:: 5/2008

Gelungener Start ins neue Jahr – Baden-Württembergs Wirtschaft wächst im 2. Quartal voraussichtlich um 2 %

Baden-Württembergs Wirtschaft legte im 1. Quartal des Jahres im Vergleich zum Vorquartal einen guten Start hin: Während die Wirtschaftsleistung im 4. Quartal 2007 im Vergleich zum Vorjahreszeitraum preisbereinigt nur um 1 ¾ % zulegte, betrug das Plus im 1. Quartal nach jetzigem Kenntnisstand 2 ½ %. Da die weltweite konjunkturelle Abkühlung auch an Baden-Württemberg nicht spurlos vorübergeht, zeigt der Verlauf des vom Statistischen Landesamt verwendeten Konjunkturindikators ein gedämpftes Wachstum an, sodass für das 2. Quartal dieses Jahres mit einer Zunahme von 2 % zu rechnen sein dürfte.1

Die von den USA ausgehende Finanzkrise hat dort über eine restriktivere Kreditvergabe und eine Schwächung des Konsums unweigerlich Rückwirkungen auf die Realwirtschaft nach sich gezogen. Diese haben auch für die Südwestwirtschaft Folgen: Rückläufige Exporte in die USA sind die Konsequenz unsicherer Konsumentenerwartungen sowie einer verschlechterten Wettbewerbsposition infolge der Stärke des Euro gegenüber dem US-Dollar. Unabhängig von diesen verschlechterten Rahmenbedingungen sind die kurzfristigen Zinsen auch im Euroraum tendenziell gestiegen, mit entsprechend dämpfender Wirkung auf Investitionen der Unternehmen und den Konsum der privaten Haushalte.

In den Wintermonaten Dezember 2007 bis Februar 2008 war die wirtschaftliche Lage Baden-Württembergs durch folgende Entwicklungen gekennzeichnet:

  • Der Außenhandel insgesamt zeigte sich von den diskutierten weltwirtschaftlichen Risiken unbeeindruckt. Die Auslandsumsätze der Industrie stiegen im Vorjahresvergleich um 9,5 %. Besonders der Fahrzeugbau entwickelte sich überaus positiv.
  • Das Plus der Inlandsumsätze in der Industrie blieb mit 3,1 % gegenüber dem Vorjahreszeitraum nur knapp hinter den Herbstzahlen zurück. Handel und Gastgewerbe konnten die Umsatzrückgänge vom Herbst reduzieren, aber noch nicht mit einem positiven Vorzeichen versehen.
  • Das Verarbeitende Gewerbe verzeichnete einen Beschäftigungsaufbau wie seit Jahren nicht mehr. Im Vergleich zum Vorjahreszeitraum stieg die Zahl der Beschäftigten um knapp 28 000. Diese Zunahme an Arbeitsplätzen trug dazu bei, dass die Arbeitslosenquote im März nur 4,3 % betrug.
  • Die Verbraucherpreise stiegen in Baden-Württemberg im 1. Quartal 2008 um 2,9 %. Auch wenn diese Preissteigerungsrate niedriger ist als der europäische Vergleichswert, erwächst hieraus eine Belastung für den privaten Konsum.

Stabilisierungspolitik – wessen Verantwortung?

In seinem »World Economic Outlook« vom April dieses Jahres prognostiziert der Internationale Währungsfonds (IWF) für 2008 in den entwickelten Volkswirtschaften ein abgeschwächtes Wirtschaftswachstum. Eine nachlassende Dynamik kommt entsprechend auch in den für das 1. Quartal 2008 erwarteten Wachstumsraten für die Eurozone und die USA zum Ausdruck. Es wird außerdem erwartet, dass das weltweite Wachstum 2008 nur noch 3,7 % beträgt, nachdem 2007 noch ungefähr 5 % erreicht wurden. Hieraus leitet der IWF ab, dass es die Aufgabe der politisch Verantwortlichen sei, den Konjunkturrisiken zu begegnen, ohne die Inflations- oder andere, langfristige Politikziele zu gefährden.

Wer sind die für Stabilisierungspolitik Verantwortlichen? Die Antwort darauf fällt je nach befragtem Akteur zum Teil höchst unterschiedlich aus, zumal die Notwendigkeit, überhaupt stabilisierend einzugreifen, zumindest in Europa mitunter bestritten wird – so von der Europäischen Zentralbank (EZB), die zuletzt Anfang Mai mit Verweis auf die Inflationsrisiken im Euroraum (die Inflationsrate belief sich hier im April auf 3,3 %) keinen Anlass sah, von ihrem geldpolitischen Kurs abzuweichen. Die EZB erwartet ein gedämpftes, aber auf gesunden Fundamentaldaten ruhendes europäisches Wachstum, und sieht im Übrigen die Fiskalpolitik und die Tarifparteien in der Pflicht, ihren Teil zur Inflationsbekämpfung beizutragen: Zum einen die Regierungen, indem sie von Ausgabenprogrammen absehen und das Produktionspotenzial fördernde Strukturreformen vorantreiben, zum anderen Gewerkschaften wie Unternehmer, indem sich beide Seiten auf zurückhaltende Lohnabschlüsse einigen. Bemerkenswert ist auch die Feststellung, die zugleich als Mahnung an die betreffenden Unternehmen gedacht ist, dass in Branchen mit geringem Konkurrenzdruck Marktmacht zu steigenden Preisen führen könne.

Die Europäische Wirtschafts- und Währungsunion bildet zwar einen einheitlichen Währungsraum, setzt sich aber aus Volkswirtschaften zusammen, die sich nicht nur hinsichtlich ihrer wirtschaftlichen Dynamik unterscheiden. Die Probleme, die sich hieraus ergeben können, dürften insbesondere in einer Phase einer sich abkühlenden Weltwirtschaft zutage treten. In der Voreurozeit konnte über Wechselkursanpassungen die eigene Wettbewerbsfähigkeit verbessert werden. Wenn dieser Weg der nominalen Währungsabwertung nun auch nicht mehr beschritten werden kann, so verbleibt als Stellschraube für die Wettbewerbsfähigkeit die Lohn- und Preissetzung im nationalen Rahmen – allerdings nicht oder nur bedingt in den Händen der Politik. Angesichts dieser Schwierigkeit europäischer Regierungen, nationale Stabilisierungspolitik zu betreiben, lässt sich nachvollziehen, dass mit aktiver Ausgabenpolitik nunmehr verstärkt, wenn auch zumeist ablehnend, über ein Instrument diskutiert wird, das man seit Jahren – zumindest in Europa – im Giftschrank beließ. Den IWF plagen weniger Skrupel, wenn er unter Vorbehalten darauf hinweist, dass expansive Fiskalpolitik ihre Berechtigung haben kann, gerade in Zeiten, in denen monetäre Wirkungskanäle geschwächt sind.

1 Im Unterschied zu den genannten prognostizierten Wachstumsraten sind die realisierten Quartalswachstumsraten in Schaubild 1 als gleitende Durchschnitte dargestellt, da diese umgeformten Werte einen engeren Bezug zum Konjunkturindikator aufweisen.