:: 6/2017

Joachim Werner: Ein moderner Statistiker der »alten Schule« geht in Pension

Ein Blick auf das heterogene Spektrum der in dreieinhalb Jahrzehnten durchlaufenen Statistikbereiche

Nach rund dreieinhalb Jahrzehnten in den unterschiedlichsten Bereichen der amtlichen Statistik setzt sich Herr Joachim Werner mit Ablauf des Juli 2017 »zur Ruhe«. In dieser Zeit verfasste er ein Füllhorn an Aufsätzen mit zwei eindeutigen Schwerpunkthemen: Auswertungen der Statistiken zum Verarbeitenden Gewerbe und der repräsentativen Wahlstatistiken. Zwei Drittel seiner analytischen Feder beschrieben diese Statistikbereiche. Der mit der Landtagswahl 1996 aus der Taufe gehobene Wahlnachtbericht ist sein »Kind«. Rückblickend fällt auf: Bei aller Heterogenität der betreuten Bereiche gehörte auch Kontinuität zu seinem Markenzeichen.

Welchem Aufgabenbereich er einmal die Treue geschworen hatte, dort blieb er längere Zeit:

  • 9 Jahre Referent im Referat »Verarbeitendes Gewerbe«
  • 9 Jahre Leiter des Referats »Volkszählung, Mikrozensus, Erwerbstätigkeit, Wohnungswesen, Wahlen«
  • 15 Jahre Leiter der Abteilung »Wirtschaftswissenschaftliche Analysen, Umweltbeobachtung, Agrarwirtschaft«

Mit frischem Elan von der Uni direkt zur amtlichen Statistik – und gleich vom Bundesverfassungsgericht ausgebremst …

Unmittelbar nach Abschluss seines Studiums trat Herr Werner zum 1. Oktober 1982 in das Statistische Landesamt Baden‑Württemberg ein. Der Beginn seiner Laufbahn als Statistiker gestaltete sich jedoch – ohne eigenes Zutun – etwas holprig, denn Herr Werner war für die seinerzeit bevorstehende Volkszählung 1983 eingestellt worden. Diese wurde allerdings durch das Bundesverfassungsgericht per einstweiliger Anordnung im April 1983 gecancelt. All die Mühen des Jungreferenten Werner in Form ausgefeilter und sachlich begründeter Formulierungen für eine Stellungnahme zu den vom Bundesverfassungsgericht aufgeworfenen Fragen halfen nichts. Nach der Grundsatzentscheidung des Bundesverfassungsgerichts im Dezember 1983 konnte die Volkszählung erst 1987 tatsächlich stattfinden. »Einwohner zählen« fiel somit erstmal aus. Alsbald war aber ein interessantes »Ersatzaufgabengebiet« gefunden, in dem er seine Fähigkeiten in der »handfesten« statistischen Basisarbeit, wie zum Beispiel der Ausgestaltung des Erhebungsmanagements und der Aufbereitung statistischer Erhebungen unter Beweis stellen konnte. Ab Frühjahr 1984 betreute Herr Werner fortan die verschiedenen Monats- und Jahreserhebungen des Verarbeitenden Gewerbes im Referat »Verarbeitendes Gewerbe« – seiner ersten längeren Statistikstation. Neben dem Alltagsgeschäft kamen dabei wissenschaftliche Analysen und methodische Herausforderungen nicht zu kurz. Zum einen hat er dies in einer Vielzahl von analytischen Beiträgen im Statistischen Monatsheft Baden‑Württemberg unter Beweis gestellt. Ein Drittel seiner insgesamt 71 veröffentlichten Aufsätze stammen aus dieser Zeit. Zum anderen ragt aus der Vielzahl seiner damaligen Aufgaben die wissenschaftlich-methodische Entwicklung eines völlig neuartigen Fortschreibungsprogramms mittels der Shift-Analyse zur Untersuchung unterschiedlicher Struktur- und Standortentwicklungen der Kreise Baden‑Württembergs heraus. Ein erster »Aufschlag« des »Modernisierers« Werner.

… und ein Spezialist für die wahlstatistischen Analysen …

Nach der langjährigen Tätigkeit als Referent in der Industriestatistik nahm Herr Werner im Frühsommer 1993 eine neue Herausforderung an und wechselte in das Referat »Volkszählung, Mikrozensus, Erwerbstätigkeit, Wohnungswesen, Wahlen«, dem er bis zur Jahresmitte 2002 als Referatsleiter vorstand. Einen wesentlichen Schwerpunkt seiner analytischen Arbeit stellten die Untersuchungen zu den Kommunal-, Landtags-, Bundestags- und Europawahlen dar. Wiederum ein Drittel seines umfangreichen wissenschaftlichen Outputs widmete er diesem in der Öffentlichkeit stark beachteten Thema. Aber nicht nur die Auswertungsseite interessierte ihn, viel mehr war es ihm auch ein besonderes Anliegen, das Procedere des Erhebungsgeschäfts bis zum Vorliegen der Ergebnistabellen so wenig wie möglich fehleranfällig zu gestalten. Nur so sind die in dieser Zeit für diesen Bereich erzielten nachfolgenden Meilensteine einer zeitgemäßen Aufbereitung und Auswertung zustande gekommen.

Die seit der Landtagswahl 2001 bei jeder Wahl erfolgreich eingesetzte Anwendung »Dezentrale Wahldatenerfassung« geht maßgeblich auf ihn zurück. Sie dient auch heute noch der Übermittlung der Wahlergebnisse von den Gemeinden (und Städten) an die Kreiswahlleitungen sowie von dort an die Landeswahlleitung.

Auch der Wahlnachtbericht, der seit der Landtagswahl 1996 stets am Montagmorgen nach jeder Parlamentswahl der Öffentlichkeit vorgelegt wird, ist auf Herrn Werner zurückzuführen. In Zusammenarbeit mit der Landeswahlleitung wird jeweils das vorläufige Wahlergebnis ermittelt. Der darauf basierende Wahlnachtbericht beinhaltet neben dem Wahlergebnis für alle Wahlkreise, dem Abschneiden der Kandidatinnen und Kandidaten und der Sitzverteilung ebenfalls bereits Auswertungen aus regionaler Perspektive.

… sowie für das Erhebungsmanagement des »Mikrozensus«

Das zweite Standbein in diesem von ihm geleiteten Referat stellt der Mikrozensus dar – die größte amtliche Haushaltsbefragung und die thematisch inhaltsreichste amtliche Statistik schlechthin. Auch hier setzte der »Modernisierer« Werner nachhaltige Akzente…