:: 9/2007

Eignen sich Verwaltungsdaten für Konjunkturaussagen?

Eine Bestandsaufnahme am Beispiel der Konjunkturstatistik für bestimmte Dienstleistungsbereiche

Im Jahr 2003 wurde das Verwaltungsdatenverwendungsgesetz erlassen, das der Statistik den Zugriff auf Verwaltungsdaten ermöglicht und die Durchführung von Eignungsuntersuchungen für die konjunkturstatistische Nutzung anordnet. Die Konjunkturerhebung für bestimmte Dienstleistungsbereiche stand als erste Statistik zur Prüfung an. Im Rahmen der Untersuchungen wurden sowohl Definitionsabweichungen der Erhebungsmerkmale als auch der zu befragenden Unternehmen sowie Unzulänglichkeiten bei der Zuordnung des wirtschaftlichen Schwerpunkts für die Verwaltungsdaten im Vergleich zur Statistik festgestellt. Den Verwaltungsdaten konnte deshalb für den Dienstleistungsbereich nur eine eingeschränkte konjunkturstatistische Eignung zugesprochen werden.

Für die zukünftige Konjunkturerhebung bestimmter Dienstleistungsbereiche kommt daher ein »Mixmodell« aus Direktbefragung großer konjunkturrelevanter Unternehmen und die Übernahme von Verwaltungsdaten für mittlere und kleine Unternehmen zum Tragen. Welche Ergebnisse die Untersuchungen für die Bereiche Handwerk, Handel und Gastgewerbe bringen werden, ist noch abzuwarten, da sich diese Bereiche bezüglich der konjunkturstatistischen Anforderungen und der Bezugseinheiten unterscheiden.

Wer konjunkturstatistische Erhebungen bei Unternehmen durchführt, wird immer wieder mit der Frage von Berichtspflichtigen konfrontiert: »Wieso muss ich Angaben zu Umsatz und Beschäftigung mehrmals melden? Wieso werden nicht meine Meldungen an das Finanzamt und zur Sozialversicherung für die Statistik herangezogen?« Die Frage ist berechtigt, da monatliche Meldungen der Wirtschaft aus der Umsatzsteuervoranmeldung bei den Oberfinanzdirektionen der Länder und für die Sozialversicherung zentral bei der Bundesagentur für Arbeit vorliegen.

In den Koalitionsvertrag der Regierung der großen Koalition ist 2005 »Bürokratieabbau« als eines der politischen Ziele aufgenommen worden. Doch ohne rechtliche Grundlage kann sich die Statistik nicht einfach der Verwaltungsdaten bedienen und es muss geprüft werden, ob die Anforderungen der derzeitigen Konjunkturstatistik über die Verwaltungsdaten erfüllt werden können. Bereits 2003 war mit dem Verwaltungsdatenverwendungsgesetz1 eine Eignungsuntersuchung für konjunkturstatistische Aussagen auf der Grundlage von übermittelten Verwaltungsdaten an die amtliche Statistik ermöglicht worden. Ebenfalls 2003 formulierten die Statistischen Ämter des Bundes und der Länder im »Masterplan zur Reform der amtlichen Statistik«2 als eine von mehreren Aktionen die verstärkte Nutzung von Verwaltungsdaten, mit dem Ziel, die Auskunftspflichtigen zu entlasten und Bürokratieabbau zu unterstützen.

Allerdings zeigt die Anordnung einer Eignungsuntersuchung für Verwaltungsdaten, dass sich aus Sicht des Gesetzgebers der Sachverhalt doch nicht so einfach gestaltet, wie im Allgemeinen unterstellt wird. Auf dem Prüfstand stehen die jeweils vierteljährlichen Konjunkturerhebungen in »bestimmten« Dienstleistungsbereichen (Verkehr, IT-Branche, unternehmensnahe Dienstleistungen) und für das Handwerk sowie die monatlichen Statistiken im Handel und Gastgewerbe. Zu diesen Erhebungen melden die Unternehmen der jeweiligen Wirtschaftsbereiche ihre Umsatzangaben und die Anzahl der tätigen Personen.

Zum jetzigen Zeitpunkt konnten die Eignungsuntersuchungen für den Bereich der »bestimmten« Dienstleistungen (Teil I, Oktober 2006) sowie für das Handwerk (Teil II, April 2007) abgeschlossen und die Ergebnisse dem Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie vorgelegt werden. Gegenwärtig erfolgt die Prüfung der Verwaltungsdaten für die Bereiche Handel und Gastgewerbe. Zusätzliche Untersuchungsbereiche außerhalb der Konjunkturstatistiken sind die Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnungen (VGR) des Bundes sowie der Länder, die Umsatzsteuerstatistik und das Unternehmensregister. Im Folgenden wird näher auf die Eignungsuntersuchung der Verwaltungsdaten für die Konjunkturstatistik in bestimmten Dienstleistungsbereichen eingegangen, Problempunkte werden angesprochen und das aus den Untersuchungsergebnissen abgeleitete künftige Modell zur Ermittlung von Konjunkturdaten für bestimmte Dienstleistungsbereiche erläutert.

Ausgangslage

Im Rahmen der bisherigen Primärerhebung für die Konjunkturerhebung in bestimmten Dienstleistungsbereichen3 wurden vierteljährlich bundesweit bei 7,5 % der Unternehmen der Verkehrs- sowie IT-Branche und der unternehmensnahen Dienstleistungen4 der Umsatz (im abgelaufenen Kalendervierteljahr) und die Anzahl der tätigen Personen (zum Ende des abgelaufenen Kalendervierteljahres) erfragt. Jeweils im 1. Quartal eines Jahres war zudem der Schwerpunkt der wirtschaftlichen Tätigkeit mit anzugeben. Der Berichtskreis umfasste in Baden-Württemberg rund 4 000 Unternehmen. Für die Öffentlichkeit wurden die Veränderungsraten zum Vorjahres- sowie zum Vorquartal bereitgestellt.

Seit 2003 liefern nun auf der Basis des Verwaltungsdatenverwendungsgesetzes monatlich die Oberfinanzdirektionen (OFD) Daten von Steuerpflichtigen, die zur Abgabe von Umsatzsteuervoranmeldungen verpflichtet sind, sowie die Bundesagentur für Arbeit (BA) Daten von Betrieben, die sozialversicherungspflichtig Beschäftigte aufweisen, an die Statistischen Ämter des Bundes und der Länder.

Welche Problembereiche wurden im Datenmaterial der Finanzverwaltung erkannt?

Der in den konjunkturstatistischen Erhebungen verwendete Umsatzbegriff5 bezeichnet generell den Gesamtbetrag von in Rechnung gestellten Lieferungen und Leistungen (ohne Umsatzsteuer), unabhängig vom Zeitpunkt des Zahlungseingangs. Dazu zählen auch steuerfreie Umsätze, Handelsumsätze sowie Erlöse aus Lieferungen und Leistungen an mit dem Unternehmen verbundene selbstständige Konzern- und Verkaufsgesellschaften. Getrennt in Rechnung gestellte Kosten für Fracht, Porto und Verpackung sind ebenso mit einzubeziehen wie der Eigenverbrauch an bezogenen Waren. Preisnachlässe wie Rabatte, Boni und Skonti sowie Retouren zählen hingegen nicht dazu, genauso wenig wie außerordentliche und betriebsfremde Erträge.

Die mit den Verwaltungsdaten der OFD übermittelten Lieferungen und Leistungen decken weitgehend den konjunkturstatistischen Umsatzbegriff ab. Es gibt allerdings einige Abweichungen sowohl bezogen auf das Merkmal »Umsatz« als auch bezogen auf die Bezugsgröße »Unternehmen«, deren Relevanz die Eignungsuntersuchung beleuchtete. Zu nennen sind hier vor allem für das Merkmal »Umsatz«:

  • die Ist-Besteuerung und
  • die außerordentlichen und betriebsfremden Erträge,

sowie für die Bezugsgröße »Unternehmen«:

  • die Organschaften und
  • die Mehrländerunternehmen.

Im Folgenden werden diese Begriffe und die sich aus Abweichungen ergebenden Schwierigkeiten näher erläutert.

Unternehmen, deren Jahresumsatz eine bestimmte Höhe6 nicht überschreitet, sowie Angehörige der Freien Berufe, zum Beispiel Rechts-, Steuer- und Unternehmensberatung, Architektur- und Ingenieurbüros, können eine Ist-Besteuerung anstatt der üblichen Soll-Besteuerung wählen. Die Ist-Besteuerung orientiert sich an den tatsächlichen Zahlungseingängen im Veranlagungszeitraum, unabhängig vom Zeitpunkt der Leistungserstellung, während sich die Soll-Besteuerung auf die im Berichtszeitraum erbrachte Leistung bezieht. Eine Untersuchung auf Bundesebene zeigte, dass die Ist-Besteuerung vor allem von Angehörigen der Freien Berufe, also aus dem Bereich der unternehmensnahen Dienstleistungen, in Anspruch genommen wird. Der Umsatzanteil der Ist-Besteuerung liegt für die Freien Berufe bei 8 bis 11 %. Allerdings dürfte die Erbringung der Leistung, die Rechnungsstellung und der Zahlungseingang innerhalb absehbarer Zeit (meist im gleichen Quartal) erfolgen, sodass die Verwendung der Ist-Besteuerung für die vierteljährliche Konjunkturabbildung keine allzu große zeitliche Verzerrung erzeugt.

Die bei der OFD gemeldeten Lieferungen und Leistungen beinhalten auch außerordentliche und betriebsfremde Erträge, die unter Umständen einen Großteil des Unternehmensumsatzes beanspruchen können, obwohl sie keine branchenkonjunkturstatistische Relevanz haben. Dies sind beispielsweise Erlöse aus dem Verkauf von Anlagegütern oder der Verpachtung von Grundstücken, Zinsen oder Dividenden, welche in den Datensätzen der OFD nicht getrennt vorliegen.

Einen weiteren nicht unbedeutenden Problempunkt machen die Organschaften im Zusammenhang mit dem Nachweis der konjunkturbedingten Umsatzentwicklung aus. Der Begriff »Organschaft« bezeichnet im Steuerrecht eine Gruppe rechtlich selbstständiger Personen, die gemeinsam besteuert werden. Dabei wird eine an sich rechtlich selbstständige Person (die Organgesellschaft) dergestalt integriert, dass die steuerlichen Vorgänge dieser Person einer anderen als eigene zugerechnet werden. Beide Personen erscheinen dadurch als einheitlicher Steuerpflichtiger. Organschaften sieht das deutsche Steuerrecht unter anderem bei der Umsatzsteuer vor. Eine Organschaft für Zwecke der Umsatzsteuer (§ 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG) führt dazu, dass nur ein Unternehmen im Sinne des UStG vorliegt. Leistungsbeziehungen zwischen Organträger und Organgesellschaft lösen also keine Umsatzsteuer aus, sondern führen zu nicht steuerbaren Binnenumsätzen. Voraussetzung ist die finanzielle, wirtschaftliche und organisatorische Eingliederung. Dies bedeutet, dass in den Verwaltungsdaten der OFD für Unternehmen, die sich zu einer Organschaft zusammengeschlossen haben, nur ein Außenumsatz beim Organträger und keine Binnenumsätze zwischen den beteiligten Unternehmen ausgewiesen wird. Leider sind im OFD-Material auch nicht alle Organträger als solche gekennzeichnet und die zu einer Organschaft zusammengeschlossenen Unternehmen können nicht eindeutig identifiziert werden. Erschwerend kommt hinzu, dass oft gerade große umsatzstarke Unternehmen Organschaftsmitglieder sind und der Organträger sowie die einzelnen Gesellschafter aus unterschiedlichen wirtschaftlichen Bereichen stammen können. So haben beispielsweise die Organschaften auf Bundesebene für die meisten der betrachteten Dienstleistungsbereiche (Teile des Verkehrsbereichs, IT-Branche, unternehmensnahe Dienstleistungen) Umsatzanteile zwischen 25 und 50 %, in den Bereichen Luftfahrt und Nachrichtenübermittlung sogar von 85 bis 90 %. Auf Länderebene können die Umsatzanteile der Organschaften teilweise noch höher liegen. Zur Festlegung der Umsätze der Organschaftsmitglieder sind daher Schätzverfahren im Einsatz, die der ständigen Weiterentwicklung unterliegen.

Speziell für die Konjunkturbeobachtung auf der Ebene der Bundesländer ergeben sich für Mehrländerunternehmen weitere Schwierigkeiten. Mehrländerunternehmen sind Unternehmen mit mehreren Betrieben, wobei mindestens ein Betrieb in einem vom Unternehmenssitz verschiedenen Bundesland angesiedelt ist. Die Umsatzsteuervoranmeldung wird für das gesamte Unternehmen zumeist an die Finanzverwaltung des Unternehmenssitzes vorgenommen. Die Umsatzanteile der Betriebe in anderen Bundesländern sind nicht erkennbar. Die Anteile von Mehrländerunternehmen am Gesamtumsatz lagen bei einer Auswertung auf Bundesebene für bestimmte Dienstleistungsbranchen7 zwischen 6 % im Schiffsverkehr und 93 % bei der Luftfahrt. Für die einzelnen Bundesländer können die Umsatzanteile merkliche Abweichungen vom Bundesdurchschnitt aufweisen. Für die Aufteilung der Umsätze von Mehrländerunternehmen auf die Bundesländer wird zumeist die Verteilung der Beschäftigten auf die Betriebe herangezogen, wobei es hier je nach Unternehmen und Wirtschaftsbranche zu mehr oder weniger starken Verzerrungen kommen kann.

Und welche Schwierigkeiten sind mit dem Material der Bundesagentur für Arbeit verbunden?

Im Rahmen der Konjunkturstatistik wurde bislang die Anzahl der tätigen Personen direkt bei den Unternehmen erhoben. Zu den tätigen Personen zählen alle in einem Betrieb Beschäftigten sowie Personen, die außerhalb davon tätig sind (zum Beispiel Handelsvertreter), aber in einem Arbeitsverhältnis stehen und vom Betrieb bezahlt werden. Die tätigen Personen umfassen Inhaber, (unbezahlt) mithelfende Familienangehörige und alle bezahlten Arbeitnehmer. Mit eingeschlossen sind darin Auszubildende, Praktikanten, Teilzeitbeschäftigte, Zeit- und Saisonarbeitskräfte sowie zum Beispiel aufgrund von Urlaub, Mutterschutz oder Krankheit vorübergehend abwesende Personen. Nicht darunter fallen hingegen Leiharbeitskräfte und aufgrund einer längeren Erkrankung unbefristet abwesende Personen sowie mitarbeitende Familienangehörige, die ihre Haupttätigkeit woanders ausüben.

Die Bundesagentur für Arbeit (BA) erfasst die sozialversicherungspflichtig sowie die geringfügig entlohnten Beschäftigten eines Betriebs. Angaben zu Inhabern, mithelfenden Familienangehörigen, Beamten oder auch privat Versicherten, die bislang über die Direktbefragung vorliegen, fehlen jedoch. Darüber hinaus zählt die BA die beschäftigten Personen und nicht die Beschäftigungsfälle, das heißt, Arbeitnehmer mit mehreren Beschäftigungsverhältnissen werden nur einem und nicht mehreren Betrieben zugerechnet.

Die Beschäftigtenangaben der BA liegen auf der Ebene der Betriebe vor. Es gibt daher weniger Schwierigkeiten bei der Datennutzung im Vergleich zu den Umsatzdaten der OFD. So sind für Mehrländerunternehmen die Beschäftigtenangaben ihrer Betriebe länderscharf und es können direkt Landesergebnisse erzeugt werden; auch die zu einer Organschaft zusammengeschlossenen Unternehmen melden ihre Beschäftigtenzahlen getrennt voneinander an die BA. Es verbleibt die Unzulänglichkeit, dass der BA die Angaben zu den Selbstständigen, den unbezahlt mithelfenden Familienangehörigen, den Beamten (zum Beispiel bei den Nachfolgeunternehmen der Post und der Bahn), den Personen mit Einkommen unter der Bemessungsgrenze sowie zu den kurzfristig geringfügig Beschäftigten (weniger als 50 Tage) fehlen. Die Eignungsuntersuchung ergab, dass nur rund vier Fünftel der tätigen Personen über Verwaltungsdaten gemeldet werden können.

Für die Meldungen der BA tritt außerdem ein zeitliches Problem auf. Die monatlich gelieferten Dateien der BA beinhalten Beschäftigtenangaben mit einer Wartezeit von 2, 3 bzw. 6 Monaten. Es zeigte sich, dass die An- und Abmeldungen sozialversicherungspflichtig Beschäftigter und vor allem der geringfügig entlohnten Beschäftigten, zumeist erst nach 6 Monaten annähernd vollständig vorliegen. Und ob einzelne Meldungen noch ausstehen, kann zudem nicht festgestellt werden.

Eine Bewertung der Wirtschaftszweigzuordnung in den Verwaltungsdaten

Ein weiterer Schwerpunkt der Eignungsuntersuchung lag auf der Prüfung der Angaben zu den Wirtschaftszweigen in den Verwaltungsdaten der OFD sowie der BA. Im Fokus stand hierbei die Qualität der Angaben bzw. ob Unterschiede zwischen den Angaben in beiden Materialien bestehen. So wurde festgestellt, dass es den Wirtschaftszweigangaben in den Verwaltungsdaten teils an Aktualität fehlt oder sie einer unzureichenden Aktualisierung unterliegen. Eine weitere Unzulänglichkeit im Datenmaterial der BA ist, dass sich die Zuordnung des wirtschaftlichen Schwerpunktes auf die statistische Einheit »Betriebe« bezieht anstatt auf die für die Konjunkturstatistik relevanten Unternehmen. Die Festlegung des wirtschaftlichen Schwerpunkts für einen Betrieb bzw. ein Unternehmen kann überdies von einer unterschiedlichen Sicht- bzw. Arbeitsweise in den Verwaltungen beeinflusst sein.

Generell kamen die Untersuchungen zur Erkenntnis, dass die Qualität der Wirtschaftszweigangaben bei den Beschäftigtendaten der BA die Anforderungen der Konjunkturstatistik besser erfüllt als bei den Umsatzdaten der OFD. Die Bedürfnisse der Konjunkturstatistik werden allerdings nicht vollständig abgedeckt. Um hierfür einen gewissen Ausgleich zu schaffen, soll im starken Maße auf die Wirtschaftszweigangaben des Unternehmensregisters zurückgegriffen werden. Es ist angedacht, dass für die Mehrländer- bzw. Mehrbetriebsunternehmen, die sowohl in den Verwaltungsdaten enthalten sind als auch Bestandteil des Unternehmensregisters sind, die Wirtschaftszweigangaben des Unternehmensregisters zu Auswertungen genutzt werden. Hierbei findet Berücksichtigung, dass vor allem für große Einheiten im Unternehmensregister die Wirtschaftszweigangaben meist durch Primärerhebungen überprüft werden. Für Einbetriebsunternehmen und nicht mit dem Unternehmensregister paarige Einheiten der Verwaltungsdaten wird auf die Wirtschaftszweigangaben der Verwaltungsdaten und hier bevorzugt auf die Angaben der BA zurückgegriffen.

Da zur Qualitätssicherung der Wirtschaftszweigangaben verstärkt auf das Unternehmensregister zurückgegriffen werden muss, darf nicht außer Acht gelassen werden, dass zur Sicherung aber auch zur weiteren Qualitätsverbesserung zusätzliche Anstrengungen im Unternehmensregister unerlässlich sind. Diese Maßnahmen sind besonders vor dem Hintergrund der nächsten Umstellung auf die Europäische Wirtschaftszweigklassifikation NACE Rev. 2 zu sehen, wobei insbesondere der Bereich der Dienstleistungen zu einem großen Teil neuen Einordnungen unterliegt.

Das künftige Erhebungsmodell für bestimmte Dienstleistungsbereiche

Die Untersuchungen zur Eignungsbeurteilung von Verwaltungsdaten für konjunkturstatistische Zwecke führten insgesamt zum Ergebnis, dass nur von einer eingeschränkten Eignung gesprochen werden kann. Die Unzulänglichkeiten der Verwaltungsdaten sind in den vorangestellten Abschnitten erläutert worden. Für die Umsatzdaten sind dies vor allem die Angaben von Unternehmen, die in Organschaften gebunden sind, oder von Mehrländerunternehmen. Zudem kann für die Umsatz- sowie Beschäftigtendaten nicht gewährleistet werden, dass sie – wie für die Konjunkturstatistik für bestimmte Dienstleistungsbereiche gefordert – tatsächlich 60 Tage nach Quartalsende vollständig vorliegen. Betreffen nun die Meldeausfälle große Unternehmen, die einen nicht unbedeutenden Einfluss auf die konjunkturelle Entwicklung haben, kann es sein, dass der Konjunkturverlauf im Berichtsquartal fehlerhaft dargestellt wird und zu einem späteren Zeitpunkt umfangreiche Revisionen erforderlich werden.

Die spezifischen Anforderungen an die Konjunkturstatistik für bestimmte Dienstleistungsbereiche führten daher zu der Entscheidung, sich für ein künftiges Mixmodell aus der Nutzung von Verwaltungsdaten und einer Primärerhebung für große Unternehmen auszusprechen. Große Unternehmen sind hierbei Unternehmen mit über 15 Mill. Euro Jahresumsatz und/oder mit über 250 Beschäftigten. Dies bedeutet, dass in Baden-Württemberg rund 500 Unternehmen (Bundesgebiet: ca. 4 500 Unternehmen) direkt befragt werden. Die kleinen und mittleren Unternehmen haben keinerlei Berichtspflichten für die Konjunkturstatistik, da ihre Angaben aus Verwaltungsdaten übernommen werden. Die Ergebnisse der Statistik basieren also künftig auf einer Totalerhebung im Gegensatz zur bisherigen Stichprobenerhebung mit ca. 4 000 Unternehmen.

Ausblick

Die neue Fassung des Dienstleistungskonjunkturstatistikgesetzes wurde in das zweite Mittelstandsentlastungsgesetz integriert und wird voraussichtlich Ende September 2007 in Kraft treten. Das 1. Berichtsquartal für das neue Mixmodell ist das 2. Quartal 2007. Die Arbeiten hierfür konnten aufgrund von Verzögerungen im Gesetzgebungsverfahren nicht zeitgerecht beginnen, weiterhin war eine Vielzahl technischer und organisatorischer Hürden zu nehmen, sodass erste Ergebnisse für Länder und Bund voraussichtlich erst im Oktober/November 2007 vorliegen werden. Es wird dann ein erstes Ziel des Verwaltungsdatenverwendungsgesetzes erreicht sein, da kleine und mittlere Unternehmen des Verkehrsbereichs, der IT-Branche und der unternehmensnahen Dienstleistungen von Berichtspflichten zur Konjunkturstatistik entlastet sind.

Die Statistik wird durch die verstärkte Nutzung der Verwaltungsdaten aber auch immer stärker von der Qualität dieser Daten abhängig werden; daher fordern zahlreiche Statistikfachleute eine (stärkere) Beteiligung sowie die Berücksichtigung der statistischen Belange bei der Ausgestaltung dieser Verwaltungsdaten. Auch der Statistische Beirat – das Gremium der Nutzer, Befragten und Produzenten der amtlichen Statistik – formulierte in seiner Pressemitteilung vom 27. Juni 2007 »Daten der Verwaltung müssen Statistikbelangen besser gerecht werden«. Inwieweit diese Forderung in die Realität umgesetzt werden kann, wird die Zukunft zeigen. Für die Bereitstellung verlässlicher statistischer Daten für Politik, Wirtschaft, Interessenverbände, Verwaltung und die Öffentlichkeit erscheint dies aber auf jeden Fall sinnvoll.

1 Vgl. Gesetz über die Verwendung von Verwaltungsdaten für Zwecke der Wirtschaftsstatistiken (Verwaltungsdatenverwendungsgesetz – VwDVG) vom 31. Oktober 2003 (BGBl I, Nr. 53, S. 2149).

2 Statistik Aktuell: Der Masterplan zur Reform der amtlichen Statistik – Ein Modell für erfolgreiche Verwaltungsmodernisierung im föderalen System; Gemeinschaftsveröffentlichung der Statistischen Ämter der Länder, Stuttgart 2007.

3 Dienstleistungskonjunkturstatistikgesetz vom 25. April 2006. Da das Gesetz am 30. Juni 2007 außer Kraft trat, war das 1. Quartal 2007 das letzte Berichtsquartal basierend auf dieser gesetzlichen Grundlage.

4 Wirtschaftsabschnitt I sowie die Wirtschaftszweige 72 und 74 der Klassifikation der Wirtschaftszweige, Ausgabe 2003.

5 Vgl. Kaack, Ingrid: Statistische Analysen und Studien NRW, Band 28, S. 27-37.

6 Jahresumsatz: Westdeutschland unter 250 000 Euro, Ostdeutschland und Berlin unter 500 000 Euro.

7 Land-, Schiffs-, Luftverkehr, Hilfs- und Nebentätigkeiten für den Verkehr; Verkehrsvermittlung, Nachrichtenübermittlung, IT-Branche, unternehmensnahe Dienstleistungen.