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Im Jahr 2007 wurden 123 700 Personen in Baden-Württemberg vor Gericht schuldig gesprochen

Im Jahr 2007 nahm die Zahl der Verurteilten im Vergleich zum Vorjahr um 1 900 Personen bzw. 1,6 % zu. Vor allem bei den Jugendlichen war – trotz rückläufiger Einwohnerzahl in dieser Altersgruppe – ein deutlicher Zuwachs zu verzeichnen. Der Anteil der Frauen an der gerichtlich registrierten Kriminalität erreichte seinen bisherigen Höchststand, jedoch richtete sich insgesamt nicht einmal jeder fünfte Schuldspruch gegen eine Frau. Der Anteil der ausländischen Verurteilten an den insgesamt Verurteilten stieg nach seinem Tiefststand im Jahr 2006 geringfügig an. Die Verurteiltenhäufigkeit lag bei der Altersgruppe der Heranwachsenden mit Abstand am höchsten. Jeder 28. Heranwachsende wurde im Jahr 2007 vor einem Gericht schuldig gesprochen.

Insgesamt hatten sich im Jahr 2007 in Baden-Württemberg 145 200 Personen in Strafverfahren vor den Gerichten im Land zu verantworten. Wie in den Jahren zuvor endeten rund 85 % aller Strafverfahren für die Angeklagten mit einer rechtskräftigen Verurteilung. In den restlichen rund 21 500 Fällen wurden die Strafverfahren entweder durch Einstellung, Freispruch oder sonstige Entscheidungen wie zum Beispiel der Anordnung von Maßnahmen der Besserung und Sicherung abgeschlossen.

Grundsätzlich kann die Zahl der gerichtlichen Verurteilungen durch eine ganze Reihe von Faktoren beeinflusst werden. Dazu zählen unter anderem die Bevölkerungsentwicklung, mögliche Änderungen im Anzeigeverhalten, der Erfolg der Ermittlungsbehörden und der Projekte der Kriminalprävention sowie mögliche Änderungen der gesetzlichen Rahmenbedingungen und/oder der Sanktionierungspraxis der Gerichte und Staatsanwaltschaften. In der Strafverfolgungsstatistik nicht berücksichtigt sind die Fälle, in denen es nach Einstellung des Ermittlungsverfahrens gar nicht erst zu einer Anklage gekommen ist, sowie eine nicht quantifizierbare Dunkelziffer nicht bekannt gewordener oder nicht aufgeklärter Straftaten.

Gerichtlich verurteilt wurden in Baden-Württemberg 2007 insgesamt rund 123 700 Personen, das waren 1,6 % mehr als im Vorjahr. Dennoch blieb die Zahl der Verurteilungen im Jahr 2007 um rund 1 600 unter dem bisherigen Höchststand von 125 300 im Jahr 2004. Die Verurteiltenhäufigkeit insgesamt stieg im Jahr 2007 um 1,2 % nur leicht auf 1 339 Verurteilte je 100 000 strafmündige Einwohner im Alter von mindestens 14 Jahren an und entwickelte sich entlang dem während der letzten 10 Jahre zu beobachtenden Trend, der stets zwischen rund 1 300 und 1 400 Verurteilten je 100 000 Einwohner im strafmündigen Alter verlief (Schaubild 1).

Fast 10 % mehr Schuldsprüche gegen Jugendliche

Unter den im Jahr 2007 insgesamt 123 700 Verurteilten waren

Erwachsene im Alter von mindestens 21 Jahren81,3 %
Heranwachsende im Alter von 18 bis unter 21 Jahren11,0 %
Jugendliche im Alter von 14 bis unter 18 Jahren7,7 %

Die Zahl der gerichtlich Verurteilten hat in diesem Jahr zwar in allen drei Altersgruppen zugenommen, jedoch fiel im Vergleich zum Jahr 2006 die Zunahme bei den Jugendlichen mit 9,5 % am stärksten aus. Mit einem Anstieg von 2,2 % folgte die Gruppe der Heranwachsenden und die der Erwachsenen mit 0,8 %. Die deutliche Zunahme der Schuldsprüche gegen Jugendliche ist vor allem deshalb bemerkenswert, weil in dieser Altersgruppe die Zahl der Einwohner im Land zurückgegangen ist. Folglich hat die Verurteiltenhäufigkeit im Jahr 2007 bei den Jugendlichen im Vergleich zum Vorjahr 2006 mit 10,9 % stärker zugenommen als die Verurteiltenzahl. Somit ist die deutliche Zunahme bei den Verurteiltenzahlen innerhalb der Altersgruppe der Jugendlichen nicht auf die demografische Entwicklung zurückzuführen (Tabelle 1).

Anders verhält es sich bei den Altersgruppen der Heranwachsenden und der Erwachsenen. Hier ist die Einwohnerzahl im Jahr 2007 gestiegen, die Verurteiltenhäufigkeit nahm bei den Erwachsenen daher nur leicht um 0,5 % zu, bei den Heranwachsenden ging sie sogar um 0,6 % zurück. Im Rückblick der letzten 10 Jahre lag die Verurteiltenhäufigkeit bei den Jugendlichen im Jahr 2007 um 14,9 % höher als noch im Jahr 1998. Dagegen hat sie in demselben Zeitraum bei den Heranwachsenden um 5,1 % und bei den Erwachsenen um 7,9 % abgenommen (Schaubild 2).

Jeder 28. Heranwachsende wurde schuldig gesprochen

Die Verurteiltenhäufigkeit war im Jahr 2007 mit 3 559 Schuldsprüchen je 100 000 gleichaltrige Einwohner bei der Altersgruppe der Heranwachsenden mit Abstand am höchsten. Auf nahezu 381 400 Einwohner im Alter von 18 bis unter 21 Jahren kamen rund 13 600 heranwachsende Verurteilte. Das bedeutet, dass jeder 28. Heranwachsende bzw. 3,6 % aller in Baden-Württemberg lebenden Heranwachsenden vor einem Gericht schuldig gesprochen wurde.

Bei den Jugendlichen betrug die Verurteiltenziffer 1 907, hier entfielen im Jahr 2007 auf die rund 499 800 Einwohner im Alter von 14 bis unter 18 Jahren insgesamt rund 9 500 verurteilte Jugendliche. Anders ausgedrückt wurde demnach jeder 52. Jugendliche bzw. 1,9 % aller baden-württembergischen Einwohner im jugendlichen Alter verurteilt.

Die Verurteiltenhäufigkeit bei den Erwachsenen im Alter von mindestens 21 Jahren lag bei 1 204. Von der annähernd 8 353 900 Personen zählenden erwachsenen Bevölkerung in Baden-Württemberg wurden im Jahr 2007 rund 100 600 vor Gericht schuldig gesprochen, was jedem 83. Erwachsenen bzw. einem Anteil von 1,2 % entspricht (siehe i-Punkt).

Über 18 % der Verurteilten waren Frauen

Frauen sind in einem weitaus geringeren Umfang an der gerichtlich registrierten Kriminalität beteiligt als Männer. 2007 wurden von den insgesamt 123 700 rechtskräftig verurteilten Personen rund 82 % Männer, aber nur gut 18 % Frauen verurteilt. Damit richtete sich nicht einmal jeder fünfte Schuldspruch gegen eine Frau. Die Zahl der verurteilten Frauen lag im Jahr 2007 allerdings um 1 100 höher als im Vorjahr, was einem Anstieg von rund 5 % entspricht. Der Anteil der Frauen an den Verurteilten erreichte 2007 allerdings seinen bisherigen Höchststand. Bemerkenswert ist, dass die im Jahr 2007 um insgesamt rund 1 900 höhere Zahl an Verurteilungen im Vergleich zum Vorjahr zu knapp 58 % auf die höhere Zahl verurteilter Frauen zurückzuführen ist.

Knapp 26 % der Verurteilten mit ausländischer Staatsangehörigkeit

Im Jahr 2007 waren unter den insgesamt 123 700 vor Gericht Verurteilten rund 32 100 Angeklagte mit ausländischer Staatsangehörigkeit, was – verglichen mit dem Jahr 2006 – einem Zuwachs von 2,2 % entspricht. Die Zahl der deutschen Verurteilten stieg im Vergleich zum Vorjahr ebenfalls an, und zwar um 1,4 %. Erstmals seit dem Jahr 1993 entwickelte sich im Jahr 2007 die Zahl der Verurteilten mit einer ausländischen Staatsangehörigkeit wieder etwas ungünstiger als die der deutschen Verurteilten. Der Anteil der ausländischen Verurteilten an den insgesamt Verurteilten stieg nach dem Tiefststand des Jahres 2006 geringfügig auf 25,9 % an. Sowohl bei den Verurteilten mit deutscher als auch mit ausländischer Staatsangehörigkeit nahm in der Altersgruppe der Jugendlichen die Zahl der Verurteilungen im Jahr 2007 mit 8,6 % bei den deutschen und 13,2 % bei den ausländischen Jugendlichen deutlich zu, obwohl die Einwohnerzahl bei den deutschen und ausländischen Jugendlichen in Baden-Württemberg rückläufig war (Tabelle 2).

Weniger als 5 % aller Verurteilten mussten Gefängnisstrafe antreten

Unter den insgesamt 123 700 Schuldsprüchen im Jahr 2007 wurden

Geldstrafen73 %
Freiheits- und Jugendstrafen (mit oder ohne Bewährung)16 %
Zuchtmittel (zum Beispiel Verwarnungen, Jugendarrest, Erziehungsmaßregeln)11 %

auferlegt.

Von den insgesamt 19 900 Strafen mit Freiheitsentzug wurden allerdings rund 14 100 auf Bewährung ausgesetzt, sodass letztlich rund 5 800 Verurteilte bzw. knapp 5 % aller Verurteilten nach dem Schuldspruch eine Gefängnisstrafe in Form einer Freiheits- oder Jugendstrafe antreten mussten. Dies waren im Jahr 2007 fast 250 Personen weniger als im Vorjahr.

Unter den 19 900 Freiheits- und Jugendstrafen mit oder ohne Bewährung blieb das Strafmaß zu 91 % bei unter 2 Jahren. Dabei belief sich das ausgesetzte Strafmaß in den meisten Fällen zu 72 % auf unter einem Jahr. In 19 % der Fälle wurde ein Freiheitsentzug zwischen einem und unter 2 Jahren festgesetzt. 8 % der rechtskräftig verurteilten Personen wurden zu einer Freiheitsstrafe zwischen 2 und 5 Jahren und lediglich noch 1 % zu einer Freiheitsstrafe von mehr als 5 Jahren verurteilt.

Die meisten Verurteilungen wurden im Jahr 2007 wegen Vermögensstraftaten ausgesprochen. Auf diese Deliktgruppe entfielen in allen Altersgruppen nahezu 42 % aller Schuldsprüche. Mit 26 % folgten die Straßenverkehrsdelikte, mit 15 % die Straftaten gegen die Person (außerhalb des Straßenverkehrs) und mit 7 % die Drogendelikte. Die restlichen 10 % der Verurteilungen betrafen alle übrigen Straftaten. Die Entwicklung der Verurteiltenzahlen innerhalb der einzelnen Straftaten- und Altersgruppen war dabei jedoch sehr uneinheitlich. Innerhalb der genannten häufigsten Deliktgruppen war insbesondere eine Zunahme an Schuldsprüchen wegen Betrugs und Untreue um 8,2 % sowie wegen Körperverletzung um 5,4 % zu verzeichnen. Im Gegensatz dazu gab es im Jahr 2007 vor Gericht weniger Schuldsprüche wegen Verkehrsstraftaten (−1,4 %) und Drogendelikten (−4,7 %).

Verurteiltenhäufigkeit

Die Verurteiltenhäufigkeit insgesamt ist die Zahl der insgesamt Verurteilten bezogen auf 100 000 Einwohner der baden-württembergischen Bevölkerung im strafmündigen Alter ab 14 Jahren. Die Verurteiltenhäufigkeit bei Jugendlichen bezieht die Zahl der verurteilten Jugendlichen auf 100 000 Einwohner der gleichaltrigen Altersgruppe (14 bis unter 18 Jahre). Für die Verurteiltenhäufigkeit bei Heranwachsenden (18 bis unter 21 Jahre) wird die Zahl der verurteilten Heranwachsenden bezogen auf 100 000 Einwohner der gleichen Altersgruppe. Die Verurteiltenhäufigkeit bei Erwachsenen ergibt sich aus der Zahl der verurteilten Erwachsenen bezogen auf 100 000 Einwohner gleichen Alters (21 Jahre und älter).