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Das Landesinformationssystem Baden-Württemberg – zu den Auswertungsmöglichkeiten am Beispiel der Stadt Wertheim

Bereits Ende der 60er-Jahre begann das Statistische Landesamt mit dem Aufbau einer »Regionaldatenbank«. Ursprünglich als Planungs- und Entscheidungsinstrumentarium für staatliche Stellen aus Politik, Verwaltung und Kommunen gedacht, versteht sich das LIS heute als Informationssystem für alle. Und dass dies von der Bevölkerung auch so gesehen wird, belegt die steigende Anzahl von Anfragen auch aus dem privaten Bereich: Täglich werden etwa 28 000 Seiten unseres Internetangebots abgerufen – und ein bedeutender Teil dieser Abrufe betrifft Regionaldaten aus dem LIS.

Über 600 000 Werte für jede Gemeinde

Das LIS ist stetig ausgebaut worden und setzt sich aus verschiedenen Datenbanken zusammen; die wichtigste ist die sogenannte Struktur- und Regionaldatenbank mit einem Datenbestand von derzeit etwa 620 000 Werten je Gebiet, das heißt überwiegend für Gemeinden und aus Gemeinden aggregierbaren Räumen wie zum Beispiel für Mittelbereiche, Arbeitsamtsbezirke oder Naturräume.

Um den Kunden einen möglichst schnellen Zugriff auf diese Regionaldaten zu ermöglichen, werden die am häufigsten nachgefragten Basisinformationen auch mittels sogenannter Bildschirmtabellen zur Verfügung gestellt. Derzeit gibt es über 700 dieser Tabellen, die für administrative Gebietseinheiten sowie für Bundestags- und Landtagswahlkreise kostenfrei auch über das Internet zur Verfügung stehen. Aus der Vielzahl dieser Daten lassen sich für jede der 1 109 Gemeinden in Baden-Württemberg interessante Erkenntnisse zur Struktur und Entwicklung gewinnen.

Für Wertheim im Main-Tauber-Kreis – die nördlichste Kommune Baden-Württembergs1 – sind beispielsweise folgende Ergebnisse aufschlussreich (vgl. Tabelle):

  • Wertheim – an der Mündung der Tauber in den Main gelegen – ist seit 1976 Große Kreisstadt und grenzt unmittelbar an die bayerischen Landkreise Würzburg, Miltenberg und Main-Spessart. Die Geburtsstadt des ersten württembergischen Staatspräsidenten Wilhelm Blos (1849–1927) umfasst eine Gemarkungsfläche von 138,6  km2 und belegt damit – gemessen am Gemeindegebiet – immerhin den 14. Rang der insgesamt 1 109 Kommunen des Landes.
  • Wertheim hat derzeit etwa 24 300 Einwohner; über die Hälfte der Bevölkerung lebt in den 15 in den 70er-Jahren eingemeindeten Ortschaften. Wertheim ist damit die größte Kommune im Main-Tauber-Kreis und gleichzeitig Mittelzentrum der Region Heilbronn-Franken.
  • Die Entwicklung der Bevölkerungszahl in Wertheim ist in den letzten Jahren tendenziell rückläufig. In den vergangenen 10 Jahren hat hier die Einwohnerzahl geringfügig um 0,4 % abgenommen; landesweit wurde dagegen seit 1996 ein Plus von 3,5 % erzielt. Diese Entwicklung resultiert ausschließlich aus einem Geburtendefizit, das vor allem auf die Altersstruktur zurückzuführen sein dürfte: Denn das Durchschnittsalter der Bevölkerung in Wertheim liegt mit gut 42,8 Jahren nicht unerheblich über dem Landeswert (41,7). Dagegen war der Wanderungssaldo positiv, erreicht aber bei Weitem nicht den Landesdurchschnitt: Landesweit stieg die Bevölkerungszahl im Zeitraum 1996 bis 2006 durch Wanderungsgewinne um knapp 3 %, in Wertheim waren es nur 0,4 %; der Main-Tauber-Kreis hat dagegen geringfügig Einwohner durch Wegzüge verloren (– 0,2 %).
  • Obwohl die Bevölkerungsentwicklung in Wertheim in den vergangenen 10 Jahren deutlich hinter der des Landes zurückgeblieben ist, lag die Bautätigkeit in diesem Zeitraum nur knapp unter dem Landesdurchschnitt: Der Wohnungsbestand hat sich hier seit 1996 um annähernd 9 %, landesweit um fast 10 %, erhöht. Eine Erklärung für den stärkeren Anstieg der Wohnungs- gegenüber der Bevölkerungszahl in Wertheim könnte sein, dass hier Mitte der 90er-Jahre – wie in den meisten mittelgroßen Städte aufgrund der starken Zuwanderung zu Beginn der 90er-Jahre – noch ein zum Teil beachtlicher Wohnungsnachholbedarf gegeben war.
  • Das Bautätigkeitsniveau in Wertheim wurde auch durch Baulandpreise induziert, die nur halb so hoch wie landesweit liegen (Durchschnitt der Jahre 2004 bis 2006: 88 Euro je m2 gegenüber 180 Euro je m2). Und auch im Vergleich zu den übrigen, allesamt kleineren Kommunen im Main-Tauber-Kreis liegt das Preisniveau im Schnitt lediglich um 14 Euro je m2 höher, obwohl sonst die Preise tendenziell mit zunehmender Gemeindegröße bzw. Verdichtung ansteigen.
  • Relativ günstig war in den letzten Jahren die Arbeitsplatzentwicklung in Wertheim: Gegenüber 1996 nahm die Zahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten um immerhin 2 % zu, landesweit lag das Plus bei 1 %, im Main-Tauber-Kreis nur bei 0,4 %. Weiterhin sehr hoch ist der Anteil der Beschäftigten im Produzierenden Gewerbe in Wertheim, in welchem knapp zwei Drittel ihren Arbeitsplatz haben; landesweit liegt der Anteil bei nur 41 %. Große überregionale Bedeutung hat in Wertheim die Glasindustrie.
  • Auch aufgrund dieser günstigen Entwicklung der Beschäftigtenzahl ist das Arbeitsplatzangebot in Wertheim weiterhin überdurchschnittlich: Im Jahr 2006 kamen hier 399 sozialversicherungspflichtig Beschäftigte auf 1 000 Einwohner; landesweit waren es 348 und im Main-Tauber-Kreis nur 324. Dieses überdurchschnittliche Arbeitsplatzangebot – ein Beleg für die große zentrale Bedeutung der Stadt – wird auch anhand des Pendlersaldos deutlich: Auf 100 Auspendler waren im Jahr 2006 149 Beschäftigte nach Wertheim eingependelt; in Gemeinden, die hinsichtlich der Bevölkerungszahl mit Wertheim vergleichbar sind (Kommunen mit zwischen 20 000 und 30 000 Einwohnern) lag diese Relation im Jahr 2006 nur bei durchschnittlich 113 zu 100.
  • Von den günstigen Arbeitsmarktbedingungen profitiert auch der kommunale Haushalt in Wertheim: Die Steuerkraftmesszahl, die neben der Gewerbesteuer, den Grundsteuern A und B auch den Gemeindeanteil an der Einkommensteuer umfasst, liegt hier weiterhin deutlich über dem Landesdurchschnitt (2007: 768 Euro gegenüber 692 Euro je Einwohner). Dies gilt auch im Vergleich zu den Kommunen, die hinsichtlich der Bevölkerungszahl mit Wertheim vergleichbar sind, also Gemeinden mit zwischen 20 000 und 30 000 Einwohnern (682 Euro je Einwohner). Außerdem liegt in Wertheim die Schuldenlast (Kernhaushalt und Eigenbetriebe) niedriger als in vergleichbaren Kommunen (850 Euro je Einwohner gegenüber im Schnitt 1 005 Euro je Einwohner).

Schnelle Recherche mit Statistik interMaptiv

Eine Vielzahl weiterer Ergebnisse lassen sich für Wertheim – und selbstverständlich auch für alle anderen Kommunen des Landes – direkt abrufen. Darüber hinaus bietet das Statistische Landesamt seit 2003 mit »Statistik interMaptiv« eine interaktive Landkarte mit zahlreichen Informationen über das Land, die Regionen sowie die Stadt- und Landkreise und den 1 109 Gemeinden im Internet als Java-Applet an. Mithilfe der thematischen Karten ist so zum Beispiel auf spielerische Weise eine schnelle Recherche der Flächennutzung Wertheims im Vergleich zu anderen Kommunen möglich.

1 Längengrad: 9 Grad 31´00´´ östlich Greenwich; Breitengrad: 49 Grad 45´30´´ nördlich Äquator.