:: 12/2011

Weitere Ergebnisse der Absolventenbefragung 2010

Gibt es unterschiedliche Bewertungen zwischen Männern und Frauen?

Die Absolventenbefragung an Fachhochschulen in Baden-Württemberg (siehe i-Punkt) liefert Ergebnisse über die rückblickende Bewertung des Studiums sowie die Integration in den Arbeitsmarkt. Die Absolventinnen scheinen sich hier auf den ersten Blick deutlich von den Absolventen in Teilen der Qualitätsbewertung des Studiums sowie der Integration in den Arbeitsmarkt zu unterscheiden. Frau und Mann bewerten Studium und Arbeitsplatz unterschiedlich, verdienen ungleich und unterscheiden sich in ihrer Beschäftigung. Allerdings sind die Absolventinnen der Befragung auch häufiger in Fächergruppen der Rechts-, Wirtschafts- und Sozialwissenschaften tätig, während ihre männlichen Kommilitonen eher Studienabschlüsse in den Ingenieurwissenschaften und im naturwissenschaftlichen Bereich haben.

30 % der Teilnehmer an der Absolventenbefragung sind Frauen

Insgesamt wurden bei der Absolventenbefragung 21 956 Absolventinnen und Absolventen angeschrieben. Davon waren 34 % Frauen. Der Frauenanteil unter den 4 924 Teilnehmern lag 2010 mit 1 476 weiblichen Absolventinnen bei 30 %. In den Vorjahren war ebenfalls knapp ein Drittel (2008: 31 %; 2009: 32 %) der Befragungsteilnehmer weiblich. Männliche und weibliche teilnehmende Absolventen besitzen jeweils zu 96 % eine deutsche Staatsangehörigkeit und erwarben ihren Fachhochschulabschluss zu 64 % im Prüfungsjahr 2008. Dabei haben mehr Frauen (21 %) als Männer (13 %) ihr Studium mit einem Bachelor abgeschlossen. Dafür hatten die Absolventinnen seltener einen Diplomabschluss (72 % zu 79 %).

Frauen haben häufig einen Abschluss im rechts-, wirtschafts- und sozialwissenschaftlichen Bereich

Die teilnehmenden Frauen der Absolventenerhebung erlangten ihren Abschluss zu 45 % in der Fächergruppe Rechts-, Wirtschafts- und Sozialwissenschaften, während ihre männlichen Kommilitonen zu 52 % ihr Studium im ingenieurwissenschaftlichen Bereich beendeten. Bei einem Vergleich der Geschlechter liegt der Prozentanteil der Männer in der Fächergruppe Ingenieurwissenschaften um 25 Prozentpunkte höher als bei den Frauen. Auch die männlichen Mathematiker und Naturwissenschaftler übertreffen den Anteil bei den Frauen (+ 8 Prozentpunkte). Hingegen überwiegt bei den Frauen der Anteil unter den Absolventinnen in der Fächergruppe Rechts-, Wirtschafts- und Sozialwissenschaften mit 22 Prozentpunkten und in den Sprach- und Kulturwissenschaften mit 5 Prozentpunkten. Diese beiden Fächergruppen weisen deutlich höhere Anteilswerte der Frauen auf, während die Unterschiede der Fächergruppen Humanmedizin und Gesundheitswissenschaften, Agrar-, Forst-, und Ernährungswissenschaften sowie Kunstwissenschaften geringer sind.

Bei einer Betrachtung nach Studienfächern bestehen die größten Unterschiede zwischen Absolventinnen und Absolventen mit Abschluss in der internationalen Betriebswirtschaft bzw. dem Management und der Betriebswirtschaftslehre mit einem Plus von 6 bzw. 8 Prozentpunkten bei den Frauen. Dies studierten 8 % der Frauen und nur 2 % der Männer bzw. 16 % der Frauen und 8 % der Männer. Bei den Männern überwiegen hingegen die Anteile der Fächer Elektrotechnik und Maschinenbau. Sie weisen um 6 bzw. 10 Prozentpunkte höhere Anteile auf als die der Frauen.

Rückblickend würden mehr Frauen als Männer einen anderen Studiengang wählen

Frauen würden rückblickend zu 93 % und Männer zu 95 % wieder bzw. eher wieder studieren. Auch würde ein ähnlicher Anteil beider Geschlechter – 77 % der Absolventen und 72 % der Absolventinnen – wieder (eher) dieselbe Hochschule wählen. Allerdings kommt es zu Abweichungen bei der Wahl des Studiengangs. Rund 16 % der weiblichen Absolventen würden sich nicht bzw. eher nicht für den gleichen Studiengang wie zu Beginn des Studiums entscheiden. Bei den männlichen Absolventen sind es hingegen nur 10 %. Demzufolge würden nur rund drei Viertel der Frauen (76 %), jedoch 84 % der Männer dieselbe Studienwahl (eher) wieder treffen. Der Rest der Absolventinnen und Absolventen steht der Wahl des Studiengangs unentschlossen gegenüber.

Praxisorientierung und Auslandsaufenthalte der Frauen ausgeprägter

Rund 19 % der Frauen und 13 % der Männer absolvieren ein praktisches Studiensemester und ein freiwilliges Praktikum während des Studiums. Damit scheinen Frauen ihr Studium besonders praxisorientiert anzulegen. Sie gingen in dieser Zeit auch häufiger ins Ausland als ihre männlichen Kommilitonen. Während 44 % der Absolventinnen zu Studienzeiten einen Auslandsaufenthalt einlegten, sind es bei den Männern hingegen nur 36 %.

Doch sowohl Praktika als auch Auslandsaufenthalte werden auch durch die gewählte Fächergruppe beeinflusst. In der Fächergruppe Sprach- und Kulturwissenschaften, welche einen großen Anteil an Frauen umfasst, haben 37 % der Absolventinnen und Absolventen ein praktisches Studiensemester und ein freiwilliges Praktikum absolviert. Der durchschnittliche Wert aller Absolventen liegt hingegen bei 15 %. Auch der Auslandsaufenthalt während des Studiums ist im Vergleich zum Durchschnitt (38 %) in dieser Fächergruppe mit 63 % hoch. Ebenso beträgt der Anteil der Auslandsaufenthalte bei der Fächergruppe Rechts-, Wirtschafts- und Sozialwissenschaften, welche den größten Anteil unter den Frauen ausmacht, verhältnismäßig hohe 48 %.

Frauen sind bei der Stellensuche auf andere Art und Weise erfolgreich als Männer

Frauen suchten häufiger als Männer erst nach dem Studium nach einer Beschäftigung. So begannen 75 % der Männer noch während des Studiums mit der Suche, während dies nur 70 % der Frauen taten. Bei der erfolgreichen Suche nach einer Beschäftigung war der selbstständige Kontakt zum Arbeitgeber mit rund einem Drittel bei Männern ausgeprägter als bei Frauen (21 %) und auch ein Praktikum während des Studiums nutzen die Absolventen (28 %) eher zum Berufseinstieg als die Absolventinnen (22 %). Weitere Bewerbungsmethoden wie beispielsweise das Internet, die direkte Ansprache durch den Arbeitgeber oder über den Freundes- und Bekanntenkreis unterscheiden sich zwischen den Geschlechtern hingegen nur marginal. Ebenso verhält es sich bei der Suche über Zeitungsannoncen, mit Hilfe der Hochschule, über private Vermittler sowie über das Arbeitsamt.

Männer suchten außerdem seltener nach einer Beschäftigung (83 % zu 87 %), da sie diese häufiger ohne eine Bewerbung (46 % zu 34 %) fanden. Des Weiteren machten sie sich auch häufiger selbstständig (9 % zu 3 %). Frauen gaben hingegen als Gründe, um nicht nach einer Beschäftigung zu suchen, eher das Studium, die Elternzeit oder Hausfrau zu sein an.

Frauen derzeitig zu 82 % erwerbstätig

Zum Zeitpunkt der Befragung waren 82 % der Frauen und 89 % der Männer erwerbstätig1. Im Wesentlichen ergeben sich diese Unterschiede durch den 7 % hohen Anteil der Frauen in Elternzeit, der sich bei den Männern prozentual jedoch gar nicht auswirkte. Auch bereits davor, nämlich direkt im Anschluss an das Studium, waren Frauen um 8 Prozentpunkte seltener als Männer (78 %) erwerbstätig. Allerdings lag der Anteil der Elternzeit hier nur bei 1 %. Die Unterschiede der männlichen und weiblichen Beschäftigungsstruktur ergeben sich hingegen durch die Abweichungen von Praktikantinnen zu Praktikanten (6 % zu 3 %) und durch geschlechtsspezifische Unterschiede bei den Arbeitssuchenden (11 % zu 8 %).

Frauen häufiger in Teilzeit und befristeten Tätigkeiten beschäftigt

In Teilzeit waren zum Zeitpunkt der Erhebung insgesamt nur 4 % der Befragten beschäftigt. Bei einem Vergleich der Absolventinnen und Absolventen zeigt sich, dass überwiegend die Frauen ihren Beschäftigungsumfang reduzieren. Von den insgesamt 169 Teilzeitbeschäftigten waren 71 % Frauen und 29 % Männer. Direkt bzw. 3 Monate nach Abschluss des Studiums lag der Anteil bei 5 % Teilzeitbeschäftigten und deren geschlechtsspezifische Unterteilung bei 40 % Männern und 60 % Frauen. Während also nach dem Studium rund 20 Prozentpunkte mehr Frauen als Männer in Teilzeit arbeiteten, verdoppelte sich diese Differenz bis zum Zeitpunkt der Erhebung auf ganze 42 Prozentpunkte.

Darüber hinaus sind die Absolventinnen im Vergleich zu ihren männlichen Kollegen häufiger befristet beschäftigt. So waren 18 % der Frauen befristet und 79 % unbefristet berufstätig, während bei den männlichen Absolventen die Anteile hingegen bei 8 % Befristeten bzw. 89 % Unbefristeten lagen. Der verbleibende Rest der Absolventen verweilte in einem sonstigen Beschäftigungsverhältnis. Die Abweichungen im Beschäftigungsverhältnis zwischen Männern und Frauen lassen sich auch direkt bzw. 3 Monate nach dem Studium erkennen. Die Unterschiede sind sogar noch stärker ausgeprägt als zum Zeitpunkt der Erhebung, dafür aber auf einem niedrigeren Niveau. So waren 84 % der Absolventen und 71 % der Absolventinnen – nach den Informationen der Umfrage – direkt bzw. 3 Monate nach dem Studium in einem unbefristeten Beschäftigungsverhältnis angekommen.

Gehalt und Aufstiegsmöglichkeiten ihrer beruflichen Tätigkeit bewerten Frauen schlechter als Männer

Die Bewertung der beruflichen Tätigkeit – gemessen mit Hilfe des Zufriedenheitsbarometers2 – weist bei den Tätigkeitsinhalten der Beschäftigung, der beruflichen Position, den Fort- und Weiterbildungsmöglichkeiten, der Ausstattung mit Arbeitsmitteln, den Möglichkeiten eigene Ideen einzubringen sowie dem Betriebs- und Arbeitsklima kaum geschlechtsspezifische Unterschiede auf. Lediglich die Bewertungen zum Gehalt, den Aufstiegsmöglichkeiten und der Familienfreundlichkeit unterscheiden sich wesentlich zwischen Mann und Frau. Dementsprechend schätzten die Absolventinnen ihr Gehalt mit 58 Punkten auf dem Zufriedenheitsbarometer weniger zufriedenstellend ein als die männlichen Absolventen mit 66 Punkten.

Begründet werden können die Unterschiede dadurch, dass in Berufen, die eine Ausbildung in den von Männern präferierten Fächergruppen – Mathematik, Naturwissenschaften und Ingenieurwissenschaften – voraussetzen, bessere Verdienste erzielt werden.3 Aber auch die Aufstiegsmöglichkeiten werden von Frauen um 6 Punkte schlechter (56 Punkte) als von Männern (62 Punkte) bewertet. Ebenso wird die Familienfreundlichkeit von den Absolventinnen als weniger zufriedenstellend – mit 63 Punkten im Vergleich zu 68 Punkten der Männer – beurteilt.

Insgesamt sind den Ergebnissen der Absolventenbefragung zu Folge Frauen mit ihrem Beruf unzufriedener, da sie alle in der Absolventenbefragung aufgelisteten Aspekte mit geringeren Punktewerten auf dem Zufriedenheitsbarometer beurteilen. So bewertet nur rund die Hälfte der Absolventinnen (55 %) ihre Beschäftigung im Bezug auf das Studium als (überwiegend) angemessen. Zwei Drittel (66 %) empfinden dies hingegen bei den Männern. Weitere 14 % der Absolventinnen sind der Meinung, ihre derzeitige Tätigkeit ist im Verhältnis zur Ausbildung wenig bzw. nicht angemessen. Bei den Männern beträgt der Anteil dagegen nur 9 %. Der jeweilige Rest der Absolventinnen und Absolventen schätzt diesen Aspekt als teilweise angemessen ein.

Unterschiedliche Bewertungen von Frau und Mann – ein Unterschied der Studienfachwahl?

Unterschiedliche Einschätzungen von Frauen und Männern lassen sich in der Absolventenbefragung nicht immer unmittelbar auf das Merkmal »Geschlecht« beschränken, sondern begründen sich unter anderem auch in der Wahl des Studienfaches. Eine geschlechtsspezifische Untersuchung der 508 teilnehmenden Absolventen des Faches Betriebswirtschaftslehre soll Klarheit darüber bringen, ob nach Ausblendung des Einflussfaktors »Studienfachwahl« weitere Unterschiede der Geschlechter bestehen.4

An der Absolventenbefragung 2010 haben 52 % männliche und 48 % weibliche ausgebildete Betriebswirtschaftler teilgenommen. Unterschiede in der Praxisorientierung (Frauen: 21 % freiwilliges und praktisches Studiensemester; Männer: 17 %) sowie den Auslandsaufenthalten (Männer: 43 %; Frauen: 44 %) bestehen kaum. Auch der Beginn der Beschäftigungssuche verhält sich bei beiden Geschlechtern nahezu identisch. Allerdings sind Frauen bei ihrer Beschäftigungssuche über das Internet erfolgreicher (45 %) als Männer (38 %). Die männlichen Absolventen hatten dagegen größeren Erfolg, indem sie den Arbeitgeber selbstständig kontaktierten (21 %), als ihre weiblichen Kommilitonen (17 %).

64 % der Männer mit einer Ausbildung als Betriebswirtschaftler an den Hochschulen der Angewandten Wissenschaften in Baden-Württemberg sind der Meinung, dass sie im Verhältnis zum Studium eine angemessene bzw. überwiegend angemessene Beschäftigung erhalten haben. Unterdessen liegt der Anteil bei den Frauen nur bei 54 %. Die Absolventinnen schätzen ihre derzeitige Tätigkeit im Vergleich zu den Männern häufiger als teilweise angemessen ein (Frauen: 33 %; Männer: 26 %) und beurteilen diese auch öfter als nicht angemessen (Frauen: 5 %; Männer: 2 %).

Auch Aspekte der Beschäftigung werden von Frau und Mann unterschiedlich beurteilt. Gemessen anhand des Zufriedenheitsbarometers sind männliche Betriebswirtschaftler deutlich zufriedener mit ihrer beruflichen Situation, ihrem Gehalt, ihren Aufstiegsmöglichkeiten und ihren Fortbildungsmöglichkeiten als Frauen. Dementsprechend liegen die Barometerwerte der Männer zur beruflichen Situation bei 77 Punkten, zum Gehalt bei 67 Punkten, zu den Aufstiegsmöglichkeiten bei ebenfalls 67 Punkten und zu den Fortbildungsmöglichkeiten bei 66 Punkten. Bei den Betriebswirtschaftlerinnen sind es hingegen zu den entsprechenden Aspekten nur 72, 59, 56 bzw. 59 Punkte.

Die Studienfachwahl der Frauen kann somit einen Teil der scheinbar geschlechtsspezifischen Abweichungen erklären, dennoch können aber – wie beispielhaft am Fach der Betriebswirtschaftslehre erläutert – nicht alle Differenzen dadurch begründet werden. Geschlechtsspezifische Unterschiede, so das Ergebnis der Absolventenbefragung 2010, bestehen insbesondere bei der Bewertung der Tätigkeit.

1 Die Beschäftigung im Angestellten- und Beamtenverhältnis sowie die Selbstständigkeit wurden zusammengerechnet.

2 Die Berechnung der Barometerwerte ordnet den unterschiedlichen Kategorien entsprechende Werte zu. Dabei werden nur Befragte berücksichtigt, die eine Bewertung abgegeben haben, das heißt die Werte werden ohne die Befragten die »keine Angabe« gemacht oder »trifft nicht zu« angegeben haben berechnet. Die Kategorie »sehr zufrieden« geht mit 100 Punkten, »zufrieden« mit 75 Punkten, »weder noch« mit 50 Punkten, »unzufrieden« mit 25 Punkten und »sehr unzufrieden« mit 0 Punkten in die Berechnung ein. Der Durchschnittswert bildet letztendlich den Barometer-wert in Punkten.

3 Das Einkommen, der weiblichen Absolventen liegt deutlich niedriger als jenes der männlichen Absolventen. So verdienen 41 % der Männer über 50 000 Euro, während es bei den Frauen der Absolventenbefragung – nach eigenen Angaben – nur 18 % sind. Das Einkommen eignet sich jedoch nicht für eine detaillierte geschlechtsspezifische Untersuchung, da deren Beeinflussung von weiteren Faktoren wie zum Beispiel den Studienfächern, einer Teilzeitbeschäftigung und der berufliche Stellung abhängt.

4 Diese Untersuchung kann nur über die Betriebswirtschaftslehre Auskunft geben und lässt keinerlei Rückschlüsse auf andere Studienfächer zu. Dabei wurden nur Betriebswirtschaftsabsolventen untersucht, die eine Angabe über ihr Geschlecht gemacht haben.