:: 10/2007

Auch im Obstbau Baden-Württembergs gilt: »Nichts ist beständiger als der Wandel«

Nach den Ergebnissen der im Frühjahr 2007 durchgeführten Baumobstanbauerhebung1 hält auch im Obstbau des Landes der Strukturwandel unvermindert an. Spezialisierung und Konzentration sind die Kennzeichen dieser Entwicklung, die zudem mit einer Intensivierung der Produktionsgrundlagen einhergeht. Dabei zeigen sich in dem Obstbauland Baden-Württemberg prägnante Unterschiede zwischen den Obstlandschaften. Auch das Obstsortensortiment unterliegt einem Wandel: alte und bewährte Sorten verlieren an Boden und neue Sorten werben um die Gunst der Konsumenten und Produzenten.

Der Obstbau ist eine kleine, aber wichtige Sparte im breit gefächerten Spektrum landwirtschaftlicher und gartenbaulicher Produktion in Baden-Württemberg. Der Obstanbau (einschließlich Erdbeeren und Strauchbeerenobst) erreicht einen Anteil von 7,4 % an den Verkaufserlösen aus pflanzlicher und tierischer Produktion von insgesamt knapp 3 Mrd. Euro im Jahr 2005. Mit 220 Mill. Euro sind die Verkaufserlöse für Obst ähnlich hoch wie die von Getreide (227 Mill. Euro), das jedoch eine viel größere Fläche einnimmt. Der Obstanbau hat in Baden-Württemberg eine erheblich größere Bedeutung als im übrigen Deutschland. Im Bundesdurchschnitt beträgt der Anteil von Obst an den Verkaufserlösen aus pflanzlicher und tierischer Produktion nur 2,3 %.

Weniger, aber größere Obstbaubetriebe

Wie in anderen Zweigen der landwirtschaftlichen Produktion, schreitet auch im Obstbau die Spezialisierung sowie die Konzentration auf immer weniger produzierende Betriebe weiter voran. Im Frühjahr 2007 wurden rund 6 400 Produzenten von Baumobst im Land ermittelt, das ist gegenüber 2002, dem Zeitpunkt der letzten vergleichbaren Erhebung, ein Rückgang um stattliche 9,6 % oder knapp 700 Betriebe. Die Betriebe mit Anbau von Baumobst als Haupt- oder Nebenproduktionszweig bewirtschaften insgesamt 15 200 Hektar (ha) Baumobstfläche, die alles in allem mit 29 Mill. Obstbäumen bestockt ist. Der Gesamtumfang der Baumobstfläche hat sich in den letzten 5 Jahren nicht wesentlich verändert (−0,7 %), sodass sich rechnerisch eine Vergrößerung der durchschnittlichen Anbaufläche je Betrieb von 2,14 ha auf 2,35 ha (+9,8 %) ergibt. Im Zuge des Strukturwandels haben vor allem Betriebe mit mittelgroßen Obstanbauflächen von 0,5 bis unter 5 ha den Anbau von Baumobst aufgegeben oder eingeschränkt. Deutlich zugenommen hat dagegen die Zahl der größeren Betriebe, die auf mehr als 5 ha Obst produziert. Von 2002 auf 2007 hat sich ihre Zahl um 5,6 % auf 777 erhöht, ihre Baumobstfläche vergrößerte sich sogar um 14,7 % auf 8 502 ha. Auf die größeren Betriebe entfällt damit jetzt mehr als die Hälfte der gesamten Baumobstfläche (Tabelle 1).

Die Baumobstanbauerhebung zielt auf Betriebe und Flächen mit dauerhafter Marktproduktion. Demnach zählt der extensive Streuobstanbau nicht zum Erfassungsbereich. Gleichwohl ist die Spannweite der produktiven Anlagen im Erwerbsobstbau in Baden-Württemberg recht groß. Sie reicht von großwüchsigen Hochstammanlagen über Viertel- und Halbstammanlagen bis zur Spindel, Schlanker Spindel und Super Spindel bzw. Schnurbäumchen. Dabei gilt im Allgemeinen die Regel: Mit kleineren Bäumen steigt die Pflanzdichte und die Produktionsintensität. Damit werden frühere und höhere Erträge bei allerdings erhöhtem Aufwand möglich.

Mehr als 1 900 Bäume pro Hektar

Vor diesem Hintergrund ist die Zunahme der Baumzahl um 5,9 % von 2002 bis 2007 auf annähernd konstanter Fläche ein weiteres Indiz für die Professionalisierung und Intensivierung im Baumobstanbau des Landes. Innerhalb von nur 5 Jahren erhöhte sich die Baumzahl um gut 1,6 Mill., sodass 2007 im Durchschnitt über 1 900 Bäume auf einem Hektar Baumobstfläche stehen. Im Jahr 2002 waren es noch 1 800 Bäume.

Die Pflanzdichte ist auch ein Beleg für die Spezialisierung und Fokussierung der Betriebe. In Betrieben, in denen mit einer durchschnittlichen Baumobstfläche zwischen 30 und 50 Ar nur kleinere Produktionskapazitäten vorhanden sind, herrschen eher weiträumige Bepflanzungen mit Dichten von im Mittel 660 Bäumen vor. Mit zunehmender Betriebsgröße steigt die Pflanzdichte kontinuierlich an und in Betrieben ab 5 ha Erwerbsobstfläche ist dann hoch spezialisierter Obstbau vorzufinden: Die durchschnittliche Pflanzdichte beträgt hier 2 530 Bäume je Hektar.

Äpfel wichtigste Obstart im Land

Apfelbäume sind die absolut dominierende Baumart im Erwerbsobstbau des Landes. 9 von 10 Bäumen im Marktobstbau sind Apfelbäume: Von insgesamt 29 Mill. Bäumen sind 26 Mill. Apfelbäume. Die zahlenmäßige Dominanz des Apfelanbaus beruht auch auf den vielfach anzutreffenden Dichtpflanzungen im intensiven Erwerbsobstbau. Die Apfelbäume stehen hier häufig als schmal geschnittene Spindeln oder im Extremfall als sogenannte Schnurbäume dicht an dicht. Im Landesmittel stehen auf einem Hektar mit Äpfeln bepflanzter Fläche über 2 600 Bäume bzw. Bäumchen. Auf einem Zwölftel der Apfelfläche liegt die Pflanzdichte sogar über 4 000 Bäume je Hektar, in der Spitze werden Pflanzdichten von über 10 000 Bäumen erreicht. Zwar schwankt auch im Marktobstbau die produzierte Apfelmenge durch Witterung und Alternanz2 von Jahr zu Jahr, im Durchschnitt der Jahre 2002 bis 2006 konnten im baden-württembergischen Erwerbsobstbau jedoch immerhin 2,75 Mill. Dezitonnen (1 dt = 100 kg) an Äpfeln geerntet werden.

Mit deutlichem Abstand auf den Apfel, aber immerhin noch die Grenze von einer Mill. Bäume übersteigend, folgen Birnen mit 1,2 Mill. Bäumen sowie Pflaumen und Zwetschgen mit 1,0 Mill. Bäumen. Noch weiter zurück liegen Süß- und Sauerkirschen mit 0,6 bzw. 0,1 Mill. Bäumen. Auf Mirabellen und Renekloden entfallen weniger als 100 000 Bäume.

Bei Birnen ist mit über 1 600 Bäumen je Hektar noch eine vergleichsweise hohe Pflanzdichte mit entsprechender Produktionsintensität festzustellen. Im Gegensatz dazu werden bei Pflaumen und Zwetschgen, aber auch bei Kirschen, Mirabellen und Renekloden deutlich größere Pflanzabstände festgestellt. Bei diesen Obstarten sind mangels entsprechender Unterlagen vielfach noch großwüchsige Bäume mit entsprechend großen Pflanzabständen anzutreffen, die bei Äpfeln und Birnen im Erwerbsobstbau eher selten sind und dort am ehesten noch als Verwertungsobst für die Saft- oder Konservenindustrie vorkommen.

Jonagold noch knapp vor Elstar

Die beiden wichtigsten Apfelsorten im Land sind Jonagold und Elstar. Noch liegt Jonagold mit 1 712 ha leicht vor Elstar, mit dem aktuell 1 671 ha bepflanzt sind (Tabelle 2). Damit entfällt auf jede der beiden Sorten rund ein Fünftel der gesamten Tafelapfelanbaufläche von 8 460 ha. Im Vergleich zur Baumobstanbauerhebung von 2002 haben allerdings beide Sorten deutlich an Bedeutung eingebüßt. Die Anbaufläche von Jonagold wurde um über 400 ha oder 19,7 %, von Elstar um 90 ha bzw. 5,2 % eingeschränkt. Bei den Neu- und Ersatzpflanzungen der letzten 5 Jahre liegt Elstar deutlich vor Jonagold, sodass Jonagold den noch vorhandenen leichten Vorsprung wohl in absehbarer Zeit verlieren wird. Allerdings hat, wie die rückläufige Veränderungsrate zeigt, auch der Anbau von Elstar seinen Zenit offensichtlich schon überschritten. Der aktuell vorhandene Vorsprung ist noch etwas größer, wenn man die Flächen von Jonagold und Jonagored zusammenfasst. Jonagored ist eine rotfarbene Mutante von Jonagold, wird jedoch aufgrund der äußeren Merkmale und späteren Reife als eigene Sorte erfasst.

Gala und Braeburn auf Platz 3 und 4

Kurzfristig ist nicht damit zu rechnen, dass die beiden wichtigsten Sorten – Jonagold und Elstar – ihre Führungsposition verlieren, da der Abstand zu den Verfolgern recht groß ist und sich kein eindeutiger Favorit abzeichnet. Gleichwohl gibt es Apfelsorten, die in der Gunst der Konsumenten und Produzenten zunehmen und deren Anbau ausgeweitet wird. An erster Stelle sind Gala und Braeburn zu nennen. Gala, eine Sorte mit eher kleinen und süßfruchtigen Äpfeln, wurde gegenüber 2002 um 25,5 % ausgedehnt und wird nun auf 733 ha angebaut. Auf Platz 4 mit 729 ha Anbaufläche liegt die Sorte Braeburn, die größere und feinsäuerlich-süße Früchte liefert. Die Fläche wurde gegenüber 2002 um 31 % ausgedehnt. Wirft man einen Blick auf die Nachpflanzungen der letzten Jahre, so gewinnt man trotz der positiven Entwicklung nicht den Eindruck, dass Gala und Braeburn den Rückgang bei den beiden Hauptsorten vollständig werden ausgleichen können.

Zu den Verlierern in der Gunst der Konsumenten zählt eindeutig Golden Delicious. Von nahezu 1 000 ha im Jahr 1997 über 738 ha im Jahr 2002 hat sich die Fläche auf 537 ha im Jahr 2007 nahezu halbiert. Der gelbgrüne, süßaromatische und aufgrund seiner früheren Verbreitung geradezu »klassische« Tafelapfel verliert mehr und mehr an Bedeutung.

Fuji und Topaz im Aufwind

Fuji und Topaz sind dagegen vergleichsweise neue Sorten, die für eine Erneuerung und Erweiterung des Sortiments stehen. Vor 10 Jahren noch nicht erfasst (Topaz) bzw. an der Nachweisgrenze (Fuji), haben sich beide deutlich nach vorn gearbeitet. Das gilt besonders für die Sorte Fuji, deren Anbaufläche sich innerhalb von nur 5 Jahren von 40 auf 286 ha vervielfacht hat. Die dynamische Entwicklung von Fuji (+615 %) überstrahlt den erheblichen Zuwachs von Topaz von 105 auf 274 ha (+161 %) im selben Zeitraum. Topaz und Fuji stehen allerdings aufgrund ihrer unterschiedlichen Sorteneigenschaften nicht in unmittelbarer Konkurrenz zueinander: Die schorfresistente Sorte Topaz eignet sich auch für den extensiven oder ökologischen Anbau, während Fuji als höchst anspruchsvolle Sorte im intensiven Erwerbsobstbau zu Hause ist.

»Bodensee« wichtigstes Obstanbaugebiet Baden-Württembergs

Die Bodenseeregion ist und bleibt das führende Obstanbaugebiet in Baden-Württemberg (Schaubild 1), da nahezu die Hälfte (47 %) der Baumobstfläche des Landes in der Obstlandschaft »Bodensee« liegt, die aus den drei Kreisen Ravensburg, Konstanz und Bodenseekreis besteht. Auf Platz 2 folgt die Obstbauregion »Rheinebene«, die sich entlang des Rheins von Mannheim bis Lörrach erstreckt. In ihr befinden sich gut 5 500 ha oder 36 % der Baumobstfläche. Der Rest verteilt sich auf das Anbaugebiet »Neckartal« (10 %) und die »Sonstigen Gebiete« (6 %).

Spezialisierung am »Bodensee«

Die betrieblichen Strukturen unterscheiden sich in den beiden wichtigsten Obstlandschaften des Landes deutlich. Am »Bodensee« konzentrieren sich die Betriebe in der Regel eindeutig auf die Erzeugung von Tafelobst, überwiegend Äpfel. Andere landwirtschaftliche oder gärtnerische Produktion hat, wenn überhaupt vorhanden, nur untergeordnete Bedeutung. Der spezialisierten Ausrichtung entsprechend, ist die mit Obstbäumen bepflanzte Fläche im Vergleich zum übrigen Land überdurchschnittlich groß (4,6 ha je Betrieb) und vergleichsweise dicht bepflanzt. Ein weiteres Merkmal der Spezialisierung ist die Dominanz des Apfels: Rund 90 % der Fläche am »Bodensee« sind mit Apfelbäumen bepflanzt, sodass die übrigen Baumobstarten mehr der Sortimentsabrundung dienen (Schaubild 2).

»Rheinebene« vielfältiger

Im Bereich »Rheinebene«, zu dem so unterschiedliche Landschaften wie das Markgräflerland, die Ortenau oder die Bergstraße zählen, sind die Produktionsverhältnisse vielseitiger und abwechslungsreicher. Neben die Erzeugung von Tafelobst tritt seine Weiterverarbeitung und Veredelung in Brennereien, bei Kirschen und auch Birnen ist das der überwiegende Verwendungszweck. In den Betrieben wird der Anbau von Baumobst vielfach durch Erdbeeren und Strauchbeeren ergänzt, häufig sind auch Spargel oder Rebland mit in der Bewirtschaftung. Die reine Baumobstfläche im einzelnen Betrieb ist daher kleiner (im Durchschnitt 1,5 ha) und der Apfel ist zwar wichtig, aber nicht mehr dominant. Äpfel, Süßkirschen und Pflaumen/Zwetschgen stehen in der »Rheinebene« nahezu gleichwertig nebeneinander.

1 In der Baumobstanbauerhebung 2007 wurden die Baumbestände an Äpfeln, Birnen, Sauer- und Süßkirschen, Pflaumen/Zwetschgen sowie Mirabellen/Renekloden im Marktobstbau erhoben, nicht jedoch Strauchbeerenobst und Erdbeeren. In diesem Beitrag ist daher mit Obst – soweit nicht anders vermerkt – immer Baumobst gemeint.

2 Alternanz: Jährliche Ertragsschwankungen in 2-jährigem Rhythmus.