:: 2/2008

Lehrerausbildung und -fortbildung in Baden-Württemberg

Am 6. Dezember 2007 ist der erste Bildungsbericht für Baden-Württemberg als Gemeinschaftsveröffentlichung des Landesinstituts für Schulentwicklung und des Statistischen Landesamtes erschienen. Er bietet einen umfassenden Überblick über das vorschulische und schulische Bildungswesen in Baden-Württemberg. Beispielhaft werden hier einige Ergebnisse zur Professionalisierung des pädagogischen Personals an Schulen vorgestellt.

Im Jahr 2007 wurde mit über 11 000 Lehramtsanwärtern an den Seminaren in der zweiten Phase der Lehrkräfteausbildung ein neuer Höchststand erreicht. In allen Ausbildungsgängen überwiegt dabei die Zahl der angehenden Lehrerinnen. Beim Lehramt an Grund- und Hauptschulen beträgt ihr Anteil sogar 92 %. Die zentrale Lehrerfortbildung ist in Baden-Württemberg in der Landesakademie für Fortbildung und Personalentwicklung an Schulen gebündelt. Die fast 1 100 Fortbildungsveranstaltungen wurden im Jahr 2006 von mehr als 21 000 Teilnehmern besucht, die das Angebot weit überwiegend positiv beurteilt haben.

Der Bildungsbericht 2007

Der im Dezember 2007 erstmals vorgelegte Bildungsbericht »Bildung in Baden-Württemberg 2007« (vgl. i-Punkt) bietet einen umfassenden Überblick über das vorschulische und schulische Bildungswesen Baden-Württembergs – von den Kindertageseinrichtungen über die Grundschulen, die weiterführenden allgemeinbildenden Schulen bis hin zur Ausbildung und zum Erwerb allgemeinbildender Abschlüsse an den beruflichen Schulen, der Lehreraus- und -fortbildung und der Qualitätsentwicklung an Schulen. Der Bericht wurde im Rahmen einer Kooperation vom Landesinstitut für Schulentwicklung und dem Statistischen Landesamt erstellt und soll künftig regelmäßig in 3-jährigem Turnus erscheinen. Die Bildungsberichterstattung für den Bereich des Ministeriums für Kultus, Jugend und Sport Baden-Württemberg gehört zu den gesetzlich festgelegten Aufgaben des Landesinstituts für Schulentwicklung.

Erste Phase der Lehrerausbildung – Hochschulstudium

Angehende Lehrkräfte durchlaufen in den meisten Fällen eine grundständige – das heißt von Beginn des Studiums an auf dieses Berufsziel ausgerichtete – Lehrerbildung in zwei Phasen: Hochschulstudium und Vorbereitungsdienst. Daneben gibt es die einphasige Ausbildung von Fachlehrkräften und – im beruflichen Schulwesen – technischen Lehrkräften.

Als einziges Bundesland bildet Baden-Württemberg die Lehrkräfte für Grund-, Haupt-, Real- und Sonderschulen in der ersten Phase an besonders dafür eingerichteten Pädagogischen Hochschulen aus. Dabei sind Fachwissenschaft, Fachdidaktik und Pädagogik von Anfang an integriert; auch von Ausbildungslehrkräften begleitete Block- und Tagespraktika an den Schulen gehören dazu. Studierende, die das Lehramt an Gymnasien oder das höhere Lehramt an beruflichen Schulen anstreben, absolvieren in der ersten Phase ein Lehramtsstudium an einer Universität beziehungsweise an einer Musik- oder Kunsthochschule. Die Studiengänge für Diplom-Handelslehrer und Diplom-Gewerbelehrer an beruflichen Schulen sind als universitäre Diplomstudiengänge eingerichtet. Die erste Phase wird in den allgemeinbildenden Fächern mit der Ersten Staatsprüfung abgeschlossen, in beruflichen Diplomstudiengängen mit einer Diplomprüfung.

In Baden-Württemberg gibt es 6 Pädagogische Hochschulen, 9 Universitäten, 5 Musik- und 2 Kunsthochschulen. Im Wintersemester 2006/07 waren dort insgesamt 36 978 Studierende in Lehramtsstudiengängen eingeschrieben.

Als Ziel hatten

das Lehramt an Gymnasien41 %
das Lehramt an Grund- und Hauptschulen32 %
das Lehramt an Realschulen15 %
das Lehramt an Sonderschulen6 %
die Lehrämter an beruflichen Schulen5 %

Lehrerausbildung an Seminaren 2007 auf Höchstniveau

Die zweite Phase bildet für alle künftigen Lehrkräfte ein schulartspezifischer Vorbereitungsdienst, der an einem Staatlichen Seminar für Didaktik und Lehrerbildung und an einer Ausbildungsschule abgeleistet wird. Er dauert 18 Monate, wobei für die Lehrämter an Gymnasien und beruflichen Schulen das vorherige Absolvieren eines Praxissemesters obligatorisch ist. Der Vorbereitungsdienst verbindet die schulpraktische Ausbildung mit pädagogischer, fachdidaktischer und schulrechtlicher Ausbildung am Seminar. Er wird mit der Zweiten Staatsprüfung abgeschlossen.

In Baden-Württemberg gibt es

Seminare für Gymnasien10
Seminare für das berufliche Schulwesen4
Seminare für Realschulen5
Seminare für Grund- und Hauptschulen14
Seminare für Sonderschulen3

An 4 Pädagogischen Fachseminaren erfolgt die Ausbildung für die Laufbahn des Fachlehrers für musisch-technische Fächer und des Technischen Lehrers an Sonderschulen.

Zwischen 1985 und 2007 hat sich die Gesamtzahl der Teilnehmer am Vorbereitungsdienst in etwa verdoppelt. Allerdings war dies kein gleichmäßiger Anstieg sondern eine wellenförmige Entwicklung mit relativen Tiefpunkten in den Jahren 1991 und 2003. Nach einem zwischenzeitlichen Höchststand im Jahr 2000 und einem leichten Rückgang in den Folgejahren steigt die Zahl seit 2004 wieder kontinuierlich an. Im Jahr 2007 wurde mit insgesamt 11 475 Seminarteilnehmern eine neue Rekordmarke erreicht. Die Wellenbewegungen spiegeln die Reaktion der Studienbewerber auf die im Zeitablauf unterschiedlichen Chancen auf eine Übernahme in den Schuldienst wider.

Im Vergleich zum Jahr 2003 hat die Gesamtzahl der Seminarteilnehmer um 39 % zugenommen. Besonders stark war der Anstieg bei den angehenden Realschullehrkräften: Hier hat sich die Teilnehmerzahl von 1 109 auf 2 465 mehr als verdoppelt. Auch der Ausbildungsgang für das Lehramt an beruflichen Schulen konnte sich mit einem Zuwachs von 41 % überdurchschnittlich entwickeln. Die Zahl der Seminarteilnehmer in den Richtungen Grund- und Hauptschule sowie Sonderschule stieg in diesem Zeitraum um jeweils 31 % an. Mit 22 % verzeichnete die Ausbildung für das Lehramt an Gymnasien einen deutlich geringeren Anstieg. Nahezu unverändert blieb die Zahl der in Ausbildung befindlichen Fachlehrkräfte und Technischen Lehrkräfte.

Lehrerberuf für Männer nicht mehr so attraktiv

Die Feminisierung des Lehrberufs schreitet weiter voran. Drei Viertel der Lehramtsanwärter im Vorbereitungsdienst waren im Jahr 2007 Frauen. An den Grund- und Hauptschulen bilden männliche Pädagogen mit einem Anteil von 8 % sogar nur noch die Ausnahme. Nachdem auch im beruflichen Bereich im Jahr 2007 erstmals mehr Frauen als Männer an den Seminaren ausgebildet wurden, überwiegt nun in allen Schularten die Zahl der weiblichen Lehramtsanwärter. Im Jahr 1995 war dagegen nur rund ein Drittel der Seminarteilnehmer der beruflichen Richtung weiblich.

Ein Vergleich der Frauenanteile in der aktiven Lehrerschaft mit denen der Seminarteilnehmer zeigt, dass sich der Trend der zunehmenden Feminisierung fortsetzen wird. Besonders groß ist der Unterschied zwischen dem Frauenanteil der Lehrkräfte an den Realschulen mit 58 % und dem im Bereich der Realschulanwärter mit 72 %.

Landesakademie für Fortbildung und Personalentwicklung an Schulen als zentrale Fortbildungseinrichtung

Die Professionalisierung von Lehrkräften ist kein Vorgang, der mit der ersten und zweiten Phase der Lehrerausbildung abgeschlossen ist. Es handelt sich dabei vielmehr um einen kontinuierlichen Prozess. Ausgangspunkt ist die akademische Grundausbildung, aber aufgrund sich stetig verändernder äußerer Rahmenbedingungen von Schule und Unterricht sowie deren pädagogischer Weiterentwicklung benötigt diese ein adäquates themenspezifisches Angebot an Fortbildungen. Damit sollen entsprechende Anpassungen bei den pädagogisch Handelnden an diese Veränderungen erreicht werden. Lehrkräfte sind demnach verpflichtet, ihre berufsspezifische Kompetenz zu erhalten und stetig weiterzuentwickeln1. Neben den klassischen Angeboten der Fachfortbildungen, der pädagogisch-psychologischen Fortbildungen und den Fortbildungen für Personal in Funktionsstellen können die Schulen auf qualifizierte Beraterinnen und Berater zurückgreifen. Hierzu gehören Fachberater und Pädagogische Berater mit jeweils unterschiedlichen Arbeitsschwerpunkten sowie Prozessbegleiter für Schulentwicklungs- und Evaluationsprozesse.

Eine Abbildung der gesamten Fortbildungslandschaft in Baden-Württemberg ist derzeit noch nicht möglich. Insbesondere im Bereich der regionalen, auf Ebene der unteren Schulaufsichtsbehörden2. organisierten Fortbildungen gibt es bislang keine verlässlichen Zahlen. Diese werden künftig erhoben, sodass mittelfristig eine Gesamtdarstellung des Fortbildungssektors erwartet werden kann. Damit beschränken sich die vorliegenden Angaben auf die Teilnahme an den Veranstaltungen der Landesakademie für Fortbildung und Personalentwicklung an Schulen. Diese hat zum 1. Januar 2004 als rechtsfähige Anstalt öffentlichen Rechts mit Sitz in Esslingen ihre Arbeit aufgenommen. In dieser neuen Einrichtung wurden die vier bisherigen Staatlichen Akademien für Lehrerfortbildung Calw, Comburg (Schwäbisch Hall), Donaueschingen und Esslingen zusammengeführt. Ab dem 1. September 2007 wurden die Standorte Calw und Donaueschingen in den neuen Standort Bad Wildbad überführt (i-Punkt).

Neben der Landesakademie für Fortbildung und Personalentwicklung an Schulen bieten drei weitere Einrichtungen landesweite Fortbildungen an: das Landesinstitut für Schulsport Ludwigsburg, die Landesakademie für die musizierende Jugend Ochsenhausen und die Akademie für Schulkunst, Schul- und Amateurtheater Schloss Rotenfels in Gaggenau.

Die einzelnen Standorte der Landesakademie haben unterschiedliche Zielgruppen bzw. thematische Schwerpunkte:

  • Esslingen: vor allem Lehrkräfte aus beruflichen Schulen,
  • Comburg: Führungsfortbildung und Personalentwicklung für Lehrkräfte aller Schularten,
  • Bad Wildbad: vor allem Lehrkräfte aus allgemeinbildenden Schulen.

Fast 1 100 Fortbildungsveranstaltungen mit mehr als 21 000 Teilnehmern

Im Jahr 2006 wurden an den vier Standorten der Landesakademie 1 084 Fortbildungsveranstaltungen durchgeführt, an denen 21 450 Lehrkräfte aus allen Schularten teilnahmen. Dies entspricht einer Durchschnittsbelegung von rund 20 Teilnehmern pro Veranstaltung. Diese dauern in der Regel 2,5 Tage.

Gut ein Viertel aller Veranstaltungen sind ein Grundangebot, das sich an Lehrkräfte aller Schularten richtet. Ein knappes Viertel der Fortbildungen entfiel auf Lehrkräfte beruflicher Schulen. Die übrigen Angebote verteilten sich auf das pädagogische Personal an Grundschulen, Hauptschulen, Gymnasien, Sonderschulen, Realschulen sowie in der Schulaufsicht und an den Seminaren für Didaktik und Lehrerbildung. Unter der Rubrik »Sonstige«, die knapp 11 % ausmacht, finden sich Angebote für jeweils mindestens zwei verschiedene Schularten und für Kindergärten.

Bei den Angeboten für Lehrkräfte aller Schularten spielen die Führungsfortbildungen eine zentrale Rolle. In den vergangenen Jahren wurde ein umfassendes Angebot zur Personalentwicklung für Führungskräfte im schulischen Bereich aufgebaut. So sind Einführungsfortbildungen für neu bestellte Schulleitungen seit langem verpflichtend. Im Jahr 2006 fanden 41 einwöchige Fortbildungen mit insgesamt 834 Teilnehmern statt. Zusätzlich wurde ein berufsbegleitendes Seminarangebot für Schulleitungen aufgebaut, das 2006 in 72 Veranstaltungen 1 388 Teilnehmer erreichte (2,5-tägige Fortbildungen, auch für stellvertretende Schulleitungen bzw. Fachabteilungsleitungen). Außerdem werden sogenannte Orientierungskurse für Lehrkräfte angeboten, die an einer künftigen Übernahme von pädagogischen Leitungsaufgaben Interesse haben.

Die Altersstruktur der Teilnehmer an den Akademie-Lehrgängen spiegelt bei der Gruppe der unter 30-Jährigen in etwa deren Anteil an der Gesamtlehrerschaft wider. Die 30- bis 50-Jährigen sind überproportional vertreten. Die stärkste Gruppe mit 38 % aller Akademieteilnehmer ist die der über 50-Jährigen. Gleichwohl ist diese Gruppe im Verhältnis zu ihrem Anteil an der Lehrerschaft insgesamt eher unterproportional an den Lehrgängen beteiligt.

Evaluation der zentralen Lehrerfortbildung

Um eine kontinuierliche Qualität der Fortbildungen an den Akademien zu gewährleisten, erhalten die Teilnehmer einen Evaluationsbogen. Abgefragt wird neben dem Gesamturteil unter anderem die zielgruppengerechte Aufbereitung der Lehrgangsthematik, der Informationsgehalt, die methodisch-didaktische Konzeption, die gewählten Arbeitsformen sowie die Umsetzungsmöglichkeiten im Unterricht. Darüber hinaus werden Themenvorschläge für künftige Fortbildungen erfragt. Die daraus gewonnenen Erkenntnisse dienen als Grundlage für die weiteren Planungen. Von den knapp 8 000 zurückgegebenen und ausgewerteten Evaluationsbögen im Jahr 2006 haben jeweils fast 46 % der Teilnehmer die Lehrgänge im Gesamturteil mit »sehr gut« oder »gut« bewertet, 7 % haben »zufriedenstellend« angegeben. Die Antworten signalisieren durchgängig eine hohe Akzeptanz. »Lern- und Arbeitsatmosphäre« sowie die »Lehrgangsleitung« erhalten die besten Bewertungen. Der zentrale Aspekt der »Umsetzungsmöglichkeiten im Unterricht« erhält ebenfalls überwiegend sehr gute und gute Beurteilungen.

Im Jahr 2006 wurde erstmalig der quantitativ stärkste Bereich der Führungsfortbildungen von einer externen Institution einer Evaluation unterzogen. Das Institut für Qualitätsentwicklung Schleswig-Holstein wurde vom Kultusministerium Baden-Württemberg beauftragt, die Einführungsfortbildung für neu bestellte Schulleitungen zu evaluieren. Diese externe Evaluation kam zum Ergebnis, dass die Einführungsfortbildung die an sie gestellten Anforderungen hinsichtlich der inhaltlichen und methodischen Gestaltung in hohem Maße gerecht wird. Besonders positiv werden die Punkte »Leitung der Fortbildung« und »Rollenklärung« hervorgehoben. Etwas ungünstiger werden die Themenbereiche »Führungstheorie, Führungsinstrumente und Führungsstil« bewertet. In einem abschließend durchgeführten Assessment haben die teilnehmenden Schulleiterinnen und Schulleiter die – erwarteten – Kompetenzprofile »gut« und »sehr gut« erreicht.

1 Die Eckpunkte zur schulbezogenen Fortbildung sind in der Verwaltungsvorschrift »Leitlinien zur Fortbildung und Personalentwicklung an Schulen« (Amtsblatt »Kultus und Unterricht« vom 24. Mai 2006, S. 244) festgelegt.

2 Ämter für Schule und Bildung bei den Landkreisen sowie die Staatlichen Schulämter bei den kreisfreien Städten.