:: 12/2007

20 Jahre Arbeitsmarkt in Baden-Württemberg (Teil III)

Arbeitsplatzgewinner der letzten 20 Jahre: günstige Bilanz im Dienstleistungssektor und im Produzierenden Gewerbe

Wie in den Monatsheft-Ausgaben 10/2007 und 11/2007 berichtet, hat sich die Zahl der Arbeitsplätze in Baden-Württemberg in den letzten 20 Jahren um mehr als 900 000 von rund 4,5 auf 5,4 Mill. erhöht. Es waren vor allem Landkreise, die an dieser positiven Entwicklung großen Anteil hatten. Gleichzeitig verfügen die Stadtkreise über eine weit höhere Arbeitsplatzdichte als die Landkreise.1

Teil III der Reihe von vier Monatsheft-Beiträgen zum Thema »20 Jahre Arbeitsmarkt in Baden-Württemberg« geht der Frage nach, inwieweit das Wirtschaftswachstum und die Erwerbstätigenentwicklung in den Wirtschaftssektoren die unterschiedliche Arbeitsplatzbilanz in den Regionen und Kreisen Baden-Württembergs geprägt haben.

Hohes Wirtschaftswachstum – gute Arbeitsplatzbilanz

Im Zeitraum 1985 bis 2005 hat sich die Zahl der Arbeitsplätze in Baden-Württemberg insgesamt um mehr als 900 000 bzw. 20 % von rund 4,5 auf 5,4 Mill. erhöht. An der Spitze des Rankings bei den Arbeitsplatzgewinnern stehen die Landkreise Heilbronn (+ 53 % bzw. + 49 000 Erwerbstätige), Rhein-Neckar (+ 49 % bzw. + 67 000 Erwerbstätige) und Enzkreis (+ 44 % bzw. + 22 000 Erwerbstätige). Am unteren Ende der Skala rangieren der Stadtkreis Stuttgart, der Stadtkreis Pforzheim und der Zollernalbkreis, in denen die Zahl der Erwerbstätigen im Jahr 2005 entgegen dem Landestrend unter dem Niveau von 1985 lag.

Bei der Suche nach den Gründen für die unterschiedliche Entwicklung der Erwerbstätigenzahl in den Stadt- und Landkreisen fällt auf, dass die Kreise mit einer vergleichsweise günstigen Entwicklung der Zahl der Arbeitsplätze vor allem von einem hohen Wirtschaftswachstum geprägt waren. Über 90 % aller Stadt- und Landkreise mit einem überdurchschnittlich hohen prozentualen Zuwachs an Arbeitsplätzen wiesen im Zeitraum 1992 bis 20052 gleichzeitig ein überdurchschnittlich hohes Wachstum an nominalem Bruttoinlandsprodukt auf.

Regionen und Kreise mit guter Arbeitsmarktbilanz haben starke Dienstleistungen und starke Industrie

Betrachtet man die Erwerbstätigenentwicklung in den Regionen und Kreisen nach einzelnen Wirtschaftssektoren, so fällt auf, dass die Regionen und Kreise an der Spitze des landesweiten Rankings stehen, die gemessen am Landesdurchschnitt einen vergleichsweise starken Zuwachs der Erwerbstätigenzahl im Dienstleistungssektor und gleichzeitig eine vergleichsweise günstige Arbeitsplatzentwicklung in der Industrie aufweisen.

In Baden-Württemberg entstanden im Zeitraum 1985 bis 2005 per saldo rund 900 000 Arbeitsplätze (+ 20 %). Einem Stellenzuwachs im Dienstleistungssektor von mehr als 1,2 Mill. Arbeitsplätzen (+ 54 %) standen ein Stellenabbau in der Industrie von über 200 000 und in der Land- und Forstwirtschaft in Höhe von fast 100 000 Stellen gegenüber (– 11 % bzw. – 48 %).

Im Ranking der Regionen verbuchte die Region Heilbronn-Franken in den letzten 20 Jahren mit einem Plus von 31 % den stärksten Zuwachs an Erwerbstätigen (+ 107 000 Erwerbstätige), gefolgt von der Region Südlicher Oberrhein (+ 29 % bzw. + 115 000 Erwerbstätige) und der Region Bodensee-Oberschwaben (+ 26 % bzw. + 62 000 Erwerbstätige). In der Region Stuttgart fiel der Zuwachs der Arbeitsplätze mit + 15 % dagegen nur unterdurchschnittlich aus.

In der Region Heilbronn-Franken und der Region Bodensee-Oberschwaben, die in den letzten zwei Jahrzehnten im Ranking der Regionen mit den prozentual stärksten Arbeitsplatzgewinnen auf den Plätzen 1 und 3 stehen, gab es mit + 64 % bzw. + 55 % starke Stellenzuwächse im Dienstleistungssektor, gleichzeitig aber auch ein Stellenplus in der Industrie von + 11 bzw. + 5 %. In der Region Südlicher Oberrhein, die Platz 2 einnimmt, stand einem starken Stellenzuwachs im Dienstleistungsbereich (+ 59 %) lediglich ein vergleichsweise leichter Stellenabbau in der Industrie von – 1 % gegenüber.

Im Vergleich der Stadt- und Landkreise sind die Unterschiede am oberen und unteren Ende der Skala noch weitaus deutlicher ausgeprägt. In den Landkreisen Heilbronn, Rhein-Neckar und Enzkreis, die Kreise mit der günstigsten Arbeitsplatzbilanz, hat sich die Zahl der Erwerbstätigen im Dienstleistungssektor zwischen 1985 und 2005 mit Zuwachsraten zwischen 101 und 121 % sogar mehr als verdoppelt (Land: + 54 %). Im Landkreis Heilbronn und im Enzkreis kam im gleichen Zeitraum noch ein kräftiges Plus an Industriearbeitsplätzen von 27 % bzw. 19 % hinzu, im Rhein-Neckar-Kreis lag der Rückgang der Erwerbstätigenzahl um 11 % im Landesdurchschnitt. In den Stadtkreisen Pforzheim und Stuttgart sowie im Zollernalbkreis, die in den letzten 20 Jahren Arbeitsplatzverluste hinnehmen mussten, waren die Stellenverluste im Produzierenden Gewerbe landesweit am höchsten. Hier reichte die Zahl der im Dienstleistungssektor neu geschaffenen Stellen nicht mehr aus, die massiven Arbeitsplatzeinbußen im Produzierenden Gewerbe und in der Land- und Forstwirtschaft auszugleichen. In diesen drei Kreisen, aber auch im Stadtkreis Heidelberg, ging zwischen 1985 und 2005 mehr als jeder dritte Arbeitsplatz in der Industrie verloren. Alleine der Abbau an Industriearbeitsplätzen in den Stadtkreisen Stuttgart (– 68 000 Erwerbstätige) und Pforzheim (– 15 000) sowie im Zollernalbkreis (– 20 000) machte mit einem Anteil von 47 % fast die Hälfte des gesamten Stellenabbaus im Industriesektor Baden-Württembergs aus. Hinzu kommt, dass die Zuwächse an Arbeitsplätzen im Dienstleistungssektor gemessen am Landesdurchschnitt vergleichsweise schwach ausfielen. Insgesamt gab es von 1985 bis 2005 in allen 44 Stadt- und Landkreisen Stellenzuwächse im Dienstleistungssektor, in der Industrie lediglich in 14 Landkreisen.

1 Kaiser, Monika: Zahl der Arbeitsplätze im Land in den letzten 20 Jahren um mehr als 900 000 gestiegen, in: Statistisches Monatsheft Baden-Württemberg 10/2007, S. 32 ff. und Kaiser, Monika: Arbeitsplatzdichte in den letzten 20 Jahren in 36 der 44 Stadt- und Landkreise gestiegen, in: Statistisches Monatsheft Baden-Württemberg 11/2007, S. 35 ff.

2 Ein Vergleich über zwei Dekaden ist aus Gründen der Datenverfügbarkeit nicht möglich.