:: 7/2008

Kindertagesbetreuung in Baden-Württemberg 2007

Mit der gemeinsamen Zielsetzung, bis 2013 für 35 % der unter 3-Jährigen ein Betreuungsangebot zu schaffen, haben Bund und Länder einen neuen Orientierungspunkt in der öffentlichen Debatte gesetzt. Es geht nun auch darum, die einzelnen Ausbauschritte genau zu beobachten. Hierfür bieten die seit 2006 erweiterten Statistiken zu Kindern in Kindertageseinrichtungen und Kindertagespflege gute Möglichkeiten. Seit Beginn des Jahrzehnts hat sich in Baden-Württemberg bei der Betreuung der unter 3-Jährigen viel verändert, die Zahl der betreuten Kleinkinder hat sich vervierfacht. Es bestehen aber erhebliche regionale Unterschiede, vor allem zwischen städtischen und ländlichen Räumen. In der Altersgruppe der Kinder im klassischen Kindergartenalter sind die Betreuungsquoten in den letzten Jahren relativ konstant geblieben. Die demografische Entwicklung bietet in gewisser Weise günstige Rahmenbedingungen für eine Verbesserung des Betreuungsangebots: Durch den Rückgang der Kinderzahlen werden Kapazitäten frei, die für eine Angebotsausdehnung und zur Steigerung der Betreuungsqualität genutzt werden können.

Seit Anfang des Jahres 2005 gilt das Gesetz zum qualitätsorientierten und bedarfsgerechten Ausbau der Tagesbetreuung für Kinder (Tagesbetreuungsausbaugesetz). Der Ausbau der Kindertagesbetreuung geht damit weit über eine reine Beaufsichtigung hinaus. Bildung, Erziehung und Betreuung müssen ineinander greifen. Institutionelle Betreuung soll dabei keinen Ersatz für Familie darstellen, denn die Familie ist und bleibt der wichtigste Lebensort für Kinder. Außerhäusliche Betreuung soll Eltern vielmehr in ihrem Erziehungsauftrag unterstützen und eine Balance zwischen Familie und Beruf ermöglichen. Verbunden mit dieser Gesetzgebung sollen bis 2010 in Deutschland zunächst 230 000 zusätzliche Plätze in Betreuungseinrichtungen und in der Kindertagespflege für die unter 3-Jährigen entstehen und gleichzeitig die Qualität verbessert werden.1

In Baden-Württemberg fand die Betreuung der Kinder im Jahr 2007 in 7 700 Kindertageseinrichtungen statt. Außer Kindergärten und altersgemischten Einrichtungen befanden sich darunter 210 reine Krippen für Kleinkinder und 300 Horte nur für Schulkinder. Gegenüber dem Vorjahr hat sich die Zahl der Einrichtungen um 40 erhöht. Fast 43 % der Einrichtungen haben öffentliche Träger, also die Städte und Gemeinden. Bei den freien Trägern dominieren die Kirchen: 24 % der Einrichtungen gehören dem Caritasverband oder einem anderen katholischen Träger an, 20 % der Diakonie oder einem anderen evangelischen Träger. Die restlichen 13 % verteilen sich auf verschiedene Träger, darunter auch Elterninitiativen.

Die Zahl der in Tageseinrichtungen betreuten Kinder in Baden-Württemberg ist gegenüber 2006 um etwa 8 000 zurückgegangen und lag im März 2007 bei knapp 380 000 Kindern. Davon waren

unter 3-Jährige26 980
Kinder im »normalen« Kindergartenalter2330 330
Schulkinder22 420

Insgesamt standen in den 7 700 Einrichtungen 433 800 genehmigte Plätze zur Verfügung, das sind rund 5 000 Plätze weniger als im Jahr 2006. Die gegenüber 2006 geringere Zahl betreuter Kinder sowie genehmigter Plätze geht einher mit dem Rückgang der Zahl der Kinder in den entsprechenden Altersgruppen.

Knapp 10 % der unter 3-Jährigen besuchen eine Kindertageseinrichtung

Die Betreuung der unter 3-Jährigen in Krippen und altersgemischten Einrichtungen findet derzeit besondere Beachtung. Während im Jahr 2006 rund 21 200 Kinder (7 %) in einer Kindertageseinrichtung betreut wurden, besuchten im Jahr 2007 bereits rund 27 000 unter 3-Jährige eine Kindertageseinrichtung, das ergibt eine Betreuungsquote von 9,5 % dieser Kinder. Dies ist ein Zuwachs von gut einem Viertel gegenüber dem Vorjahr. Ein Blick auf die Zahl der unter 3-Jährigen in Baden-Württemberg, die künftig für das Angebot an Kleinkindbetreuung in Betracht kommen, zeigt, dass diese von heute rund 285 000 Kinder auf 262 000 im Jahr 2025 sinken wird.3

Die meisten der in Kindertageseinrichtungen betreuten Kinder sind immer noch im klassischen Kindergartenalter zwischen 3 und 6 Jahren. Hier liegt die landesweite Betreuungsquote bei 93 %. Knapp 282 000 von rund 302 000 Kindern dieses Alters besuchten eine Kindertageseinrichtung. Bei den 4- bis 6-Jährigen gingen im Jahr 2007 fast 95 % in eine Kindertageseinrichtung. In dieser Altersgruppe sind die Betreuungsquoten in den letzten Jahren relativ konstant geblieben.

Ein im Zeitverlauf konstanter Teil an Kindern, die ein Betreuungsangebot benötigen, bedeutet bei rückläufiger Zahl der Kinder einen Rückgang der Nachfrage nach Betreuungsplätzen. Für den Kindergartenbereich lässt sich absehen, dass die Zahl der Kinder (im Alter zwischen 3 und 6 Jahren) bis zum Jahr 2025 auf 269 000 sinken dürfte.4 Die demografische Entwicklung bietet in gewisser Weise günstige Rahmenbedingungen für eine Verbesserung des Betreuungsangebots. Hierdurch werden in den Kindergärten Kapazitäten frei, die für eine Erweiterung des Angebots (längere Öffnungszeiten, Aufnahme von Kleinkindern, Hortkindern) oder auch zur Steigerung der Betreuungsqualität (Frühförderung, Sprachförderung, Elternarbeit u.a.) genutzt werden können.

Einfluss auf die zukünftige Zahl der betreuten Kinder unter 3 Jahren und der Kindergartenkinder hat neben der demografischen Entwicklung natürlich auch der Anteil der Eltern, die ihr Kind tatsächlich in eine Kindertageseinrichtung geben. Hier spielt auch die Erwerbsbeteiligung von Müttern, insbesondere mit Kindern im Kleinkindalter eine Rolle. Ebenso wirken sich das Alter der Kinder, wenn sie in den Kindergarten kommen sowie das Einschulungsalter aus. Würde die Betreuungsquote weiter steigen, zum Beispiel, weil noch mehr Kinder direkt mit 3 Jahren in den Kindergarten kommen, würde der demografisch bedingte Rückgang der Kindergartenplätze etwas gebremst. Umgekehrt führt eine Absenkung des Einschulungsalters durch eine veränderte Stichtagsregelung zu einem stärkeren Rückgang der betreuten Kinder im Kindergartenalter.

Flexiblere Öffnungszeiten und hohe Teilzeitquote bei Beschäftigten

Für Eltern besonders wichtig ist die Betreuungszeit der Kinder. Das öffentliche Angebot an Betreuungsplätzen wirkt sich unmittelbar auf die Möglichkeit der Teilnahme junger Familien am Erwerbsleben aus. Eltern benötigen Betreuungszeiten, die sich an ihren Bedürfnissen orientieren und flexibel in Anspruch genommen werden können.5 Immer mehr Einrichtungen ändern ihre Öffnungszeiten und reagieren damit auf die veränderten Bedürfnisse der Eltern. Sogenannte Regelplätze, die vor- und nachmittags geöffnet, über die Mittagszeit aber geschlossen sind, gehen zurück. An ihre Stelle treten verlängerte Öffnungszeiten und Ganztagsplätze. Neben der Regelbetreuung und der Halbtagsbetreuung werden 44 % der Kinder mit verlängerten Öffnungszeiten zwischen 5 und 7 Stunden betreut (Schaubild 1).

Bei der Ganztagsbetreuung, die 34 000 Kindern (oder 9 %) zugute kam, hat sich die Quote in den letzten Jahren kaum erhöht. Bei den Kindern im klassischen Kindergartenalter sind die Anteile ähnlich. Deutlich weichen sie bei der Altersgruppe der unter 3-Jährigen ab. Rund 23 % (6 210) nehmen eine Ganztagsbetreuung in Anspruch. Auch die Halbtagsbetreuung (unter 5 Stunden) wird von relativ mehr Kindern unter 3 Jahren genutzt (31 %).

Die Betreuungs-, Bildungs- und Erziehungsarbeit in Kindertageseinrichtungen im Zusammenhang mit individueller Förderung ist nur bei einem angemessenen Verhältnis zwischen Kindern und Erziehungspersonal und einer sinnvollen Gruppengröße möglich.6 In Baden-Württemberg kommen beispielsweise 2,3 Fachkräfte auf 20 Kinder (2 bis 8 Jahre). Insgesamt sind in den Kindertageseinrichtungen landesweit rund 54 300 Personen beschäftigt. Davon sind gut 46 200 im pädagogischen Bereich tätig, 7 100 für hauswirtschaftliche und technische Aufgaben sowie 1 100 für Verwaltung oder als freigestellte Einrichtungsleitung. Mehr als die Hälfte der Beschäftigten ist in Teilzeit tätig.

Der Frauenanteil beträgt 98 % und ist damit so hoch wie 2006. Lediglich 1 063 Männer sind als Pädagogen in Kindertageseinrichtungen tätig. Bei den Berufsausbildungsabschlüssen der Beschäftigten im pädagogischen Bereich dominieren weiterhin Erzieher/innen mit 73 % und Kinderpfleger/innen mit 11 %. Einen Hochschul- oder fachpädagogischen Abschluss weisen 3 % auf.

Gegenüber früheren Jahren zeigen sich deutliche Alterungstendenzen, die auf eine gestiegene Verweildauer des Personals hinweisen. 16 % des pädagogischen Personals sind jünger als 25 Jahre, deutlich weniger als in früheren Jahren. Der Anteil der 25- bis 40-Jährigen blieb im Vergleich zu den Vorjahren konstant bei rund 37 %, während die Altersgruppe der 40- bis 55-Jährigen inzwischen auf einen Anteil von über 41 % gestiegen ist. Ebenfalls angestiegen ist die Zahl der 55-Jährigen und Älteren (6%).

Fast die Hälfte der Kinder in der Kindertagespflege ist jünger als 3 Jahre

Ergänzend zur Betreuung in Kindertageseinrichtungen wurden in Baden-Württemberg im März 2007 von knapp 6 700 Tagesmüttern bzw. -vätern insgesamt 13 300 Kinder in öffentlich geförderter Kindertagespflege betreut. Von den Kindern waren

jünger als 3 Jahre6 050
zwischen 3 und 6 Jahren3 030
zwischen 6 und 14 Jahren4 210

Die Betreuung von Kleinkindern bildet einen Schwerpunkt der Kindertagespflege und ist für Eltern offenbar eine wichtige Alternative zu Kindertageseinrichtungen. 2 % aller Kinder dieser Altersgruppe werden in der Kindertagespflege betreut. Fast die Hälfte der von Tagesmüttern oder -vätern betreuten Kinder sind zwischen 1 und 3 Jahre alt. Rund ein Drittel der Kinder (4 200) wurde an 5 Wochentagen betreut, 23 % der Kinder (3 050) an zwei Wochentagen und 20 % (2 640) an drei Wochentagen. Die Betreuungszeit pro Tag lag bei zwei Drittel der Kinder (8 270) unter 5 Stunden. Eine Ganztagsbetreuung über 7 Stunden gab es bei 1 880 Kindern und betraf vor allem Kleinkinder.

Betreut wurden die Kinder fast ausschließlich von Tagesmüttern und lediglich 98 »Tagesvätern«. Die Anzahl der betreuten Kinder je Pflegeperson lag bei durchschnittlich zwei Kindern. Die meisten der Tagespflegeverhältnisse wurden durch Vermittlung und mit fachlicher Unterstützung der Jugendämter oder der Tagesmüttervereine gefördert. Zum Teil wurden die Betreuungsverhältnisse mit einer direkten Geldleistung durch die Jugendämter finanziell unterstützt.

Damit ergibt sich für Baden-Württemberg eine Betreuungsquote von 11,6 % der unter 3-Jährigen, die also entweder in einer Kindertageseinrichtung oder in der Kindertagespflege betreut werden. Die Inanspruchnahme der Kindertagesbetreuung liegt damit über dem Durchschnitt der westdeutschen Bundesländer von 9,9 %. Im Bundesdurchschnitt liegt die Betreuungsquote bei 15,5 %, hierzu tragen die ostdeutschen Länder mit einer Inanspruchnahmequote von 41 % maßgeblich bei.

Betreuungsquoten und Migrationshintergrund regional unterschiedlich

Ein Blick auf die einzelnen Stadt- und Landkreise zeigt große Differenzen in der Betreuungssituation. Dies gilt vor allem bei den Betreuungsquoten für die unter 3-Jährigen, während bei den Kindergartenkindern in nahezu allen Kreisen Betreuungsquoten zwischen 90 und 95 % erreicht werden. Bei der Kleinkindbetreuung in Kindertageseinrichtungen und in der Kindertagespflege errechnen sich vor allem in vielen Stadtkreisen hohe Betreuungsquoten, insbesondere in den Städten Heidelberg (knapp 29 %), Freiburg im Breisgau (24,1 %) und Stuttgart (knapp 22 %). Aber auch im Landkreis Tübingen (knapp 19 %) und im Rhein-Neckar-Kreis (15 %) besuchen viele unter 3-Jährige eine Kindertageseinrichtung oder sind in der Kindertagespflege untergebracht (Schaubild 2). Niedrige Betreuungsquoten finden sich überwiegend in ländlich geprägten Räumen.

Bei rund 18 % der in Tageseinrichtungen betreuten Kinder wird in der Familie nicht vorrangig deutsch gesprochen (Schaubild 3). Dabei zeigen sich ebenfalls deutliche regionale Unterschiede. Hohe Anteile erreichen vor allem die Stadtkreise, zum Beispiel Heilbronn, Stuttgart und Pforzheim mit jeweils über 34 %, während niedrige Anteile vorwiegend in ländlichen Kreisen verzeichnet werden, so in den Landkreisen Breisgau-Hochschwarzwald und Emmendingen mit rund 9 %.