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Panta rhei (Alles fließt) – Ein Jahresrückblick 2008

»Alles bewegt sich fort und nichts bleibt.« Diese Aussage, die in Ihrem Ursprung auf den griechischen Philosophen Heraklit zurückgeht, trifft über 2 500 Jahre später auch den Kern der amtlichen Statistik in Baden-Württemberg und in Deutschland. Moderne Gesellschaften verändern sich kontinuierlich. Sie sind durch äußerst komplexe Interdependenzen der verschiedenen politischen, wirtschaftlichen und sozialen Bereiche geprägt. Damit steht die amtliche Statistik regelmäßig vor der Herausforderung, sich diesem strukturellen Wandel anzupassen. Ihre Arbeit wird nach wie vor maßgeblich von Themen wie Finanznot sowie Entbürokratisierung bestimmt. Zu dem sich hieraus ergebenden hohen Reformdruck gesellt sich derzeit zusätzlich ein nicht minder hoher Legitimationsdruck, insbesondere durch immer wieder aufkeimende – von Bundesseite ins Spiel gebrachte – Bemühungen und Forderungen nach einer Zentralisierung der amtlichen Statistik in Deutschland, zuletzt vor allem im Rahmen der Föderalismuskommission II. Das Statistische Landesamt Baden-Württemberg ist daher gefordert – noch weit mehr als in den vorangegangenen Jahren – den Nutzwert einer föderalen Statistik mit ihrer hohen landespolitischen und kleinräumig-regionalen Relevanz unter Beweis zu stellen, hierfür zu werben und insbesondere die politischen Entscheidungsträger im Land vom Nutzen und den Vorteilen einer landeseigenen Statistikbehörde zu überzeugen.

Statistische Ergebnisse sind im Bund, in den Ländern sowie auf regionaler und kommunaler Ebene zentrale Orientierungs- und Entscheidungsgrundlagen für Politik und Wirtschaft sowie für jeden einzelnen Bürger. Die hierfür erforderliche Datenqualität muss jedoch von den Statistischen Ämtern der Länder selbst – so wie das Rechnungswesen eines Betriebs – sichergestellt werden.

Reformen sollen Zielkonflikte lösen helfen

Die amtliche Statistik in Deutschland befindet sich mitten in einem weitreichenden Reformprozess. Neue Herausforderungen haben sich aus dem beschleunigten strukturellen Wandel in Wirtschaft und Gesellschaft, aus der Globalisierung und der damit zusammenhängenden wachsenden Europäisierung und Internationalisierung der Statistikanforderungen sowie aus den politischen Zwängen zu Haushaltskonsolidierung und Bürokratieabbau ergeben. Der Bedarf an Informationen wird stetig größer, die Ansprüche der Kunden an die statistischen Produkte und Dienstleistungen wachsen. Gleichzeitig soll aber die Bereitstellung der geforderten Informationen immer weniger kosten und die Befragten immer weiter entlastet werden.

Um diese Zielkonflikte meistern zu können, wird im Statistischen Landesamt Baden-Württemberg seit 2005 jährlich eine Zielvereinbarung zwischen der Amtsleitung und den Abteilungsleitungen abgeschlossen. Aufgrund der begrenzten Ressourcen des Amtes sind eine klare Prioritätensetzung und ein effizienter Einsatz der personellen und finanziellen Mittel wesentliche Voraussetzungen für den Erfolg des Hauses. Die Zielvereinbarung enthält diejenigen Ziele, Strategien und Maßnahmen, mit denen das Statistische Landesamt den notwendigen Reformprozess steuern, gestalten und vorantreiben will, um somit ein effizientes Veränderungsmanagement zu etablieren. In diesem Jahr hat nun auch das baden-württembergische Finanzministerium – die Dienstaufsichtsbehörde des Statistischen Landesamtes – eine Zielvereinbarung verabschiedet. Dass das Finanzministerium dieses erprobte Kommunikations- und Führungsinstrument für seinen gesamten Geschäftsbereich übernommen hat, beruht nicht zuletzt auf den positiven Erfahrungen der Zielvereinbarung im Statistischen Landesamt Baden-Württemberg.

Die Bestrebungen zur Modernisierung und Rationalisierung der amtlichen Statistik sind aber auch vor dem Hintergrund zu sehen, dass dem Statistischen Landesamt Baden-Württemberg nach wie vor immer weniger Personal zur Verfügung steht. Insgesamt hat das Amt seit Beginn der Stellenabbauprogramme im Jahr 1993 bis zum Jahr 2008 netto 188,5 Stellen und damit rund 24 % seines Personalbestandes abgebaut, sodass es heute nur noch über 602,5 Stellen verfügt. Insgesamt betrachtet liegt die Rationalisierungsquote des Amtes damit bei 33,3 %. Dieser Abbau erfolgte trotz eines noch erschwerend hinzukommenden beträchtlichen Aufgabenzuwachses durch neue EU- und Bundesstatistiken.

Ein unverzichtbarer Informationsdienstleister

Im Rahmen seiner Zielvereinbarungen hat das Statistische Landesamt Baden-Württemberg in den vergangenen Jahren konsequent die Erhöhung des Kundennutzens als zentrales Ziel vorangetrieben. So stand auch im Jahr 2008 wieder das Thema Kundenorientierung im Mittelpunkt. Kundenorientierung heißt dabei, sowohl die Ergebnisse der amtlichen Statistik für das Land Baden-Württemberg so nutzbar zu machen, dass sie die Bedürfnisse der Kunden erfüllen und dadurch ein entsprechend hoher Zufriedenheitsgrad erreicht wird, als auch, die vorhandenen Informationsangebote nachhaltig bekannt zu machen, um gleichzeitig in der Öffentlichkeit einen hohen Wahrnehmungsgrad zu realisieren. Das Selbstverständnis des Hauses ist es, ein moderner Informationsdienstleister und Wissensvermittler für das Land zu sein. In besonderem Maße orientiert sich das Informationsangebot des Statistischen Landesamtes Baden-Württemberg an denjenigen Themen, die den aktuellen gesellschaftlichen Diskurs im Land und damit den Datenbedarf der Öffentlichkeit bestimmen.

Die sich ständig verändernden Rahmenbedingungen erforderten im Jahr 2008 eine Überarbeitung und Neuausrichtung des hauseigenen Marketingkonzepts, das erstmals bereits im Jahr 2001 aufgestellt wurde. In ihm sind die zur Erreichung der definierten Marketing-Ziele notwendig erachteten Strategien und Maßnahmen für die einzelnen Produkte und Dienstleistungen des Hauses festgelegt. Maßnahmen zur Erhöhung des Kundennutzens und zur Verbesserung der Kundenzufriedenheit stehen dabei im Vordergrund. Darüber hinaus müssen die Produktion von Veröffentlichungen und die Umsetzung von Marketingmaßnahmen aber auch unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten erfolgen.

Internet als wichtigste Informationsquelle

Im Jahr 2008 wurden Medien und Öffentlichkeit wieder mit 450 Pressemitteilungen – dem zentralen Medium der Pressearbeit – sachlich, neutral und unabhängig über neueste statistische Ergebnisse informiert. Demografische und wirtschaftliche Fragestellungen bildeten dabei den Schwerpunkt und lieferten wieder Schlagzeilen und Fakten für die aktuelle Diskussion. Im Rahmen von 13 Pressekonferenzen wurden wesentliche Daten und Informationen zu aktuellen politischen und gesellschaftlichen Themen präsentiert. Die Medien – insbesondere die Tagespresse, aber auch Hörfunk und Fernsehen – sind nach wie vor äußerst wichtige Multiplikatoren für die Verbreitung aktueller statistischer Informationen und damit eine wesentliche Zielgruppe der amtlichen Statistik.

Das zentrale Informationsmedium mit dem breitesten Informationsspektrum ist jedoch das Internetangebot des Statistischen Landesamtes Baden-Württemberg. Rund 28 000 Seitenabrufe täglich – das waren über 10 Millionen im Jahr 2008 – zeigen, dass die Website des Amtes zu einer zentralen Informationsplattform geworden ist. Im Sinne der informationellen Grundversorgung werden alle Zielgruppen des Hauses jederzeit erreicht, die breite Öffentlichkeit ebenso wie fachspezifische Nutzer oder Multiplikatoren. Im Verlauf der letzten Jahre ist die Zahl der Internetseiten dabei stetig gestiegen. Auch 2008 erweiterte das Statistische Landesamt wieder das Informationsangebot von www.statistik-bw.de. So steht mit dem neuen »Demografie-Spiegel« erstmals ein Informationsangebot zur Analyse des demografischen Wandels für alle 1 109 Gemeinden in Baden-Württemberg zur Verfügung. Dieser Demografie-Spiegel wurde im Auftrag der Staatsrätin für Demografischen Wandel und für Senioren im Staatsministerium Baden-Württemberg vom Statistischen Landesamt erstellt und findet in der Öffentlichkeit sehr großes Interesse.

Das Statistische Landesamt hat zudem sein Internetangebot um über 100 Indikatoren zu den wichtigsten Themenbereichen aus Wirtschaft und Gesellschaft ausgedehnt. Das Internetportal »Familienfreundliche Kommune«, als Anlaufpunkt für Kommunen in Baden-Württemberg, die ihre Familienfreundlichkeit weiter verbessern wollen, bietet seit dem letzten Jahr ein erweitertes und neu strukturiertes Informationsangebot. Newsletter zu Pressemitteilungen, Statistischen Berichten und Familienfreundlicher Kommune sowie für Kommunen und für die Wissenschaft informieren wichtige Kundengruppen des Hauses über Neues und Wissenswertes.

Die Zahl der Newsletter-Abonnenten erreichte zum Ende des Jahres mit rund 8 600 einen neuen Höchststand. Die laufende Ausweitung des Internetangebots erfordert mit der Zeit jedoch ein Überdenken seiner Strukturen und Inhalte, sodass das Statistische Landesamt im Jahr 2009 plant, seinen Internetauftritt zu überarbeiten und neu auszurichten.

Veröffentlichungsschwerpunkte

Obwohl das Statistische Landesamt Baden-Württemberg dazu übergegangen ist, sein Datenmaterial verstärkt elektronisch und damit kundenfreundlich und kostensparend zur Verfügung zu stellen, werden nach wie vor viel beachtete Analysen auch in Form klassischer Printprodukte vorgelegt. Großes Interesse fanden im Jahr 2008 zum Beispiel

  • die Studie zur Gesundheitsökonomie in Baden-Württemberg (im Auftrag des Ministeriums für Arbeit und Soziales Baden-Württemberg),
  • der Forschungs- und Entwicklungsmonitor Baden-Württemberg,
  • der Monitor Familienforschung (im Auftrag des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend),
  • der quartalsweise erscheinende Kurzreport »Familien in Baden-Württemberg« in Abänderung der bisherigen Familienberichterstattung (im Auftrag des Ministeriums für Arbeit und Soziales Baden-Württemberg),
  • die Neuauflage der Broschüre »Statistik Kommunal«,
  • der Innovationsindex 2008,
  • das Themenheft »Sonderpädagogische Förderung« (in Zusammenarbeit mit dem Landesinstitut für Schulentwicklung),
  • die Gemeinschaftsveröffentlichung der Statistischen Ämter des Bundes und der Länder »Kulturindikatoren auf einen Blick – Ein Ländervergleich«,
  • die trinationale Gemeinschaftsveröffentlichung für die Region Oberrhein,
  • der wieder zum Jahresende herausgebrachte Standortbericht Baden-Württemberg (gefördert durch die Landesstiftung Baden-Württemberg),
  • die Wirtschafts- und Sozialentwicklung 2008,
  • das Statistische Monatsheft Baden-Württemberg, mit seinen vielfältigen Analysen sowie
  • das Statistische Taschenbuch 2008, als universelles Nachschlagewerk.

In direktem Kontakt mit den Kunden

Auch im Jahr 2008 hat das Statistische Landesamt Baden-Württemberg wieder die verschiedensten Möglichkeiten genutzt, um vor Ort direkt mit einer interessierten Öffentlichkeit in Kontakt zu kommen. So ist das Amt schon seit vielen Jahren auf Messen und Kongressen vertreten, um den Besucherinnen und Besuchern die Informationsangebote der amtlichen Statistik zu präsentieren.

Auf der Messe »DIDACTA«, einem Informationsforum für alle, die mit Bildung zu tun haben, konnten sich zum Beispiel insbesondere Lehrerinnen und Lehrer über den Einsatz von Statistiken im Unterricht informieren. Aber auch auf der Messe »Pflege & Reha«, der »Zukunft Kommune«, der Leipziger Buchmesse, den baden-württembergischen Abfalltagen sowie den Stuttgarter und Karlsruher Buchwochen war das Statistische Landesamt präsent.

Eine weitere Möglichkeit, das Statistische Landesamt mit seinem Informationsangebot sowie seinen Produkten und Dienstleistungen im Land zu präsentieren sind Vortragsveranstaltungen. In 25 Vorträgen allein durch die Präsidentin sowie einer Vielzahl weiterer Vorträge durch verschiedenste Fachvertreter des Amtes konnten fast 10 000 Zuhörerinnen und Zuhörer über die Ergebnisse und den Nutzen der amtlichen Statistik informiert werden.

Vielfältige Erfahrungen mit der Beratung von Politik, Kommunen und Unternehmen hat die FamilienForschung Baden-Württemberg (FaFo). Die FaFo ist deutschlandweit eine einzigartige Einrichtung in einem Statistischen Landesamt. Sie wurde vor mehr als 25 Jahren gegründet und veröffentlicht regelmäßig Beiträge zu allen aktuellen Fragestellungen rund um den Themenkreis Familie in der Gesellschaft. Bislang 30 »Zukunftswerkstätten Familienfreundliche Kommune«, »Zukunftsforen Familie, Kinder & Kommune« sowie »RegioKonferenzen zur Familienfreundlichkeit« mit insgesamt mehr als 2 000 Teilnehmerinnen und Teilnehmern tragen zu einer stärkeren Verbreitung kinder- und familienfreundlicher Aktivitäten in den Gemeinden, Städten, Kreisen und Regionen des Landes bei. In einem weiteren Projekt unterstützt das »Kompetenzzentrum Beruf & Familie BW« baden-württembergische Unternehmen darin, die Vorteile einer familienbewussten Personalpolitik für sich zu nutzen. Diese Arbeiten der FaFo werden vom Ministerium für Arbeit und Soziales gefördert.

Dem nunmehr 13. Schülerwettbewerb des Statistischen Landesamtes »Baden-Württemberg – Partner Europas« an den Haupt- und Realschulen sowie den Gymnasien des Landes mit Fragen rund um das Thema Europa und Baden-Württemberg gelang es wieder über 2 200 Schülerinnen und Schüler im Land zur Teilnahme zu animieren – und damit auch auf diesem Weg die Informationen des Statistischen Landesamtes in die Öffentlichkeit zu transportieren.

Immer wieder informieren sich Delegationen aus dem Ausland – insbesondere aus China – vor Ort über den Stand und die Methoden der amtlichen Statistik in Baden-Württemberg. Erstmals konnte die Präsidentin des Statistischen Landesamtes im Jahr 2008 eine gemeinsame Delegation aus Ägypten, Jordanien und Israel begrüßen.

Nicht zuletzt war es der zentrale Auskunftsdienst des Hauses, der allen Bürgern offen steht, der im Laufe des Jahres durch viele Tausend Anfragen im Direktkontakt mit den Kunden den Nutzen der amtlichen Statistik manifestierte.

Mikrodaten für die Wissenschaft

Da der Bedarf an Daten auch seitens der Wissenschaft und Forschung ständig zunimmt, stellte sich in den vergangenen Jahren immer mehr die Frage, wie die bestehende informationelle Infrastruktur in Deutschland diesem stetig wachsenden Bedarf gerecht werden kann. Seit 2002 wird von den Statistischen Landesämtern daher ein Forschungsdatenzentrum (FDZ) betrieben. Dadurch wurde eine neue fachliche, organisatorische und technische Infrastruktur geschaffen, mit welcher der Wissenschaft ein verbesserter Zugangsweg zu den Einzeldaten (Mikrodaten) der amtlichen Statistik offeriert werden konnte.

In jedem Statistischen Landesamt ist im Rahmen einer Arbeitsgemeinschaft ein regionaler FDZ-Standort eingerichtet (Übersicht). Mittlerweile stehen Mikrodaten aus über 60 Statistiken für wissenschaftliche Forschungsvorhaben zur Verfügung (Schaubild). Darüber hinaus wird das vorhandene Analysepotenzial durch Verknüpfung der Datenbestände aus verschiedenen Statistiken sowie Längsschnittverknüpfungen erhöht. Das Daten- und Dienstleistungsangebot wird jedoch kontinuierlich und nutzerorientiert weiterentwickelt. Am regionalen Standort Stuttgart, dessen fachliche Zuständigkeit im Bereich der Umwelt- und Baugewerbestatistiken liegt, werden derzeit 6 Forschungsprojekte mit diesem Schwerpunkt sowie weitere 15 Projekte anderer Fachrichtungen betreut. Das FDZ wird als Pilotprojekt bis Ende 2009 durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung gefördert, wobei eine dauerhafte Etablierung des FDZ angestrebt wird.

Ein Zensus im Jahr 2011

Das Statistische Landesamt Baden-Württemberg betreibt eine aktive Öffentlichkeitsarbeit, denn wer die vielfältigen Leistungsangebote der Statistik kennt, ist eher bereit, sich an statistischen Erhebungen zu beteiligen. Auch für eines der zentralen Projekte der amtlichen Statistik in den nächsten Jahren – den Zensus 2011, das heißt die EU-weite Volks-, Gebäude- und Wohnungszählung – wird eine aktive Presse- und Öffentlichkeitsarbeit mit einer professionellen, allen Interessengruppen gerecht werdenden Kommunikationsstrategie eine zentrale Voraussetzung sein.

Für Deutschland ist dies die erste bundesweite Volks- und Wohnungszählung seit der Wiedervereinigung. Die letzte Volkszählung fand im früheren Bundesgebiet 1987 und in der ehemaligen DDR 1981 statt. Die Vorbereitungen für den Zensus 2011, mit dem auch eine Vielzahl von tief greifenden Reformen und Neuerungen in methodischer und organisatorischer Hinsicht verbunden sind, haben im Jahr 2008 an Fahrt aufgenommen. So wurden die rechtlichen Grundlagen seitens der Europäischen Union verabschiedet. Die EU-Verordnung vom 9. Juli 2008 verpflichtet alle Mitgliedsstaaten der Europäischen Union dazu, Daten für einen festgelegten Katalog von Merkmalen für das Jahr 2011 zu liefern.

Das Jahr 2008 war darüber hinaus geprägt von der Erarbeitung der fachlichen Vorgaben für den Entwurf eines Zensusanordnungsgesetzes, das die Grundlage für die Durchführung des Zensus in Deutschland bildet. Der Zensus 2011 wird erstmals nach einem in weiten Teilen registergestützten Verfahren durchgeführt. Dabei werden vorhandene Verwaltungsregister, wie zum Beispiel die Melderegister der Kommunen, genutzt. Zur Sicherung der Qualität der Ergebnisse und zur Gewinnung der Daten, für die keine Register verfügbar sind, wird es ergänzend eine Haushaltsbefragung bei bundesweit bis zu 10 % der Bevölkerung geben. Außerdem ist eine postalische Gebäude- und Wohnungszählung vorgesehen, zu deren Durchführung in einem ersten Schritt nun mit dem Aufbau des Anschriften- und Gebäuderegisters begonnen wurde.

»Einer für alle«

Auch wenn die Kundenorientierung und der Kundennutzen derzeit im Fokus der Aktivitäten stehen, bedeutet das nicht, dass die anderen Ziele des Statistischen Landesamtes Baden-Württemberg an Bedeutung verlieren. Ein Ziel energisch verfolgen heißt nicht, die anderen zu lassen, sodass Wirtschaftlichkeit, Entlastung der Berichtspflichtigen sowie Motivation und Qualifizierung der Beschäftigten nach wie vor mit der notwendigen Energie weiter verfolgt werden. Diese Ziele finden sich in ihren wesentlichen Ausprägungen auch im »Masterplan zur Reform der amtlichen Statistik Deutschland«, der im Februar 2003 von den Statistischen Ämtern des Bundes und der Länder verabschiedet wurde. Dieser Masterplan ist ein strategisches Programm, das die gemeinsamen Modernisierungsaktivitäten steuert und die Effizienz des statistischen Systems steigern soll. Der Masterplan enthält unter anderem folgende Zielsetzungen:

  • Intensivierung einer länderübergreifenden Arbeitsteilung,
  • Standardisierung der Arbeitsprozesse,
  • Ausbau der Online-Datenlieferungen,
  • Entlastung der Berichtspflichtigen sowie ein
  • länderübergreifendes Benchmarking.

Ein Meilenstein dieses Masterplans ist die Ausweitung der arbeitsteiligen Kooperation nach dem Prinzip »Einer für alle«. Im Rahmen der Zentralisierung von IT-Produktion und Datenhaltung (ZPD) agiert dabei ein Landesamt für die IT-Produktion einer bestimmten Statistik als »Host«, während alle anderen Landesämter die dort bereitgestellte Software und IT-Infrastruktur nutzen, um ihre Aufbereitungsarbeiten durchzuführen. Von Baden-Württemberg wird das Verfahren mDAMAST angeboten, welches für andere Landesämter eine zentrale DV-Anwendungsbetreuung und -Aufbereitung für sämtliche Baustatistiken ermöglicht. Mittlerweile werden alle 12 Baustatistiken für alle Bundesländer zentral in Baden-Württemberg produziert.

Umgekehrt lässt das Statistische Landesamt Baden-Württemberg 49 Statistiken in anderen Bundesländern erstellen, sodass derzeit insgesamt 61 Statistiken zentral produziert werden. Es laufen jedoch Planungen für eine weitere Zentralisierung der Statistikproduktion. Dabei wird angestrebt, künftig alle Statistiken, bei denen eine zentrale Produktion möglich und wirtschaftlich ist, zentral zu produzieren. Dieses neue Organisationsmodell ist zukunftsweisend für die föderale Organisation und die wirtschaftliche Durchführung der Statistiken und hat Modellcharakter für eine erfolgreiche Verwaltungsmodernisierung im föderalen System.

Lernen vom Besten

Ansatzpunkte für weitere Optimierungen im Bereich der Statistikproduktion erwartet sich die amtliche Statistik von einem länderübergreifenden Benchmarking, das unter der Federführung Baden-Württembergs steht. Im Sinne eines geforderten »Lernens vom Besten« soll das Benchmarking Anregungen geben, die Methoden und Verfahrensweisen der »Besten« zu prüfen und im Rahmen der vorhandenen Möglichkeiten zu übernehmen, um den Aufwand des eigenen Amtes zu verringern. Das Benchmarking dient als Steuerungsinstrument für effektivere Produktionsmethoden, für eine eigenständige Optimierung von Geschäftsprozessen und damit zur Verbesserung der Wirtschaftlichkeit der amtlichen Statistik.

Grundsätzlich sollen die 20 aufwendigsten Statistiken länderübergreifend verglichen werden. Da aus Wirtschaftlichkeitsgründen jedoch gleichzeitig lediglich etwa 6 bis 8 Statistiken bearbeitet werden können und die Vergleichsdauer 4 bis 5 Jahre umfassen muss, um auch Entwicklungen darstellen zu können, wurde ein rollierendes System implementiert, bei dem die ressourcenträchtigsten Statistiken periodisch dem Benchmarking unterliegen. Bislang wurden 10 Statistiken unter Beteiligung von bis zu 12 Landesämtern länderübergreifend verglichen. Das Statistische Landesamt Baden-Württemberg liegt im Ländervergleich nach wie vor überwiegend auf vorderen Positionen.

Ziel hauseigener Organisationsuntersuchungen, die das Statistische Landesamt Baden-Württemberg in Eigeninitiative durchführt, ist es, die Arbeitsabläufe in Zusammenarbeit mit den jeweiligen Organisationsbereichen zu optimieren. Davon verspricht sich das Amt einen wichtigen Beitrag zur Effizienzsteigerung in allen seinen Bereichen und mittelfristig eine gerechtere Aufgabenverteilung und Belastung der Beschäftigten.

Entlastung der Berichtspflichtigen

Der medienbruchfreie, durchgängig IT-gestützte statistische Produktionsprozess von den Datenlieferanten bis hin zur Erstellung statistischer Informationsprodukte mit dem Ziel einer nachhaltigen Effizienzsteigerung sowie der Entlastung der Berichtspflichtigen ist ein zentrales Anliegen der amtlichen Statistik und insbesondere des Statistischen Landesamtes Baden-Württemberg. Daher gehören Online-Erhebungen über Internet schon seit Jahren zum Instrumentarium der amtlichen Statistik. Die Online-Statistik ist eine Maßnahme, die wesentlich zur Entbürokratisierung, zur Entlastung von Unternehmen, Betrieben, öffentlichen Einrichtungen und Privathaushalten und zur Rationalisierung der statistischen Aufbereitung sowie zum effizienteren Ressourceneinsatz beiträgt.

Seit 2003 können meldepflichtige Betriebe und Personen bei inzwischen 70 Statistiken ihre Daten via Internet an das Statistische Landesamt schicken. Bei einigen Erhebungen, wie zum Beispiel dem Monatsbericht im Verarbeitenden Gewerbe, der monatlichen Produktionserhebung oder der Schuldenstandserhebung werden sogar Spitzenwerte von über 60 % erreicht. Aber auch bei vielen anderen Statistiken ist mit Beteiligungsquoten von über 40 % die Wirtschaftlichkeitsschwelle deutlich überschritten. Damit liegt Baden-Württemberg bundesweit mit an der Spitze. Insgesamt sind im Verlauf des Jahres 2008 rund 250 000 Internetmeldungen eingegangen, 2007 lag der Wert noch bei 200 000 Meldungen. Das Statistische Landesamt Baden-Württemberg wirbt nach wie vor intensiv darum, dass noch mehr Betriebe die Vorteile der Meldung über Internet nutzen.

Da eine verstärkte Nutzung von Verwaltungsdaten eine weitere wirkungsvolle Entlastungsmaßnahme darstellt, war auch dies im Jahr 2008 ein wichtiges Anliegen des Statistischen Landesamtes. So wurde die Handwerksberichterstattung ab dem ersten Berichtsquartal 2008 von einer Direktbefragung bei 4 500 Unternehmen im Land komplett auf die Auswertung von Verwaltungsdaten umgestellt. Weiterhin erscheint es denkbar, dass die Direktbefragung bei den Monatserhebungen im Kfz-Handel und im Großhandel durch »Mixmodelle« mit einer Primärerhebung von großen Einheiten und der Verwendung von Verwaltungsdaten für kleine und mittlere Unternehmen abgelöst werden kann. Die Zahl der befragten Einheiten (2 000) würde sich durch die Mixmodelle halbieren. Voraussetzung für eine wirklich optimale Nutzung der Verwaltungsdaten ist jedoch grundsätzlich deren »Ertüchtigung«, wobei ein entscheidender Ansatzpunkt für eine weit bessere Nutzung von Verwaltungsdaten in Deutschland die Einführung einer einheitlichen Wirtschafts-Identifikationsnummer sein wird.

Im Jahr 2008 wurden auch die Landwirte in Baden-Württemberg von einer weiteren statistischen Auskunftspflicht entlastet. Das Europäische Statistikamt hat grünes Licht für die statistische Nutzung von »HIT« (Herkunfts- und Informationssystem Tier) gegeben. HIT ist ein umfassendes Datenbanksystem, das im Zuge der BSE-Krise aufgebaut wurde und mit dem der Lebenslauf jedes einzelnen Rindes nachverfolgt werden kann. Durch diese Neuregelung werden rund 13 000 Landwirte im Land von der Angabe der Rinderbestände entlastet. Nach der bereits seit Längerem praktizierten Statistiknutzung von Verwaltungsdaten aus dem InVeKoS-System (Integriertes Verwaltungs- und Kontrollsystem) ist dies ein weiterer großer Schritt zur Entlastung der Landwirte von Statistikpflichten.

Förderung von Motivation und Qualifikation der Beschäftigten

Die tief greifenden Veränderungsprozesse in der amtlichen Statistik beeinflussen nachhaltig alle Arbeitsbereiche. Damit unterliegen auch die Ausgestaltung der Arbeitsplätze sowie die Arbeitswelt der Beschäftigten im Statistischen Landesamt dem stetigen Wandel und stellen die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter vor immer neue Herausforderungen. Deshalb ist die Förderung der Qualifikation und Motivation der Beschäftigten eines der zentralen Ziele des Amtes, das von Anfang an auch in der Zielvereinbarung des Hauses verankert wurde. Um diesen Entwicklungen Rechnung zu tragen, vor allem aber, um die damit verbundenen Chancen für die Beschäftigten aufzuzeigen, wurde systematisch mit der Erarbeitung von Personalentwicklungskonzepten begonnen. Das erste im Jahr 2007 richtete sich an die Nachwuchsführungskräfte im höheren Dienst. Im Jahr 2008 folgte nun ein Konzept für die Laufbahngruppe des gehobenen Dienstes. Das Personalentwicklungskonzept für den mittleren Dienst folgt in absehbarer Zeit. Eine solch systematische Vorgehensweise bei der Personalentwicklung ist einmalig in der gesamten baden-württembergischen Landesverwaltung sowie im Statistischen Verbund.

Durch Fortbildungs- und Qualifizierungsangebote ist das Amt bestrebt, alle seine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter kontinuierlich und ihren Bedürfnissen entsprechend zu qualifizieren. In Anknüpfung an die Personalentwicklungskonzepte wurde 2008 daher ein Fortbildungskonzept entwickelt und verabschiedet, mit dem ein erster Schritt in Richtung einer ganzheitlichen, aufeinander abgestimmten Fortbildung für die Beschäftigten der Dienststelle unternommen wird.

Mit der Einführung eines Gesundheitsmanagements, das für alle Behörden der Landesverwaltung Baden-Württembergs vorgesehen ist, soll die Gesundheit der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gefördert und die Mitarbeiterzufriedenheit erhöht werden. Ziel ist es unter anderem, mit unterschiedlichsten Maßnahmen eine Verbesserung der Lebensqualität am Arbeitsplatz zu erreichen und mit Hilfe von Beratungsangeboten Erkrankungen frühzeitig zu erkennen. Dadurch kann der Gefahr eines chronischen Krankheitsverlaufs vorgebeugt werden.

Aber auch Aktivitäten wie eine jährlich kurz vor Weihnachten erscheinende Hauszeitung mit vielfältigen und gut aufgemachten Informationen zum Dienstgeschehen oder die Ausrichtung der Deutschen Fußballmeisterschaft der Statistischen Ämter des Bundes und der Länder unter der Schirmherrschaft des baden-württembergischen Ministerpräsidenten leisten ihren Beitrag zur Identifikation und Motivation der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Statistischen Landesamtes Baden-Württemberg.

Auch wenn das Amt gezwungen ist, mit immer weniger Menschen immer anspruchsvollere Aufgaben zu bewältigen, war es im vergangenen Jahr nach wie vor bestrebt, seine Leistungsfähigkeit sowie die Qualität und Aktualität seiner Produkte und Dienstleistungen kontinuierlich zu steigern. Dies nicht zuletzt auf der Basis der Qualitätskriterien des »Code of Practice«, dem Verhaltenskodex für europäische Statistiken. Das Statistische Landesamt Baden-Württemberg hat gelernt, mit jeglicher Art von Druck erfolgreich umzugehen und innovativ in seinen Veränderungs- und Reformprozess aufzunehmen. »Alles fließt«, auch im Statistischen Landesamt!