:: 2/2015

Innovationsindex 2014: Kreise und Regionen in Baden-Württemberg

Baden-Württemberg belegt bei der Innovationsfähigkeit innerhalb der Europäischen Union den Spitzenplatz.1 Mit seinen erstklassig ausgebauten Forschungs- und Entwicklungskapazitäten in den Unternehmen, Hochschulen und außeruniversitären Forschungseinrichtungen liegt im Südwesten ein exzellentes technologisches Leistungspotenzial für das Hervorbringen von Innovationen vor. Der Innovationsindex 2014 beantwortet die Frage, wie das Innovationspotenzial innerhalb der Kreise und Regionen in Baden-Württemberg aktuell verteilt ist.

Auf Kreisebene führt weiterhin der Landkreis Böblingen das Spitzenfeld an. Auf dem zweiten Rangplatz folgt nun der Stadtkreis Stuttgart. Die Region Stuttgart leistet damit einen wichtigen Beitrag zur Innovationsfähigkeit im Südwesten. Auch die umliegenden Regionen steuern einen hohen Anteil zum Innovationspotenzial in Baden-Württemberg bei. Der nachfolgende Beitrag gibt hierzu einen Überblick.

Der Innovationsindex wurde bereits im Jahr 2004 im Statistischen Landesamt Baden-Württemberg entwickelt und seither im 2-jährigen Turnus berechnet. In die Berechnung fließen sechs Innovationsindikatoren ein, die eine vergleichende Bewertung der Innovationsfähigkeit der Stadt- und Landkreise im Südwesten ermöglichen. Nachdem inzwischen die Daten für die FuE-Ausgaben2 und das FuE-Personal im Staats-3 und Hochschulsektor auf Kreisebene4 verfügbar sind – bisher lagen diese Daten nur für den Wirtschaftssektor auf Kreisebene vor – konnte die Berechnung 2014 nunmehr bei den Innovationsindikatoren 1 und 2 erweitert werden. Dadurch kann die Innovationsfähigkeit der Kreise mit Hochschulen und außeruniversitären Forschungseinrichtungen besser abgebildet werden (i-Punkt »Methodische Erläuterungen«). Aufgrund dieser Anpassung sind die Ergebnisse der Berechnung 2014 aber nur eingeschränkt mit den Ergebnissen der Berechnung 2012 und früherer Jahre vergleichbar.

Landkreis Böblingen belegt den Spitzenplatz

Die Kreise mit der höchsten Innovationsfähigkeit im Land sind der Landkreis Böblingen, die Stadtkreise Stuttgart, Heidelberg und Ulm sowie der Landkreis Bodenseekreis. Diese Kreise weisen bei den meisten Innovationsindikatoren ein weit überdurchschnittliches Niveau auf bzw. belegen bei mindestens drei Innovationsindikatoren einen Platz unter den ersten sechs Rängen.

Die Spitzenposition des führenden Landkreises Böblingen beim Innovationsindex 2014 ist vor allem auf seine forschungsintensiven Industriebranchen zurückzuführen. Der Anteil der Beschäftigten in diesem Sektor lag zuletzt im Kreis Böblingen mit gut 32 % weit über dem Landesdurchschnitt von 18 %. Darüber hinaus sind die FuE-Ausgaben bezogen auf das Bruttoinlandsprodukt im Kreisvergleich nirgendwo höher als im Landkreis Böblingen. Auch die gute Platzierung des Kreises beim Innovationsindikator FuE-Personal (Rang 2), bei den Patentanmeldungen aus Wirtschaft und Wissenschaft (Rang 3) sowie bei den Existenzgründungen (Rang 5) runden das Bild eines von forschungsintensiven Branchen geprägten Kreises ab. Der Landkreis Böblingen profitiert unter anderem auch von seiner geografischen Nähe zu Konzernzentralen und Forschungseinrichtungen großer Unternehmen im Raum Stuttgart. In Sindelfingen steht zum Beispiel mit dem Mercedes-Benz-Werk eine bedeutende Produktionsstätte der Daimler AG, in der auch viele Entwicklungsabteilungen angesiedelt sind. Daneben ist Böblingen Sitz eines der weltweit größten Forschungs- und Entwicklungszentren der IBM. Weiterhin sind im Landkreis Böblingen auch Forschungsstätten von High-Tech-Unternehmen wie Hewlett-Packard angesiedelt.

Gesamtindex: Stadtkreis Stuttgart belegt den zweiten Rangplatz

Das Innovationspotenzial des zweitplatzierten Stadtkreises Stuttgart wird wie im Landkreis Böblingen vor allem durch die hohe Forschungsintensität hervorgerufen. Während im Landkreis Böblingen ein sehr hoher Beschäftigtenanteil in der forschungsintensiven Industrie erkennbar ist, sind in der Landeshauptstadt überdurchschnittlich viele Personen in wissensintensiven Dienstleistungsbranchen tätig. Der Anteil der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten in wissensintensiven Dienstleistungsbranchen an den gesamten sozialversicherungspflichtig Beschäftigten beträgt im Stadtkreis Stuttgart 56 %. Dieser Wert wird nur vom Stadtkreis Heidelberg übertroffen. Im Landesdurchschnitt liegt der Anteil bei 37 %. Die Landeshauptstadt verfügt neben den beiden forschungsaktiven Universitäten5 auch über bedeutende außeruniversitäre Forschungseinrichtungen wie beispielsweise Institute der Helmholtz-Gemeinschaft, Max-Planck-Gesellschaft und Fraunhofer-Gesellschaft. Weiterhin sind in der Landeshauptstadt eine Vielzahl von Groß- und mittelständischen Unternehmen angesiedelt. Die Forschungs- und Entwicklungsaktivitäten von Firmen wie beispielsweise Daimler, Bosch und Mahle spielen hier eine große Rolle, aber auch die Branchen »Software und Medien« tragen ihren Anteil zum hohen Innovationspotenzial im Land bei.

Heidelberg: zwei Innovationsindikatoren auf höchstem Niveau

Der im Innovationsranking beim Gesamtindex drittplatzierte Stadtkreis Heidelberg weist bei zwei Innovationsindikatoren das höchste auf Kreisebene ausgewiesene Niveau auf. In keinem Kreis sind mehr Personen6 mit Forschungs- und Entwicklungsaufgaben betraut und nirgendwo ist der Anteil der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten in wissensintensiven Dienstleistungsbranchen an den gesamten sozialversicherungspflichtig Beschäftigten höher als in Heidelberg (rund 62 %). Auch die gute Platzierung des Kreises beim Innovationsindikator FuE-Intensität7 (Rang 3) und bei den Existenzgründungen (Rang 4) runden das Bild eines Kreises mit sehr hohem Innovationspotenzial ab. Heidelberg gilt nicht nur als eine der schönsten Städte in Deutschland, sie ist auch Standort der ältesten Universität. Diese wurde im Jahr 2012 erneut als Elite-Universität ausgezeichnet. Zudem gingen bislang zehn Nobelpreise an Professoren der Ruprecht-Karls-Universität. International renommierte Forschungseinrichtungen wie das Europäische Laboratorium für Molekulare Biologie (EMBL), das Deutsche Krebsforschungszentrum (DKFZ)8 sowie vier Max-Planck-Institute haben in Heidelberg ihren Standort. Darüber hinaus sichern eine Vielzahl an mittelständischen Unternehmen, aber auch Weltkonzerne wie beispielsweise die HeidelbergCement Group oder Heidelberger Druckmaschinen AG die Innovationskraft.

Die Platzierung des Stadtkreises Ulm auf dem vierten Platz ist auf das insgesamt weit überdurchschnittliche Niveau bei fünf der sechs Innovationsindikatoren zurückzuführen. Nur beim Anteil der Beschäftigten in der forschungsintensiven Industrie liegt ein auf Baden-Württemberg insgesamt bezogener unterdurchschnittlicher Wert vor. Ulm als Zentrum der bundesländerübergreifenden Region Donau-Iller ist sowohl traditionsreicher Standort der Nutzfahrzeugindustrie als auch Teil einer zukunftsweisenden und dynamischen Gesundheits-, Pharmazie- und Biotechnologie-Region. In der »Ulmer Wissenschaftsstadt« entstand mit dem »Science Park« in den vergangenen Jahren ein stetig wachsendes Netzwerk aus Hochschulen, An-Instituten und zahlreichen FuE-Einrichtungen innovativer Unternehmen.

Der auf Kreisebene beim Innovationsranking auf dem fünften Rang platzierte Bodenseekreis zeichnet sich besonders durch eine hohe Forschungsintensität, einen hohen Anteil der Beschäftigten in forschungsintensiven Industriezweigen und durch eine beachtliche Patentdichte aus. Mit seinem wirtschaftlichen Zentrum in Friedrichshafen wird der Kreis untrennbar mit dem Namen »Zeppelin« verbunden, aus dem mehrere international tätige Technologiekonzerne hervorgingen. Hierzu zählen beispielsweise der Autozulieferer ZF Friedrichshafen und die heute zur Rolls-Royce Power Systems AG gehörende frühere MTU Friedrichshafen.

Neben diesen Kreisen liegen alle Stadt- und Landkreise, die über bedeutende universitäre und außeruniversitäre Forschungseinrichtungen verfügen – mit Ausnahme von Mannheim – im Vorderfeld des Rankings. Hier rangieren auch die Landkreise Ludwigsburg, Biberach, Heilbronn, Rhein-Neckar-Kreis und Esslingen. Bei der Analyse der Ergebnisse auf Kreisebene ist zu berücksichtigen, dass hier relativ kleine regionale Einheiten betrachtet werden. Innnovationsaktivitäten sind jedoch nicht lokal begrenzt, sie wirken über Kreisgrenzen hinweg. Durch diese Spillover-Effekte profitieren auch die weniger innovativen Kreise von Aktivitäten in anderen Kreisen. Eine Erfassung und Bewertung dieser Effekte ist bei der Berechnung des Indexes jedoch nicht möglich.

Teilindex »Dynamik«: Enzkreis auf Platz 1

Auf Kreisebene sind die Platzierungen beim Gesamt- und Niveauindex auf den ersten sechs Rängen identisch. Beim Teilindex »Dynamik«, der auf die mittelfristige Entwicklung der Innovationsfähigkeit hinweist, zeigt sich allerdings ein anderes Bild. Hier liegt bei der Berechnung 2014 der Enzkreis knapp vor den Landkreisen Göppingen und Biberach. Getragen wird die positive Dynamik im Enzkreis im Wesentlichen durch eine in den letzten Jahren überdurchschnittlich angestiegene FuE-Ausgabenintensität und FuE-Personalintensität sowie durch den Aufbau der Beschäftigung in wissensintensiven Dienstleistungsbranchen. Dabei kommt dem Enzkreis auch der statistische Basiseffekt zugute, bei dem sich aufgrund eines bisher vergleichsweise niedrigen Niveaus eine positive Änderung prozentual stärker auswirkt als in Kreisen mit einem höheren Ausgangsniveau. Insgesamt wirkt sich die sehr dynamische Entwicklung im Enzkreis auch auf die Platzierung im Gesamtindex aus. Hier belegt der Enzkreis nun einen Platz im Mittelfeld. Ähnliches gilt für die Landkreise Göppingen und insbesondere für Biberach. Beide Kreise konnten durch die überdurchschnittliche Dynamik ihre Platzierung im Gesamtindex gegenüber dem Niveauindex verbessern. Der Landkreis Biberach verbessert sich dadurch beim Gesamtindex um zwei Rangplätze, obwohl er beim Niveauindex bereits ein vergleichsweise hohes Niveau aufweist.

Innovationspotenzial in der Region Stuttgart am höchsten

Die Region Stuttgart ist nicht nur die wirtschaftsstärkste Region im Land,9 sondern auch die Region mit dem höchsten Innovationspotential. Dies bedeutet, dass die hohe Innovationskraft in Baden-Württemberg zu einem beachtlichen Teil aus der Region Stuttgart stammt. In dieser Region befinden sich mit den Kreisen Böblingen und Stuttgart die Kreise mit dem höchsten Innovationspotenzial in Baden-Württemberg. Von den übrigen Kreisen dieser Region befinden sich jeweils zwei Kreise im Vorderfeld (Ludwigsburg und Esslingen) und zwei Kreise im Mittelfeld (Rems-Murr-Kreis und Göppingen) des Innovationsindexes.

Die Region mit dem zweithöchsten Innovationspotenzial im Land ist die Region Donau-Iller. Die gute Platzierung beruht auf dem hier liegenden Stadtkreis Ulm und dem Landkreis Biberach – mit ihrem vierten bzw. siebten Rang auf Kreisebene. Das dritthöchste Innovationspotenzial wurde für die Region Rhein-Neckar – mit dem auf Kreisebene drittplatzierten Stadtkreis Heidelberg – ermittelt. Dieses Ergebnis rundet das Bild einer Region ab, die beim Bildungsstand der Bevölkerung und bei der Studierendendichte die höchsten Werte im Land aufweist.

Während die Innovationsfähigkeit der viertplatzierten Region Mittlerer Oberrhein mit ihren bedeutenden Forschungseinrichtungen im Stadt- und im Landkreis Karlsruhe ebenso wie der fünftplatzierten Region Ostwürttemberg nur knapp unter dem durchschnittlichen Niveau aller zwölf Regionen liegt, schneiden die verbleibenden sieben Regionen in Baden-Württemberg beim Innovationsindex 2014 zum Teil deutlich unterdurchschnittlich ab.

Region Donau-Iller liegt beim Dynamikindex an der Spitze

Während sich die Platzierungen bei den Regionen bis einschließlich Rang 9 beim Gesamt- und Niveauindex nicht unterscheiden, zeichnen sich beim Teilindex »Dynamik« andere Entwicklungen ab. Hier liegt die Region Donau-Iller in der aktuellen Berechnung vor den Regionen Südlicher Oberrhein, Schwarzwald-Baar-Heuberg und Stuttgart an der Spitze. In der Region Donau-Iller wurden wie in keiner anderen Region die Forschungsanstrengungen im Untersuchungszeitraum intensiviert. Beispielsweise wurden, trotz eines bereits hohen Niveaus, die Ressourcen bei den Innovationsindikatoren FuE-Ausgaben und FuE-Personal deutlich aufgestockt.

Fazit

Das Innovationspotenzial in Baden-Württemberg liegt im europäischen Vergleich an der Spitze. Wie die Berechnung des Innovationsindexes 2014 auf Kreisebene zeigt, ist dieses Potenzial innerhalb Baden-Württembergs jedoch sehr unterschiedlich verteilt. Die neu eingeführte erweiterte Berechnung auf Kreisebene ermöglicht inzwischen eine noch differenziertere Analyse der vorliegenden Daten. Durch die nun mögliche Einbeziehung der FuE-Ausgaben und des FuE-Personals des Staats- und Hochschulsektors in die Berechnung wird unter anderem die Innovationsfähigkeit der Kreise mit Hochschulen und außeruniversitären Forschungseinrichtungen besser abgebildet.

Stuttgart, die wirtschaftsstärkste Region im Land, ist auch das Zentrum des Innovationsgeschehens. Mit einer ebenfalls hohen Innovationsfähigkeit folgen im Ranking die Regionen Donau-Iller und Rhein-Neckar. Die wirtschaftlichen und wissenschaftlichen Zentren dieser Regionen, der Landkreis Böblingen sowie die Stadtkreise Stuttgart, Heidelberg und Ulm, liegen bei der Betrachtung auf Kreisebene beim Innnovationsindex 2014 auf den vorderen Rängen.

1 Einwiller, Ruth: »Innovationsindex 2014: Baden-Württemberg im europäischen Vergleich«, in: »Statistisches Monatsheft Baden-Württemberg 1/2015«, S. 18–25.

2 FuE: Forschung und Entwicklung.

3 Forschungs- und Entwicklungsaktivitäten werden von der Wirtschaft, an den Hochschulen und in öffentlichen Forschungsstätten außerhalb der Hochschulen (Staatssektor) durchgeführt.

4 Die FuE-Ressourcen des Staats- und Hochschulsektors stehen für die Berechnungen zwar zur Verfügung, unterliegen aber aus datenschutzrechtlichen und methodischen Gründen der Geheimhaltung.

5 Zusammen warben die Universität Stuttgart und Hohenheim in den letzten Jahren landesweit die meisten Drittmittel ein.

6 FuE-Personalintensität gemessen in Vollzeitäquivalenten und bezogen auf die ebenfalls in Vollzeitäquivalenten gemessenen Erwerbstätigen insgesamt.

7 FuE-Ausgaben bezogen auf das Bruttoinlandsprodukt.

8 Forschungseinrichtung der Helmholtz-Gemeinschaft. Das Deutsche Krebsforschungszentrum in Heidelberg ist die größte biomedizinische Forschungseinrichtung in Deutschland.

9 Statistische Daten zu den einzelnen Regionen in Baden-Württemberg sind in der Veröffentlichung »Die Region im Blick – Erstausgabe 2014« des Statistischen Landesamtes verfügbar.