:: 8/2007

Hochkonjunktur in Baden-Württemberg – Im Jahresdurchschnitt 2007 voraussichtlich ein preisbereinigtes Wachstum von 3 ½ %

Die Wirtschaftsleistung in Baden-Württemberg wird bis zum Jahresende 2007 ihr kräftiges Expansionstempo beibehalten. Der vom Statistischen Landesamt berechnete Konjunkturindikator signalisiert, dass sich erst am Ende des Jahres die dynamische Konjunkturentwicklung verlangsamen wird.

Im 1. Halbjahr 2007 ist die baden-württembergische Wirtschaft nach ersten Schätzungen preisbereinigt um knapp 4 % gegenüber dem Vorjahreszeitraum gewachsen. Damit hat sich die konjunkturelle Entwicklung als überaus robust erwiesen. Trotz der Mehrwertsteuererhöhung wurde die Veränderungsrate des 2. Halbjahres 2006 von 4 % annähernd erreicht und die Jahreswachstumsrate von 2006 in Höhe von 3,5 % sogar übertroffen.

Im 1. Quartal 2007 wuchs die Wirtschaftsleistung mit einem Plus von 4,3 % nur wenig schwächer als im Schlussquartal 2006. Die kräftige Ausdehnung der Bauleistung – aufgrund der milden Witterung konnten Arbeiten in erheblichem Umfang vorgezogen werden – glich Einbußen, die sich aus der Mehrwertsteuererhöhung ergaben, weitgehend aus. Im 2. Quartal belief sich die preisbereinigte Veränderungsrate des Bruttoinlandsprodukts voraussichtlich allerdings nur noch auf rund 3 ½ %.

In den Frühjahrsmonaten März bis Mai 2007 war die Konjunktur in Baden-Württemberg im Einzelnen durch folgende Entwicklungen gekennzeichnet:

  • Die realen Auslandsumsätze der Industrie setzen ihre dynamische Entwicklung fort. Gegenüber dem Winter verstärkte sich das Umsatzplus – trotz des starken Euro – sogar noch leicht. Die lebhafte Nachfrage dürfte auch in den kommenden Monaten noch anhalten, nach wie vor nehmen die Auftragseingänge aus dem Ausland kräftig zu.
  • Bei der Inlandsnachfrage hat sich infolge der Mehrwertsteuererhöhung die Spaltung zwischen der kräftigen Investitionsnachfrage und einer verhaltenen Konsumnachfrage wieder verstärkt. Während der Maschinenbau boomt, stagnieren im Einzelhandel und im Gastgewerbe die Umsätze und im Kfz-Handel sinken die Erlöse sogar.
  • Die Zahl der Beschäftigten hat in der Industrie so stark zugenommen wie seit 6 Jahren nicht mehr. Auch im Handel steigt (noch) die Beschäftigung und auch in den übrigen Dienstleistungsbereichen werden neue Arbeitsplätze geschaffen. Im Bauhauptgewerbe setzt sich allerdings der Beschäftigungsaufbau des Vorquartals nicht fort.

Die gegenwärtig sehr kraftvolle Konjunktur in Baden-Württemberg dürfte sich im weiteren Jahresverlauf beruhigen. Schon aufgrund von Basiseffekten wird die quartalsbezogene Veränderungsrate zum Vorjahreszeitraum im 4. Quartal nicht mehr an den Wert des Vorjahres heranreichen. Während im Schlussquartal 2006 aufgrund von Vorzieheffekten eine Steigerungsrate des preisbereinigten Bruttoinlandsprodukts von 4,8 % realisiert wurde, ist für das 4. Quartal dieses Jahres lediglich von einer Zunahme von 2 ½ % auszugehen. Im 3. Quartal wird ein solcher Basiseffekt zwar nicht im gleichen Maße wirksam – wie bereits im vorangegangenen Quartal dürfte die Veränderungsrate bei 3 ½ % liegen – für das gesamte 2. Halbjahr ergibt sich jedoch nur eine Zunahme der realen Wirtschaftsleistung von 3 % gegenüber dem Vorjahreszeitraum. Da in der ersten Jahreshälfte die Steigerung noch bei knapp 4 % gelegen haben dürfte, ergibt sich daraus für das gesamte Jahr 2007 eine preisbereinigte Wachstumsrate von rund 3 ½ %.

Ist damit der konjunkturelle Wendepunkt erreicht? Wenn sich die Jahreswachstumsrate 2007 auch in einer ähnlichen Größenordnung wie 2006 bewegen dürfte, so spricht doch einiges dafür, dass die Boomphase allmählich abklingt. In den nächsten Quartalen ist dann zwar noch von kräftigen vierteljährlichen Zuwachsraten auszugehen, eine weitere Beschleunigung der konjunkturellen Entwicklung, wie sie 2006 zu beobachten war, dürfte aber nicht mehr stattfinden.

Bislang hat Baden-Württemberg aufgrund seiner starken Exportorientierung und des großen Gewichts der Investitionsgüterindustrie in ganz besonderem Maße vom Verlauf des Aufschwungs profitiert. Bereits im dritten Jahr in Folge hat eine sehr starke Auslandsnachfrage dafür gesorgt, dass die baden-württembergische Industrie ihre Exporte erheblich ausdehnen konnte. Im letzten Jahr kam dann eine überaus kräftige Investitionsnachfrage der inländischen Unternehmen hinzu, was nicht nur dem Maschinen- und Fahrzeugbau, sondern auch der Bauwirtschaft kräftige zusätzliche Impulse gab. Im Bereich der Außenwirtschaft nehmen jedoch die Risiken unverkennbar zu, sodass die Gefahr einer Abschwächung der Auslandsnachfrage wächst, und allmählich wird auch die starke inländische Investitionsnachfrage abklingen.

Im vergangenen Jahr haben nicht nur die sehr günstige konjunkturelle Entwicklung und der in den vorangegangenen Jahren der Stagnation aufgebaute Investitionsstau zu der außerordentlich kräftigen Investitionsnachfrage aus dem Inland beigetragen. Auch der Übergang von der degressiven zur linearen Abschreibung zum Jahresende, der de facto einer Verschlechterung der Abschreibungsmöglichkeiten für die Unternehmen gleichkommt, hat die Investitionsnachfrage stimuliert. Dieser Vorzieheffekt dürfte allerdings schon geraume Zeit wirksam sein, sodass eine Verstärkung und, daraus abgeleitet, zusätzliche Impulse für die baden-württembergische Industrie bis zum Jahresende wenig wahrscheinlich sind.

Dämpfend auf die Investitionsnachfrage könnte sich die allmähliche Verschlechterung der Finanzierungsbedingungen auswirken. Im Gefolge einer Geldpolitik, die zunehmenden Inflationsrisiken offensiv begegnet, sind die langfristigen Zinsen in den letzten Monaten spürbar gestiegen. Als noch bedeutsamer für die Investitionsnachfrage könnte es sich allerdings erweisen, dass die Unternehmen die zukünftige Geschäftsentwicklung zuletzt etwas zurückhaltender einschätzten. Der L-Bank-ifo-Konjunkturtest Baden-Württemberg stellte unlängst fest, dass die Unternehmen die Geschäftslage zwar nach wie vor als exzellent beurteilen, der Optimismus in den Erwartungen jedoch unverkennbar abgenommen habe.

Während die inländische Investitionsnachfrage ihren Gipfel überschritten haben dürfte, lässt sich eine derartige Aussage für die Auslandsnachfrage nicht mit gleicher Sicherheit machen. In jüngster Zeit sind allerdings die Risikofaktoren wieder stärker in das Blickfeld gerückt. An prominenter Stelle: die zunehmende Schwäche des US-Dollars. Deren indirekte Wirkungen könnten sich dabei für die baden-württembergische Wirtschaft als belastender erweisen als die verschlechterten Bedingungen für den Export in die USA. Zunehmend leiden die Unternehmen in den anderen Ländern der Eurozone unter der durch den schwachen Dollar verminderten Wettbewerbsfähigkeit. Laufen jedoch die Geschäfte der Unternehmen in Euroland, dem Hauptabsatzgebiet der baden-württembergischen Exporteure, schlecht, dann brechen auch für die baden-württembergische Exportindustrie rauere Zeiten an.