:: 2/2011

»Unternehmergesellschaft (haftungsbeschränkt)«: Immer mehr Gründungen mit neuer Rechtsformvariante

Die »Unternehmergesellschaft (haftungsbeschränkt)« hat sich unter den Rechtsformen etabliert. Immer häufiger ist diese Rechtsformvariante der GmbH seit ihrer Einführung im Jahr 2008 eine günstige Alternative bei der Unternehmensgründung. Dem entgegengesetzt nimmt die Zahl neu gegründeter Limiteds seit 2008 stetig ab. Grundsätzlich haben die Gründungen in dieser neuen Rechtsformvariante ihren Schwerpunkt in den Bereichen Handel und Dienstleistungen. Hinsichtlich des Frauenanteils der Existenzgründer liegt die Unternehmergesellschaft deutlich vor der klassischen GmbH. Bei der Standortwahl geben die Gründerinnen und Gründer von Unternehmergesellschaften den Stadtkreisen den Vorzug.

Bürokratische Hemmnisse und Finanzierungsprobleme sind wiederkehrende Themen in der öffentlichen Diskussion, wenn es um die Bewertung der Anzahl der Unternehmensgründungen in Deutschland geht. Eine schnelle Gründungsmöglichkeit mit geringem Stammkapital verschafften sich deutsche Gründerinnen und Gründer in den letzten Jahren durch die Wahl der englischen Rechtsform Private Company Limited by Shares (kurz: Limited). Jedoch führt eine Gründung mit dieser Rechtsform auch zu Pflichten und Folgekosten nach englischem Recht. So empfehlen daher Industrie- und Handelskammern eine sorgfältige Abwägung bei der Rechtsformwahl Limited und verweisen auf mögliche Nachteile und Fallstricke.1

Im Jahr 2008 hat der Gesetzgeber auf den Trend zu immer mehr im Ausland gegründeten, aber ausschließlich in Deutschland tätigen Unternehmen – wie die Private Company Limited by Shares – reagiert. Mit dem Inkrafttreten des Gesetzes zur Modernisierung des GmbH-Rechts und zur Bekämpfung von Missbräuchen (MoMiG) am 1. November 2008 wurde die neue Rechtsformvariante der GmbH, die Unternehmergesellschaft (haftungsbeschränkt) – (kurz: UG) – eingeführt. Mit dieser neuen Rechtsformvariante sollte die GmbH wieder an Attraktivität gewinnen und konkurrenzfähiger gegenüber ausländischen Rechtsformen, wie der englischen Limited, werden. Für die Gründung einer UG werden im Gegensatz zur »klassischen GmbH« keine 25 000 Euro Stammkapital benötigt. Es ist möglich eine UG mit nur 1 Euro zu gründen, daher wird sie umgangssprachlich auch »Mini-GmbH« oder »1-Euro-GmbH« genannt. 25 % des Gewinns müssen allerdings in eine gesetzliche Rücklage fließen und dies so lange, bis ein Stammkapital von 25 000 Euro erreicht ist. Dann kann die UG in eine »klassische GmbH« umgewandelt werden.

Weitere Maßnahmen, wie die Einführung von Musterprotokollen und die Verfahrensbeschleunigung der Registereintragung tragen dem Kernanliegen der GmbH-Novelle, wonach Unternehmensgründungen erleichtert und beschleunigt werden sollen, weiter Rechnung. Dieser Beitrag beschäftigt sich mit der Frage, ob sich die neue UG neben den anderen Rechtsformen behaupten kann und für Gründungswillige eine attraktive Alternative zur Limited darstellt.

UG hat sich etabliert und verdrängt Limited

Nach wie vor ist das Einzelunternehmen die beliebteste Rechtsform bei der Neugründung eines Betriebes. Das Einzelunternehmen zeichnet sich durch geringe Gründungskosten und eine einfache Handhabung aus. Allerdings haftet der Einzelunternehmer auch mit seinem Privatvermögen. Trotz dieses Nachteils wurden 2009 überwiegend Einzelunternehmen gegründet. Insgesamt waren es 72 076 Neugründungen, dies entspricht einem Anteil von 83,9 % an allen neu gegründeten Betrieben (Tabelle 1).

Möchte ein Unternehmer eine Haftungsbegrenzung, muss er eine Kapitalgesellschaft gründen. Hierzu gehören sowohl die GmbH (»klassische GmbH« oder UG) als auch die englische Limited. Die Limited war vor der Modernisierung des GmbH-Rechts der einzige Weg, mit geringem Kapital eine haftungsbeschränkte Gesellschaft zu gründen. Limited und UG stehen daher heute in unmittelbarer Konkurrenz zueinander.

Im Jahr 2009 erfolgten 8,6 % aller Neugründungen als GmbH. Dabei entfielen auf die »klassische GmbH« 7,1 % und auf die UG 1,5 %. Die Limited kam lediglich auf einen Anteil von 0,4 %. Betrachtet man die Betriebsgründungen mit wirtschaftlicher Substanz sieht die Verteilung der Rechtsformen anders aus. Hier ist die GmbH mit einem Anteil von 40,7 % die häufigste Rechtsform. Davon entfielen 34,8 % der Gründungen auf die »klassische GmbH« und 5,9 % auf die UG. Auch hier ist der Anteil des Einzelunternehmens noch sehr hoch. 34,1 % der Betriebe wurden mit dieser Rechtsform gegründet. Die Limited kommt lediglich auf einen Anteil von 1,7 %.

Seit der Einführung der UG nimmt die Anzahl der neu gegründeten Betriebe mit der Rechtsform Limited stetig ab. So ging ihre Zahl von 526 Neugründungen in 2008 auf 325 in 2009 zurück – ein Minus von 38,2 %. Auch im Jahr 2010 setzt sich diese Entwicklung fort. So wurden in den ersten drei Quartalen 16,4 % mehr UGs gegründet als im vergleichbaren Vorjahreszeitraum. Die Zahl der Neugründungen mit der Rechtsform Limited ging dagegen um 34,4 % zurück. Insgesamt kann somit festgehalten werden, dass sich die UG gegen die Limited durchgesetzt hat. Ihre Zahl lag mit 1 276 im Jahr 2009, das heißt bereits im ersten Jahr ihrer statistischen Erfassung, höher als die Anzahl der Limited zwischen 2005 und 2009 jemals erreicht hat.2

Da es sich bei der UG um eine deutsche und bei der Limited um eine englische Rechtsform handelt, zeigen sich auch Strukturunterschiede. So handelt es sich bei 96,4 % der Betriebsgründungen mit der Rechtsform UG um Hauptniederlassungen. Bei der Limited befindet sich demgegenüber der Hauptsitz mehrheitlich im Ausland, sodass hier Betriebsgründungen in Form von Zweigniederlassungen und unselbstständigen Zweigstellen dominieren (78,9 %). Nur 21,1 % der Betriebsgründungen mit wirtschaftlicher Substanz entfallen auf deutsche Hauptniederlassungen. Darüber hinaus ist der Anteil der Nebenerwerbsgründungen an allen Neugründungen der UG mit 22,6 % wesentlich höher als bei der Limited mit 12,3 %.

Gründungen im Handel dominieren

Die meisten Neugründungen verzeichnete 2009 der Wirtschaftsbereich »Handel; Instandhaltung und Reparatur von Kraftfahrzeugen« mit einem Anteil von 24,8 %. Es folgen die »sonstigen wirtschaftlichen Dienstleistungen« wie Gebäudereinigung, Hausmeisterdienste, Call-Center, Copy-Shops oder Sekretariatsarbeiten mit 11,4 %. Auch sehr beliebt sind die »freiberuflichen, wissenschaftlichen und technischen Dienstleistungen« und die »sonstigen Dienstleistungen« mit jeweils 10 % (Schaubild 1). Zu den »freiberuflichen, wissenschaftlichen und technischen Dienstleistungen« gehören zum Beispiel Unternehmensberatungen, Ingenieurdienstleistungen sowie die Werbung und Marktforschung. Die sonstigen Dienstleistungen umfassen unter anderem die Reparatur von Gebrauchsgütern sowie die Erbringung von persönlichen Dienstleistungen (Frisörsalons, Nagelstudios und Sonnenstudios).

Auch bei der UG ist der Bereich »Handel; Instandhaltung und Reparatur von Kraftfahrzeugen« mit 22,4 % Favorit. Der Anteil bei den »freiberuflichen, wissenschaftlichen und technischen Dienstleistungen« liegt hier mit 18,1 % dagegen deutlich höher als bei den Neugründungen insgesamt. Stark vertreten ist die UG ebenfalls im Bereich »Information und Kommunikation« mit einem Anteil von 10,5 %. Dabei handelt es sich häufig um die Erbringung von Dienstleistungen der Informationstechnologie, zu denen zum Beispiel Programmiertätigkeiten gehören. Der Vergleichswert der Neugründungen insgesamt beträgt im Wirtschaftsabschnitt »Information und Kommunikation« lediglich 4,3 %. Auch bei der »klassischen GmbH« fallen nur 5,4 % der Neugründungen in diesen Bereich. Offensichtlich ist die UG aufgrund der Haftungsbeschränkung für Tätigkeiten, die mit einem erhöhten Risiko verbunden sind – wie etwa die Softwareentwicklung – besonders attraktiv. Im Baugewerbe wurden 9,6 % der UGs gegründet. Damit liegt dieser Anteil auf dem Niveau der Neugründungen insgesamt (9 %). Der Schwerpunkt liegt dabei auf den vorbereitenden Baustellenarbeiten, der Bauinstallation und dem sonstigen Ausbaugewerbe.

UG für Gründerinnen attraktiv

Da Personen- und Kapitalgesellschaften durch mehrere Personen gegründet werden können, liegt die Zahl der Gründerinnen und Gründer höher als die Zahl der Neugründungen. Im Jahr 2009 machten sich 94 156 Personen selbstständig, indem sie einen von 85 890 Gewerbebetrieben alleine oder gemeinsam mit anderen gründeten. Unter den neuen Selbstständigen waren 29 035 Frauen (30,8 %). Beim Vergleich der zwei Rechtsformvarianten der GmbH fällt auf, dass der Frauenanteil bei der Gründung einer UG deutlich höher ist als bei der Gründung einer »klassischen GmbH« (Tabelle 2). Ein Unternehmen mit der Rechtsform UG gründeten 293 Frauen (21 %). Bei der »klassischen GmbH« lag der Frauenanteil lediglich bei 11,8 %. Auch bei der Limited liegt der Frauenanteil mit 17,7 % niedriger als bei der UG. Offensichtlich kommt die UG den Gründungsbedürfnissen von Frauen entgegen. Frauen fangen gegenüber Männern eher klein an und gründen in der Regel mit weniger Kapital.3 Im Jahr 2009 gründeten nur 14,2 % der Existenzgründerinnen, aber 27,9 % der Existenzgründer einen Betrieb mit vermutlich größerer wirtschaftlicher Substanz. Eine UG gründeten 1,7 % der Gründer und 1 % der Gründerinnen.

Jeder fünfte Existenzgründer (20,4 %) besaß eine ausländische Staatsangehörigkeit. Der Anteil der Existenzgründer mit ausländischer Staatsangehörigkeit ist bei der UG mit 11,3 % nur etwas größer als bei der »klassischen GmbH« mit 10 %.

Anteil der Gründungen von UGs in den Stadtkreisen höher

Bei der Wahl des Standorts neuer Unternehmen mit der Rechtsform UG bevorzugen die Gründerinnen und Gründer eher die Stadtkreise. So lag der Anteil der neu gegründeten UGs an allen Neugründungen in den Stadtkreisen bei 2 % und bei den Landkreisen bei 1,3 %. Den höchsten Anteil verzeichnen die Stadtkreise Heidelberg (2,9 %), Karlsruhe (2,6 %) sowie Stuttgart (2,5 %). Die Landkreise Freudenstadt (0,2 %), Zollernalbkreis (0,4 %) und Main-Tauber-Kreis (0,5 %) belegen die hinteren Plätze.

Der Vergleich unter Berücksichtigung der Raumkategorien nach dem Landesentwicklungsplan4 zeigt ebenfalls Unterschiede auf. So lag der Anteil der neu gegründeten UGs an allen Neugründungen in den Verdichtungsräumen mit 1,7 % etwas höher als im Ländlichen Raum im engeren Sinne mit 1,1 %. Bei der »klassischen GmbH« ist der Unterschied allerdings deutlicher. Hier entfallen 8,1 % der Neugründungen in den Verdichtungsräumen auf die klassische GmbH, im Ländlichen Raum im engeren Sinne sind es nur 5,4 %.

Zusammenfassung

Die UG ist seit ihrer Einführung zu einer festen Größe im Rechtsformgefüge der Unternehmensgründungen geworden. Sie stellt für Gründerinnen und Gründer offensichtlich eine Alternative zur britischen Limited dar, was sich am Rückgang der Gründungen mit der Rechtsform Limited nach Einführung der UG festmachen lässt. Der Frauenanteil ist bei Gründungen von UGs wesentlich höher als bei der klassischen GmbH. Nebenerwerbsgründungen sind bei der UG häufiger zu finden als bei der englischen Limited. Grundsätzlich scheint die UG besonders attraktiv für kleine Gründungsvorhaben bei gleichzeitig optimistischer Wachstumseinschätzung zu sein.