:: 8/2008

Workshop »Familienfreundliche Kommune«

Rund 80 Kommunen zu Gast im Statistischen Landesamt

Die Präsidentin des Statistischen Landesamtes Baden-Württemberg Dr. Carmina Brenner hat am 3. Juni 2008 den ersten Basis-Workshop »Familienfreundliche Kommune« im Statistischen Landesamt eröffnet. Gastgeber des Workshops waren die FamilienForschung Baden-Württemberg des Statistischen Landesamtes, das »Netzwerk Familie Baden-Württemberg« (Netzwerkknoten der Lokalen Bündnisse für Familie) und der Kommunalverband für Jugend und Soziales Baden-Württemberg. Im Mittelpunkt des Workshops stand die »Handreichung Familienfreundliche Kommune«, eine Checkliste zur Bestandsaufnahme der Familienfreundlichkeit in Kommunen. Die Handreichung wird heute bereits von über 150 Gemeinden und Städten in Baden-Württemberg angewendet und ist auch über die Landesgrenzen hinaus eine sehr gefragte Arbeitshilfe.

Gemeinden gehen demografischen Wandeloffensiv an

Rund 80 Entscheidungsträger und Fachvertreter aus den Kommunen, darunter rund 20 Bürgermeister und Bürgermeisterinnen, waren am 3. Juni 2008 im Statistischen Landesamt unter dem Titel »Von der Bestandsaufnahme zur nachhaltigen Realisierung einer Familienfreundlichen Kommune« zusammengekommen. Die Präsidentin des Statistischen Landesamtes zeigte sich erfreut über die rege Beteiligung der Kommunen: »Die Gemeinden und Städte in Baden-Württemberg gehen den demografischen Wandel offensiv an und haben das Zukunftsthema Familienfreundlichkeit für sich entdeckt«, sagte Dr. Brenner. Dabei müsse das Rad nicht allerorts neu erfunden werden. »Es gibt mittlerweile bewährte Arbeitshilfen wie die Handreichung Familienfreundliche Kommune, damit Kommunen ihre Familienfreundlichkeit vor Ort weiter voranbringen können«, so Dr. Brenner.

Die Handreichung wurde jüngst auch vom Deutschen Städte- und Gemeindebund aufgegriffen. Gemeindetag, Städtetag und Landkreistag in Baden-Württemberg empfehlen ihre Anwendung.

Bürgerschaft und Bündnispartner in den Entwicklungsprozess mit einbeziehen

Die »Handreichung Familienfreundliche Kommune«, die das Netzwerk Familie Baden-Württemberg gemeinsam mit dem Kommunalverband Jugend und Soziales und der FamilienForschung Baden-Württemberg erarbeitet hat, stand im Mittelpunkt des halbtägigen Workshops. Manfred Becker vom Netzwerk Familie Baden-Württemberg, der den Workshop zusammen mit dem Autor dieses Beitrags leitete, betonte den Nutzen der Handreichung für die Kommunen. Die Handreichung diene der Bestandsaufnahme der Familienfreundlichkeit vor Ort und gäbe Anregungen zur weiteren Entwicklung. Bei der Weiterentwicklung der Familienfreundlichkeit sei es wichtig, Bürgerschaft und Bündnispartner zu gewinnen und die Familien vor Ort selbst mit einzubeziehen, so Becker. Die Kommune solle sich als Organisator und Motor des familienfreundlichen Entwicklungsprozesses begreifen und nicht mehr in engen arbeitsteiligen Zuständigkeiten denken.

Welche Angebote für Familien wichtig sind und welche noch fehlen

Die Teilnehmer/-innen füllten Auszüge der Checkliste gemeinsam aus, um die Arbeit mit der Handreichung näher kennenzulernen und über die Anwendung ins Gespräch zu kommen. Dabei zeigte sich, welche familienfreundlichen Angebote aus Sicht der Kommunalvertreter/-innen besonders wichtig sind und welche Angebote und Leistungen für Familien tatsächlich vorhanden sind.

Sichtbar wird, woran es in vielen Kommunen noch fehlt: durchgängige Betreuungszeiten für Kinder in den Ferien, Möglichkeiten zur kurzfristigen Kinderbetreuung in Notfällen, zentrale Anlauf- und Informationsstellen für Familien, Orte zur Begegnung von Jung und Alt, Beteiligungsangebote für Eltern, Kinder und Jugendliche, eine Kultur der Wertschätzung für Familien sowie ein familienpolitisches Gesamtkonzept der Kommune.

Bereits über 150 Kommunen in Baden-Württemberg arbeiten mit der Handreichung

Das Interesse unter den Anwesenden war groß, die meisten der 80 Anwesenden haben in Zukunft vor, mit der Handreichung zu arbeiten. Weitere 80 baden-württembergische Kommunen wenden bereits die Handreichung an und haben damit zunächst eine Bestandsaufnahme zur Familienfreundlichkeit gemacht, wie Manfred Schwarz vom Kommunalverband Jugend und Soziales berichtet. Der Kommunalverband führt eine Anwenderliste, die im Internet abrufbar ist. Darüber sollen Kommunen ähnlicher Größe die Gelegenheit zum direkten Erfahrungsaustausch bekommen.

Erfahrungen austauschen, vergleichen, lernen

Der Erfahrungsaustausch und das Lernen von Kollegen und Kolleginnen aus anderen Kommunen stand auch im Mittelpunkt des »Vergleichsrings Familienfreundliche Stadt«, den Bernd Berggötz von der Stadt Heilbronn vorstellte. Auch der Vergleichsring, an dem sich 17 Städte beteiligten, dient der Bestandsaufnahme der familienfreundlichen Angebote. Anders als die Handreichung beschränkt sich der Vergleichsring jedoch nur auf exakt messbare Daten und Kennzahlen zur Familienfreundlichkeit. Dies sind zum Beispiel die Betreuungsquote für Kinder unter 3 Jahren, der Anteil an Hort- und Ganztagesplätzen für Grundschüler, die Spielplatzfläche pro Einwohner unter 18 Jahren, der Anteil an großen Wohnungen am Wohnungsbestand insgesamt, die Zahl der verunglückten Kinder im Straßenverkehr oder die Kinderarmutsquote. »Wichtig dabei ist der praktische Erfahrungsaustausch unter den Kommunen, wo stehe ich und mit welchen Konzepten kann ich es besser machen«, so Berggötz.

Daten zu Demografie und Familie im neuen Demografie-Spiegel

Wie Gemeinden und Städte an Daten und Kennzahlen zur Familienfreundlichkeit gelangen können, stellte Cornelia Schwarck vom Statistischen Landesamt vor. Der neue Demografie-Spiegel liefert für jede Kommune Grafiken, Tabellen und Karten rund um das Thema »Demografischer Wandel und Familienfreundlichkeit«. »Jede Kommune kann hier ihr demografisches Profil abrufen und sich ihren Bericht ausdrucken«, erläuterte Schwarck. Die Daten und Kennzahlen ermöglichen den direkten Vergleich mit dem Landesdurchschnitt, Kreisdurchschnitt sowie dem Durchschnitt der Gemeinden gleicher Größenordnung.

Fazit: Fortsetzung des Erfahrungsaustausches gewünscht

Der Erfahrungsaustausch zur »Handreichung Familienfreundliche Kommune« und zur weiteren Umsetzung von Familienfreundlichkeit soll fortgesetzt werden, so der nahezu einhellige Wunsch der Teilnehmer/-innen. Die meisten Kommunen wollen in Zukunft mit der Handreichung arbeiten und wünschen sich Anregungen und Praxisbeispiele für die Umsetzung. Auch das Angebot des Statistischen Landesamtes an Daten und Kennzahlen zu Demografie und Familie stieß auf reges Interesse. Etliche Kommunen sind auch an den »Zukunftswerkstätten Familienfreundliche Kommune« interessiert, um gemeinsam mit ihren Bürger/-inne/n und Bündnispartnern geeignete Maßnahmen zur Familienfreundlichkeit zu entwickeln. In diesem Sinne soll der Erfahrungsaustausch beim Fachtag zur Handreichung und beim nächsten Workshop »Familienfreundliche Kommune« vertieft werden.