:: 6/2009

Einkommensungleichheit von Männern und Frauen

Am 23. Mai 2009 wurde das Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland 60 Jahre alt. Laut Grundgesetz sind Männer und Frauen gleichberechtigt. In vielen Lebensbereichen wurde dieser Grundsatz in den letzten Jahrzehnten auch Realität: So sind eine gute Ausbildung und Berufstätigkeit für jüngere Frauen heute genauso selbstverständlich wie für Männer. Berufe, die lange Zeit Männern vorbehalten waren (wie zum Beispiel bei der Bundeswehr) stehen mittlerweile auch Frauen offen. Was jedoch die Erwerbseinkommen von Männern und Frauen angeht, so herrscht nach wie vor Ungleichheit: Frauen verdienen im Durchschnitt weniger als Männer. So beziehen rund 25 % der baden-württembergischen berufstätigen Männer ein Einkommen von 2 600 Euro und mehr, aber nur gut 7 % der erwerbstätigen Frauen.

Der folgende Beitrag beleuchtet die Einkommenssituation von berufstätigen Männern und Frauen in Baden-Württemberg anhand der Mikrozensusergebnisse 2008 und fragt nach den Ursachen dafür, dass auch heute noch Frauen im Durchschnitt weniger verdienen als Männer.

Auch bei gleicher Qualifikation verdienen Frauen deutlich weniger als Männer

Die Einkommensunterschiede zwischen Männern und Frauen werden oftmals darauf zurückgeführt, dass Männer auch heute noch im Durchschnitt eine bessere berufliche Ausbildung haben als Frauen und aus diesem Grund über höhere Einkommen verfügen. Außerdem wird geltend gemacht, dass die Einkommen von Männern vor allem deshalb deutlich höher seien, weil Frauen weitaus häufiger als Männer teilzeitbeschäftigt sind.

Richtig ist, dass zwar die jüngeren berufstätigen Frauen ihren männlichen Kollegen in Sachen beruflicher Ausbildung dicht auf den Fersen sind. Bei den älteren Berufstätigen zeigen sich hingegen noch deutliche Unterschiede bei den beruflichen Ausbildungsabschlüssen, sodass im Gesamten berufstätige Männer im Durchschnitt besser ausgebildet sind als berufstätige Frauen. Auch sind Frauen in weitaus höherem Maße teilzeitbeschäftigt als Männer. So war im Jahr 2008 jede zweite berufstätige Baden-Württembergerin teilzeitbeschäftigt, jedoch nur jeder elfte erwerbstätige Mann.

Die Unterschiede im Umfang der Erwerbsbeteiligung und im Ausbildungsniveau ziehen Unterschiede im Einkommen nach sich. Allerdings zeigt auch der Vergleich von vollzeitbeschäftigten Frauen und Männern, dass Frauen selbst bei gleichen beruflichen Bildungsabschlüssen durchweg ein niedrigeres Nettoeinkommen haben als Männer. So hatten beispielsweise im Jahr 2008 in Baden-Württemberg nur knapp 28 % der vollzeitbeschäftigten Akademikerinnen, aber rund 62 % ihrer männlichen Kollegen ein Nettoeinkommen von 2 600 Euro und mehr.

Umgekehrt mussten 11,1 % der vollzeitbeschäftigten Frauen mit abgeschlossener Lehre mit einem monatlichen Nettoeinkommen von weniger als 900 Euro auskommen – eine Situation, von der nur gut 3 % ihrer männlichen Kollegen betroffen sind. Sogar von den Erwerbstätigen, die keinen Berufsabschluss vorzuweisen haben, verdienen Männer mehr als Frauen: So befanden sich von den männlichen Vollzeitbeschäftigten ohne berufliche Ausbildung immerhin noch gut 4 % in der Einkommensklasse 2 600 Euro und mehr, von den Frauen lediglich 0,7 %.

Mögliche Ursachen für die Einkommensungleichheit von Frauen und Männern: Familiäre Ausfallzeiten …

Was sind die Ursachen für diese Einkommensungleichheit? Eine Rolle dürfte sicherlich spielen, dass Frauen sich zugunsten der Familie und der Kinderbetreuung viel stärker bei der Ausübung eines Berufs einschränken als Männer. Im Jahr 2008 waren von allen Müttern mit Kindern unter 18 Jahren gut 68 % berufstätig, fast ein Drittel aller Mütter ging keiner Berufstätigkeit nach. Von den Vätern hingegen war nur eine kleine Minderheit von 5 % nicht berufstätig, 95 % aller Väter mit minderjährigen Kindern ging arbeiten. Diese Zahlen zeigen, dass Frauen weitaus häufiger als Männer familiär bedingte Ausfallzeiten haben. Frauen haben somit oftmals weniger Berufsjahre vorzuweisen als ihre männlichen Kollegen, was in der Folge zu einem geringeren Verdienst führen kann.

… und geschlechtsspezifische Berufswahl

Aber auch die noch immer weit verbreitete geschlechtsspezifische Berufswahl führt, bei formal gleicher beruflicher Qualifikation, zu Einkommensunterschieden. Trotz des stark gestiegenen Qualifikationsniveaus von Frauen und ihrer zunehmenden Erwerbsbeteiligung weist der Arbeitsmarkt noch immer eine Teilung in Frauen- bzw. Männerberufe auf. Nach wie vor konzentrieren sich Männer und Frauen auf jeweils unterschiedliche Branchen, Berufe und Tätigkeiten. Die Rangliste der häufigsten Berufe von Männern und Frauen verdeutlicht die bestehende geschlechtsspezifische Differenzierung der Arbeitswelt.

Während bei den Männern Berufe in der Unternehmensleitung und -beratung, Ingenieure, Architekten sowie Techniker auf den vorderen Plätzen rangieren, werden von den Frauen nach den Büro- und Gesundheitsberufen die Berufe im Verkauf und soziale Berufe am häufigsten ausgeübt. Diese »typisch weiblichen« Berufe sind allerdings oftmals schlechter bezahlt als sogenannte »Männerberufe«. In den in der Regel gutbezahlten technischen Berufen sind Frauen jedoch nach wie vor deutlich unterrepräsentiert. Darüber hinaus gibt es auch branchenspezifische Einkommensunterschiede, wobei Männer in Branchen mit hohem Lohnniveau wie dem Automobil- und Maschinenbau dominieren.1

Nachholbedarf in Sachen »Frauen in Führungspositionen«

Auch in Führungspositionen sind Frauen noch immer eher die Ausnahme. In Baden-Württemberg übten im Jahr 2007 annähernd 189 000 Männer, jedoch nur rund 52 000 Frauen eine Führungsposition aus. Dabei hat seit dem Jahr 2000 die Zahl der weiblichen Führungskräfte mit einem Plus von fast 62 % deutlich zugenommen. Die Zahl der männlichen Erwerbstätigen in Führungspositionen ist – ausgehend von einem deutlich höheren Niveau – seit dem Jahr 2000 um knapp 16 % gestiegen. Gemessen am Frauenanteil an den Erwerbstätigen insgesamt (gut 45 %) sind »Chefinnen« mit knapp 22 % an allen Führungskräften dennoch nach wie vor deutlich unterrepräsentiert.

Wesentliche Ursachen für die unterdurchschnittliche Präsenz von Frauen in Führungspositionen dürften im durchschnittlich niedrigeren Ausbildungsniveau der älteren Frauen, der wesentlich höheren Teilzeitbeschäftigung und in familiär bedingten beruflichen Ausfallzeiten begründet sein. Für die meisten Frauen, die durch Elternzeit eine bestimmte Zeit aus dem Berufsleben ausscheiden und den beruflichen Wiedereinstieg häufig nur mit einem Teilzeitjob realisieren können, dürfte der »Weg in die Führungsetage« schwierig sein.

Im Vergleich zu anderen Bundesländern und Deutschland insgesamt zeigt sich in Baden-Württemberg in Sachen Frauen in Führungspositionen noch Nachholbedarf. So liegt Baden-Württemberg mit einem Anteil an Frauen in Führungspositionen von knapp 22 % unter dem Bundesdurchschnitt von 23 %. Besonders hoch liegt der Frauenanteil unter den Führungskräften in den neuen Ländern und in Hamburg.

Neben den möglichen Ursachen, die der amtlichen Statistik zu entnehmen sind, gibt es vermutlich noch andere, statistisch nicht nachweisbare Gründe für die Einkommensunterschiede von berufstätigen Frauen und Männern. Gründe für die niedrigeren Erwerbseinkünfte von Frauen werden auch im Verhalten der Frauen selbst gesehen: So wird oftmals gemutmaßt, Frauen hätten weniger Neigung den Arbeitsplatz (und Arbeitsort) zu wechseln, um ein höheres Einkommen zu erzielen. Frauen träten auch in Gehaltsverhandlungen bescheidener auf und wären eher zu Zugeständnissen bereit. Ferner wird die These vertreten, Frauen hätten – im Unterschied zu Männern – aufgrund fehlender Netzwerke geringere Aufstiegschancen (Phänomen der »gläsernen Decke«).2

1 Landtag von Baden-Württemberg, Landtagsdrucksache 14/4118 vom 4. März 2009 (Zitierweise: Landtagsdrucksache 14/4118).

2 Landtagsdrucksache 14/4118, S. 3.