:: 11/2008

Bibliotheken in Baden-Württemberg – Fundgruben für Leseratten und Archive für Fachleute

In Baden-Württemberg gibt es fast 800 Bibliotheken in kommunaler Trägerschaft. Diese verfügten im Jahr 2007 über einen Bestand von gut 15 Mill. Medien. Insgesamt wurden hier 57 Mill. Entleihvorgänge registriert. Daneben existieren weitere wissenschaftliche Universalbibliotheken wie zum Beispiel die Universitätsbibliotheken oder die Landesbibliotheken in Stuttgart und Karlsruhe. Ihr Bestand umfasste 22,5 Mill. Medien. Darüber hinaus gibt es noch wissenschaftliche Spezialbibliotheken mit themenspezifischen Beständen. Hierzu zählt beispielsweise das Deutsche Literaturarchiv Marbach. In den Archiven dieser Einrichtungen waren weitere 6,5 Mill. Medien zugänglich.

Die öffentliche Hand in Baden-Württemberg wendete im Jahre 2005 insgesamt fast 125 Mill. Euro für Bibliotheken auf. Pro Kopf der Landesbevölkerung entspricht dies einem Wert von fast 12 Euro. Knapp drei Viertel dieser Aufwendungen wurden von Kommunen und Zweckverbänden geleistet.

Vielfältige Bibliothekslandschaft

»Lesen« gehört zu den kulturellen Grundfähigkeiten und ist eine unverzichtbare Grundlage für den Wissenserwerb. So gehört die Lesekompetenz neben der mathematischen und der naturwissenschaftlichen Kompetenz zu den drei Kernbereichen der PISA-Studie. In Ergänzung zu Schule und Elternhaus leisten hierzu auch die Bibliotheken mit ihrem Angebot an Lesestoff einen wesentlichen Beitrag. Außerdem haben öffentliche Bibliotheken die Aufgabe, durch einen entsprechenden Literatur- und Informationsdienst den Zielen der Weiterbildung zu dienen und der Bevölkerung die Aneignung von allgemeiner Bildung sowie von Kenntnissen für Leben und Beruf zu ermöglichen.1 Spezielle Fachbibliotheken dienen darüber hinaus der wissenschaftlichen Forschung und der Dokumentation. Angesichts der vielfältigen Verknüpfungen mit verschiedenen Politikbereichen soll deshalb hier die aktuelle Bibliothekslandschaft in Baden-Württemberg skizziert werden.

Es gibt im Land ein flächendeckendes Netz an öffentlichen Bibliotheken mit einem auf ein breites Publikum ausgerichteten Medienbestand, die sich häufig in kommunaler Trägerschaft befinden. Weitere Einrichtungen sind auf engere Zielgruppen ausgerichtet. So sind Hochschul- und andere wissenschaftliche Bibliotheken untrennbar mit der akademischen Ausbildung und der Forschung verbunden. Große öffentliche Einrichtungen sind auch die vom Land getragenen Landesbibliotheken in Karlsruhe und Stuttgart. Außerdem unterhalten viele Schulen Schülerbüchereien und viele Krankenhäuser Patientenbüchereien. Sicher stehen auch in manchen Firmen, Kirchen und anderen privaten Einrichtungen Büchereien für einen bestimmten Personenkreis zur Verfügung.

Angaben über die Nutzung und die Bestände der verschiedenen Bibliotheken liegen jedoch nur für einen Teil der Einrichtungen vor. Daten über die öffentlichen Bibliotheken in kommunaler Trägerschaft erfassen die staatlichen Fachstellen für das Bibliothekswesen bei den Regierungspräsidien. Diese haben auch die Aufgabe, die Träger beim Aufbau von Bibliotheken und bei der Entwicklung leistungsfähiger Bibliothekssysteme zu unterstützen. Eine weitere Datenquelle ist die Deutsche Bibliotheksstatistik (DBS).2 Die DBS sammelt Daten von öffentlichen Bibliotheken und von wissenschaftlichen Universal-, Spezial- und Hochschulbibliotheken. Ihre Erstellung gehört zu den Aufgaben des von der Kultusministerkonferenz geförderten »Kompetenznetzwerks für Bibliotheken« und wird vom Hochschulbibliothekszentrum des Landes Nordrhein-Westfalen in Köln technisch und redaktionell betreut.

Fast 125 Mill. Euro für Bibliotheken im Jahr 2005

Im Jahr 2005 erhielten die öffentlichen Bibliotheken im Land Mittel in Höhe von 124,8 Mill. Euro aus den öffentlichen Haushalten. Gut 73 % davon steuerten Gemeinden und Zweckverbände bei. Das Land beteiligte sich an diesem Posten mit 33,3 Mill. Euro. Damit hat sich der Trend rückläufiger Ausgaben für Bibliotheken weiter fortgesetzt. Denn im Jahr 2001 gab die öffentliche Hand noch fast 145 Mill. Euro für diesen Bereich aus.3 Diese Zahlen basieren auf dem sogenannten »Grundmittelkonzept«. Das heißt, es erfolgt eine Saldierung der öffentlichen Ausgaben mit den Einnahmen in diesem Bereich (zum Beispiel Benutzungsgebühren). In der genannten Summe sind nicht die Ausgaben für die Landesbibliotheken und die Hochschulbibliotheken enthalten.

Pro Kopf der Landesbevölkerung ergab dies im Jahr 2005 einen Betrag von 11,63 Euro. Damit liegt Baden-Württemberg unter den deutschen Flächenländern an fünfter Stelle. An der Spitze rangiert hier Sachsen mit 16,07 Euro je Einwohner. Noch höhere Beträge mussten die Stadtstaaten aufwenden, deren Bibliotheken auch Versorgungsfunktionen für das Umland wahrnehmen. So weist Berlin einen Wert von 18,97 Euro je Einwohner aus. Die baden-württembergischen Pro-Kopf-Ausgaben für öffentliche Bibliotheken liegen etwa auf dem Niveau des Bundesdurchschnitts von 11,69 Euro je Einwohner.

Fast 800 öffentliche kommunale Bibliotheken mit 15,4 Mill. Medien

Im Land existiert ein dichtes Netz öffentlicher Bibliotheken in kommunaler Trägerschaft. In den Gemeinden des Landes wurden im Jahr 2007 von den staatlichen Fachstellen insgesamt 796 entsprechende Einrichtungen gezählt. Dabei können innerhalb einer Gemeinde verschiedene Standorte mit einer gemeinsamen Bibliotheksleitung vorhanden sein.

Die Palette der ausleihbaren Medien hat sich in den letzten Jahren ausgeweitet: Außer Büchern, Zeitschriften und Zeitungen umfasst sie nun auf elektronischen Datenträgern wie CD, CD-ROM oder DVD gespeicherte Musik, Filme oder Hörbücher. Insgesamt wurde von diesen Bibliotheken ein Bestand von fast 15,4 Mill. Medien verwaltet. Hierzu verfügten sie über einen Personalbestand, der 1 572 Vollzeitbeschäftigten entsprach. Damit entfielen im Landesdurchschnitt rechnerisch rund 10 000 Medien auf eine Vollzeitkraft. Die Zahl von 1 754 Medien je 1 000 Einwohner in den Gemeinden der Bibliotheksstandorte verdeutlicht das große Angebot, das hier zu finden ist.

Baden-Württemberger sind fleißige Besucher von Bibliotheken

Rund 57 Mill. Entleihungen wurden 2007 im Land registriert. Bezogen auf die Bevölkerung der Bibliotheksstandorte bedeutet dies, dass rechnerisch jeder Einwohner 6,5 Medien im Jahr ausgeliehen hatte.4 Die Baden-Württemberger zählen damit zu den fleißigsten Bibliotheksnutzern in Deutschland. Im Jahr 2006 – für das auch für andere Bundesländer Vergleichszahlen vorliegen – belegte Baden-Württemberg unter den Flächenländern Deutschlands den zweiten Rang nach Sachsen mit 6,7 Entleihungen je Einwohner. Die intensive Nutzung der Bibliotheken im Land führte dazu, dass dieser Indikator deutlich über dem Bundesdurchschnitt von 5,3 Entleihungen je Einwohner lag.5

Zwischen den Kreisen und kreisfreien Städten im Land sind Unterschiede in der Ausstattung und Nutzung der kommunalen Bibliotheken erkennbar. Bezogen auf die Bevölkerung ist in der Stadt Ulm der umfangreichste Bestand anzutreffen: Im Jahr 2007 standen hier 4,6 Medien je Einwohner zur Verfügung. An zweiter Stelle lag der nahe gelegene Landkreis Biberach mit 2,6 Medien vor dem Landkreis Ludwigsburg mit 2,3 Medien. Das in dieser Beziehung schmalste Angebot wiesen die Bibliotheken im Hohenlohekreis und im Landkreis Rastatt mit 1,1 Medien je Einwohner auf. Die Städte Karlsruhe und Freiburg im Breisgau lagen mit 1,2 Medien je Einwohner nur knapp darüber.

Tendenziell scheint eine breite Auswahl an Medien die Attraktivität der Bibliotheken zu steigern und sorgt dementsprechend für eine hohe Zahl an Entleihungen. So lag der Landkreis Biberach mit 10,7 Entleihungen pro Einwohner (bezogen auf die Bibliotheksstandorte) an der Spitze. Dahinter folgten nahezu gleichauf Stuttgart und Ulm mit 9,7 Entleihungen und auch der Landkreis Ludwigsburg lag in der Spitzengruppe. Die relativ gesehen wenigsten Entleihungen wurden im Landkreis Freudenstadt mit 2,1 je Einwohner verzeichnet. Der Neckar-Odenwald-Kreis und der Landkreis Waldshut wiesen mit 3,3 bzw. 3,4 Entleihungen schon deutlich höhere Werte auf. In den Landkreisen Freudenstadt und Waldshut konnte mit 1 194 bzw. 1 384 Medien je 1 000 Einwohner nur ein unterdurchschnittlicher Medienbestand angeboten werden. Der Neckar-Odenwald-Kreis lag allerdings mit 1 804 Medien knapp über dem Landesdurchschnitt.

Universitätsbibliotheken verfügen über fast 20 Mill. Medien

Neben den kommunalen sind die wissenschaftlichen Bibliotheken die zweite Säule in der Bibliothekslandschaft des Landes. Nach den Angaben der Deutschen Bibliotheksstatistik (DBS) verfügten diese im Jahr 2007 über rund 29 Mill. Medien. Mit 19,6 Mill. hatten die Bibliotheken der 9 Landesuniversitäten daran den größten Anteil. Mehr als 194 000 Personen nutzten diese Einrichtungen und entliehen rund 7,8 Mill. Medien. Hierbei ist allerdings zu beachten, dass manche Bestände nicht verliehen werden dürfen und nur im Präsenzbestand verwendet werden können. Insofern spiegelt diese Zahl nur einen Teil der tatsächlichen Nutzung wider.

Entsprechend der Zahl der Studierenden haben die großen Universitäten Tübingen, Heidelberg und Freiburg den größten Medienbestand von jeweils 3,6 bis 3,9 Mill. Einheiten. Die kleinste Landesuniversität Hohenheim verfügt immerhin über einen Fundus von mehr als 530 000 Medien (Tabelle 2). Die Intensität der Nutzung wird deutlich, wenn man sieht, dass 2007 je Entleihenden im Durchschnitt etwa 40 Medien ausgeliehen wurden. Insgesamt verfügten die Universitätsbibliotheken über 767 Planstellen. Damit kamen nicht ganz 4 Planstellen auf 100 000 Medien.

Landesbibliotheken in Stuttgart und Karlsruhe

Die beiden Landesbibliotheken in Stuttgart und Karlsruhe zählen zu den größten Bibliotheken Baden-Württembergs. Nach eigenen Angaben verwaltete die Württembergische Landesbibliothek im Jahr 2007 einen Bestand von gut 5,4 Mill. Medien, die Badische Landesbibliothek besaß gut 2,3 Mill. Medien. Als zentrale Einrichtungen des Landes haben sie in großem Umfang besondere Medien wie zum Beispiel Autografen, Karten und Pläne oder Noten archiviert und machen diese der breiteren Öffentlichkeit und der Forschung zugänglich.

Insgesamt zählte die Badische Landesbibliothek im Jahr 2007 fast 32 000 aktive Nutzer und die Württembergische gut 36 000. Zusammen wurden von beiden Bibliotheken 2,3 Mill. Entleihungen abgewickelt. Zur Kundenbetreuung und zur Pflege der Bestände sind entsprechende Personalmittel erforderlich. Den beiden Einrichtungen standen hierfür 222 Personalstellen zur Verfügung.

Spezialbibliotheken decken fachliche Schwerpunkte ab

Einen besonderen Stellenwert besitzen die wissenschaftlichen Spezialbibliotheken. Sie sind in der Regel einem bestimmten Thema gewidmet und an eine entsprechende Institution angeschlossen. Die DBS weist Angaben für 35 Spezialbibliotheken in Baden-Württemberg nach. Insgesamt verfügten diese im Jahr 2007 über rund 6,5 Mill. Medien. Da es sich weitgehend um Präsenzbestände handeln dürfte, verzeichneten sie im Jahr 2007 die vergleichsweise geringe Zahl von rund 584 000 Entleihungen.

Zu diesen Spezialbibliotheken zählt beispielsweise auch eine international renommierte Einrichtung wie das Deutsche Literaturarchiv in Marbach. In Rechtsfragen bieten die Bibliotheken des Bundesverfassungsgerichts und des Bundesgerichtshofs in Karlsruhe umfangreiche Bestände an. Am Medienbestand gemessen sind die größten derartigen Einrichtungen im Land:

die Bibliothek für Zeitgeschichte in Stuttgart1,24 Mill. Medien,
das Deutsche Literaturarchiv in Marbach1,11 Mill. Medien,
das Forschungszentrum Karlsruhe887 000 Medien,
der Bundesgerichtshof in Karlsruhe449 000 Medien,
das Institut für Auslandsbeziehungen in Stuttgart432 000 Medien,
das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe364 000 Medien.

Auch das Statistische Landesamt Baden-Württemberg leistet einen Beitrag zu diesem Informationsangebot. Seine Bibliothek umfasst gut 68 000 Medien, hauptsächlich aus dem Bereich der amtlichen Statistik, statistischer Methoden und angrenzender Gebiete.6

Insgesamt existiert somit in Baden-Württemberg eine vielfältige Bibliothekslandschaft. Das Angebot reicht von Büchern für Kleinkinder und Leseanfänger bis zu Medien, die Grundlagen für wissenschaftliche Arbeiten sind. Die Zahl der Nutzer und der Entleihungen zeigt, dass dieses Angebot rege genutzt wird.

1 Gesetz zur Förderung der Weiterbildung und des Bibliothekswesens in der Fassung vom 20. März 1980, zuletzt geändert durch Art. 195. AnpVO vom 17. Juni 1997 (GBI. S. 278).

2 Das sehr differenzierte und umfangreiche Online-Angebot der DBS kann unter der Adresse abgerufen werden.

3 Statistische Ämter des Bundes und der Länder: Kulturfinanzbericht 2008, S. 50 ff. Die gedruckte Fassung kann zum Preis von 16,00 Euro (zuzüglich Versandkosten) bestellt werden.

4 In diesem Text wurde beim Bezug auf Einwohnerzahlen die von den Fachstellen verwendete Definition zugrunde gelegt. Diese bezieht sich auf die Bevölkerung an den Bibliotheksstandorten. Bei Bezug auf die gesamte Einwohnerzahl des Landes oder von Landkreisen ergeben sich geringere Werte.

5 Statistische Ämter des Bundes und der Länder: Kulturindikatoren auf einen Blick – Ein Ländervergleich. Ausgabe 2008, S. 18 f. Die gedruckte Fassung kann unter vertrieb@stala.bwl.de zum Preis von 10,00 Euro (zuzüglich Versandkosten) bestellt werden.

6 Öffnungszeiten: Montag bis Donnerstag von 9.00-15.30 Uhr und Freitag von 9.00-12.00 Uhr. Für Recherchen steht der Online-Katalog zur Verfügung.