:: 7/2007

Geringfügig und befristet Beschäftigte in Baden-Württemberg

Die Entwicklung des Arbeitsmarktes war in den letzten Jahren geprägt durch einen grundlegenden und schnellen Wandel. Neben zahlreichen anderen strukturellen Veränderungen ist auch eine Zunahme sogenannter »prekärer Arbeitsverhältnisse« zu beobachten. Dabei handelt es sich um Beschäftigungen, die unter anderem durch niedrige Einkommen bzw. befristete Arbeitsverträge gekennzeichnet sind. So haben in Baden-Württemberg immer mehr Beschäftigte keine feste Anstellung: Bei den befristeten Arbeitsplätzen ist gegenüber 1996 ein Anstieg von rund 75 % zu verzeichnen, jeder zehnte abhängig Erwerbstätige im Land hat mittlerweile einen Zeitvertrag. Auch die Zahl der geringfügig Beschäftigten hat sich in den letzten Jahren sehr dynamisch entwickelt.

Nach Ergebnissen des Mikrozensus, der größten amtlichen Haushaltsbefragung in Deutschland, übten im Jahr 2006 insgesamt rund 664 000 Männer und Frauen eine geringfügige Beschäftigung aus. Eine geringfügige Beschäftigung liegt dann vor, wenn der Verdienst nicht mehr als 400 Euro im Jahresdurchschnitt pro Monat beträgt (Mini-Job). Auch Beschäftigungsverhältnisse, die auf höchstens zwei Monate oder 50 Arbeitstage im Jahr begrenzt sind, gelten als geringfügige Beschäftigungen. Typische geringfügige Beschäftigungen sind zum Beispiel Putzjobs, das Austragen von Zeitungen oder Aushilfstätigkeiten in der Gastronomie oder im Verkauf. Zu den geringfügigen Beschäftigungen zählen auch die sogenannten »Ein-Euro-Jobs«.1

Geringfügige Beschäftigungen Domäne der Frauen

Für insgesamt rund 528 000 Erwerbstätige, also für jeden zehnten Berufstätigen im Land, war die geringfügige Beschäftigung die einzige Erwerbstätigkeit. Die Entwicklung dieser geringfügigen Beschäftigungsverhältnisse verlief in den letzten Jahren überaus dynamisch: So hat sich die Zahl der geringfügig Beschäftigten, die diese Tätigkeit als einzige Tätigkeit ausübten, seit 1996 nahezu verdoppelt. Die schwache Konjunktur, der starke Kostendruck durch die Globalisierung, die in Deutschland relativ hohen Lohnnebenkosten und die aus der hohen Arbeitslosigkeit resultierenden Reformen am Arbeitsmarkt dürften wesentlich zu dieser Entwicklung beigetragen haben.

Frauen dominieren nicht nur unter den Teilzeitarbeitskräften (gut 82 % aller Teilzeitbeschäftigten im Land sind Frauen), sondern sie haben auch den Großteil dieser geringfügigen Beschäftigungsverhältnisse inne: Drei von vier geringfügig Beschäftigten waren Frauen. 17 % aller berufstätigen Frauen üben eine geringfügige Beschäftigung als einzige Tätigkeit aus. Jede dritte geringfügig beschäftigte Frau ist zwischen 35 und 45 Jahre alt. Dies deutet darauf hin, dass diese Beschäftigungsform oftmals auch deshalb gewählt wird, um Beruf und Familie vereinbaren zu können. Unter den baden-württembergischen Männern dagegen sind geringfügige Beschäftigungsverhältnisse relativ selten: Lediglich annähernd 5 % üben eine solche Tätigkeit aus.

Überproportional häufig werden geringfügige Beschäftigungen im Dienstleistungsbereich ausgeübt: Während in Baden-Württemberg 60 % aller Erwerbstätigen im tertiären Sektor arbeiten, sind es von den geringfügigen Beschäftigten nahezu 74 %.

Immer mehr Erwerbstätige ohne Festanstellung

Neben den geringfügig Beschäftigten war auch bei den Erwerbstätigen mit einem befristeten Arbeitsvertrag in den letzten Jahren eine sehr dynamische Entwicklung zu beobachten: Von den insgesamt knapp 4,4 Mill. im Mikrozensus für das Jahr 2006 ausgewiesenen abhängig Erwerbstätigen (ohne Auszubildende2) in Baden-Württemberg verfügten annähernd 425 000 Personen nur über einen befristeten Arbeitsvertrag. Demnach haben rund 10 % aller abhängig Erwerbstätigen (ohne Auszubildende) im Land keine feste Anstellung.

In den letzten 10 Jahren hat die Zahl der befristeten Beschäftigungsverhältnisse überproportional zugenommen: Während die Zahl der abhängig Erwerbstätigen, also der Angestellten, Beamten und Arbeiter (ohne Auszubildende) gegenüber 1996 um rund 8 % angestiegen ist, war bei den Erwerbstätigen ohne festen Arbeitsplatz ein Zuwachs um knapp 75 % zu verzeichnen. Auch die Ursachen dieser Entwicklung dürften unter anderem in der schwachen Konjunktur und der hohen Arbeitslosigkeit zu suchen sein. Männer und Frauen sind dabei gleichermaßen in befristeten Beschäftigungsverhältnissen zu finden: Jeweils rund 10 % der abhängig beschäftigten Männer und Frauen haben ein zeitlich befristetes Arbeitsverhältnis.

Vor allem Berufsanfänger häufig nur mit Zeitvertrag

Zeitverträge sind über die Altersgruppen nicht gleichmäßig verteilt, sondern gehäuft bei jüngeren Berufstätigen vorzufinden. So stellen befristete Arbeitsverträge mittlerweile für viele jüngere Arbeitskräfte den Einstieg in das Berufsleben dar: Mehr als jeder vierte abhängig Erwerbstätige unter 30 Jahren hatte 2006 einen befristeten Arbeitsvertrag. Anders ausgedrückt bedeutet dies aber auch, dass weit mehr als jeder zweite befristet Beschäftigte (57 %) unter 30 Jahre alt ist. Mit zunehmendem Alter der abhängig Erwerbstätigen sinkt der Anteil der befristet Beschäftigten. Der geringste Anteil findet sich in der Altersgruppe der 50- bis unter 60-Jährigen mit knapp 3 %. Bei den 60-Jährigen und Älteren ist allerdings der Anteil der befristet Beschäftigten mit nahezu 4 % wieder etwas höher (Schaubild 2).

Ferner konzentrieren sich Erwerbstätige mit Zeitverträgen auf bestimmte Branchen: Besonders häufig sind befristete Arbeitsplätze im Dienstleistungsgewerbe anzutreffen: Gut 70 % aller befristet Beschäftigten arbeiten im Dienstleistungssektor, der Anteil aller abhängig Erwerbstätigen im tertiären Sektor liegt hingegen lediglich bei knapp 59 %. Die abhängig Erwerbstätigen im Produzierenden Gewerbe haben hingegen eher selten befristete Arbeitsverträge: Während gut 40 % aller baden-württembergischen abhängig Erwerbstätigen im sekundären Sektor arbeiten, haben hier nur 28 % eine befristete Stelle.

Ausländer ohne Festanstellung überrepräsentiert

Auffällig ist, dass sich ausländische Erwerbstätige weitaus häufiger in befristeten Arbeitsverhältnissen befinden als deutsche: 13 % der ausländischen abhängig Erwerbstätigen hatten einen befristeten Arbeitsvertrag, bei den Deutschen lag dieser Anteil lediglich bei rund 9 %.

Der Ausländeranteil an allen abhängig Erwerbstätigen liegt bei rund 13 %, der Anteil der Erwerbstätigen mit ausländischer Staatsbürgerschaft an allen Beschäftigten mit Zeitvertrag hingegen bei 17 %.

Die Dauer der befristeten Arbeitsverhältnisse belief sich im Jahr 2006 in nur wenigen Fällen über einen längeren Zeitraum hinweg. So verfügten nur knapp 10 % aller befristet Beschäftigten über einen Arbeitsvertrag mit einer Lauflänge von mehr als 3 Jahren. Dabei hatten gerade die jüngeren befristet Beschäftigten, das heißt die unter 30-Jährigen, seltener (knapp 9 %) einen solchen Vertrag als die älteren Erwerbstätigen. Bei den 30- bis unter 50-Jährigen verfügten dagegen rund 11 % über einen Arbeitsvertrag von mehr als 3 Jahren Dauer.

1 Bei Ein-Euro-Jobs handelt es sich um Arbeitsgelegenheiten nach §16 Absatz 3 des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch – Grundsicherung für Arbeitsuchende (SGB II), bei denen die Betroffenen weiterhin Arbeitslosengeld II sowie eine Mehraufwandsentschädigung in Höhe von 1 bis 2 Euro je gearbeiteter Stunde erhalten.

2 Zu den Auszubildenden zählen auch Praktikanten und Personen, die sich in Umschulung befinden.