:: 7/2020

Statistisches Monatsheft Juni/Juli 2020

Editorial

Liebe Leserinnen und Leser,

die Tourismusbranche in Baden-Württemberg war in der vergangenen Dekade von einer andauernden Erfolgsserie geprägt. Jahr für Jahr konnten die Übernachtungszahlen im Ländle zur Freude der Hoteliers gesteigert werden. Diesem Wachstum wurde durch die Corona-Pandemie ein jähes Ende gesetzt. Im Zeitraum Januar bis April 2020 sank die Gästezahl um 43,4 % und die Zahl der Übernachtungen um 38,6 %. Die Hoffnungen der baden-württembergischen Tourismuswirtschaft ruhen nun auf einer verstärkten Reiselust innerhalb der Grenzen des eigenen Landes. Christine Ehrhardt und Jeanette Merther betrachten in ihren Beiträgen sowohl die Wachstumsphase seit 2010 als auch die massiven Einbrüche im März und April 2020.

Nicht nur der Tourismus, sondern auch die Viehhaltung in Baden-Württembergs erlebt einen Umbruch. Zwischen 2010 und 2016 haben beispielsweise die Rinderhaltungen mit weniger als 100 Rindern um rund 3 300 abgenommen, während die Betriebszahl mit größeren Beständen anstieg. Um die Entwicklung der Nutztierhaltung aufzuzeigen, werden in der amtlichen Statistik unterschiedliche Erhebungen durchgeführt, über die André Stütz in seinem Beitrag zur Vieherhebung berichtet.

Unternehmensinsolvenzen treffen neben den Mitarbeitern auch Lieferanten und Kunden der Firma. Privatinsolvenzen ziehen demgegenüber in der Regel keine so weiten Kreise, dennoch stellen sie für die betroffene Person einen drastischen Einschnitt dar. Es ist noch unbekannt, in welchem Ausmaß die Corona-Pandemie Auswirkungen auf die Entwicklung der Insolvenzverfahren in diesem Jahr haben wird. 10 153 Insolvenzen gab es 2019. Ingrid Walter erläutert die Entwicklung.

Ich wünsche Ihnen viele neue Erkenntnisse für Ihre Arbeit.

Dr. Carmina Brenner, Präsidentin

Jahresbilanz 2019: Landestourismus erreicht vor Corona erneut Rekordwerte

Der Blick zurück auf das vergangene Jahr zeigt: Die Tourismusbranche Baden-Württembergs war 2019 erneut überaus erfolgreich: Seit 2010 stiegen die Gäste- und Übernachtungszahlen in den Beherbergungsbetrieben im Südwesten kontinuierlich an und erreichten im Jahr 2019 neue Höchstwerte. 2015 verzeichnete die amtliche Tourismusstatistik erstmals mehr als 20 Millionen (Mill.) Gästeankünfte, 2019 wurde mit 23,3 Mill. Gästen eine weitere Marke geknackt. Bei den Übernachtungen wurde 2015 mit 50,8 Mill. die »50-Millionen-Grenze« überschritten, 2019 lag die Zahl der gebuchten Übernachtungen bereits bei 57,2 Mill. Damit hat sich im Zeitraum 2010 bis 2019 die Zahl der Übernachtungen im Land um 31,4 % erhöht, die der Gäste um 39,3 %. Dass sich die Attraktivität der Destination Baden-Württemberg mittlerweile auch im Ausland herumgesprochen hat, zeigt die steigende Tendenz bei Buchungen von Reisenden aus dem Ausland: Während der Anteil der von Auslandsgästen gebuchten Übernachtungen 2010 noch bei 18,4 % lag, entfielen 2019 bereits 21,4 % der Übernachtungen auf dieses Kundensegment. Für den Landestourismus schließt das Jahr 2019 also mit einer erfreulichen Bilanz. Die Erfolgsserie wurde allerdings im 1. Quartal 2020 jäh unterbrochen. Angesichts des Corona-Paukenschlags stehen der Tourismuswirtschaft Baden-Württembergs gewaltige Herausforderungen ins Haus, die der Nachfrage 2020 schwer zusetzen dürften.

Höhere Scheidungshäufigkeit im badischen Landesteil

Ausgewählte Ergebnisse der Ehelösungsstatistik 2019 für Baden-Württemberg

»Bis dass der Tod uns scheidet«. Dieses Eheversprechen wurde in den vergangenen Jahrzehnten immer seltener gehalten. Die Scheidungshäufigkeit hat sich in Baden-Württemberg seit den 1960er-Jahren mehr als verdoppelt; gut ein Drittel der Ehepartner wird wohl auch künftig den Gang zum Scheidungsrichter wählen.

Zwar ist die Zahl der Ehescheidungen im Jahr 2019 erstmals wieder leicht angestiegen. Dennoch sind – wie im folgenden Beitrag gezeigt werden soll – die Ehen im Südwesten im Vergleich zum Beginn dieses Jahrzehnts wieder etwas stabiler geworden. Gezeigt werden soll auch, dass die Scheidungshäufigkeit im badischen Landesteil etwas höher als im württembergischen ist. Weitere ausgewählte Ergebnisse der Ehelösungsstatistik für das Berichtsjahr 2019 runden den Beitrag ab.

Profiling von Unternehmen zur Umsetzung des EU-Unternehmensbegriffs

Der Definition und Abgrenzung statistischer Einheiten kommt in der Statistik eine große Bedeutung zu. In den Strukturstatistiken des Produzierenden Gewerbes, des Handels und im Dienstleistungsbereich ist das »Unternehmen« die zentrale Darstellungseinheit. Bislang ist in der deutschen amtlichen Statistik ein Unternehmen als kleinste rechtliche Einheit definiert. Um Datenanforderungen der EU zu entsprechen, ist zukünftig in Deutschland ein erweiterter Unternehmensbegriff anzuwenden. Danach kann ein Unternehmen aus mehr als einer rechtlichen Einheit bestehen: »Das statistische Unternehmen entspricht der kleinsten Kombination rechtlicher Einheiten, die eine organisatorische Einheit zur Erzeugung von Waren und Dienstleistungen bildet.« Hintergrund dieses Ansatzes ist, dass häufig Unternehmensteile unter »Outsourcing«-Aspekten rechtlich verselbstständigt werden, ohne dass es sich tatsächlich um einen Strukturwandel handelt. Outsourcing umfasst die Verlagerung von Wertschöpfungsaktivitäten einer Gesellschaft auf andere Einheiten und stellt somit eine Verkürzung der Wertschöpfungskette dar. Im wirtschaftlichen Leben werden unter anderem die Prozesse Logistik, IT, Buchhaltung oder der Vertrieb häufig in eigene rechtliche Einheiten ausgelagert.

Erwerbstätigkeit und Wirtschaftsleistung im Konjunkturzyklus

Bereits vor der Corona-Pandemie deutete zum Jahresende 2019 viel auf ein Ende oder zumindest Auslaufen des aktuellen Aufschwungs hin. Im längerfristigen Vergleich seit Mitte der 1990er-Jahre dauerte dieser außergewöhnlich lange an. Der folgende Beitrag vergleicht daher im ersten Teil die Entwicklung von Bruttoinlandsprodukt (BIP) und Erwerbstätigkeit der insgesamt drei Auf- und zwei Abschwungphasen, auf die der Südwesten seit 1996 zurückblicken konnte. So verzeichnete die Zahl der Erwerbstätigen im Konjunkturzyklus weniger Ausschläge als das BIP. Beschäftigungssichernde Maßnahmen wie Kurzarbeit sorgten dafür, dass die Erwerbstätigkeit in Rezessionen weit weniger zurückging als die BIP-Entwicklung dies anzeigte. Dennoch blieben diese Maßnahmen nicht ohne Folgen. So ging die Arbeitsproduktivität während der Finanzkrise stark zurück und erholte sich danach nur sehr zögerlich. Der zweite Teil des Beitrags geht näher auf die Quellen des Erwerbstätigenzuwachses seit 2010 ein. So entfiel im Südwesten über die Hälfte des Zuwachses auf die Erhöhung der Erwerbsquote, also das Verhältnis der Erwerbspersonen zur Gesamtbevölkerung. Fast 3/4 des Erwerbstätigenwachstums kam aus der Altersgruppe der 55- bis 74-Jährigen. Gleichzeitig stieg die Erwerbstätigkeit der Frauen überproportional und mit ihr die Teilzeitbeschäftigung.

Forschung und Entwicklung - Teil 4

Baden-Württemberg im internationalen Vergleich

Um den Wettbewerbsvorteil im internationalen Umfeld zu bewahren, sind zur Generierung von Innovationen permanent Investitionen in Forschung und Entwicklung (FuE) erforderlich. In den Vereinigten Staaten von Amerika (USA), der größten Volkswirtschaft, beliefen sich im Jahr 2017 die kaufkraftbereinigten FuE-Ausgaben auf 549 Milliarden (Mrd.) US-Dollar – weltweit die höchsten FuE-Investitionen. Dieser Spitzenplatz ist jedoch gefährdet. In China und Südkorea schreitet der Aufholprozess im Forschungswettbewerb sehr dynamisch voran. Mit einer durchschnittlich jährlichen Wachstumsrate von 13,2 % bzw. 7,4 % wurden in diesen beiden Ländern die FuE-Ausgaben im Zeitraum 2007 bis 2017 drastisch erhöht. In den USA bzw. in der Europäischen Union (EU) lagen diese Wachstumsraten hingegen nur bei 2,2 % bzw. 2,7 %. Dies wirft folgende Fragen auf: Wann übernimmt China im weltweiten Forschungsvergleich bei den FuE-Ausgaben den internationalen Spitzenplatz und wie behauptet sich Baden-Württemberg in diesem dynamischen Umfeld? Im nachfolgenden vierten Teil dieser Veröffentlichungsreihe werden diese Fragen untersucht, aber auch die FuE-Aktivitäten in ausgewählten Bundesstaaten der USA sowie in den 27 Mitgliedsländern der Europäischen Union betrachtet.

Handwerkszählung 2017

Blick auf einen vielschichtigen Wirtschaftsbereich

Der Begriff des »Handwerks« ist geläufig. Er steht für eine der tragenden Säulen des deutschen Mittelstands. Nahezu jeder durfte oder musste schon die Hilfe eines Handwerkers in Anspruch nehmen und seinen Kenntnissen vertrauen. Sei es beim Bau eines Hauses, der Reparatur des fahrbaren Untersatzes, dem Einkauf beim Bäcker und Fleischer um die Ecke, wenn mal wieder eine neue Brille fällig wurde oder wenn der Blick in den Spiegel den Gedanken an den nächsten Friseurbesuch nahelegte.

Streifzug durch die Vieherhebungen

Die landwirtschaftliche Viehhaltung in der amtlichen Statistik

Die Viehhaltung spielt in der baden-württembergischen Landwirtschaft eine entscheidende Rolle. Fast 60 % der Betriebe haben Vieh und mehr als 50 % der landwirtschaftlichen Verkaufserlöse kommen von tierischen Erzeugnissen. Die Viehhaltung vollzieht jedoch schon seit längerem einen Umbruch. Zwischen 2010 und 2016 wurde jede sechste Viehhaltung eingestellt, wobei dies vor allem kleinere Betriebe betraf. Während beispielsweise die Betriebszahlen mit weniger als 100 Rindern um rund 3 300 oder die mit weniger als 1 000 Schweinen um knapp 3 500 abgenommen haben, stiegen die Betriebszahlen mit größeren Beständen an. Tierartenspezifisch sind deutliche Rückgänge bei der Rinder- und Schweinehaltung zu vernehmen. Die Schafhaltung zeigt nur leichte Veränderungen. Ein positiver Trend ist bei der Hennenhaltung zu beobachten. Um die Entwicklung der Nutztierhaltung aufzuzeigen, werden in der amtlichen Statistik unterschiedliche Erhebungen durchgeführt.

Erfolgsserie jäh unterbrochen – Corona-Pandemie trifft Landestourismus mit voller Wucht

April 2020: Ankünfte – 94,1 %, Übernachtungen – 88,3 %

Im März 2020 wurde die seit 2010 andauernde Erfolgsserie der Tourismuswirtschaft Baden-Württembergs jäh unterbrochen. Aufgrund der global um sich greifenden Corona-Pandemie und der Maßnahmen zu deren Eindämmung kamen im Zeitraum Januar bis April 2020 nach vorläufigen Zahlen des Statistischen Landesamtes in den geöffneten Beherbergungsbetrieben mit zehn und mehr Schlafgelegenheiten oder Stellplätzen insgesamt 2,6 Millionen (Mill.) oder 43,4 % weniger Gäste an als im entsprechenden Vorjahreszeitraum. Die Zahl der Übernachtungen ging im selben Zeitraum um 5,8 Mill. oder 38,6 % zurück.

Jahresrückblick: Insolvenzen 2019

Insolvenzen großer Unternehmen führen häufig dazu, dass die Schicksale der davon betroffenen Personen in den Fokus der breiten Öffentlichkeit geraten. Nicht selten werden in diesen Fällen Forderungen zur Abmilderung der Verluste an die Politik gestellt. Dabei sind auch bei der Vielzahl der kleineren Unternehmensinsolvenzen, die überwiegend nur ein geringes oder kein mediales Interesse erfahren, die Konsequenzen gleicher Natur. Neben den Mitarbeitern, deren Arbeitsplätze gegebenenfalls gefährdet sind, trifft eine Unternehmensinsolvenz ebenfalls die Lieferanten und Kunden der Firma. Eine Privatinsolvenz zieht demgegenüber in der Regel keine so weiten Kreise, dennoch stellt sie für die betroffene Person einen drastischen Einschnitt dar.

Wie unterscheiden sich Gemeinden in ihrem Flächenverbrauch?

Vergleichende Indikatoren zur Siedlungsentwicklung für die Gemeinden Baden-Württembergs

Es ist ein erklärtes politisches Ziel der Bundesregierung, den Zuwachs der Siedlungs- und Verkehrsfläche deutlich zu reduzieren. Flächen sind eine begrenzt zur Verfügung stehende Ressource, die stark umkämpft ist: Wir benötigen sie für neue Wohnsiedlungen und Straßen, für Unternehmen und Industrie, aber auch für die Landwirtschaft, für eine nachhaltige Umwelt und Erholung sowie als Ausgleichsflächen für neue ausgewiesene Siedlungs- und Verkehrsflächen. Um den Rückgang der Erholungs- und Naturflächen einzudämmen, lautet die Zielvorgabe der Bundesregierung im Rahmen der Nationalen Nachhaltigkeitsstrategie, bis 2030 weniger als 30 Hektar (ha) Fläche pro Tag an Siedlungen und Straßen zu »verlieren«. Bis 2050 soll die Nettonull erreicht werden – bis dahin sollen also keine neuen Flächen mehr verbraucht werden, sondern der Bedarf aus dem bisherigen Bestand generiert werden.

Der Beitrag, den einzelne Gemeinden dabei am Zuwachs der Siedlungs- und Verkehrsfläche haben, verteilt sich auf viele kleine für sich genommen unspektakuläre Schritte und ist somit auf den ersten Blick oft nicht unmittelbar erkennbar – in der Summe dann aber sehr wohl. Abgesehen von einigen Ausnahmen wie zum Beispiel den Bundesverkehrswegen entscheiden die Gemeinden aufgrund der kommunalen Planungshoheit im Rahmen der Bauleitplanung, wo und in welchem Umfang gebaut und damit Fläche in Anspruch genommen wird. Den Gemeinden kommt damit eine wesentliche Bedeutung bei der Umsetzung der angestrebten Ziele zu. Im Gegensatz zu den genauen Zielwerten auf Bundesebene, gibt es aber bis heute keine konkreten Zahlenvorgaben für die einzelnen Gemeinden. Damit fällt es schwer, Stand und Entwicklung einer Gemeinde zu beurteilen. Das Statistische Landesamt stellt seit Kurzem im Internet »Indikatoren zur Siedlungsentwicklung« bereit, die Entscheidungsträgern in den Gemeinden ebenso wie interessierten Bürgern eine Hilfestellung und Vergleichsmöglichkeit bieten.

Im Blickpunkt: Die Stadt Emmendingen

In der Serie »Im Blickpunkt« steht dieses Mal die Stadt Emmendingen im Landkreis Emmendingen. Aus dem Landesinformationssystem Baden-Württemberg (LIS) lassen sich für Emmendingen wie für jede andere Gemeinde des Landes interessante Erkenntnisse zur Struktur und Entwicklung gewinnen. Besonders herausgehoben werden an dieser Stelle die Bevölkerungsentwicklung, die Wohn- und die Beschäftigtensituation.

Digitalisierung in der amtlichen Statistik am Beispiel der Baustatistik

Digitale Produkte bestimmen schon seit vielen Jahren unseren Alltag. Die digitale Fotografie oder auch die Nutzung von Smartphones haben sich sehr schnell durchgesetzt, weil sie für jeden einen spürbaren Nutzen bringen. Gleichzeitig haben sich die technischen Möglichkeiten immer weiterentwickelt und es eröffnen sich weitere Chancen, insbesondere das Arbeitsleben effizienter oder sogar ganz neu zu gestalten. Sowohl die Bundesregierung als auch die Landesregierung von Baden-Württemberg unterstützen den Prozess der Digitalisierung mit jeweils einer Digitalen Agenda. Auch die Statistischen Ämter des Bundes und der Länder haben ihre Ziele für die amtliche Statistik in einer Digitalen Agenda formuliert. Am Beispiel der Baustatistiken soll der Stand der Digitalisierung der amtlichen Statistik betrachtet werden. Darüber hinaus werden Digitalisierungsmaßnahmen in der Baubranche und in der Bauverwaltung beschrieben.

Karte des Monats: Übernachtungen von Gästen in Baden-Württemberg 2019 nach ausgewählten Herkunftsländern

Mit der Karte des Monats werden regelmäßig besondere Themen kartografisch aufgegriffen.

Diese und viele weitere Karten stehen für Sie zum kostenlosen Download bereit oder können auf Wunsch auch als Poster in verschiedenen Größen bestellt werden.

Darüber hinaus bieten wir mit unserem interaktiven Kartenangebot auch die Möglichkeit, Karten verschiedener Themen der amtlichen Statistik nach eigenem Bedarf zusammenzustellen. Die interaktiven Karten greifen auf einen umfangreichen Datenpool für kartografische Analysen zurück. Sie sind ebenso in verschiedenen Dateiformaten zum kostenlosen Download verfügbar.

Gerne erstellen wir für Sie auch Karten auf Wunsch. Dazu steht uns das gesamte Datenangebot des Landesinformationssystems zur Verfügung. Wenden Sie sich für Ihre Bestellung oder weiterführende Informationen telefonisch oder per Mail an uns.