:: 7/2007

Statistisches Monatsheft Juli 2007

Qualität vor Quantität – Charakteristika des Gründungsgeschehens in Baden-Württemberg

Baden-Württemberg gilt als das Land der Tüftler und Denker. Dass dies nicht nur eine Phrase ist, zeigt sich zum Beispiel bei der Zahl der Patentanmeldungen pro Einwohner. Hier belegt das Land im Bundesvergleich ebenso Platz 1 wie bei den Ausgaben für Forschung und Entwicklung. Hinzu kommt der hervorragende Ruf der baden-württembergischen Hochschulen. Nach den Ergebnissen des unlängst vom Statistischen Landesamt vorgelegten Innovationsindex steht Baden-Württemberg nicht nur bundesweit an der Spitze, sondern ist aktuell die Region mit der höchsten Innovationskraft in der Europäischen Union. Da Innovationen und Unternehmertum die Triebkräfte von Wettbewerbsfähigkeit und wirtschaftlicher Dynamik eines Landes sind, setzt die Förderpolitik des Landes genau hier an. Die L-Bank bietet speziell in der Technologie- und Gründungsförderung attraktive Finanzierungslösungen für Gründer, Übernehmer und den Mittelstand.

Weniger Gründungen aber auch weniger Schließungen von Betrieben mit wirtschaftlicher Substanz

Im Jahr 2006 gab es erstmals wieder weniger Betriebsgründungen mit wirtschaftlicher Bedeutung als ein Jahr zuvor. Weiterhin Konjunktur haben hingegen die Nebenerwerbsgründungen, ihre Zahl stieg erneut deutlich an. Bei den Schließungen verhält es sich umgekehrt. Während Betriebe mit größerer wirtschaftlicher Bedeutung seltener aufgeben mussten, wurden Nebenerwerbsbetriebe häufiger geschlossen als im Vorjahr. Die englische Rechtsform Limited hat bei Gründungen an Bedeutung zugenommen. Verbreitet ist sie überwiegend bei der Eröffnung von Zweigniederlassungen und unselbstständigen Zweigstellen. Das Zahlenverhältnis von Frauen und Männer ist unter den neuen Selbstständigen fast unverändert. Jedoch sank die Zahl der Männer, die eine Betriebsgründung mit Substanz vornahmen wesentlich stärker als die der Frauen.

Neue regionalisierte Wohnungsbedarfsprognose für Baden-Württemberg bis 2025

Die Wohnungsbautätigkeit in Baden-Württemberg ist seit Mitte der 90er-Jahre stetig zurückgegangen. Wurden 1994 in Baden-Württemberg insgesamt – das heißt durch Neubau von Wohn- und Nichtwohngebäuden sowie im Zuge von Baumaßnahmen im Bestand – noch 101 700 Wohnungen fertiggestellt, waren es im Jahr 2006 nur 37 200; das ist der drittniedrigste Wert in der Geschichte des Landes nach den Jahren 2003 (35 400) und 2005 (36 100). Der Anstieg der Haushaltszahl gegenüber den Verhältnissen zu Beginn dieses Jahrhunderts hat sich ebenfalls abgeschwächt. Aufgrund dieser nur noch verhaltenen Zunahme der Haushaltszahlen ist die Wohnungsversorgung trotz relativ geringer Fertigstellungszahlen in weiten Teilen des Landes durch einen deutlichen Trend hin zur Vollversorgung gekennzeichnet. Landesweit wurde für das Jahr 2005 sogar bereits eine rechnerische Überversorgung festgestellt. Trotz dieser insgesamt positiven Entwicklung wurde für die meisten Stadtkreise und die Landkreise mit Hochschulen ein weiterhin hohes Defizit ermittelt.

Was den künftigen Bedarf aufgrund steigender Haushaltszahlen sowie für den Ersatz von wegfallenden Wohnungen bis zum Jahr 2025 angeht, ist landesweit von etwa 450 000 Wohnungen auszugehen. Werden darüber hinaus in adäquatem Umfang noch bestehende Wohnungsdefizite berücksichtigt, so liegt der landesweite Baubedarf bis 2010 bei knapp 28 000 Wohnungen pro Jahr, danach nur noch bei 22 000 Einheiten. Der höchste künftige Wohnungsbedarf wurde für den Landkreis Heilbronn ermittelt.

Wanderungsgewinn 2006 mit 4 000 Personen auf niedrigstem Stand seit 10 Jahren

Die hohen Wanderungsgewinne Ende der 80er-, Anfang der 90er-Jahre gehören möglicherweise der Vergangenheit an. 2006 erreichte das Wanderungsplus mit 4 000 Personen seit 1997 seinen niedrigsten Stand. Ein Wanderungsgewinn ergab sich gegenüber den übrigen Bundesländern, gegenüber dem Ausland entstand sogar ein leichter Wanderungsverlust. Die Fortzüge von Deutschen ins Ausland nehmen zu; bevorzugtes Zielland: die Schweiz.

Abgänger aus allgemeinbildenden Schulen 2006

Im Jahr 2006 sind rund 125 000 Schüler in Baden-Württemberg von einer allgemeinbildenden Schule abgegangen. Die Zahl der Abgänger ist ab der zweiten Hälfte der 80er-Jahre kontinuierlich gefallen bis zu ihrem Tiefpunkt im Jahr 1993. Seither ist sie ohne Unterbrechung von Jahr zu Jahr wieder angestiegen und hat nunmehr fast das Niveau von 1987 wiedererlangt. Wie in den Vorjahren auch, ist der Realschulabschluss – insbesondere bei den Mädchen – die beliebteste Abschlussart. 32 % der Abgänger aus allgemeinbildenden Schulen gingen mit dem Hauptschulabschluss ab, 23 % hatten die Fachhochschul-/Hochschulreife in der Tasche. Lediglich 6 % der Abgänger haben im Jahr 2006 die Schule ohne Abschluss verlassen, so wenig wie noch nie seit 1987. Mädchen erzielten im Durchschnitt (formell) höher qualifizierte Abschlüsse als Jungen. Von den ausländischen Jugendlichen gehen anteilsmäßig dreimal so viele ohne Abschluss von der Schule ab wie von den deutschen.

Abschlussquoten an den baden-württem-bergischen Hochschulen im internationalen Vergleich

Die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit (OECD) hat – gemeinsam mit den Mitgliedstaaten, Eurostat und UNESCO – sukzessive ein System von internationalen Bildungsstatistiken mit exakt definierten Bildungsindikatoren aufgebaut. Damit soll die Möglichkeit gegeben werden, die verschiedenen nationalen Bildungssysteme miteinander zu vergleichen und die Position einzelner Staaten im internationalen Vergleich einzuschätzen (vgl. i-Punkt). Ausgewählte OECD-Bildungsindikatoren konnten für die einzelnen Bundesländer berechnet werden und wurden im vergangenen Jahr erstmals in der Gemeinschaftsveröffentlichung »Internationale Bildungsindikatoren im Ländervergleich« herausgegeben (vgl. i-Punkt). Bei den Indikatoren aus dem tertiären Bildungsbereich stellt man fest, dass die Abschlussquoten an den Hochschulen in Baden-Württemberg international betrachtet – wie im Bundesdurchschnitt auch – niedrig ausfallen. Dagegen liegt der Anteil der Hochschulabsolventen in den natur- und ingenieurwissenschaftlichen Fächern in Baden-Württemberg mit 36 % sowohl im Vergleich mit den anderen Bundesländern als auch international betrachtet deutlich über dem OECD-Durchschnitt.

Regionale Standortfaktoren und Arbeitsplatzdynamik in der baden-württembergischen Industrie

Die Wettbewerbsfähigkeit einer Region sowie die regionale Beschäftigungssituation hängen entscheidend davon ab, ob die in der Region angesiedelten Unternehmen national und international konkurrenzfähig sind. Nicht nur Volkswirtschaften, sondern auch kleinere regionale Einheiten stehen somit in einem intensiven Wettbewerb um die Ansiedlung wettbewerbsfähiger Unternehmen und daher auch um die Bereitstellung möglichst attraktiver Rahmenbedingungen für Unternehmen und ihre Beschäftigten. Die Position von Regionen und Kreisen in diesem Standortwettbewerb ist dabei nicht nur von überregionalen Einflüssen, sondern auch und gerade von eigenen Potenzialen und deren Nutzung abhängig.

Arbeitslosigkeit und Inflation in Baden-Württemberg

Wer in seinem persönlichen Umfeld eine nicht-repräsentative, willkürliche Stichprobe erhebt und eine Befragung darüber durchführt, welche gesamtwirtschaftlichen Größen als wichtig angesehen werden, der dürfte »Arbeitslosigkeit« und »Inflation« regelmäßig unter den am häufigsten genannten Begriffen antreffen. Ein Grund dafür mag darin liegen, dass sich weite Teile der Bevölkerung mehr oder weniger durch beides abstrakt oder konkret bedroht sehen. So ist es nicht verwunderlich, dass der Preisstabilität und einem hohen Beschäftigungsstand seitens der Politik besondere Aufmerksamkeit geschenkt wird. Seit 1967 sind diese Ziele in Deutschland sogar im Stabilitätsgesetz verankert. Konsens besteht darüber, dass Inflation und Arbeitslosigkeit nicht unabhängig voneinander sind. Gleichwohl besteht bis heute wenig Einmütigkeit darüber, wie der Zusammenhang zu interpretieren ist. Entsprechend unterschiedlich fallen die wirtschaftspolitischen Handlungsempfehlungen zur Überwindung der Arbeitslosigkeit aus. Anhand der Entwicklung von Inflationsrate und Arbeitslosigkeit lassen sich verschiedene Phasen der baden-württembergischen Wirtschaftsentwicklung seit Beginn der 50er-Jahre nachzeichnen, die natürlich eng mit der bundesdeutschen und weltweiten verknüpft ist.

Bedeutung von Überstunden für den Arbeitsmarkt in Baden-Württemberg

Ergebnisse des Mikrozensus 2006

Die in Baden-Württemberg lebenden abhängig Erwerbstätigen leisteten 2006 jede Woche durchschnittlich rund 3,9 Mill. Überstunden. Der Anteil der Überstunden am gesamten Arbeitsvolumen der abhängig Erwerbstätigen im Jahr 2006 liegt somit bei knapp 3 %. Der volkswirtschaftliche Effekt für den Arbeitsmarkt darf jedoch nicht überschätzt werden: Neben flexiblen Arbeitszeitregelungen stellen Überstunden eine betriebswirtschaftliche Möglichkeit dar, um über das Jahr verteilt Arbeitsspitzen bzw. -täler flexibel ausgleichen zu können. Inwieweit durch den Abbau von Überstunden tatsächlich auch neue Arbeitsplätze entstehen könnten, ist in der öffentlichen Diskussion und unter Experten stark umstritten.

Standpunkt: Zu wenig Arbeit und zu wenig Arbeitskräfte?

In jüngster Zeit häuften sich im Fernsehen, im Rundfunk und in der Presse sowie in öffentlichen und wissenschaftlichen Diskussionen Katastrophenszenarien über mögliche Versorgungsengpässe für die künftigen Generationen: Zu wenig Arbeit heute und zu wenige Arbeitskräfte in Zukunft, zu wenige Kinder seit Jahren und morgen zu viele Ältere. Die einsamen Rufer in den 80er-Jahren haben es in die Medien und in die Köpfe geschafft. Die heute eher Besonnenen finden sich nun, so möchte man meinen, im Club der Ignoranten wieder. Selbst ein nur kurzer, unverstellter Blick in die Vergangenheit könnte zur Versachlichung und Beruhigung der Diskussion beitragen.

Was kostet Arbeit in Baden-Württemberg?

Eine Arbeitstunde kostete in Baden-Württemberg im Jahre 2004 im Produzierenden Gewerbe rund 34 Euro, während dieser Durchschnittswert im Dienstleistungssektor annähernd 28 Euro betrug. Europaweit liegen die baden-württembergischen Arbeitskosten im industriellen Sektor an der Spitze. Die höchsten Arbeitskosten je Stunde wurden sowohl für das Produzierende Gewerbe als auch für die Dienstleistungen für den IT-Sektor ermittelt.