 Gewerbebetrieben alleine oder gemeinsam mit anderen gründeten. Die wirtschaftliche Substanz dieser Gründungen ist vermutlich sehr unterschiedlich. Um diese zumindest näherungsweise zu bestimmen, werden weitere Angaben der Gewerbetreibenden mit einbezogen (siehe i-Punkt). Nur bei 21 % kann danach ein größeres wirtschaftliches Potenzial vermutet werden. Etwa ein Drittel der Neugründungen im Jahr 2006 wurden als Nebenerwerb angezeigt. Die übrigen Kleingründungen nehmen mit 45 % den größten Anteil ein. Es handelt sich hier um Einzelunternehmen, die weder in die Handwerksrolle noch in das Handelsregister eingetragen sind und als Hauptniederlassung gegründet wurden.

Die Zahl der Betriebsgründungen mit wirtschaftlicher Substanz ist erstmals seit dem Jahr 2003 wieder zurückgegangen. So wurden im Jahr 2006 insgesamt 18 943 solcher Betriebe gegründet, 9 % weniger als ein Jahr zuvor. Die Zunahme der wirtschaftlich bedeutsameren Betriebsgründungen in den letzten Jahren war überwiegend und im Jahr 2005 sogar ausschließlich auf die Eröffnung von unselbstständigen Zweigstellen und Zweigniederlassungen1 inländischer und ausländischer Unternehmen zurückzuführen. Im Vorjahresvergleich sank ihre Zahl 2006 jedoch ebenfalls und mit 12 % sogar stärker als die Zahl der Hauptniederlassungen (– 8 %). Insgesamt handelte es sich im Jahr 2006 bei einem Drittel der Betriebsgründungen mit wirtschaftlicher Substanz um die Eröffnung einer Zweigniederlassung oder unselbstständigen Zweigstelle.

Ganz anders verlief die Entwicklung bei den Nebenerwerbsgründungen. Ihre Zahl nahm in den letzten Jahren immer weiter zu und lag auch 2006 über dem Vorjahreswert (+ 4 %). Ebenfalls zugenommen hat die Zahl der Unternehmensübernahmen wegen Erbfolge, Kauf oder Pacht eines bereits bestehenden Betriebes.

Beim Ausfüllen der Gewerbeanmeldung soll die Art der ausgeübten Tätigkeit möglichst genau beschrieben werden, was zu Beginn einer Selbstständigkeit durchaus schwierig sein kann. Eine spätere Änderung oder Erweiterung der Tätigkeit muss beim Gewerbeamt angezeigt werden und ist in der Regel erneut gebührenpflichtig. Die Angaben zum Wirtschaftsbereich sind daher oftmals allgemein gehalten oder es werden mehrere Tätigkeiten gleichzeitig angegeben. Wird unterschiedlichen Tätigkeiten nachgegangen, muss in der Gewerbeanmeldung gekennzeichnet werden, wo der Schwerpunkt des Gewerbes liegt. In der Praxis dürfte es sich hierbei eher um Absichtserklärungen handeln, da die neuen Selbstständigen nicht unbedingt wissen, wo sie künftig überwiegend tätig sein werden. 29 % der Betriebsgründungen mit wirtschaftlicher Substanz erfolgen nach diesen Angaben im Handel, weitere 27 % im Bereich Grundstücks- und Wohnungswesen, wirtschaftliche Dienstleistungen. Hierzu gehören zum Beispiel Buchhaltungs- und Übersetzungsdienste, Werbeagenturen oder die Gebäudereinigung. Fast 10 % der Betriebe wurden im Baugewerbe gegründet und jeweils 7 % starteten im Gastgewerbe und Verarbeitenden Gewerbe. Eine Differenzierung nach Art der gegründeten Niederlassung verdeutlicht, dass unselbstständige Zweigstellen und Zweigniederlassungen zu 43 % im Handel entstehen (Hauptniederlassungen 22 %). An zweiter Stelle rangiert mit 21 % wieder das Grundstücks- und Wohnungswesen, wirtschaftliche Dienstleistungen.

Englische Limited beliebt bei Zweigniederlassungen

84 % der Neugründungen erfolgen mit der Rechtsform Einzelunternehmen. Mehrheitlich werden diese Einzelunternehmen den ökonomisch weniger bedeutsamen Gründungen zugeordnet, da sie weder einen Handelsregister- oder Handwerksrolleneintrag vorweisen können noch Personen beschäftigen werden. Zudem handelt es sich bei mehr als einem Drittel um Nebenerwerbsbetriebe. Auch bei den »Betriebsgründungen mit wirtschaftlicher Substanz« ist das Einzelunternehmen die häufigste Rechtsform, allerdings liegt der Anteil hier nur bei 36 %. Fast ebenso zahlreich sind Gründungen als GmbH (33 %). Auch die Gesellschaft des bürgerlichen Rechts (GbR, 13 %) sowie die GmbH & Co. KG (8 %) haben bei den Betriebsgründungen noch eine gewisse Bedeutung.

Die englische Rechtsform Limited (private company limited by shares) wird in der Öffentlichkeit zunehmend als Alternative zur deutschen GmbH diskutiert. Seit 2005 wird sie aufgrund des wachsenden Interesses auch in der Statistik separat ausgewiesen. Als größter Vorzug dieser Rechtsform gelten die geringeren Gründungskosten im Vergleich zur GmbH. In Baden-Württemberg wurden im Jahr 2006 insgesamt 806 Betriebe mit dieser Rechtsform gegründet, 19 % mehr als im Vorjahr. Bei 745 dieser Gründungen kann eine größere wirtschaftlicher Substanz vermutet werden, die übrigen erfolgten im Nebenerwerb. Am häufigsten wird die Limited bei der Gründung von Zweigniederlassungen gewählt: 25 % der Zweigniederlassungen werden als Limited gegründet. Bei Hauptniederlassungen wird diese Rechtsform hingegen nur bei 1 % der Betriebsgründungen mit wirtschaftlicher Substanz gewählt.

Kaum Beschäftigte beim Gründungsstart

57 % der Betriebsgründungen, mit vermutlich größerer wirtschaftlicher Bedeutung, erfolgten ohne die Einstellung von Beschäftigten. Bei jeweils 17 % der Betriebe sollten bei Geschäftsaufnahme eine Person oder zwei bis vier Personen beschäftigt werden. Eine Belegschaft von fünf bis neun Personen war in 5 % der Fälle vorgesehen und mit zehn und mehr Beschäftigten starteten insgesamt 4 % der neu gegründeten Betriebe. Bei diesen Angaben muss zumindest teilweise davon ausgegangen werden, dass es sich um reine Absichtserklärungen der Gewerbetreibenden handelt. Wie viele der Gründungen tatsächlich die angegebene Personenzahl beschäftigen werden, kann mithilfe der Gewerbeanzeigenstatistik natürlich nicht gesagt werden.

Wie ist das Geschlechterverhältnis …

Die neuen Selbstständigen waren auch im Jahr 2006 überwiegend männlich. Mit 31 % lag der Frauenanteil nur geringfügig höher als im Vorjahr. Analog dem Rückgang der neu gegründeten Betriebe sank auch die Zahl der Gründerpersonen. Dabei nahm die Zahl der Existenzgründer mit 5 % stärker ab als die Zahl der Existenzgründerinnen (– 2 %). Bei den Betriebsgründungen mit wirtschaftlicher Substanz ging die Zahl der Existenzgründer um 11 % zurück, die Zahl der Existenzgründerinnen dagegen nur um 5 %. Insgesamt gründeten 25 133 Personen einen Betrieb mit vermutlich größerer wirtschaftlicher Substanz, darunter 19 % Frauen.

Am höchsten ist der Frauenanteil mit 38 % bei den Nebenerwerbsgründungen. Die Aufnahme einer Selbstständigkeit als Nebenerwerb zeigten im Jahr 2006 fast 3 % mehr Männer und gut 5 % mehr Frauen als im Vorjahr beim Gewerbeamt an. Bei den übrigen Kleingründungen (vgl. i-Punkt) sind die Unterschiede noch geringer. Die Zahl der Gründerinnen ging hier um 7 %, die der Gründer um 6 % zurück.

… und im welchen Alter wird gegründet?

Im Zusammenhang mit der gezielten Beratung und Förderung von Existenzgründungen wird immer wieder die Frage nach dem Alter der Gründer gestellt. Die Gewerbeanzeigenstatistik kann hierzu keine Informationen beisteuern. Jedoch müsste dieses Defizit nicht bestehen, da in einer Gewerbeanzeige auch nach dem Geburtsdatum gefragt wird. Es fehlt bisher allerdings die notwendige gesetzliche Grundlage, um das Geburtsjahr an die Statistischen Landesämter zu übermitteln und statistisch auswerten zu können. Das Alter gibt einen Hinweis darauf, in welcher Lebensphase sich die Gründer befinden. Ob zum Beispiel direkt nach der Ausbildung oder eher spät – das heißt im Anschluss an die Familienphase oder mit mehreren Jahren Berufserfahrung – gegründet wird.

Bis zum Jahresanfang 2004 überwog in der Erwerbsbevölkerung die Zahl der 20- bis 39-Jährigen noch die der 40- bis 59-Jährigen. Seitdem sind jedoch mehr »Ältere« als »Jüngere« in der erwerbsfähigen Bevölkerung vertreten. In Zukunft wird sich das Verhältnis weiter zugunsten der höheren Altersgruppen verschieben. Die Frage, ob »Ältere« anders gründen als »Jüngere«, könnte in Zukunft also an Bedeutung gewinnen.

Weniger Betriebe mit wirtschaftlicher Substanz mussten schließen

Die Zahl der Schließungen von Gewerbebetrieben stieg von 2005 auf 2006 um 2 % auf insgesamt 69 269. Dabei handelte es sich überwiegend um Schließungen von Kleinunternehmen (64 %). In 21 % der Fälle wurden Betriebe mit vermutlich größerer wirtschaftlicher Substanz aufgegeben, bei 15 % waren es Nebenerwerbsbetriebe. Im Vergleich zum Vorjahr stieg die Zahl der Stilllegungen von Nebenerwerbsbetrieben mit 18 % am stärksten. Bei wirtschaftlich bedeutenderen Betrieben ging die Zahl der vollständigen Aufgaben dagegen deutlich zurück (– 9 %).

Von der Aufgabe ihres Betriebes waren 2006 rund 16 500 Vollzeit- und 7 900 Teilzeitbeschäftigte (ohne Inhaber) betroffen und damit 14 % weniger als ein Jahr zuvor. Diese Beschäftigungszahlen beziehen sich auf den Zeitpunkt der Geschäftsaufgabe zu dem in 58 % der Fälle keine Beschäftigten mehr betroffen waren. Ein Personalabbau vor der vollständigen Aufgabe des Betriebes ist jedoch wahrscheinlich, sodass die Zahl der tatsächlich betroffenen Beschäftigten vermutlich höher liegt.

Der Gewerbetreibende soll bei einer Gewerbeabmeldung auch den Grund für die Aufgabe des Gewerbes angeben. Jedoch fehlt in 22 % der Fälle eine solche Begründung. Wurde die Ursache der Geschäftsaufgabe angegeben, so dominieren die wirtschaftlichen Schwierigkeiten. Sie führten bei 21 % der Betriebe mit wirtschaftlicher Substanz, 26 % der Kleinunternehmen und bei einem Drittel der Nebenerwerbsbetriebe zur Aufgabe. Bei den Betriebsaufgaben mit vermutlich größerer ökonomischer Bedeutung spielen Insolvenzverfahren mit gut 8 % eine bedeutendere Rolle als bei Kleinbetrieben (1 %). Persönliche oder familiäre Gründe führten bei Nebenerwerbsbetrieben häufiger zur Aufgabe (16 %) als bei Betrieben mit wirtschaftlicher Substanz (6 %).

Mit der Änderung der Gewerbeordnung zum 1. Januar 2003 können die Finanzämter den zuständigen Behörden mitteilen, wenn die Steuerpflicht eines Betriebes erloschen ist. Wenn die Abmeldung dann nicht innerhalb eines angemessenen Zeitraums erfolgt, kann die Behörde die Abmeldung von Amts wegen vornehmen. Im Jahr 2006 erfolgten 8 % der vollständigen Aufgaben von Gewerbebetrieben von Amts wegen. Nach wie vor kann aber nicht ausgeschlossen werden, dass das Problem der Untererfassung bei Gewerbeabmeldungen weiterhin besteht. Auch werden vermutlich nicht alle gegründeten Betriebe tatsächlich am Markt aktiv werden. Ein Saldo aus Neugründungen und Aufgaben kann somit nicht die Zu- und Abnahme des Unternehmensbestandes zuverlässig abbilden.

1 Der wesentliche Unterschied zwischen einer Zweigniederlassung und unselbstständiger Zweigstelle besteht im Grad der Abhängigkeit vom Mutterunternehmen. So besitzt Letztere keinerlei organisatorische Eigenständigkeit von der Hauptunternehmung, während sich die selbstständige Zweigniederlassung durch eine gewisse Unabhängigkeit (wie eigene Leitung und Buchführung) auszeichnet.