:: 3/2018

Forschung und Entwicklung im IKT-Sektor

Die fortschreitende Digitalisierung verändert unsere Gesellschaft und das wirtschaftliche Handeln. Der Einfluss des Informations- und Kommunikationstechnologiesektors (IKT-Sektor) auf die Wertschöpfung und damit auf den Erfolg unserer Volkswirtschaft nimmt weiter zu. Schon heute besteht die Wertschöpfung des Fahrzeug- und Maschinenbaus zu einem bedeutenden Anteil aus IT- und Softwarekomponenten. Durch ständig neue Innovationen in diesem Bereich ist ein weiterer Anstieg absehbar. Damit rücken Investitionen in Forschung und Entwicklung (FuE) im IKT-Sektor stärker in den Fokus. Wie hoch sind die FuE-Investitionen im IKT-Sektor in Baden-Württemberg, im Bundesländervergleich und wie haben sich diese in den letzten Jahren entwickelt? Der nachfolgende Beitrag gibt hierzu einen Überblick.

Der IKT-Sektor setzt sich aus sehr unterschiedlichen Branchen zusammen. Im IKT-Sektor werden Wirtschaftszweige des produzierenden Gewerbes, des Handels mit IKT-Gütern und solche Wirtschaftszweige zusammengefasst, die in ihrer Haupttätigkeit Serviceleistungen im Bereich der Informationstechnik und Telekommunikation anbieten (siehe i-Punkt).

Die zunehmende Digitalisierung unserer Gesellschaft wird neue und verbesserte Produkte, Dienstleistungen und Prozesse hervorbringen. Diese Innovationen werden sich auf die bisherigen Wertschöpfungsketten auswirken und Geschäftsmodelle der Leitbranchen des Landes wie Fahrzeugbau, Maschinenbau und Elektrotechnik nachhaltig verändern. Investitionen in Forschung und Entwicklung sind eine wichtige Ausgangsbasis für die Generierung von Innovationen. Dies gilt im Besonderen für den IKT-Sektor. Das Zusammenwachsen unterschiedlicher Technologien dürfte zukünftig zu einer steigenden Nachfrage an FuE-Aktivitäten führen.

Forschung und Entwicklung in Baden-Württemberg 2015

Die Forschungs- und Entwicklungsaktivitäten werden sowohl von privatwirtschaftlichen Einrichtungen, im Wesentlichen sind das die Unternehmen (Wirtschaftssektor), als auch von öffentlichen Stellen durchgeführt und finanziert.1 Im Jahr 2015 lagen die Ausgaben für Forschung und Entwicklung in Baden-Württemberg insgesamt bei 22,7 Mrd. Euro. Den Löwenanteil der FuE-Investitionen in Baden-Württemberg stellen, wie auch in der Europäischen Union insgesamt, die Unternehmen. 2015 betrug der Anteil des Wirtschaftssektors in Baden-Württemberg 81 %. Damit verfügte die Wirtschaft in Baden-Württemberg mit internen FuE-Aufwendungen2 in Höhe von 18,5 Mrd. Euro über die höchsten FuE-Ressourcen aller Bundesländer. Der Anteil der FuE-Aufwendungen im Wirtschaftssektor in Baden-Württemberg an den FuE-Aufwendungen der Wirtschaft in Deutschland insgesamt belief sich 2015 auf 30 %.

Die enorme Bedeutung des Wirtschaftssektors bei den FuE-Investitionen in Baden-Württemberg ist insbesondere auf den Kraftfahrzeugbau3 zurückzuführen. In dieser Branche hatten Kfz-Unternehmen in Baden-Württemberg 2015 gut 9,1 Mrd. Euro für FuE aufgewendet bzw. fast die Hälfte der im Wirtschaftssektor in Baden-Württemberg investierten FuE-Aufwendungen. Aber auch im IKT-Sektor wurden 2015 im Wirtschaftssektor im Südwesten hohe FuE-Aufwendungen getätigt, und zwar 2,6 Mrd. Euro bzw. 14 %.4

Bundesländervergleich

Zwar wurden 2015 FuE-Aktivitäten im IKT-Sektor in allen Bundesländern nachgewiesen. Der Anteil der FuE-Ausgaben der einzelnen Länder an den FuE-Ausgaben in Deutschland in diesem Sektor insgesamt unterscheidet sich allerdings erheblich. Hierzulande werden inzwischen beachtliche 39 % der deutschlandweiten FuE-Investitionen des IKT-Sektors getätigt.

Neben Baden-Württemberg weisen nur die Bundesländer Bayern und Nordrhein-Westfalen FuE-Anteile im zweistelligen Bereich aus und zusammen mit den Bundesländern Sachsen, Hessen sowie Berlin decken diese sechs Bundesländer 89 % der deutschlandweiten FuE-Aufwendungen im IKT-Sektor ab. In die nachfolgende Analyse werden nur Bundesländer einbezogen deren FuE-Anteil im IKT-Sektor in Deutschland über 3 % liegt.

Aufgrund von unterschiedlichen Wirtschaftsstrukturen in den Bundesländern sind die FuE-Aufwendungen auch uneinheitlich auf die beiden hier betrachteten Teilbereiche des IKT-Sektors verteilt. Die FuE-Aufwendungen in Baden-Württemberg wurden zu 42 % im Bereich IKT-Warenproduktion und zu 58 % im Bereich IKT-Dienstleistungen getätigt. Deutschlandweit ist der Anteil der beiden Bereiche quasi ausgeglichen. In Bayern und Nordrhein-Westfalen liegt der Schwerpunkt der FuE-Aktivitäten mit 72 % bzw. 71 % im IKT-Teilbereich Warenproduktion, in Sachsen liegt der Schwerpunkt der FuE-Aktivitäten mit einem Anteil von 69 % im IKT-Dienstleistungsbereich.

Programmierung: Schwerpunkt der Forschungs- und Entwicklungsaktivitäten im Südwesten

Im Jahr 2015 wurden die FuE-Investitionen der IKT-Dienstleistungen in Baden-Württemberg nahezu vollständig für Programmierungstätigkeiten (WZ 62.01) aufgewendet (98 %). Damit entfielen über die Hälfte (56 %) der gesamten FuE-Aufwendungen des IKT-Sektors im Südwesten auf diese Tätigkeit. In Deutschland und gerade in Baden-Württemberg bestimmen überwiegend die besonders forschungsaktiven Großunternehmen das gesamtwirtschaftliche FuE-Volumen. Daher ist es auch nicht verwunderlich, dass ein großer Teil dieser FuE-Investitionen von einem bedeutenden Softwareunternehmen im Land getragen wird.

Deutschlandweit wurden durchschnittlich 79 % der FuE-Aufwendungen der IKT-Dienstleistungen für Programmierungstätigkeiten aufgewendet, in Sachsen war der Anteil so hoch wie in Baden-Württemberg und in Hessen lag er bei 89 %. Die FuE-Dienstleisterinnen und -leister übernehmen dabei vermehrt Aufgaben aus den Bereichen Test und Validierung, Design, Konzeption, Simulation, Modellierung und Informationstechnik. Der Schwerpunkt Programmierungstätigkeiten konnte im IKT-Sektor im Teilbereich der Dienstleistungen jedoch nicht in allen Ländern mit bedeutenden FuE-Aufwendungen festgestellt werden. In Berlin lag der Anteil noch bei 52 %, in Nordrhein-Westfalen und Bayern nur bei 37 % bzw. 36 %.

Hohe Zuwachsraten bei Forschung und Entwicklung im IKT-Sektor in Baden-Württemberg

Baden-württembergische Unternehmen haben ihre FuE-Aufwendungen im IKT-Sektor deutlich stärker ausgeweitet als Unternehmen in anderen Bundesländern. Die FuE-Aufwendungen wurden in Baden-Württemberg gegenüber 2009 um 0,9 Mrd. Euro aufgestockt. Der zweithöchste Wert bei der Zunahme der FuE-Aufwendungen im IKT-Sektor war im Bundesländervergleich mit 0,2 Mrd. Euro für Bayern festzustellen. Die durchschnittliche jährliche Zuwachsrate der internen FuE-Ausgaben im IKT-Sektor lag im Betrachtungszeitraum 2009 bis 2015 im Südwesten bei 7,3 %. Deutschlandweit betrug die Zuwachsrate 4,1 %. Nur in Sachsen lag die Zuwachsrate ähnlich hoch wie in Baden-Württemberg bei 6,8 %. Nordrhein-Westfalen und Bayern verzeichneten ebenfalls noch ein Plus (2,8 % bzw. 2,7 %) und in Hessen war sogar ein Rückgang um 1,8 % festzustellen.5 Dies ist vor allem auf die Abnahme der FuE-Investitonen bei den IKT-Dienstleistungen zurückzuführen. Die verhaltene Gesamtentwicklung im IKT-Sektor in Bayern ist, trotz einer Zunahme der FuE-Investitionen im Bereich der IKT-Warenproduktion, einer rückläufigen Entwicklung bei den FuE-Aufwendungen im Bereich IKT-Dienstleistungen geschuldet. Die insgesamt hohe Zunahme in Baden-Württemberg verteilt sich hingegen auf beide Teilbereiche des IKT-Sektors. Inzwischen werden im Südwesten beachtliche 39 % der deutschlandweiten FuE-Investitionen des IKT-Sektors getätigt. Im Jahr 2009 war dieser Anteil mit 32 % noch deutlich geringer.

Fazit

Der Schwerpunkt der FuE-Aktivitäten der Südwestwirtschaft liegt im Kraftfahrzeugbau. Die Hälfte der FuE-Aufwendungen des Wirtschaftssektors entfiel auf diese Branche. Aber auch im IKT-Sektor sind die FuE-Ressourcen hoch. Der Anteil der FuE-Aufwendungen im IKT-Sektor belief sich 2015 auf 14 % und ist damit höher als im Maschinenbau, eine für das Wirtschaftswachstum in Baden-Württemberg ebenfalls bedeutende Branche. Hier lag der Anteil der FuE-Aufwendungen in Baden-Württemberg bei 10 %. Nicht nur im Branchenvergleich innerhalb Baden-Württembergs, sondern auch im deutschlandweiten Vergleich sind die FuE-Ressourcen im IKT-Sektor im Südwesten beachtlich. Hierzulande werden inzwischen 39 % der deutschlandweiten FuE-Investitionen dieses Sektors getätigt. Im Jahr 2009 war dieser Anteil mit 32 % noch deutlich geringer. Baden-württembergische Unternehmen haben damit ihre FuE-Aufwendungen im IKT-Sektor deutlich stärker ausgeweitet als Unternehmen in anderen Bundesländern. Aktuelle Entwicklungstrends wie autonomes Fahren und Industrie 4.0 zeigen die zunehmende Bedeutung des IKT-Sektors für die Sicherung der Wettbewerbsfähigkeit. Innovationen in diesem Sektor werden bei einer Ausweitung der FuE-Investitionen weiter zunehmen und können damit zu einem nachhaltigen Wirtschaftswachstum im Südwesten beitragen.

1 Der öffentliche Bereich setzt sich aus den Hochschulen (Hochschulsektor) sowie öffentlichen und überwiegend öffentlich geförderten Forschungseinrichtungen außerhalb der Hochschulen (Staatssektor) zusammen.

2 Interne FuE-Aufwendungen sind Mittel, die für Forschungs- und Entwicklungsaktivitäten innerhalb des Wirtschaftssektors im Inland eingesetzt werden, ungeachtet der Finanzierungsquellen, nachfolgend als FuE-Aufwendungen, FuE-Ressourcen bzw. FuE-Investitionen bezeichnet.

3 Wirtschaftszweig (WZ) 29: Herstellung von Kraftwagen und Kraftwagenteilen. Nachfolgend jeweils Wirtschaftszweigklassifikation 2008.

4 Die Zuordnung der Unternehmen erfolgt bei der FuE-Erhebung nach dem wirtschaftlichen Schwerpunkt. Nachdem Unternehmen die beispielsweise dem Kraftfahrzeugbau zugeordnet sind, auch unter anderem Softwareprodukte in eigener Regie entwickeln, dürften die tatsächlichen FuE-Ressourcen deutlich höher ausfallen.

5 Der Zuwachs bei den FuE-Aufwendungen ist teilweise auf Preiseffekte zurückzuführen. Ungeachtet dessen wird der Aufwärtstrend bei den FuE-Ressourcen durch die von Preiseffekten nicht betroffene positive Entwicklung des FuE-Personals im IKT-Sektor in den betrachteten Bundesländern bestätigt. Das FuE-Personal im IKT-Sektor wird in diesem Kurzbeitrag nicht im Einzelnen betrachtet.