:: 12/2009

Fast 5 % weniger Verurteilte in Baden-Württemberg 2008

Baden-Württemberg hatte im Jahr 2008 mit 5 500 polizeilich registrierten Straftaten je 100 000 Einwohner die zweitniedrigste Kriminalitätsbelastung und mit 59 % die vierthöchste Aufklärungsquote unter allen Bundesländern. Die Zahl der rechtskräftig Verurteilten in Baden-Württemberg ging 2008 gegenüber dem Vorjahr um 4,7 % zurück. Fast drei Viertel aller Verurteilungen entfielen auf 5 Straftatengruppen, nämlich die Straßenverkehrsdelikte, Betrug und Untreue, Diebstahls-, Drogen- und Gewaltdelikte. In 4 dieser größten Straftatengruppen gab es im Jahr 2008 weniger Verurteilungen als ein Jahr zuvor. Die Ausnahme bildete die Gruppe der Gewaltdelikte. Hier setzte sich der seit Jahren steigende Trend fort, sodass die Zahl der Verurteilungen im vergangenen Jahr in allen Altersgruppen sogar neue Höchstwerte erreichte.

Niedrige Kriminalitätsbelastung und hohe Aufklärungsquote in Baden-Württemberg

Im Jahr 2008 kamen in Baden-Württemberg auf 100 000 Einwohner 5 500 polizeilich registrierte Straftaten. Nach Bayern hat das Land Baden-Württemberg damit bundesweit die zweitniedrigste Straftatenhäufigkeit, gefolgt von Thüringen und Hessen. Bei der räumlichen Verteilung der Kriminalitätsbelastung lässt sich demnach insbesondere ein Nord-Süd-Gefälle erkennen. Im gesamten Bundesgebiet lag die Straftatenhäufigkeit mit über 7 400 deutlich höher.

Auch die Aufklärungsquote als prozentuales Verhältnis der aufgeklärten Straftaten1 zu den polizeilich registrierten Straftaten gibt Aufschluss über die innere Sicherheit in den Bundesländern. Denn eine hohe Aufklärungsquote lässt Rückschlüsse auf eine erfolgreiche Polizeiarbeit oder auf ein hohes Sicherheitsempfinden der Bürgerinnen und Bürger zu. Im Jahr 2008 war mit knapp 59 % die Aufklärungsquote in Baden-Württemberg – nach den Ländern Bayern, Thüringen und Rheinland-Pfalz – die vierthöchste unter allen Bundesländern und lag damit ebenfalls deutlich über dem bundesweiten Durchschnitt von 55 % (Schaubild 1).

Weniger Verurteilte

Zu der bundesweit zweitniedrigsten Straftatenhäufigkeit und der vierthöchsten Aufklärungsquote Baden-Württembergs kommt noch ein weiterer positiver Aspekt hinzu. Im Jahr 2008 ging die Zahl der rechtskräftig Verurteilten auf 117 800 zurück, das waren fast 5 900 oder 4,7 % weniger als im Vorjahr. Innerhalb der vergangenen 10 Jahre bedeutete das den viertniedrigsten Stand der Verurteiltenzahlen in Baden-Württemberg. Dabei betraf die geringere Zahl an Schuldsprüchen alle Altersgruppen.

Unter den 117 800 Verurteilten waren rund

Erwachsene im Alter von mindestens 21 Jahren96 100
Heranwachsende im Alter von 18 bis unter 21 Jahren12 400
Jugendliche (14 bis unter 18 Jahre)9 300

Im Vergleich zum Jahr 2007 bedeutete das einen Rückgang von 2 % bei den Jugendlichen, von 4,5 % bei den Erwachsenen und von sogar 8,6 % bei den Heranwachsenden (Schaubild 2).

Fast drei Viertel aller Schuldsprüche entfielen auf 5 Deliktgruppen

Im Jahr 2008 entfielen 73 % aller Verurteilungen auf 5 Straftatengruppen, nämlich die Straßenverkehrsdelikte, Betrug und Untreue, Diebstahls-, Drogen- und Gewaltdelikte. Mit diesen Deliktgruppen werden nahezu drei Viertel aller Schuldsprüche abgedeckt. Die größte Gruppe machen die Straßenverkehrsdelikte aus. Allein knapp 26 % – also jede 4. Verurteilung – entfielen im Jahr 2008 auf Straftaten im Straßenverkehr, 20 % auf Betrug und Untreue, 15 % auf Diebstahlsdelikte, 7 % auf Drogen- und 5 % auf Gewaltdelikte. Dabei wird bei mehreren Delikten eines Angeklagten ausschließlich die schwerste begangene Straftat statistisch ausgewertet. Mit einem Anteil von 31 % dominierten bei den Jugendlichen die Verurteilungen wegen Diebstahlsdelikten. Bei den Erwachsenen und Heranwachsenden stellten die Straßenverkehrsdelikte mit 27 % und 24 % jeweils die häufigste Straftat dar.

Schuldsprüche wegen Straßenverkehrsdelikten gesunken

2008 wurden in Baden-Württemberg insgesamt knapp 30 400 Personen wegen Straftaten im Straßenverkehr verurteilt (Schaubild 3). Das waren 6,3 % oder 2 000 weniger als im Jahr 2007. Insbesondere die geringere Zahl der Verurteilungen wegen Trunkenheit im Verkehr, aber auch wegen fahrlässiger Tötung und Körperverletzung und Fahrens ohne Fahrerlaubnis waren für den Rückgang der Zahlen in dieser Deliktgruppe ausschlaggebend. Die Erwachsenen haben mit 86,2 % den weitaus größten Anteil innerhalb dieser Straftatengruppe. Der Anteil der Heranwachsenden lag bei 9,7 %, der Anteil der Jugendlichen bei 4,1 %.

In den letzten 10 Jahren ging die Zahl der wegen Straftaten im Straßenverkehr Verurteilten insgesamt von 37 000 im Jahr 1999 auf 30 400 im Jahr 2008 zurück. Das entspricht einem deutlichen Rückgang von 18 %.

Weniger Verurteilungen wegen Betrugs und Untreue

Im Jahr 2008 wurden fast 23 400 Verurteilungen wegen Betrugs und Untreue ausgesprochen, was einem Rückgang von 5,1 % oder 1 300 gegenüber dem Vorjahr entsprach. Bei den Heranwachsenden ging die Verurteiltenzahl in dieser Deliktgruppe mit −8,8 % besonders stark zurück, bei den Erwachsenen fiel der Rückgang mit −4 % schwächer aus. Anders bei der Altersgruppe der Jugendlichen: Hier stieg die Zahl der Verurteilungen um 4,5 % an. Die wegen Betrugs und Untreue Verurteilten waren zu 90,5 % über 21 Jahre alt. 7,5 % waren 18 bis unter 21-jährig und lediglich 2 % zwischen 14 und 18 Jahren. Seit 1999 stieg die Verurteiltenzahl zwar von rund 16 900 auf 23 400 um fast 40 % an, allerdings ist die Zahl nach dem steigenden Trend von 2003 bis 2007 erstmals im Jahr 2008 wieder rückläufig. Ob sich diese Entwicklung in einem Trend festigen wird, bleibt abzuwarten.

Gegenläufige Entwicklungen bei den Diebstahlsdelikten

Wegen einfachen und schweren Diebstahls wurden im vergangenen Jahr rund 17 900 Personen verurteilt, rund 350 weniger als im Jahr 2007. Der Anteil der Erwachsenen an den Diebstahlsdelikten betrug 73,9 %, der Anteil der Heranwachsenden 9,9 % und der Anteil der Jugendlichen 16,2 %. Innerhalb der letzten 10 Jahre ist die Zahl der Verurteilten um 10 % von 19 900 im Jahr 1999 auf 17 900 im Jahr 2008 zurückgegangen. Die rückläufige Tendenz war vor allem in der Altersgruppe der Heranwachsenden mit einem deutlichen Minus von 24 % bemerkenswert. Innerhalb der Gruppe der Diebstahlsdelikte gab es im Jahr 2008 gegenläufige Entwicklungen. Die Zahl der Schuldsprüche wegen einfachen Diebstahls ging um 2,9 % auf 14 900 zurück, die wegen schweren Diebstahls dagegen nahm um 3,4 % auf 2 900 zu. Dabei machten die Fälle des einfachen Diebstahls 84 % und damit den Großteil aller Diebstahlsdelikte aus. Einfache Diebstahlsdelikte sind – anders als der Diebstahl mit Waffen, Einbruch- oder Bandendiebstahl – nicht mit Gewaltanwendung verbunden.

Weniger Schuldsprüche wegen Drogendelikten bei den unter 21-Jährigen

2008 gab es insgesamt knapp 8 400 wegen Drogendelikten Verurteilte, das sind 1,2 % weniger als 2007. Erfreulich ist der kräftige Rückgang der Verurteiltenzahlen innerhalb der vergangenen 10 Jahre bei den Jugendlichen um −42 %. Auch bei den Heranwachsenden ging die Zahl der Verurteilungen wegen Drogendelikten zurück, und zwar um −17 %. Bei den Erwachsenen dagegen gab es seit dem Jahr 1999 bis 2008 einen Zuwachs in Höhe von +21 %. Erwachsene sind auch an diesen Delikten mit 80,5 % am stärksten beteiligt, die Heranwachsenden mit 15,6 % und die Jugendlichen mit 3,9 %.

Verurteilungen wegen Gewaltkriminalität in allen Altersgruppen gestiegen

Bei der Gewaltkriminalität2 wurden – unter den betrachteten Deliktgruppen – 2008 mit knapp 5 700 am wenigsten Verurteilte gezählt. Entgegen dem allgemein rückläufigen Trend bei der Gesamtentwicklung der Zahl der Verurteilten ist die Verurteiltenzahl in dieser Gruppe allerdings gestiegen. Innerhalb der Gewaltkriminalität ist die am häufigsten vorkommende Straftat die gefährliche und schwere Körperverletzung einschließlich der Körperverletzung mit Todesfolge. Diese Straftaten machen 78 % an den Gewaltdelikten aus, gefolgt von den Raubdelikten mit einem Anteil von 18 %. Im Jahr 2008 wurden knapp 5 700 Personen, darunter 2 800 Erwachsene, rund 1 300 Heranwachsende und 1 600 Jugendliche wegen eines Gewaltdelikts verurteilt. Das waren insgesamt 300 oder 6,2 % mehr als im Jahr 2007.

Prozentual am stärksten war der Zuwachs mit 8,7 % bei den Heranwachsenden im Alter von 18 bis unter 21 Jahren, gefolgt von den Erwachsenen im Alter von mindestens 21 Jahren mit 5,7 % und den Jugendlichen im Alter von 14 bis unter 18 Jahren mit 5,3 %. Seit 1999 stieg die Zahl der Verurteilten um insgesamt 42 %, was dem stärksten Zuwachs innerhalb der 5 Deliktgruppen entsprach. Besonders kräftig war der Anstieg innerhalb der Gewaltdelikte in den letzten 10 Jahren aber bei den Heranwachsenden. Hier nahm die Zahl seit 1999 bis zum Jahr 2008 um 56 % zu. Bei den Erwachsenen und Jugendlichen stieg die Zahl der wegen einer Gewaltstraftat verurteilten Personen innerhalb desselben Zeitraums um jeweils 38 %.

1 Also der Fälle, für die nach dem polizeilichen Ermittlungsergebnis ein mindestens namentlich bekannter oder auf frischer Tat ergriffener Tatverdächtiger festgestellt wurde.

2 Zu den Gewaltdelikten zählen – laut der Abgrenzung in der Polizeilichen Kriminalstatistik – Mord, Totschlag und Tötung auf Verlangen, Vergewaltigung und schwere sexuelle Nötigung, Raub, räuberische Erpressung und räuberischer Angriff auf Kraftfahrer, gefährliche und schwere Körperverletzung einschließlich Körperverletzung mit Todesfolge, erpresserischer Menschenraub und Geiselnahme, Angriffe auf den Luft- und Seeverkehr.