:: 3/2018

Attraktivität großer Städte als Wohn- und Arbeitsort

Unterschiede, Ursachenkomponenten und Entwicklungslinien 2000 bis 2015

2015 lebten in den 38 deutschen Städten mit über 200 000 Einwohnern knapp 25 % aller Einwohner Deutschlands, und mehr als 30 % aller in Deutschland Erwerbstätigen fanden dort Arbeit. Schon aus dieser Gegenüberstellung wird deutlich, wie attraktiv viele große Städte als Arbeitsort auch für Menschen mit Wohnsitz in anderen Gemeinden sind. Dies lässt sich noch besser daraus ablesen, dass 2015 die Relation »Erwerbstätige am Arbeitsort je Einwohner am Wohnort« in Deutschland 52,7 % betrug, im Durchschnitt der 15 Großstädte mit mehr als 400 000 Einwohner aber 65,5 % und bei 23 weiteren Städten mit 200 000 bis unter 400 000 Einwohnern immerhin noch durchschnittlich 62,1 %. In Bezug auf diese Relation gibt es allerdings merkliche Unterschiede zwischen den 38 großen Städten, bedingt durch Abweichungen zum einen bei den Pendlersalden je Beschäftigten, zum anderen bei den Arbeitslosenquoten.

Bei der Erwerbstätigen-Einwohner-Relation konnte sich die baden-württembergische Landeshauptstadt Stuttgart mit dem dritten Rang hinter Frankfurt am Main und Düsseldorf unter den Großstädten als besonders attraktiver Arbeitsort beweisen, und bei den größeren Städten mit 200 000 bis 400 000 Einwohnern belegten die drei baden-württembergischen Städte Mannheim, Karlsruhe und Freiburg im Breisgau sogar die drei Spitzenplätze. Am unteren Ende der Skala stehen jeweils Städte aus Ostdeutschland und aus Nordrhein-Westfalen, insbesondere aus dem Ruhrgebiet. Dabei zeigt sich, dass sowohl für die Spitzenstellung baden-württembergischer Städte als auch für die geringeren Werte in den Städten Ostdeutschlands und im Ruhrgebiet sowohl Abweichungen bei den Pendlersalden als auch Unterschiede in der Arbeitslosigkeit verantwortlich zeichnen.

In der Entwicklung zwischen 2000 und 2015 weisen insbesondere einige Großstädte deutlich überdurchschnittliche Zunahmen bei Bevölkerung und Erwerbstätigkeit auf, während vor allem größere Städte – überwiegend wiederum aus Ostdeutschland und aus Nordrhein-Westfalen – bei Bevölkerung und Erwerbstätigkeit hinter der durchschnittlichen Entwicklung zurückgeblieben sind. Allerdings verlief die Entwicklung in den baden-württembergischen Städten durchaus differenziert: Während Freiburg die höchste Zunahme bei der Zahl der Erwerbstätigen aufweist und auch beim Bevölkerungswachstum in der Spitzengruppe liegt, erreichten Stuttgart und Karlsruhe zwar eine leicht überdurchschnittliche Steigerung ihrer Einwohnerzahlen, jedoch einen leicht unterdurchschnittlichen Anstieg bei der Erwerbstätigkeit; und Mannheim blieb bei beiden Größen, wenn auch nur knapp, hinter der Bundesentwicklung zurück.

Große Städte stellen nicht nur Wohnungen, sondern auch Arbeitsplätze für zahlreiche Menschen zur Verfügung. Einen Überblick über die Größenordnungen gibt Tabelle 1 für insgesamt 15 Städte mit mehr als 400 000 Einwohnern und Tabelle 2 für weitere 23 Städte mit 200 000 bis unter 400 000 Einwohnern, jeweils zum Jahr 2015. Die Daten wurden vom Arbeitskreis Erwerbstätigenrechnung des Bundes und der Länder beziehungsweise vom Arbeitskreis Volkswirtschaftliche Gesamtrechnungen der Länder ermittelt;1 sie sind entsprechend den Vorgaben der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnungen abgegrenzt und folgen deshalb teilweise anderen Definitionen als die amtliche Bevölkerungsfortschreibung für die Einwohner oder der Mikrozensus für die Erwerbstätigen (siehe i-Punkt).2

Verhältniszahl Erwerbstätige am Arbeitsort zu Einwohner am Wohnort als Kriterium

Im Jahre 2015 wohnten in den 15 Großstädten mit über 400 000 Einwohnern 17,2 % aller Einwohner Deutschlands, in den 23 weiteren größeren Städten mit 200 000 bis unter 400 000 Einwohnern waren es 7,4 %, zusammen also fast ein Viertel aller Einwohner Deutschlands. Bei den Erwerbstätigen lagen die Anteilswerte mit 21,4 % und 8,7 %, zusammen mithin gut drei Zehntel, jeweils merklich höher, woraus schon die Bedeutung solcher Städte als Arbeitsorte sichtbar wird.

Kennzeichnend gerade für größere Städte ist tatsächlich, dass viele der dort arbeitenden Menschen in anderen Gemeinden oder Städten wohnen und die Zahl der Einpendler diejenige der Auspendler oft teilweise kräftig übersteigt. Einen Überblick hierzu verschafft die Kennziffer »Erwerbstätige am Arbeitsort zu Einwohnern am Wohnort«. Eine erste Orientierung für die Beurteilung der einzelnen Städte bietet der Durchschnittswert für Deutschland, der 2015 bei 52,7 % lag. Da für Deutschland insgesamt die Zahl der Erwerbstätigen am Arbeitsort ziemlich genau derjenigen am Wohnort entspricht,3 kann mit dieser Ziffer auch das bundesdurchschnittliche Verhältnis von Erwerbstätigen je Einwohner (jeweils am Wohnort) ausgedrückt werden; dies wiederum entspricht der Erwerbsquote (Erwerbspersonen je Einwohner) abzüglich der Erwerbslosen je Einwohner.

Niedrige Werte der Verhältniszahl in Ruhrgebietsstädten und in Berlin …

Nimmt man den Durchschnittswert in Höhe von 52,7 % als Maßstab, so lag 2015 unter den Großstädten nur Duisburg mit 46 % deutlich darunter, während Berlin diese Marke genau erreichte. Unter den Städten mit 200 000 bis 400 000 Einwohnern haben fünf Städte in Nordrhein-Westfalen diesen Durchschnittswert ebenfalls, zum Teil ziemlich kräftig unterschritten, und zwar die Ruhrgebietsstädte Gelsenkirchen (43,6 %), Oberhausen (44,7 %), Wuppertal (48,9 %) und Bochum (50,3 %) sowie Mönchengladbach (51 %); Krefeld lag mit 52,8 % praktisch im Bundesdurchschnitt.

Für die niedrigen Werte dieser Kennziffern zeichnen sich zwei Ursachen verantwortlich: Zum einen ist der Pendlersaldo in diesen Städten negativ oder nur leicht positiv, zum anderen sind diese Städte mit einer hohen Arbeitslosigkeit konfrontiert.

2015 betrug der Überschuss der Auspendler gegenüber den Einpendlern in Oberhausen nicht weniger als 11,6 %, bezogen auf die dort (also am Arbeitsort) sozialversicherungspflichtig Beschäftigten, in Gelsenkirchen waren es 2 %, in Wuppertal 0,1 %; einen immerhin positiven, wenngleich für Großstädte recht geringen Einpendlerüberschuss konnten die Städte Duisburg und Bochum mit 2,2 % und 2,5 % der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten verbuchen. Ursächlich für diese negativen beziehungsweise nur knapp positiven Salden ist natürlich die hohe Verdichtung des Ruhrgebiets, wo Stadtgrenzen kaum sichtbar und die Städte praktisch ohne ländliches Umland sind; insofern sind die positiven Pendlersalden in den beiden anderen Großstädten des Ruhrgebiets mit 10 % in Dortmund und sogar 18,4 % in Essen durchaus bemerkenswert. In der Bundeshauptstadt Berlin waren es mit 8,6 % zwar weniger, allerdings schlägt dort die Größe dieser Millionenmetropole beim Wert der Verhältniszahl stark zu Buche.

Bei der Arbeitslosenquote erzielten die genannten nordrhein-westfälischen Städte im Juni 2015 durchweg Werte, die den Bundesdurchschnitt von 6,2 % deutlich übertroffen haben – jeweils bezogen auf den Berichtsmonat Juni 2015 erreichten sie zwischen 9,7 % in Wuppertal und 14,8 % in Gelsenkirchen; auch in Dortmund und in Essen sind überdurchschnittliche Arbeitslosenquoten in Höhe von 12,6 beziehungsweise 12 % dafür verantwortlich, dass beide Städte bei der Relation »Erwerbstätige am Arbeitsort zu Einwohner am Wohnort« am Ende der Rangskala der Großstädte liegen. In Berlin war die Arbeitslosigkeit mit damals 10,5 % ebenfalls recht hoch.

… sowie den meisten ostdeutschen Städten

Mehr oder weniger knapp über dem nationalen Durchschnittswert von 52,7 % blieb 2015 die Erwerbstätigen-Einwohner-Relation in den beiden sächsischen Großstädten Leipzig (58,2 %) und Dresden (59,4 %) sowie in Halle an der Saale (53,2 %), Rostock (56 %), Magdeburg (58,2 %) und Chemnitz (59,1 %) als weiteren großen Städten Ostdeutschlands; die Durchschnittswerte der Großstädte in Höhe von 65,5 % beziehungsweise der weiteren größeren Städte mit 62,1 % wurden jeweils nicht erreicht.

Die im Vergleich zu den Ruhrgebietsstädten höheren Werte in den drei sächsischen Städten sind sowohl auf dort niedrigere Arbeitslosenquoten (Dresden 7,6 %; Chemnitz 8,8 %; Leipzig 9,4 %) als auch relativ hohe Pendlersalden je Beschäftigten (Chemnitz 20,9 %; Dresden 14,6 %; Leipzig 14,3 %) zurückzuführen. Auf der anderen Seite hat Halle nicht nur die höchste Arbeitslosenquote der ostdeutschen großen Städte (11,3 %), sondern auch einen sehr niedrigeren Pendlersaldo (12,3 %) aufzuweisen. Im Falle von Magdeburg wurde die mit 10,7 % zweithöchste Arbeitslosenquote durch einen mit 17,1 % recht hohen Einpendlerüberschuss je Beschäftigtem tendenziell ausgeglichen, in Rostock war es mit 9,6 % gegenüber 12,1 % umgekehrt.

Unter den ostdeutschen Städten ragt Erfurt heraus, das bei der Erwerbstätigen-Einwohner-Relation mit 67,4 % einen über dem Städtedurchschnitt liegenden Wert erzielen konnte, begünstigt sowohl durch eine recht niedrige Arbeitslosenquote (7,8 %) als auch den höchsten Pendlersaldo je Beschäftigtem unter den großen Städten Ostdeutschlands (24,8 %).

Stuttgart unter den Spitzenreitern bei den Großstädten

Während sechs Großstädte bei der Verhältniszahl »Erwerbstätige am Arbeitsort je Einwohner am Wohnort« unter 60 % geblieben sind, übertrafen ebenfalls sechs Großstädte den Wert von 70 %. Anders als bei den bereits genannten Städten schlägt dabei vor allem der Pendlersaldo zu Buche, der in diesen Städten durchweg höher ist. Dabei entspricht die Reihenfolge bei der aus Schaubild 1 ersichtlichen Verhältniszahl exakt derjenigen bei den Pendlersalden je Beschäftigten, die in Frankfurt am Main 47,7 %, in Düsseldorf 41,4 %, in Stuttgart 38,2 %, in Hannover 36,8 %, in Nürnberg 30,8 % und in München 23,5 % betrugen. Bei der Arbeitslosenquote wurden Werte zwischen 4,8 % in München und 5,4 % in Stuttgart einerseits und 8,5 % in Düsseldorf andererseits erreicht, die Reihenfolge der Städte fiel recht differenziert aus; zudem haben lediglich die Landeshauptstädte Bayerns und Baden-Württembergs besser abgeschnitten als der Bundesdurchschnitt in Höhe von 6,2 %.

Erwähnenswert ist außerdem Folgendes: Zwar haben, wie aus Schaubild 1 hervorgeht, die bei der Verhältniszahl hinter München platzierten Städte Köln, Hamburg und Bremen bei den Pendlersalden je Beschäftigten mit 26,9 % und 23,6 % und 26,8 % etwas höhere Werte aufgewiesen als die bayerische Landeshauptstadt,4 sie haben aber bei der Arbeitslosenquote mit 9,3 % und 7,3 % und 10,1 % deutlich schlechter abgeschnitten und mussten so München bei der Erwerbstätigen-Einwohner-Relation vorbei ziehen lassen.

Drei baden-württembergische Städte an der Spitze weiterer größerer Städte

Auch unter den Städten mit 200 000 bis unter 400 000 Einwohnern erreichten sechs Städte bei dieser Verhältniszahl mehr als 70 %, bei den drei baden-württembergischen Städten Mannheim, Karlsruhe und Freiburg im Breisgau waren es sogar über 75 %.

Bemerkenswerterweise liegen bei diesen sechs Städten die Pendlersalden je Beschäftigten näher beieinander als bei den Spitzenreitern der Großstädte – sie betrugen in Bonn 35,2 %, in Mannheim 35,1 %, in Freiburg im Breisgau 34,5 %, in Karlsruhe 33,1 %, in Münster (Westfalen) 31,2 % und in Mainz immerhin noch 28,1 %. Bei der Rangfolge der Relation »Erwerbstätige am Arbeitsort je Einwohner« konnte sich unter anderem Karlsruhe vor Bonn platzieren, weil 2015 unter diesen sechs Städten die badische Residenzstadt mit 5,5 % die niedrigste, die frühere Bundeshauptstadt dagegen mit 7,3 % die höchste Arbeitslosenquote aufgewiesen hat. Auch in Münster (5,7 %), in Freiburg im Breisgau (5,8 %) und in Mannheim (5,9 %) lagen die entsprechenden Ziffern noch unter, in Mainz (6,3 %) schon leicht über dem Bundesdurchschnitt von 6,2 %.

Alle anderen in Schaubild 2 aufgeführten Städte hatten geringere Pendlersalden je Beschäftigten als die sechs Spitzenreiter, und bei der Arbeitslosigkeit haben Augsburg und Braunschweig mit jeweils 6,3 % sowie Wiesbaden mit 7,3 % gerade so gut abgeschnitten wie Mainz beziehungsweise Bonn. Mit anderen Worten: Beide hier untersuchten Komponenten waren Garanten für die Spitzenposition der sechs führenden Städte in dieser Städtegruppe.

Allgemeine Tendenzen der Zusammenhänge

In der Tendenz weisen Städte mit höheren Werten bei der Relation »Erwerbstätige am Arbeitsort zu Einwohner am Wohnort« sowohl stärkere Einpendlerüberschüsse als auch geringere Arbeitslosenquoten auf und umgekehrt. Dieser Befund ist bei den 23 Städten mit 200 000 bis unter 400 000 Einwohnern sogar noch deutlicher ausgeprägt als bei den 15 Großstädten mit über 400 000 Einwohnern. Städte mit überdurchschnittlichen Beschäftigungsmöglichkeiten verringern also tendenziell die Arbeitslosigkeit ihrer eigenen (Erwerbs-)Bevölkerung und üben gleichzeitig eine hohe Attraktivität auf Erwerbstätige mit Wohnsitz in anderen Gemeinden aus.

Wie bereits erwähnt gibt es jedoch einige Städte, bei denen die Erwerbstätigen-Einwohner-Relation 2015 trotz relativ niedriger Einpendlerüberschüsse höhere Werte erlangen konnte als vergleichbare Städte, und zwar aufgrund entsprechend günstigerer Arbeitslosigkeit. Herausragende Beispiele unter den Großstädten sind München im Vergleich zu Köln, Hamburg und Bremen, ebenso Dresden oder Leipzig im Vergleich zu Essen und schließlich Hamburg im Vergleich zu Bremen. Beispielhaft für die anderen größeren Städten zu nennen sind Augsburg im Vergleich zu Erfurt beziehungsweise Rostock im Vergleich zu Halle sowie die drei baden-württembergischen Städte Mannheim, Karlsruhe und Freiburg im Breisgau im Vergleich zu Bonn. Gleichermaßen hat Oberhausen bei der Erwerbstätigen-Einwohner-Relation besser abgeschnitten als Gelsenkirchen, weil einem deutlich größeren Auspendlerüberschuss eine merklich geringere Arbeitslosigkeit gegenübergestanden ist.

Bemerkenswert ist schließlich Wiesbaden, das trotz eines geringeren Einpendlerüberschusses und einer höheren Arbeitslosenquote bei der Erwerbstätigen-Einwohner-Relation besser abgeschnitten hat als Braunschweig. Eine mögliche Ursache ist im Verhältnis der Studierenden (und damit von Nichterwerbspersonen) zur Wohnbevölkerung zu sehen, das in Braunschweig mit 8,6 % signifikant höher liegt als in Wiesbaden mit 4,7 %.

Weitere Städte Baden-Württembergs

Die bisherigen Ausführungen haben unter anderem gezeigt: Nachweislich der Relation »Erwerbstätige am Arbeitsort zu Einwohner am Wohnort« ist nicht nur Stuttgart unter den Großstädten Deutschlands ausgesprochen attraktiv für Arbeitnehmer mit Wohnsitz innerhalb und außerhalb der Landeshauptstadt, gleiches gilt auch für die baden-württembergischen Städte Mannheim, Karlsruhe und Freiburg im Breisgau, die in der Kategorie der Städte mit 200 000 bis 400 000 Einwohnern die drei Spitzenpositionen belegen.

Interessanterweise haben auch die meisten der anderen kreisfreien Städte Baden-Württembergs sehr gut abgeschnitten: Wie Schaubild 7 zeigt, haben außer Pforzheim alle kreisfreien baden-württembergischen Städte bei der Erwerbstätigen-Einwohner-Relation mehr als 75 % erreicht, wären also unter den in Schaubild 2 aufgelisteten Städten noch vor der viertplatzierten Stadt Bonn gelandet.

An der Spitze der baden-württembergischen Stadtkreise liegt Ulm einer Relation von 99,7 %, das heißt in der Donaustadt arbeiteten 2015 praktisch genauso viele Erwerbstätige wie die Stadt Einwohner hatte. Dies wurde zum einen begünstigt durch ein recht großes Einzugsgebiet Ulms in einem weitgehend ländlichen Raum, abzulesen aus einem mit 46 % ausgesprochen hohen Einpendlersaldo je sozialversicherungspflichtig Beschäftigten, zum anderen erreicht durch die mit 4,3 % im Juni 2015 hinter Baden-Baden (3,7 %) niedrigste Arbeitslosenquote unter den kreisfreien Städten des Landes.

Die umgekehrt mit 63,2 % niedrigste Erwerbstätigen-Einwohner-Relation in Pforzheim erklärt sich sowohl durch einen mit 16,4 % geringen Einpendlersaldo je Beschäftigten als auch die mit 7,2 % höchste Arbeitslosenquote unter den Kreisen Baden-Württembergs. Die übrigen, noch nicht erwähnten kreisfreien Städte mit bis zu 200 000 Einwohnern liegen relativ nahe beieinander; dies betrifft sowohl die Erwerbstätigen-Einwohner-Relation mit einer sehr engen Bandbreite von 79,3 % in Mannheim und 75,9 % in Heidelberg, als auch die Arbeitslosenquote mit 5,8 % und 5,9 % in Heilbronn, Freiburg im Breisgau und Mannheim einerseits beziehungsweise 5,1 % und 5,3 % in Heidelberg und Karlsruhe andererseits.

Die insoweit gute Platzierung baden-württembergischer Städte steht in Einklang damit, dass auch das Land insgesamt bei der hier untersuchten Relation unter den Flächenländern gut abgeschnitten hat, nämlich mit 56,7 % knapp hinter Bayern mit 57 % und vor Hessen mit 54,4 % sowie Nordrhein-Westfalen mit 51,8 %. Die Unterschiede zwischen diesen Ländern werden im Wesentlichen durch die Arbeitslosenquoten bestimmt, die im Juni 2015 in Bayern 3,4 %, in Baden-Württemberg 3,7 %, in Hessen 5,3 % und in Nordrhein-Westfalen 7,9 % betragen haben.

Die Gegenüberstellung baden-württembergischer Städte in Schaubild 7 unterstreicht auch von dieser Seite die herausragende Attraktivität der Landeshauptstadt als Arbeitsort, denn Stuttgart liegt bei der Relation »Erwerbstätige am Arbeitsort je Einwohner am Wohnort« klar an zweiter Stelle unter den Städten des Landes. Die höheren Werte für Ulm sind auf die erwähnte Zentralität innerhalb eines größeren ländlichen Raums zurückzuführen, die auch in einigen anderen deutschen Städten dieser Größenordnung (100 000 bis 150 000 Einwohner) entsprechend zu Buche schlägt, so in Regensburg (105,2 %), Wolfsburg (104,6 %), Erlangen (102,1 %) und Würzburg (97,1 %).

Bevölkerungs- und Erwerbstätigenentwicklung in den großen Städten Deutschlands

In den letzten Jahren haben zahlreiche, gerade auch große Städte ihre Attraktivität als Wohnort und als Arbeitsort erhöht, andere Städte sind dagegen zurückgefallen. Im Zeitraum 2000 bis 2015 ist in den 15 Großstädten sowohl die Zahl der Einwohner (+ 7,4 %) als auch der Erwerbstätigen (+ 12,3 %) signifikant kräftiger angestiegen ist als in den 23 weiteren größeren Städten (+ 2,1 % bzw. + 5,4 %). In Deutschland insgesamt blieb das Bevölkerungswachstum mit + 0,3 % recht deutlich hinter demjenigen in beiden Städtegruppen zurück, die Zunahme der Erwerbstätigkeit war mit + 7,9 % allerdings höher als diejenige im Durchschnitt der 23 Städte mit 200 000 bis 400 000 Einwohnern.

Kategorien zur unterschiedlichen Entwicklung in den einzelnen Städten

In Schaubild 8 sind die Veränderungsraten für alle 38 großen Städte aufgeführt, und zwar in der Abszisse bezüglich der Zahl der Einwohner und in der Ordinate bezüglich der Zahl der Erwerbstätigen. Die Kennzeichnung der Städte erfolgt entsprechend ihren amtlichen Kfz-Kennzeichen, ihre Zuordnung zu einer der beiden genannten Städtegruppen wird durch unterschiedliche Symbole verdeutlicht. Die senkrechte Linie in der Abbildung bezeichnet die durchschnittliche Bevölkerungsentwicklung aller dieser Städte (+ 5,75 %), die waagerechte Linie die durchschnittliche Entwicklung der dortigen Erwerbstätigkeit (+ 10,24 %). Dadurch lässt sich das Schaubild 8 in vier Quadranten unterteilen:

Der 1. Quadrant beinhaltet alle Städte mit überdurchschnittlicher Bevölkerungs- und überdurchschnittlicher Erwerbstätigenentwicklung. Auffallend ist, dass zu dieser Kategorie acht und damit über die Hälfte der 15 Großstädte gehören, aber mit Freiburg im Breisgau, Münster, Mainz sowie ganz knapp auch noch Bonn nur vier der 23 weiteren größeren Städte.

Umgekehrt befinden sich im 3. Quadranten mit unterdurchschnittlicher Bevölkerungs- und unterdurchschnittlicher Erwerbstätigenentwicklung nicht weniger als 16 der 23 größeren Städte, aber nur vier Großstädte, nämlich die drei Ruhrgebietsstädte Dortmund, Essen und Duisburg sowie Bremen. Auch von den im 3. Quadranten liegenden Städten mit 200 000 bis 400 000 Einwohnern überwiegen solche aus Nordrhein-Westfalen (lediglich Bonn gehört nicht dazu), hinzu kommen alle ostdeutschen Städte dieser Städtegruppe, mit Braunschweig und Lübeck außerdem zwei weitere norddeutsche Städte sowie schließlich Mannheim und Wiesbaden.

Deutlich schwächer besetzt ist der 2. Quadrant, in dem sich Städte mit überdurchschnittlicher Bevölkerungsentwicklung und unterdurchschnittlicher Erwerbstätigenentwicklung wiederfinden, nämlich die Großstädte Stuttgart und Nürnberg sowie die Städte Augsburg, Karlsruhe und Kiel. Immerhin waren bei allen fünf Städten die Veränderungsraten beider Größen positiv. Dies trifft auch für Hannover zu, das allein und ganz knapp noch den 4. Quadranten mit unterdurchschnittlicher Bevölkerungs- und überdurchschnittlicher Erwerbstätigenentwicklung repräsentiert.

Mithin stehen zwölf Städten mit überdurchschnittlichem Einwohner- und Erwerbstätigenwachstum insgesamt 20 Städte mit unterdurchschnittlicher Einwohner- und Erwerbstätigenentwicklung gegenüber, darunter sogar vier mit negativen Veränderungsraten beider Größen. Dieses »Ungleichgewicht« in der Besetzung beider Quadranten erklärt sich dadurch, dass im 1. Quadranten mit Berlin, Hamburg, München, Köln und Frankfurt am Main die fünf einwohnerstärksten Städte Deutschlands liegen, außerdem mit Düsseldorf, Leipzig und Dresden drei weitere Großstädte, während sich im 3. Quadranten wie ausgeführt überwiegend Städte mit 200 000 bis unter 400 000 Einwohnern befinden.

Bemerkenswert ist weiterhin, dass die größten Städte sowohl Nordrhein-Westfalens (Köln und Düsseldorf) als auch Ostdeutschlands (Leipzig und Dresden sowie Berlin) zur Kategorie der bei Bevölkerung und Erwerbstätigkeit dynamischen Städte gehören, wohingegen die kleineren Städte beider Regionen überwiegend zu den Städten mit insoweit geringerer Dynamik oder sogar rückläufiger Entwicklung zählen. Insbesondere hat sich in Bochum, Krefeld, Wuppertal, Chemnitz und vor allem Halle sowohl die Zahl der Einwohner als auch der Erwerbstätigen im Zeitraum 2000 bis 2015 verringert. In den beiden ostdeutschen Landeshauptstädten Erfurt und Magdeburg hat die Zahl der Einwohner zu-, diejenige der Erwerbstätigen dagegen abgenommen. Umgekehrt konnten die nordrhein-westfälischen Städte Dortmund, Essen, Duisburg, Mönchengladbach, Oberhausen und Gelsenkirchen ihre Arbeitsplätze trotz Bevölkerungsrückgang ausbauen, in Dortmund mit + 10 % sogar recht kräftig.

Trendaussagen zur Einwohner- und Erwerbstätigenentwicklung in den Städten

In Schaubild 8 ist eine Trendgerade eingezeichnet, die sich den die 38 Städte repräsentierenden Punkten insoweit optimal anpasst, als die vertikalen Differenzen zwischen den Punkten und der Geraden minimiert sind (Methode der kleinsten Quadrate). Aus der Trendgerade kann abgelesen werden, wie hoch während des Zeitraums 2000 bis 2015 im Durchschnitt die Veränderungsrate der Erwerbstätigenzahl in Relation zur Veränderungsrate der Einwohnerzahl gewesen wäre. Eine Abhängigkeit der einen von der anderen Variablen (hier der Erwerbstätigkeit von der Bevölkerung) soll damit allerdings nicht zum Ausdruck gebracht werden.

Die Trendgerade nimmt einen ansteigenden Verlauf, woraus deutlich wird, dass in der Tendenz die Entwicklung der Zahl der Erwerbstätigen einer Stadt im Zeitraum 2000 bis 2015 umso günstiger (ungünstiger) ausfällt, je günstiger (ungünstiger) sich die Zahl der Einwohner verändert hat. Die Abweichungen der Werte der einzelnen Städte vom zugehörigen Trendwert sind teilweise recht hoch, was im Schaubild 8 durch entsprechende Streuungen der Punkte um die Trendgerade ausgedrückt und durch den Wert des Bestimmtheitsmaßes R2 in Höhe von 0,686 konkretisiert wird.5

Einige Städte zeichnen sich durch besonders hohe Abweichungen vom Trend aus. Bei einer Betrachtung der Quadranten im Uhrzeigersinn kristallisieren sich folgende Auffälligkeiten heraus:

  • Bei den Städten mit überdurchschnittlichem Bevölkerungswachstum erreichen Freiburg im Breisgau und Münster in Westfalen nicht nur den höchsten Anstieg der Erwerbstätigkeit, er fällt auch deutlich kräftiger aus als im Trend aller großen Städte; gleiches trifft für die Großstädte Köln, Hamburg und Berlin zu, bei Leipzig und Düsseldorf sind die Abweichungen dagegen merklich geringer.
  • Demgegenüber kann München nicht nur mit dem weitaus höchsten Einwohnerzuwachs aller großen Städte aufwarten, sondern auch mit einem durchaus kräftigen Anstieg der Erwerbstätigkeit; dieser bleibt jedoch merklich hinter dem zurück, was – gemessen an der Trendgeraden – das Bevölkerungswachstum erwarten ließe. Auch andere süddeutsche Städte wie Frankfurt, Stuttgart, Nürnberg, Mainz, Augsburg und Karlsruhe sowie darüber hinaus Dresden und Bonn verzeichnen bei überdurchschnittlich wachsender Bevölkerung eine Zunahme der Erwerbstätigenzahlen, die hinter der Trenderwartung zurückbleibt, wenn auch weniger ausgeprägt als im Falle der bayerischen Landeshauptstadt.
  • Unter den Städten mit unterdurchschnittlicher Bevölkerungsentwicklung weisen die drei ostdeutschen Städte Erfurt, Magdeburg und Halle Rückgänge bei der Erwerbstätigkeit auf, die deutlich stärker durchschlagen als es der Trendzusammenhang vorgibt; vergleichbares gilt für Wuppertal und Krefeld. Chemnitz und Bochum liegen schon näher am Trend, ebenso Bremen und Wiesbaden mit jeweils bereits positiver (wenn auch unterdurchschnittlicher) Bevölkerungs- und Erwerbstätigenentwicklung.
  • Von den weiteren Städten mit unterdurchschnittlicher Entwicklung der Einwohner- und der Erwerbstätigenzahlen können vor allem Dortmund, aber auch noch Hannover, Bielefeld und Mannheim sowie Rostock, Mönchengladbach, Essen und Gelsenkirchen einen Anstieg der Erwerbstätigkeit verbuchen, der sich – orientiert an der Trendgeraden – in dieser Größenordnung aus der Bevölkerungsentwicklung nicht hat erwarten lassen; bemerkenswert ist vor allem Gelsenkirchen mit dem kräftigsten Einwohnerverlust aller großen Städte (– 7,8 %) und trotzdem einem leichten Arbeitsplatzzuwachs (+ 1,9 %). Schon näher am Trend liegen mit Duisburg und Oberhausen zwei weitere Ruhrgebietsstädte mit Bevölkerungsrückgang und gleichzeitigem Beschäftigungsaufbau, praktisch im Trend die drei norddeutschen Städte Kiel, Lübeck und Braunschweig.6

Süddeutsche Städte beim Bevölkerungswachstum oft stärker als beim Arbeitsplatzaufbau

Die Stadt Stuttgart hat nach diesen Daten zwischen 2000 und 2015 mit + 8,2 % das unter den 15 Großstädten sechststärkste und unter allen 38 großen Städten das zwölftstärkste Bevölkerungswachstum erzielt. Bei der Erwerbstätigenentwicklung erreichte die baden-württembergische Landeshauptstadt mit + 8,4 % dagegen nur den elften beziehungsweise 23. Rang. Damit ist – anders als in den meisten anderen großen Städten – in Stuttgart die Zahl der Einwohner fast so kräftig angestiegen wie die Zahl der Erwerbstätigen am Arbeitsort.

In München hat die Bevölkerung (+ 20,4 %) sogar signifikant stärker zugenommen als die Erwerbstätigkeit (+ 15 %), gleiches gilt – in geringerem Maße – auch für Frankfurt (+ 13,7 % gegenüber + 11,6 %), für Karlsruhe (+ 10,5 % gegenüber + 9,1 %), für Augsburg (+ 10,7 % gegenüber + 9,6 %) und für Mainz (+ 13,7 % gegenüber + 12,7 %). Offensichtlich zeichnen sich also gerade süddeutsche Städte im Zeitraum 2000 bis 2015 durch eine bemerkenswerte Verbesserung der dort schon hohen Wohnattraktivität aus, die in diesem Ausmaß nicht allein durch den Arbeitsmarkt zu erklären ist. Möglicherweise schlägt dabei der in Süddeutschland ausgeprägtere Mangel an Arbeitskräften durch, abzulesen aus den dort niedrigeren Arbeitslosenquoten. Gegenbeispiele bilden jedoch die baden-württembergischen Städte Freiburg im Breisgau und Mannheim, bei denen das Bevölkerungswachstum (14,4 % und 2,6 %) recht deutlich hinter den Steigerungsraten der Erwerbstätigkeit (22,6 % und 9,4 %) zurückgeblieben ist.

1 Zur Veröffentlichung der Daten vergleiche Arbeitskreis Volkswirtschaftliche Gesamtrechnungen der Länder (Hrsg.): Volkswirtschaftliche Gesamtrechnungen der Länder, Reihe 2, Band 1: Bruttoinlandsprodukt, Bruttowertschöpfung in den kreisfreien Städten und Landkreisen der Bundesrepublik Deutschland 1992, 1994 bis 2015, Stuttgart, Juli 2017. Die dort nicht separat ausgewiesenen Daten der Stadt Hannover wurden vom Landesamt für Statistik Niedersachsen zur Verfügung gestellt. Demgegenüber gibt es für die Stadt Aachen, die 2015 ebenfalls über 200 000 Einwohner hatte, keine entsprechend aufbereiteten Statistiken. Schließlich ist darauf hinzuweisen, dass in der genannten Veröffentlichung für einige Länder Kreisergebnisse erst ab dem Jahr 2000 zur Verfügung stehen, weshalb die vorliegende Untersuchung lediglich den Zeitraum 2000 bis 2015 abbilden kann.

2 Den Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnungen liegen folgende Definitionen zugrunde: Zu den Einwohnern gehören alle Personen (Deutsche und Nichtdeutsche), die in der betreffenden Stadt ihren ständigen Wohnsitz haben (Wohnortskonzept), nicht jedoch Angehörige ausländischer Missionen und Streitkräfte. Als Erwerbstätige (Inland) werden alle Personen angesehen, die in der betreffenden Stadt einer oder mehreren Erwerbstätigkeiten nachgehen (Arbeitsortkonzept), und zwar unabhängig von der Dauer der tatsächlich geleisteten oder vertragsmäßig zu leistenden Arbeitszeit. Einwohner und Erwerbstätige werden in den Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnungen grundsätzlich als Jahresdurchschnittszahl, nicht als Stichtagszahl nachgewiesen.

3 Die Abweichung zwischen den Erwerbstätigen nach beiden Konzepten betrug 2015 gerade einmal 0,15 %.

4 Insbesondere bei den Millionenstädten Hamburg, München und Köln muss, wie schon bei Berlin erwähnt, der entsprechend hohe Wert des Nenners als tendenziell dämpfend für die Relation »Einpendlersaldo je Beschäftigte am Arbeitsort« erwähnt werden.

5 Das Bestimmtheitsmaß R2 drückt die Intensität der Streuung aus. Würden alle Punkte direkt auf der Trendgeraden liegen, also keine Streuungen vorliegen, würde das Maß den Wert 1 annehmen; bei einer sehr diffusen, nicht eindeutigen Streuung würde der Wert in Richtung 0 gehen.

6 Zur Abrundung noch folgende Anmerkungen: Eine Regressionsanalyse nur für die 15 Großstädte mit mehr als 400 000 Einwohnern führt zu einer flacher verlaufenden Trendgerade (ET=7,181+0,535372 EW), die Streuung der Einzelwerte um den Trend ist aber etwas größer (Bestimmtheitsmaß R2 = 0,6110). Bei einer Einbeziehung aller kreisfreien Städte mit mehr als 100 000 Einwohnern ergibt sich eine Trendgerade mit ET=4,329+0,825302 EW und ein Bestimmtheitsmaß R2 von nur 0,4638, das damit deutlich stärkere Streuungen signalisiert.