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Die Wetterbeobachtung

Eine frühere Aufgabe der Amtlichen Statistik

Im Königreich Württemberg wurde schon zu Beginn des 19. Jahrhunderts auf Anweisung der Regierung ein meteorologisches Beobachtungsnetz begründet. Diese Maßnahme stand in engem Zusammenhang mit der Aufgabe des Statistisch-Topographischen Bureaus, die Landeskunde voranzubringen. Diese Gemeinsamkeit fand ihren Ausdruck auch darin, dass regelmäßig in Statistischen Jahrbüchern und Mitteilungen Witterungsberichte und Beschreibung über Naturphänomene veröffentlicht wurden. 1854 wurde das bis dahin eigenständige »Meteorologische Institut« in das Statistisch-Topographische Bureau eingegliedert. Erst 1935 erfolgte die Ausgliederung der Meteorologischen Abteilung aus dem Württembergischen Statistischen Landesamt. Bedingt war dies durch die Entwicklung der Luftfahrt. Die Reichsregierung hatte am 6. April 1934 die »Verordnung über den Reichswetterdienst« erlassen; danach gehörten die Aufgaben der Wetterbeobachtung in den Geschäftsbereich des Reichsministers der Luftfahrt.

Um heutigen an meteorologischen Phänomenen Interessierten eine Möglichkeit des Vergleichs zu geben, haben wir nachfolgend die Wetterbeschreibung des Jahres 1912 aufgeführt, die auch Vergleichsmöglichkeiten zum gerade abgelaufenen Wetterjahr bietet.

Abschrift aus den »Mitteilungen des Königlichen Statistischen Landesamts«, Jahrgang 1913 unter Beibehaltung der damaligen Orthografie und Grammatik:

Witterungsübersicht vom Jahr 1912

Der Winter 1911/12 ist ziemlich mild gewesen und hat nicht viel Schnee und strengen Frost gebracht; die strenge Frostzeit beschränkte sich auf die fünf Anfangstage des Februar, die dann aber eine seit Jahren nicht mehr erlebte Kälte, insbesondere am 4. Februar herbeiführten. Wie gewöhnlich ist die Kälte in Tallagen viel strenger aufgetreten als in Höhen und namentlich in Hanglagen.

Ende Februar und noch mehr Ende März traten Anläufe zu warmem Frühlingswetter ein, die aber bald von empfindlichen Rückschlägen gefolgt waren. Der April brachte ziemlich trockenes und namentlich in seiner zweiten Hälfte warmes Wetter, aber in den ersten Maitagen erfolgte ein nochmaliger empfindlicher Rückschlag. Der weitere Verlauf des Mai brachte reichlich Regenfälle, aber auch viel Sonnenschein. Im Juni fiel während der ersten Monatshälfte noch öfter Regen als im Mai. Die zweite Junihälfte und der Juli hielten sich ziemlich trocken; doch war die Trockenheit von häufigen Gewittern und Wolkenbrüchen unterbrochen. Von Ende Juli bis gegen die Mitte des September, namentlich aber im August herrschte nasses und kühles Wetter, das erst nach den schweren Regen des 8. und 9. August Abschied nahm. Wieder etwa 6 Wochen lang behielt sodann ziemlich trockenes Wetter die Oberhand. Am 5. und 6. Oktober traten die ersten ernstlichen Fröste ein. Der November brachte schon im ersten Drittel Schneefälle, doch hielt sich bei der herrschenden, nur mäßig kalten Temperatur nur in hohen Lagen eine Schneedecke. Das mäßig kalte Frühwinterwetter des November erhielt sich noch im ersten Dezemberdrittel, wurde aber dann von milder, beinahe märzmäßiger Witterung abgelöst, die bis zum Schluss des Jahres die Herrschaft behauptete.

An Hitze war der Jahrgang nicht reich. Dem entsprechend war die Zahl der Sommertage niedrig, in hohen Lagen sogar sehr gering. Aber auch die Wintertage waren selten. Groß war dagegen die Zahl der Niederschlagstage. Der Niederschlag war reichlich, weniger in Folge des verregneten August, als wegen der Wolkenbrüche des Juli und des schweren Regen im September. Vor allem hatte der Schwarzwald Überschuss an Niederschlag. Ferner gibt die Verteilungskarte, dass die Mainhardter und Welzheimer Waldberge in diesem Jahr mehr Niederschlag bekommen haben, als die sonst niederschlagsreichere Rauhe Alb.

Schwere Hagelwetter waren nicht häufig, die schlimmsten Hagelschäden sind im Unterland am 28. Juli, im Oberland am 6. Juli entstanden.

Wie stark die Menschen im 19. und frühen 20. Jahrhundert von den Witterungseinflüssen abhängig waren, und welche Bedeutung sie Naturphänomenen für ihr alltägliches Leben zuordneten, zeigt sich nicht zuletzt darin, in welcher Breite und fachlichen Tiefe diese Sachverhalte immer wieder in den Jahrbüchern für Statistik und Landeskunde und in den Statistischen Mitteilungen dargestellt und analysiert wurden.