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Nichts ist so beständig wie der Wandel – Ein Jahresrückblick 2007

»Wenn der Wind des Wandels weht, bauen die einen Schutzmauern, die anderen bauen Windmühlen.« Gemäß diesem chinesischen Sprichwort bläst der amtlichen Statistik in Deutschland und mit ihr dem Statistischen Landesamt Baden-Württemberg nun schon seit Jahren der Wind des Wandels ins Gesicht. Die Finanznot der öffentlichen Hand zwingt zu massiven Kosten- bzw. Personaleinsparungen, gleichzeitig wachsen die Ansprüche unserer Kunden an die statistischen Produkte und Dienstleistungen. Hinzu kommt eine politische Entbürokratisierungsoffensive, welche die amtliche Statistik zu verstärkten Anstrengungen bei der Entlastung ihrer Berichtspflichtigen zwingt. Um dem wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Wandel Rechnung zu tragen, sind Statistiken und die damit zusammenhängenden Dienstleistungen immer wieder an neue Phänomene anzupassen. Der Bedarf an Informationen ist groß und unsere Kunden erwarten viel von der amtlichen Statistik. Das Statistische Landesamt Baden-Württemberg hat auch im zurückliegenden Jahr keine Schutzräume, sondern neue Windmühlen auf- und bereits bestehende ausgebaut. Doch der Wind des Wandels wehte nicht nur im fachlich statistischen Bereich. Im Jahr 2007 wechselte zudem die Amtsleitung in der Behörde.

Eine neue Präsidentin

Im Juli 2007 wechselte Präsidentin Dr. Gisela Meister-Scheufelen als Ministerialdirektorin ins Finanzministerium Baden-Württemberg. In den 65 Monaten ihrer Amtszeit – seit Februar 2002 – konnte das Statistische Landesamt Baden-Württemberg seine Funktion als zentraler Informationsdienstleister im Südwesten deutlich ausbauen.

Als ihre Nachfolgerin wurde Dr. Carmina Brenner benannt, die nunmehr dritte Präsidentin des Hauses1, das auf eine fast 200-jährige Geschichte zurückblicken kann. Auch unter ihrer Leitung wird das Statistische Landesamt seine Position als unverzichtbare Säule der Informationsinfrastruktur in Baden-Württemberg weiter ausbauen. Qualität und Neutralität werden weiterhin Markenzeichen der amtlichen Statistik bleiben. Das Amt soll überdies die notwendigen Informationen für politische und wirtschaftliche Entscheidungen, für administratives Handeln, für wissenschaftliche Analysen sowie für die Orientierung der Bürger liefern. Um diese Ziele zu realisieren, wird auch Frau Dr. Brenner mit dem Statistischen Landesamt neue Wege beschreiten.

Modernisierung der amtlichen Statistik

Die amtliche Statistik in Deutschland und somit auch in Baden-Württemberg steht vor besonderen Herausforderungen. Durch die technische Entwicklung der letzten Jahre haben sich neue Einsparpotenziale eröffnet, wobei gerade durch den Einsatz moderner vernetzter IT-Systeme Kostensenkungen erreicht werden können, die vor einigen Jahren noch nicht denkbar waren. Die Statistischen Ämter des Bundes und der Länder haben daher im Februar 2003 entschieden, im Rahmen eines »Masterplans zur Reform der amtlichen Statistik Deutschland« ihre Verfahren umfassend zu optimieren. Dieser Masterplan ist ein strategisches Programm, das die gemeinsamen Modernisierungsaktivitäten steuert und die Effizienz des statistischen Systems steigern soll. Kernelemente dieses Masterplans sind einerseits eine optimierte Kooperation der Ämter sowohl in der IT-Entwicklung als auch in der statistischen Produktion, der umfassende Einsatz moderner Informations- und Kommunikationstechnologien bei der Datengewinnung und -verarbeitung sowie die statistikübergreifende Vereinheitlichung der Arbeitsprozesse. Andererseits gehört die Einführung neuer Steuerungsinstrumente dazu, wie Wettbewerb, Kostenverrechnung, Kosten- und Finanzmanagement sowie Benchmarking.

Insbesondere mit der Zentralisierung von IT-Produktion und Datenhaltung wird eine weitere Rationalisierung bei der Durchführung von Statistiken angestrebt. Am 1. Januar 2007 ist die »Vereinbarung zwischen den Statistischen Ämtern über die zentrale IT-Produktion und Datenhaltung« in Kraft getreten. In einer ersten Phase wird nun die IT-Produktion von 61 Statistiken jeweils zentral auf einem Rechner für alle Ämter ermöglicht. Von Baden-Württemberg wird das Verfahren mDAMAST angeboten, welches für andere Landesämter eine zentrale DV-Anwendungsbetreuung und -Aufbereitung für sämtliche Baustatistiken ermöglicht. Derzeit beteiligen sich 11 Landesämter an dieser neuen Form der Zusammenarbeit, vor allem um die Kosten für Programmpflege und -anpassungen zu verringern. Ab April 2008 werden es voraussichtlich alle Landesämter sein.

Diese Form der Zusammenarbeit ist ein Beispiel länderübergreifender Arbeitsteilung, die es bislang in keinem anderen Verwaltungsbereich gibt und die Modellcharakter für eine erfolgreiche Verwaltungsmodernisierung im föderalen System hat. Die bestehenden Herausforderungen können die Statistischen Ämter des Bundes und der Länder jedoch nur gemeinsam und in enger und vertrauensvoller Kooperation bewältigen, bei der die bewährte föderale Aufgabenwahrnehmung und Zuständigkeit nicht in Frage gestellt werden sollte. Das Statistische Landesamt Baden-Württemberg hat sich bislang in diesen Modernisierungsprozess sehr engagiert und konstruktiv eingebracht und wird dies auch weiterhin tun. Ein von Baden-Württemberg erstelltes Heft »Statistik Aktuell« zum Masterplan fand bundesweite Beachtung und Anerkennung.

Zensus 2011

Eine weitere große Herausforderung der nächsten Jahre ist ein Zensus im Jahr 2011, der in allen Mitgliedsstaaten der Europäischen Union durchgeführt wird. Für Deutschland ist dies die erste bundesweite Volks- und Wohnungszählung seit der Wiedervereinigung. Die letzte Volkszählung fand im früheren Bundesgebiet 1987 und in der ehemaligen DDR 1981 statt.

Dieser Zensus wird in den kommenden Jahren eines der zentralen Projekte der amtlichen Statistik auch in Baden-Württemberg sein. Dabei steht ein grundlegender methodischer Wechsel an. Im Gegensatz zu einer traditionellen Volkszählung, bei der alle Bürgerinnen und Bürger direkt befragt werden, wird der Zensus 2011 registergestützt durchgeführt, um die Belastungen für die Befragten und die Kosten möglichst gering zu halten. Für die Datengewinnung werden Register der Meldebehörden, der Bundesagentur für Arbeit und Dateien zum Personalbestand der öffentlichen Hand ausgewertet und zusammengeführt. Da jedoch nicht alle benötigten Informationen in Registern vorliegen, sind einige Daten ergänzend durch eine direkte Befragung zu erheben. So werden einerseits Daten über Gebäude und Wohnungen bei allen Gebäude- und Wohnungseigentümern postalisch erfragt. Wir gehen davon aus, dass in Baden-Württemberg etwa 3,5 Mill. Menschen zu befragen sind. Andererseits werden Daten zum Bildungsstand und der Erwerbsbeteiligung im Rahmen einer Haushaltsstichprobe erhoben. In diese Stichprobe sind voraussichtlich stark eine Million Menschen im Land einbezogen. Zur Durchführung des registergestützten Zensus bedarf es umfangreicher Vorarbeiten, die im Zensusvorbereitungsgesetz geregelt werden. In einem ersten Schritt ist ab Frühjahr 2008 ein Register aller Anschriften von Gebäuden mit Wohnraum aufzubauen.

Ziele helfen den Reformdruck zu meistern

Trotz aller Rationalisierungsbemühungen im Rahmen einer Modernisierung der amtlichen Statistik sieht sich das Statistische Landesamt dem Druck weiter zunehmender Aufgaben gegenüber, die den steigenden Informationsbedarf – insbesondere der EU – befriedigen sollen. Um den hohen Anforderungen gerecht werden zu können, steht dem Statistischen Landesamt Baden-Württemberg – bei gleichbleibender Qualität und Aktualität seiner Statistiken und Produkte – immer weniger Personal zur Verfügung. So hat das Amt von 1993 bis heute mittlerweile 188,5 Stellen eingespart und verfügt damit nur noch über 602,5 Stellen, was einem Stelleneinsparvolumen von ca. 24 % seit 1993 entspricht, bei einem gegenüber 1992 um rund 13 % gestiegenen Aufgabenvolumen.

Damit das Statistische Landesamt dem bestehenden hohen Reformdruck mit einem effizienten Veränderungsmanagement begegnen kann, wird seit 2005 eine Zielvereinbarung zwischen der Amtsleitung und den Abteilungsleitungen abgeschlossen. Diese Zielvereinbarung enthält diejenigen Ziele, Strategien und Maßnahmen, mit denen das Statistische Landesamt den notwendigen Reformprozesssteuern, gestalten und vorantreiben will. Die angestrebten Oberziele sind dabei über die Jahre hinweg gleich geblieben. Neben Wirtschaftlichkeit, Entlastung von Berichtspflichtigen sowie Motivation und Qualifizierung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter stand im Jahr 2007 jedoch insbesondere die weitere Verbesserung der Kundenorientierung im Mittelpunkt der Zielvereinbarung.

Nutzerorientierung statistischer Daten

Im Rahmen einer optimierten Kundenorientierung sind die Ergebnisse der amtlichen Statistik für Baden-Württemberg so nutzbar zu machen, dass sie die Bedürfnisse der Kunden erfüllen und ein hoher Wahrnehmungsgrad erreicht wird. Der Anspruch des Statistischen Landesamtes Baden-Württemberg ist es, ein unverzichtbarer Informationsdienstleister und Wissensvermittler zu sein. Fachliche Neutralität, sachliche Objektivität sowie hohe Validität und ein hoher Qualitätsstandard der bereitgestellten Daten und Angebote sind die Alleinstellungsmerkmale der amtlichen Statistik im großen Angebot unterschiedlichster Erhebungsdienstleister und Informationsbroker. Das Amt ist bestrebt, mit maßgeschneiderten Produkten und Dienstleistungen individuellen Bedürfnissen und Anforderungen entgegenzukommen und dem Anwender statistische Informationen in leicht zugänglicher Form und zeitsparend zur Verfügung zu stellen.

Im Jahr 2007 wurden Medien und Öffentlichkeit wieder mit über 400 Pressemitteilungen – dem zentralen Medium der Pressearbeit – sachlich, neutral und unabhängig über neueste statistische Ergebnisse informiert. Mit 19 Pressekonferenzen, bei denen zentrale Ergebnisse und Informationen zu aktuellen politischen und gesellschaftlichen Themen präsentiert wurden, gab es 2007 mehr Veranstaltungen dieser Art als in den Vorjahren. Mit sogenannten »Presseheften« werden die vorgestellten Ergebnisse dokumentiert und durch diese neue Produktreihe des Hauses Entscheidungsträgern und allen Interessierten in ansprechender Form zugänglich gemacht.

Das zentrale Informationsmedium mit dem breitesten Informationsspektrum ist jedoch das Internetangebot des Statistischen Landesamtes Baden-Württemberg. Rund 28 000 Seitenabrufe täglich – das waren weit über 10 Mill. im Jahr 2007 – zeigen, dass die Website des Amtes zu einer zentralen Informationsplattform geworden ist. Auch 2007 erweiterte das Statistische Landesamt wieder das Informationsangebot seiner Website. So informieren der neue »Konjunkturspiegel Baden-Württemberg« sowie Indikatorensets, wie zum Beispiel zum Arbeitsmarkt und zum Flächenverbrauch, den Kunden in kompakter Form über zentrale Themenbereiche. Es ist vorgesehen, die thematische Bandbreite der Indikatorensets laufend auszuweiten. Zwei neue Newsletter, einer für die Wissenschaft und einer für Kommunen, informieren seit 2007 – neben den bereits bestehenden Newslettern zu Pressemitteilungen, Statistischen Berichten und Familienfreundlicher Kommune – wichtige Kundengruppen über Neues und Wissenswertes. Die Zahl der Newsletter-Abonnenten erreichte zum Ende des Jahres mit rund 8 200 einen neuen Höchststand.

Daten für Taten

Das Statistische Landesamt Baden-Württemberg ist dazu übergegangen, Datenmaterial verstärkt elektronisch und damit kundenfreundlich und kostensparend zur Verfügung zu stellen. Daneben wurden aber auch im Jahr 2007 wieder viel beachtete Analysen in Form klassischer Printprodukte vorgelegt. Großes Interesse fanden zum Beispiel

  • die Studie zum Informations- und Mediensektor in Baden-Württemberg (im Auftrag der Medien- und Filmgesellschaft Baden-Württemberg),
  • die Studie über regionales Wirtschaftswachstum in Baden-Württemberg (im Auftrag des Staatsministeriums Baden-Württemberg),
  • das Mittelstandsgutachten »Neue Datenquelle Unternehmensregister – Mehr Informationen ohne neue Bürokratie« (in Zusammenarbeit mit dem Institut für Angewandte Wirtschaftsforschung Tübingen und dem Institut für Mittelstandsforschung der Universität Mannheim im Auftrag des baden-württembergischen Wirtschaftsministeriums),
  • der Monitor Familienforschung (im Auftrag des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend),
  • die Absolventenstudie (im Auftrag des Ministeriums für Wissenschaft und Kunst Baden-Württemberg sowie dreier Hochschulen des Landes),
  • die Neuauflage der Broschüre »Statistik für Landkreise« und »Statistik für Stadtkreise«,
  • der Innovationsindex 2007,
  • die aktualisierte Neuauflage der Broschüre »Der demografische Wandel in Baden-Württemberg« (gefördert durch die Robert Bosch Stiftung),
  • die Broschüre »Entwicklungen und Strukturen des Arbeitsmarkts in Baden-Württemberg« (gefördert durch DGB und die Landesvereinigung Baden-Württembergischer Arbeitgeberverbände e.V.),
  • der wieder zum Jahresende herausgebrachte Standortbericht Baden-Württemberg (gefördert durch die Volksbanken und Raiffeisenbanken in Baden) sowie
  • die Wirtschafts- und Sozialentwicklung 2007 (gefördert durch die Landesbank Baden-Württemberg).
  • Auch der erste Landesbildungsbericht für Baden-Württemberg, der gemeinsam mit dem Landesinstitut für Schulentwicklung im Auftrag des baden-württembergischen Kultusministeriums herausgegeben wurde, fand große Beachtung. Erstmals wird hier das Bildungswesen im Land umfassend beleuchtet und dabei auch mittel- und langfristige Entwicklungslinien aufgezeigt.

Da die Menschen mehr die Zukunft interessiert als die Gegenwart, ist die Nachfrage nach Prognosen und Vorausrechnungen ungebrochen. Vorausrechnungen gehören zu den originären Aufgaben der amtlichen Statistik, um die Öffentlichkeit sowie die Entscheidungsträger in Politik, Verwaltung und Wirtschaft frühzeitig über mögliche neue Entwicklungen zu informieren. Vorausrechnungen problematisieren, machen laufende Entwicklungen bewusster und zeigen Handlungsbedarf auf. Das Statistische Landesamt Baden-Württemberg erstellt für insgesamt 30 Themenbereiche Vorausrechnungen. Im Jahr 2007 wurden zum Beispiel neben einer aktualisierten regionalisierten Bevölkerungsvorausrechnung Berechnungen zum Wohnungsbedarf, zur Erwerbspersonenzahl, zu den Schülerzahlen, zur Zahl der Privathaushalte, zur Zahl der Pflegebedürftigen und zum Pflegepersonal sowie zum Pkw-Bestand vorgelegt.

Vor Ort mit den Kunden

Das Statistische Landesamt Baden-Württemberg nutzte auch im Jahr 2007 die Möglichkeiten, vor Ort direkt mit einer interessierten Öffentlichkeit in Kontakt zu treten. Auf wichtigen Messen wie der Frankfurter und Leipziger Buchmesse, den Stuttgarter und Karlsruher Buchwochen sowie einer Buchausstellung in der baden-württembergischen Landesvertretung in Brüssel war das Statistische Landesamt im vergangenen Jahr präsent. Die hauseigene Ausstellung »Baden-Württemberg und die EU«, die sich besonders an die für die amtliche Statistik wichtigen Zielgruppen der Schüler und Lehrer richtet, wurde an großen Schulen in Offenburg, Hockenheim, Heilbronn und Mannheim äußerst positiv aufgenommen. Eine Ausstellung zum Schwerpunktthema »Demografie« bei der Kreissparkasse in Esslingen führte den Bankkunden die demografische Entwicklung anschaulich vor Augen. Daneben konnte der nunmehr 12. Schülerwettbewerb des Statistischen Landesamtes zu EU-Fragen wieder über 2 500 Schülerinnen und Schüler im Land zur Teilnahme animieren – und damit auch auf diesem Weg die Informationen des Statistischen Landesamtes in die Öffentlichkeit transportieren.

Eine willkommene Gelegenheit, das Statistische Landesamt und sein Informationsangebot im Land noch besser bekannt zu machen, sind Vortragsveranstaltungen. In 52 Vorträgen allein durch die Präsidentin – insgesamt 275 seit Februar 2002 – wurden einem breiten Publikum insbesondere die Auswirkungen des demografischen Wandels vorgestellt. Ohne das Statistische Landesamt findet praktisch keine größere Demografieveranstaltung in Baden-Württemberg statt.

Nicht zuletzt informieren sich immer wieder Delegationen aus dem Ausland – insbesondere aus China – vor Ort über den Stand und die Methoden der amtlichen Statistik in Baden-Württemberg.

Vielfältige Kooperationen

Um sich als zentraler Informationsdienstleister der Landesverwaltung besser im Land vernetzen und kundenorientierter informieren zu können, strebt das Statistische Landesamt vielfältige Kooperationsprojekte wie Vertriebspartnerschaften, Auftragsstudien, Gastwissenschaftsarbeitsplätze, Datenlieferverträge, Sponsoring etc. an. Auch im Jahr 2007 wurden von Amtsleitung und Abteilungsleitern wieder eine Vielzahl von Verbands- und Ressortgesprächen geführt, um die Zusammenarbeit mit den Ressorts, mit Verbänden und anderen Partnern weiter zu verbessern und zu festigen.

Das Statistische Kolloquium »Zukunft der Gesellschaft und ihrer sozialen Stabilität«, das an der Universität Hohenheim als Gemeinschaftsveranstaltung des Statistischen Landesamtes und der Universitäten Hohenheim und Tübingen durchgeführt wurde, fand breite Aufmerksamkeit. Es dient als Forum, um den Erfahrungsaustausch zwischen Wissenschaft, Praxis, Studierenden und den Experten der amtlichen Statistik zu fördern und den Kontakt zu vertiefen.

Die Tagung »Wie wird Deutschland familienfreundlich« war die erste wissenschaftliche Tagung der Familienforschung Baden-Württemberg, die in Kooperation mit dem Bundesfamilienministerium und der Katholischen Akademie durchgeführt wurde. Diese Veranstaltung präsentierte aktuelle wissenschaftliche Erkenntnisse der Familienforschung und stellte zugleich die bundesweite Bedeutung des Statistischen Landesamtes Baden-Württemberg unter Beweis.

Bereits seit April 2002 wird von den Statistischen Landesämtern ein Forschungsdatenzentrum (FDZ) betrieben. In jedem Statistischen Landesamt ist dabei im Rahmen einer Arbeitsgemeinschaft ein regionaler FDZ-Standort eingerichtet. Primäres Ziel ist es, der Wissenschaft Zugang zu amtlichen Mikrodaten, also den statistisch erhobenen Einzeldaten, zu ermöglichen; natürlich ohne die statistische Geheimhaltung zu verletzen.

Darüber hinaus wird das Daten- und Dienstleistungsangebot kontinuierlich und nutzerorientiert weiterentwickelt. Das FDZ versteht sich in erster Linie als eine Serviceeinrichtung für die Wissenschaft, die mittlerweile über jeden Standort mit Mikrodaten aus über 60 Statistiken forschen kann. Am 1. Juli 2007 startete das FDZ der Statistischen Landesämter – nach einer ersten Phase Anfang 2004 – nun in eine zweite, knapp zweieinhalb Jahre dauernde Förderphase durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung. Am regionalen Standort Stuttgart, dessen fachliche Zuständigkeit im Bereich der Umwelt- und Baugewerbestatistiken liegt, werden derzeit 7 Forschungsprojekte betreut.

Belastungsarme Erhebungen

Ein weiteres wesentliches Ziel des Statistischen Landesamtes Baden-Württemberg liegt in der Entlastung von statistischen Berichtspflichten. Dabei steht die amtliche Statistik in einem Spannungsfeld zwischen einer bestmöglichen Entlastung der Berichtspflichtigen sowie der Sicherung qualitativ hochwertiger und zuverlässiger Daten. Nach dem ersten Mittelstandsentlastungsgesetz im Jahr 2006, das bereits erhebliche Entlastungen bei der Berichtspflicht von Unternehmen und Betrieben mit sich brachte, wurde im September 2007 das zweite Mittelstandsentlastungsgesetz (Zweites Gesetz zum Abbau bürokratischer Hemmnisse insbesondere in der mittelständischen Wirtschaft) verkündet, das zum 1. Januar 2008 in Kraft trat. Durch dieses Gesetz werden die Informationspflichten vor allem von Unternehmen und Verwaltung vereinfacht bzw. ganz oder teilweise abgeschafft, wodurch sich eine deutliche Entlastung der Wirtschaft ergibt. Insbesondere werden Existenzgründer von statistischen Meldepflichten in den ersten 3 Jahren befreit und statistische Erhebungen bei Kleinunternehmen mit weniger als 50 Beschäftigten auf 3 Stichproben pro Jahr beschränkt. Zudem werden in der Dienstleistungskonjunkturstatistik verstärkt bereits vorhandene Verwaltungsdaten genutzt, was allein in Baden-Württemberg zur Entlastung von 4 000 Unternehmen geführt hat.

Die Nutzung von Verwaltungsdaten stellt insgesamt eine weitere wirkungsvolle Entlastungsmaßnahme dar. So wird auch die Handwerksberichterstattung ab dem 1. Berichtsquartal 2008 von einer Direktbefragung von 4 500 Unternehmen im Land komplett auf die Auswertung von Verwaltungsdaten umgestellt. Eignungsuntersuchungen von Verwaltungsdaten für die Bereiche Handel und Gastgewerbe sollen prüfen, ob sich auch hier entsprechende Entlastungspotenziale ergeben. Voraussetzung für eine wirklich optimale Nutzung der Verwaltungsdaten ist jedoch grundsätzlich deren »Ertüchtigung«, wobei ein entscheidender Ansatzpunkt für eine weit bessere Nutzung von Verwaltungsdaten in Deutschland die Einführung einer einheitlichen Wirtschafts-Identifikationsnummer sein wird.

Um die Belastung der Befragten zu reduzieren, sind alle technischen Möglichkeiten zur Vereinfachung von Erhebungen auszuschöpfen. Daher gehören Online-Erhebungen über Internet schon seit Jahren zum Instrumentarium der amtlichen Statistik. Sie ersparen sowohl den Auskunftgebenden als auch den Statistikern Zeit und somit Geld in vielerlei Hinsicht. Auch 2007 stieg die Zahl der über Internet im Statistischen Landesamt eingegangenen Meldungen wieder kräftig an. Inzwischen steht für mehr als 50 Statistiken die Meldemöglichkeit über Internet zur Verfügung. Bei der Mehrzahl der Statistiken ergeben sich dabei Teilnahmequoten zwischen 20 und 50 % . Bei einigen Erhebungen, wie zum Beispiel dem Monatsbericht im Verarbeitenden Gewerbe, der monatlichen Produktionserhebung oder der Schuldenstandserhebung werden sogar Spitzenwerte von über 60 % erlangt. Damit liegt Baden-Württemberg bundesweit mit an der Spitze. Insgesamt sind im Verlauf des Jahres 2007 über 200 000 Internetmeldungen eingegangen, 2006 lag der Wert noch bei 120 000 Meldungen. Das Statistische Landesamt Baden-Württemberg wirbt nach wie vor intensiv darum, dass in Zukunft noch mehr Betriebe die Vorteile der Meldung über Internet nutzen.

Ausschöpfung von Wirtschaftlichkeitspotenzialen

Angesichts der politischen Rahmenbedingungen und unter dem Vorzeichen ständiger Einsparungen ist für das Statistische Landesamt Baden-Württemberg die Wirtschaftlichkeit der Aufgabenerledigung von zentraler Bedeutung. Die Arbeitsprozesse sind möglichst so zu gestalten, dass Wirtschaftlichkeitsreserven erschlossen und Qualitätsverbesserungen erreicht werden können.

Wie bei anderen Gütern gibt es auch bei den statistischen Informationen einen Entstehungsprozess. Die Qualität statistischer Daten hängt dabei nicht zuletzt davon ab, wie dieser Prozess organisiert ist. In der Vergangenheit konzentrierte sich die Programmierung im Verbund der Länder auf den Kernbereich der Statistik in Form der statistischen Aufbereitung von Daten. Die Statistischen Ämter entwickeln derzeit ein Gesamtprozessmodell mit bis zu 21 Teilprozessen, die in vielen amtlichen Statistiken in ähnlicher Weise ablaufen, beispielsweise vom Druck der Erhebungsunterlagen, Eingangskontrolle und Mahnwesen, über Signierung, Plausibilisierung und Geheimhaltung bis hin zur standardisierten Auswertung und Vermarktung.

Weitere Optimierungsmöglichkeiten erwartet sich die amtliche Statistik von einem länderübergreifenden Benchmarking, das bereits Ende 2002 unter der Federführung Baden-Württembergs eingerichtet wurde. Das Benchmarking dient als Steuerungsinstrument für effektivere Produktionsmethoden, für eine eigenständige Optimierung von Geschäftsprozessen und damit zur Verbesserung der Wirtschaftlichkeit der amtlichen Statistik. Obwohl die Landesämter in landeseigene, oft sehr unterschiedliche Systeme der Kosten-Leistungs-Rechnung eingebunden sind, ist es gelungen, bei fast allen Landesämtern eine weitestgehende Vereinheitlichung des Controllings zu erreichen und 8 kostenträchtige Statistiken zwischen fast allen Ländern zu benchmarken. Die Landesämter nutzen seit 2005 die Benchmark-Ergebnisse, um die eigenen Prozesse zu optimieren und das eigene Personal aufwandsgerecht einzusetzen. Das Statistische Landesamt Baden-Württemberg liegt bei diesem länderübergreifenden Benchmarking nach wie vor fast durchgehend mit an günstigster Stelle. Ab dem Jahr 2008 beteiligen sich nun alle Landesämter am länderübergreifenden Benchmarking.

Weitere Optimierungsmöglichkeiten ergeben sich aus Organisationsuntersuchungen, die das Statistische Landesamt Baden-Württemberg in Eigeninitiative durchführt. Ziel dieser Organisationsuntersuchungen ist es, die Arbeitsabläufe in Zusammenarbeit mit den jeweiligen Organisationsbereichen zu optimieren. Davon verspricht sich das Amt einen wichtigen Beitrag zur Effizienzsteigerung in allen seinen Bereichen und mittelfristig eine gerechtere Aufgabenverteilung und Belastung der Beschäftigten.

Seit nunmehr 4 Jahren wird das sogenannte StaLa-Verbesserungssystem (StaLaVS) im Statistischen Landesamt praktiziert. StaLaVS ist ein System, das die unterschiedlichsten Elemente von Verbesserungsmöglichkeiten (Verbesserungen im Rahmen der Erledigung der Arbeitsaufgabe, Amtsverfügungen, Einzelvorschlagswesen, Teambesprechungen) vereint. Die Kreativität und die Ideen der Beschäftigten des Statistischen Landesamtes haben entscheidend dazu beigetragen, dass Arbeitsabläufe nachhaltig verbessert und Wirtschaftlichkeitspotenziale optimal genutzt werden konnten. Bis zum Ende des Jahres 2007 gingen insgesamt 353 Einzelvorschläge in der Geschäftsstelle ein. Hiervon wurden 112 umgesetzt und 34 prämiert. Allein durch die Realisierung der Einzelvorschläge konnten dabei fast 56 000 Euro an Einsparungen erzielt werden. Nimmt man die Ersparnisse durch Team-Vorschläge hinzu, so ergeben sich Einsparungen in Höhe von über 256 000 Euro seit der Einführung des Systems.

Das Statistische Landesamt als Spiegelbild seiner Beschäftigten

Veränderte Rahmenbedingungen stellen auch die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Statistischen Landesamtes vor neue Herausforderungen. Die glänzende Leistungsbilanz des Amtes ist vor allem auch ein Spiegelbild all seiner Beschäftigten. Die gesamte Belegschaft mit ihren Fachkenntnissen und Fähigkeiten, mit ihrer Leistungs- und Einsatzbereitschaft, ihrem Engagement, ihrer Qualifikation und ihrer Motivation sind das wichtigste Kapital des Informationsdienstleisters. Von ihnen hängt es letztendlich ab, ob und wie das Statistische Landesamt den Wandel und die Reformen bewältigt. Die Förderung der Leistungsbereitschaft und der Leistungsfähigkeit aller Beschäftigten im Statistischen Landesamt ist daher eine elementare Voraussetzung für den Erfolg des Hauses. Durch entsprechende Fortbildungs- und Qualifizierungsangebote ist das Amt bestrebt, alle seine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter kontinuierlich und ihren Bedürfnissen entsprechend zu qualifizieren.

Im Februar 2007 wurde von der Amtsleitung ein Personalentwicklungskonzept für die Nachwuchsführungskräfte im höheren Dienst beschlossen, das sich bereits in der Umsetzung befindet. Ein erstes Assessment-Center ist bereits durchgeführt. Die Entwicklung von Personalentwicklungskonzepten für den gehobenen und mittleren Dienst schließen sich an.

Dies alles zeigt, dass sich das Statistische Landesamt Baden-Württemberg weiter zu einem modernen, leistungsfähigen, effizient und wirtschaftlich arbeitenden Informationsdienstleister entwickelt, der – in das Gesamtsystem der nationalen und europäischen Statistik eingebunden – ein verlässlicher Partner für Entscheidungsträger, Fachwelt und Bevölkerung ist. Das Statistische Landesamt wird weiter den Wind des Wandels aufnehmen und für seine Zwecke nutzen.

1 Von 1947 bis 1949 war Dr. Ellynor Eichert »Directeur« des Statistischen Landesamtes für Württemberg-Hohenzollern in Tübingen, das nach dem Krieg zur französischen Besatzungszone gehörte.