:: 2/2025

Ergebnisse der repräsentativen Wahlstatistik zur Europawahl 2024

GRÜNE verlieren deutlich, AfD und BSW profitieren

Nach einer deutlichen Steigerung 2019 stieg die Wahlbeteiligung 2024 abermals an, jedoch deutlich schwächer. Dieser Zugewinn an Wählerstimmen verteilte sich auf die Parteien jedoch sehr ungleich: einige Parteien konnten sich erheblich verbessern, andere wiederum mussten teils gravierende Verluste einstecken. Ein genaueres Bild des Wählerverhaltens liefert die repräsentative Europawahlstatistik.1 Sie zeigt, dass die Baden-Württembergerinnen und Baden-Württemberger bei Unterscheidung nach Alter und Geschlecht ein sehr heterogenes Bild abgeben. Während etwa die CDU und die SPD die ältere Wählerschaft überdurchschnittlich mobilisieren konnten, waren die GRÜNEN, die AfD, die Freien Wähler und das BSW in den mittleren Altersgruppen eher beliebt und die LINKE konnte besonders junge Wählerinnen und Wähler gewinnen. Die FDP hingegen zeigte keine besonderen Ausreißer beim Alter ihrer Wählerschaft im Vergleich zur Gesamtheit. Derartige Unterschiede in den Präferenzen zeigten sich auch beim Geschlecht der Wählenden: Wurde etwa die Linke überwiegend von Frauen gewählt und die AfD primär von Männern, war die Wählerschaft der CDU sehr nah am Durchschnitt.

Die Ergebnisse der Europawahl 2024 zeigen bei der Wahlbeteiligung einen erneuten Anstieg im Vergleich zu 2019 und erreichte mit 66,4 % (2019: 64 %) den bisherigen Höchststand aus dem Jahr 1994, als die Wahlbeteiligung auf dem gleichen Niveau lag. Das Stimmengefüge zwischen den Parteien verschob sich deutlich. Die CDU lag wieder vorne und konnte ihr Ergebnis von 30,8 % auf 32 % der Stimmen verbessern. Noch größere Zugewinne verzeichnete die AfD mit 14,7 % (+4,7 Prozentpunkte) und erreichte damit Platz 2. Die größten Verluste wiederum mussten die GRÜNEN hinnehmen, die 2019 mit 23,3 % der Stimmen noch ihr Rekordergebnis erreicht hatten und 2024 nur 13,8 % der Wählenden überzeugen konnte. Verluste musste erneut auch die SPD mit 11,6 % (2019: 13,3 %) zur Kenntnis nehmen, sie erzielte damit ihr niedrigstes Ergebnis bei Europawahlen im Land. Die FDP konnte ihr Ergebnis von 6,8 % im Jahr 2019 bei diesen Wahlen halten. Dahinter folgten das BSW, das aus dem Stand 4,5 % erreichen konnte, die FREIEN WÄHLER mit 3,8 % (2019: 3,2 %) und DIE LINKE mit 1,9 % (2019: 3,1 %). 10,9 % der Stimmen wurden an die sonstigen Parteien vergeben.

Knapp 40 % der Wahlberechtigten sind 60 Jahre oder älter

Der demografische Wandel in der Gesamtbevölkerung macht sich auch bei den Wahlberechtigten zunehmend bemerkbar. So waren bei der Europawahl 2024 etwa 39,9 % der Wahlberechtigten 60 Jahre oder älter, 1979 traf dies auf lediglich 25,5 % zu. Etwa 43,9 % waren zwischen 30 und 59 Jahren alt (1979: 52,6 %). Und waren 1979 noch 22 % der Wahlberechtigten 29 Jahre oder jünger, waren es bei dieser Wahl nur noch 16,2 %, trotz Absenkung der Altersgrenze für die Wahlberechtigung2 (Schaubild 1). Der Trend zeigt ein konstantes Schrumpfen der jüngeren und mittleren Altersgruppen, während die Älteren einen immer größeren Anteil der Wahlberechtigten ausmachen.

Wahlbeteiligung steigt erneut

Die Wahlbeteiligung (vgl. i-Punkt) stieg im Vergleich zu 2019 um moderate 2,4 Prozentpunkte auf 66,4 %. In den meisten Altersgruppen konnte dabei ein Anstieg erkannt werden. Am stärksten wuchs die Wahlbeteiligung unter den 30- bis 34-Jährigen: 2019 lag die Wahlbeteiligung in dieser Gruppe noch bei 57,7 %, 2024 waren es 62,8 %. Leicht sinkende Werte konnten in zwei Gruppen beobachtet werden: Im Alter von 21 bis 24 Jahren wählten noch 58,6 % (–1,2 Prozentpunkte) und in der Gruppe ab 70 Jahre noch 65,9 % (–0,3 Prozentpunkte) (Tabelle 1).

Insgesamt war die Wahlbeteiligung der älteren Wahlberechtigten, wie bei vergangenen Wahlen auch, wieder höher als unter jüngeren. Am stärksten geneigt ihre Stimme zu nutzen war die Gruppe der 60- bis 69-Jährigen mit 70,4 %, am niedrigsten die 21- bis 24-Jährigen mit 58,6 % Wählerquote. Während die Wahlbeteiligung in den Rändern der Altersgruppen weniger stark wuchs (und teils sogar fiel) stieg sie im Mittelfeld (von 25 bis 59 Jahren) verhältnismäßig stark an.

Die Geschlechter weisen geringe Unterschiede auf, bei den Männern lag die Wahlbeteiligung mit 66,5 % marginal höher als bei den Frauen mit 66,2 %. Die stärksten Zuwächse wiesen bei den Männern die 40- bis 44-Jährigen (+5 Prozentpunkte) und bei den Frauen die 30- bis 34-Jährigen (+5,5 Prozentpunkte) auf. Die stärksten Verluste zeigten sich bei den Männern ab 70 Jahren (–1 Prozentpunkte) und bei den Frauen unter den 21- bis 24-Jährigen (–2,1 Prozentpunkte). Insgesamt entschieden sich bei den Männern die 60- bis 69-Jährigen am häufigsten, ihre Stimme zu nutzen (70,4 %), bei den Frauen waren es die 50- bis 59-Jährigen von denen sogar 71 % ihr Wahlrecht nutzten, der insgesamt höchste Wert unter allen betrachteten Gruppen.

45- bis 59-Jährige wählten nahe am Durchschnitt

Die betrachteten Altersgruppen wiesen ein sehr heterogenes Wahlverhalten auf (Tabelle 2, Schaubild 2). Besonders »durchschnittlich« wählten dabei die 45- bis 59-Jährigen sowie die 60- bis 69-Jährigen, deren Stimmabgabe für die einzelnen betrachteten Parteien sowie die Sonstigen im Schnitt nur um etwa 1,3 Prozentpunkte vom Durchschnitt abwich. Deutlich stärker hingegen variierten die Wahlergebnisse der ältesten und jüngsten Wählerschaft: Um etwa 5 respektive 4,7 Prozentpunkte wichen die Wahlentscheidungen der Altersgruppen 70 und älter bzw. 16 bis 24 im Mittel vom Gesamtergebnis ab.3

In der jüngsten Kohorte der 16- bis 24-Jährigen schnitt von den betrachteten Parteien die CDU mit 17,4 % am stärksten ab, was eine deutliche Steigerung im Vergleich zu 2019 (12,8 %) darstellt, jedoch gleichzeitig auch das schlechteste Ergebnis der CDU aus den einzelnen Altersgruppen. Noch stärker konnte nur die AfD ihr Ergebnis verbessern: Im Vergleich zu 5,5 % im Jahr 2019 konnte die Partei in dieser Altersgruppe ihre Zustimmungsrate mehr als verdoppeln und erzielte 13,5 % der Stimmen. Die GRÜNEN, die über alle Altersgruppen hinweg an Zuspruch verloren, mussten besonders unter den jüngsten Wählerinnen und Wählern massive Verluste akzeptieren: mit 12,6 % konnte gerade einmal etwa ein Drittel der Prozente von 2019 (35,5 %) erzielt werden. Auf die GRÜNEN folgte mit leichten Zuwächsen die SPD mit 8,6 % (2019: 8 %), und mit leichten Verlusten die FDP mit 8,1 % (2019: 9,5 %), die dennoch in keiner anderen Altersgruppe mehr Prozentpunkte erreichte als in dieser. Letzteres galt auch für DIE LINKE, sie konnte ihr Ergebnis von 2019 (5,1 %) leicht verbessern und schaffte es, 5,6 % der jungen Wählenden zu überzeugen. Die FREIEN WÄHLER erhielten in dieser Gruppe 2,9 % (2019: 2,8 %) der Stimmen und das BSW erreichte aus dem Stand 4,8 % Zustimmung und lag damit nur knapp hinter der LINKEN, aus der das BSW hervorgegangen war. Ferner erreichten die verbleibenden Parteien in Summe hier ihre größte Zustimmung, mit 26,6 % ging über ein Viertel der Stimmen an Parteien, die nicht einzeln analysiert wurden. Die Anteile der einzeln untersuchten Parteien zeigten in dieser Altersgruppe besonders große Differenzen zur Wahl 2019: Um durchschnittlich 5,4 Prozentpunkte wichen die Stimmenanteile für die einzelnen Parteien von deren Anteilen 2019 ab.4

In der Altersgruppe der 25- bis 34-Jährigen zeichnet sich bereits ein anderes Bild ab. Auch hier erhielt die CDU mit 19,6 % die meisten Stimmen, allerdings bei leichten Verlusten (2019: 20,5 %). Etwas besser als unter den jüngsten Wählerinnen und Wähler schnitten auch die GRÜNEN mit 16,2% ab (2019: 26,8 %). Dicht dahinter ordnete sich die AfD mit 14,4 % ein. Wie in den meisten Altersgruppen bedeutete dies deutliche Zugewinne für letztere, 2019 hatte die Partei in dieser Schicht nur 8,5 % erreichen können. Dahinter folgten, bei kaum verändertem Anteil die FDP mit 7,8 % (2019: 7,9 %). Mit nur 7,6 % musste die SPD das schlechteste Teilergebnis unter allen Altersgruppen hinnehmen (2019: 10,1 %). Demgegenüber konnte DIE LINKE auch in dieser Altersgruppe mit 3,8 % etwas mehr Wählerinnen und Wähler mobilisieren als im Mittel, aber weniger als noch bei den letzten Europawahlen (2019: 4,8 %). Mehr Stimmen als 2019 erhielten mit 4,1 % die FREIEN WÄHLER (2019: 3,9 %). 3,9 % gingen an das BSW, das sich in dieser und allen darüber liegenden Altersgruppen vor der LINKEN positionieren konnte. Auch in dieser Wählerschicht überzeugten letztlich die sonstigen Parteien mehr Wählende als irgendeine Partei im Einzelnen: 22,7 % lautete das Ergebnis.

Im Alter von 35 bis 44 Jahren erzielte die CDU erneut einen höheren Stimmenanteil, ein Trend der sich im Übrigen mit zunehmendem Alter der betrachteten Gruppe weiter verstärkte. Mit 26,4 % der Stimmen erhielten die Christdemokraten mehr als ein Viertel der Stimmen in diesem Alterssegment, ähnlich viele wie 2019 (25,9 %). 18,4 % der Wählerschaft legten sich auf die AfD fest, die damit ihr bestes Ergebnis unter allen Altersklassen erreichte (2019: 11,2 %). Auch die GRÜNEN erzielten in dieser Kohorte mit 16,9 % ihr bestes Ergebnis (2019: 26,1 %), 2019 war dies noch in der Gruppe der 18- bis 24-Jährigen der Fall gewesen. Trotz Verlusten konnte die SPD ebenfalls ein besseres Ergebnis verbuchen als in der vorangegangenen Gruppe und kam auf einen Zustimmungswert von 8,2 % (2019: 9,9 %). Das galt nicht für die FDP, deren höchste relative Verluste im Vergleich zur letzten Wahl in dieser und der jüngsten Kohorte erfasst wurden (6,2 %, 2019: 7,6 %). DIE LINKE erlangte 1,8 % der Stimmen und damit anteilig etwa so viele wie auch im Gesamtergebnis. Die FREIEN WÄHLER erzielten in dieser Gruppe wie die GRÜNEN ihr bestes Teilresultat mit 4,5 % (2019: 3,8 %) und lagen damit in dieser, wie auch der vorangegangenen Altersgruppe, vor dem BSW mit 4,2 %. Ein Phänomen, das sich von jung bis alt fortsetzte war die abnehmende Zustimmung zu den sonstigen Parteien, sie erhielten in dieser Kohorte 13,4 % der Wählerstimmen.

Nahezu ein Drittel aller Stimmen, die von Wählenden im Alter von 45 bis 59 Jahren vergeben wurden, gingen an die Christdemokraten (32,2 %), mit 5,6 Prozentpunkten die stärksten Zuwächse der Partei unter allen Altersgruppen (2019: 26,6 %). Die AfD erreichte in dieser Altersklasse 18,3 % der Wählerstimmen, bei ebenfalls starken Zugewinnen (2019: 12,1 %). Den GRÜNEN schenkten 14,9 % der Wählerinnen und Wähler dieser Jahrgänge ihr Vertrauen und die SPD überzeugte 9,5 %. Bei ihrem schlechtesten Teilergebnis erreichte die FDP nach leichten Verlusten noch 6,1 % Stimmenanteile (2019: 6,7 %). Auch DIE LINKE verlor spürbar im Vergleich zur letzten Europawahl und kam nach 3,1 % im Jahr 2019 nur noch auf 1,2 % Zustimmungsrate. Die FREIEN WÄHLER bevorzugten 4,4 % der Wählenden (2019: 4,1 %) und das BSW 4,8 %. Die sonstigen Parteien kamen in Summe nur noch auf 8,6 %. Diese Alterskohorte war, zusammen mit der nachfolgenden, diejenige mit den geringsten durchschnittlichen Abweichungen vom Gesamtergebnis.

Entsprechend sind in der Schicht der 60- bis 69-Jährigen viele Anteile den vorangegangenen sehr nah: In der letzten Gruppe, die zum größeren Teil im erwerbsfähigen Alter liegt, erzielte die CDU mit 33,5 % knapp über ein Drittel an Zustimmung, allerdings bei leichten Verlusten im Vergleich zur vorangegangenen Wahl (2019: 33,8 %). Die AfD war mit 15 % (2019: 13,5 %) etwas erfolgreicher als die GRÜNEN mit 14,1 %, die auch in dieser Schicht nahezu ein Drittel ihrer Prozente einbüßten (2019: 20,7 %). Dahinter folgten die FDP mit leicht verbesserten 6,7 % (2019: 6 %), und DIE LINKE erfuhr hier ihre stärksten relativen Verluste über alle Altersschichten, sie überzeugte nur noch 1,2 % der Wahlberechtigten dieser Gruppe im Vergleich zu 3,2 % im Jahr 2019. Den FREIEN WÄHLERN gelangen abermals Zugewinne, sie konnten die Zustimmung in der Altersklasse um 1,6 Prozentpunkte auf 4,2 % verbessern. Das BSW konnte in dieser Gruppe das beste Ergebnis aus allen erhobenen Altersgruppen erzielen und kam auf 5,6 % der Stimmen. Damit verblieben ebenfalls 5,6 % der Stimmen, die an die sonstigen Parteien gingen.

Im Anschluss an die am ähnlichsten zum Gesamtergebnis wählenden Altersgruppen folgt die in absoluten Zahlen zweitgrößte und am stärksten vom Durchschnitt abweichende Gruppe: in der Schicht der 70-Jährigen und Älteren erreichten sieben von acht der betrachteten Parteien sowie die Sonstigen entweder ihr schlechtestes oder bestes Ergebnis. Während die CDU mit 47,9 % (2019: 50,8 %) nahezu die Hälfte der Stimmen erhielt und auch die SPD mit 17,9 % (2019: 18,8 %) mit Abstand ihr bestes Teilergebnis in dieser Gruppe erzielte, mussten die GRÜNEN mit 9,3 % (2019: 11,6 %) und die AfD mit nur 8,6 % (2019: 7,7 %) jeweils ihr mit Abstand schlechtestes Ergebnis aus allen Zielgruppen zur Kenntnis nehmen. Dennoch verzeichneten die GRÜNEN unter den älteren Wählerinnen und Wählern die niedrigsten relativen Verluste im Vergleich zur Europawahl 2019 (–2,3 Prozentpunkte). An fünfter Stelle folgte mit der FDP (7 % bei Zugewinnen von 1,7 Prozentpunkten) die einzige Partei, die weder ihr bestes noch ihr schlechtestes Ergebnis in dieser Kohorte erzielte. DIE LINKE mit 0,6 % (2019: 1,2 %), die FREIEN WÄHLER mit 2,6 % (2019: 1,6 %), das BSW mit 3,4 % und auch die sonstigen Parteien mit insgesamt 2,6 % erzielten sämtlich in allen anderen Altersklassen bessere Werte als unter den ältesten Wählerinnen und Wählern. Ausschließlich die drei ältesten Parteien (CDU, SPD und FDP) erfuhren in dieser Gruppe nicht ihr schlechtestes und, im Falle der Christ- und Sozialdemokraten, sogar ihr bestes Ergebnis – in Summe entschieden sich nahezu drei Viertel (72,8 %) der 70-Jährigen und Älteren für eine dieser Parteien. Auch erwiesen sich die Ergebnisse dieser Altersgruppe als denen der Wahl von 2019 besonders ähnlich: um nur 1,5 Prozentpunkte wichen die Anteile für die einzelnen Parteien vom jeweiligen Ergebnis 2019 ab.

Das deckt sich mit der Beobachtung, dass gerade jüngere Wählende seltener Stammwählende einer Partei sind und generell ihre Wahlentscheidung häufiger von Wahl zu Wahl wechseln, als dies unter älteren Wählerinnen und Wählern der Fall ist. Auch die Aufgeschlossenheit für neuere und kleinere Parteien ist in dieser demografischen Gruppe besonders hoch, wie die hohen Werte der sonstigen Parteien zeigen. Auffällig war, dass bei der Europawahl 2024 Parteien viel Zuspruch von jüngeren Zielgruppen erhielten, die bei vergangenen Wahlen eher mittlere oder ältere demografische Schichten ansprachen. Die CDU konnte in allen Altersgruppen die relative Mehrheit der Stimmen erreichen. Stetig steigende Werte für die CDU bei gleichzeitig abnehmenden Werten für die sonstigen Parteien charakterisieren die steigenden Altersgruppen.

Die jüngste Wählerschaft hat DIE LINKE

Aus der Perspektive der Parteien betrachtet zeigten sich durchaus große Unterschiede hinsichtlich deren Wählerschaft, sowohl in Hinblick auf das Geschlecht5 als auch das Alter der Wählenden.6 Unter allen Wählenden waren im Mittel 9,4 % im Alter zwischen 16 und 24 Jahren, 12,5 % zwischen 25 und 34 Jahren und 13,5 % zwischen 35 und 44 Jahren alt, insgesamt machten die unteren Altersgruppen also etwas mehr als ein Drittel (35,4 %) der Wählenden aus, etwas weniger als unter den Wahlberechtigten (36,8 %). Die älteren Altersgruppen waren aufgrund deren höherer Wahlbeteiligung mit 24,5 % (45–59 Jahre), 19,3 % (60–69 Jahre) und 20,9 % (70 Jahre und älter) und damit insgesamt knapp zwei Dritteln (64,7 %) Anteil an der Gesamtwählerschaft überproportional stark vertreten, 63,2 % der Wahlberechtigten fallen in diesen Bereich.

Hinsichtlich der Verteilung der Geschlechter bildet die CDU die Grundgesamtheit der Wählenden (51 % Frauen, 49 % Männer) in ihrer Wählerschaft am besten ab: Von den Wählenden der CDU waren 51,3 % Frauen und 48,7 % Männer (Schaubild 3). Bei den Wählerinnen und Wähler der CDU zeigt sich klar der Trend, dass ältere Wählende eher die CDU wählen: 51,5 % der Stimmen für die Christdemokraten kamen von Wählerinnen und Wählern ab 60 Jahre, und beinahe ein Drittel (31,3 %) waren sogar 70 Jahre und älter (Tabelle 3, Schaubild 4). Die stärksten prozentualen Zugewinne innerhalb der Wählerschaft kamen aus der Altersgruppe 16 bis 24 Jahre (+1,7 Prozentpunkte), die stärksten Verluste aus der Gruppe 70 Jahre und älter (–2,6 Prozentpunkte). Insgesamt erzielte die CDU ihr stärkstes Einzelergebnis unter den Frauen ab 70 Jahren (48,9 %) und das schwächste unter den Frauen zwischen 16 und 24 Jahren (16,1 %).

Im Kontrast wies die AfD die wiederum stärkste Abweichung aller betrachteten Parteien nach Geschlecht auf: 61,5 % Männer und 38,5 % Frauen lautet die Bilanz der Wählerschaft. Hinsichtlich des Alters der Wählenden lag der Schwerpunkt der AfD klar auf der Altersgruppe 45 bis 59 Jahre sowie den jeweils davor und dahinter liegenden Gruppen: Mit 66,9 % waren knapp zwei Drittel aller Wählerinnen und Wähler, die der AfD ihre Stimme gaben, zwischen 35 und 69 Jahre alt (zum Vergleich: dies traf auf lediglich 57,3 % der Wählenden insgesamt zu), trotz eines deutlich erhöhten Anteils der jüngsten Altersgruppe von 16 bis 24 Jahre (+4,1 Pro­zentpunkte im Vergleich zu 2019) am Gesamtergebnis der Partei. An Gewicht verloren die Gruppe der 45- bis 59-Jährigen (–4,5 Prozentpunkte) und die der 70-Jährigen und Älteren (–3,6 Prozentpunkte). Am stärksten schnitt die AfD unter den Männern zwischen 35 und 44 Jahren ab (22,8 %), die niedrigsten Anteile erhielt sie von Frauen 70 Jahre oder älter (6,9 %).

Ihren Altersschwerpunkt hatte die Wählerschaft der GRÜNEN ebenfalls überdurchschnittlich stark in der Kohorte 35 bis 69 Jahre: immerhin 62,6 % fielen in diese Gruppe. Zugewinne an Gewicht innerhalb der Grünenwählerinnen und -wähler zeigten die zwei ältesten demografischen Schichten (+4,7 (60 bis 69 Jahre) respektive +3,9 (70 Jahre und älter) Prozentpunkte). Bedeutungsverluste hingegen ergaben sich für die Gruppen 45 bis 59 Jahre (–7 Prozentpunkte) und 16 bis 24 Jahre (–3,8 Prozentpunkte). Hinsichtlich der Geschlechterverteilung unter deren Wählenden spiegelt sich die traditionell emanzipatorische Ausrichtung auch in der Wählerschaft: 43,5 % Männer und 56,5 % Frauen waren unter denjenigen, die den GRÜNEN ihre Stimme gaben. Das beste Ergebnis erreichten sie unter den Frauen von 35 bis 44 Jahren (19,3 %), am wenigsten Zustimmung gab es von den 70-jährigen oder älteren Männern (8,8 %).

Eine ähnliche Geschlechterverteilung konnte bei der SPD beobachtet werden, hier stand eine Mehrheit von 54,3 % Wählerinnen 45,7 % Wählern gegenüber. Hinsichtlich des Alters der Wählenden lag die SPD jedoch näher an der CDU, die Wählerinnen und Wähler mit 60 oder mehr Jahren machten 55,5 % der Wählerschaft aus und allein die 70-Jährigen und Älteren kamen auf nahezu ein Drittel der Stimmen (32,2 %). Leichte Bedeutungsgewinne ergaben sich für die Gruppen 16 bis 24 Jahre (+2 Prozentpunkte), 60 bis 69 Jahre (ebenfalls +2 Prozentpunkte) sowie 70 Jahre und älter (+3,3 Prozentpunkte), einen deutlichen Bedeutungsverlust für die SPD zeigte hingegen die Zielgruppe 45 bis 59 Jahre (–5,7 Prozentpunkte). Am besten kam die SPD letztlich bei den Frauen ab 70 Jahren an (18,2 %), am wenigsten überzeugen konnte sie die Männer zwischen 25 und 34 Jahre (6,6 %).

Eine wiederum eher männlich dominierter Wählerkreis (mit dem zweithöchsten Männeranteil nach der AfD) war bei der FDP erkennbar: 47,1 % Frauen und 52,9 % Männer wurden erfasst. Die Altersverteilung der FDP-Wählerinnen und -Wähler zeigte jedoch ein deutlich gleichmäßigeres Bild als bei allen sonstigen betrachteten Parteien. Was die Altersstruktur betrifft war die Wählerschaft der FDP also insofern besonders, als dass die Anteile der einzelnen Altersgruppen am Gesamtergebnis der Partei besonders nahe an denjenigen der Grundgesamtheit lagen: Die einzelnen Altersgruppen wichen zwischen FDP und den Wählenden im Ganzen im Schnitt nur um 1,4 Prozentpunkte ab. Bedeutungsgewinne zeigten vor allem die Gruppen 60 bis 69 Jahre (+4,1 Prozentpunkte) sowie 70 Jahre und älter (+5,4 Prozentpunkte), Verluste vor allem die Gruppe der 45- bis 59-Jährigen (–6,7 Prozentpunkte). Letztlich konnte die meiste Zustimmung unter den Männern bis 24 Jahren erfasst werden (10,3 %), die niedrigste unter den Frauen zwischen 35 und 44 Jahren (5,4 %).

Spitzenreiter bei der Abweichung von der durchschnittlichen Altersstruktur war demgegenüber die Wählerschaft der LINKEN mit durchschnittlich 10,2 Prozentpunkten Differenz. Die Entwicklung bei allen anderen betrachteten Parteien kehrte sich bei der LINKEN um: Die Anteile an den Gesamtstimmen sinken hier mit steigendem Alter stetig. Hier machten entsprechend die jüngeren Altersgruppen von 16 bis 44 Jahren 65,3 % der Wählerschaft aus. Diese Altersgruppen gewannen bei den letzten Wahlen auch relativ stark an Bedeutung. Besonders die Gruppen 16 bis 24 Jahre (+14,1 Prozentpunkte) und 25 bis 34 Jahre (+5,2 Prozentpunkte) wuchsen anteilig stark, sinkende Werte konnten für die Gruppen von 45 bis 59 Jahre (–12,9 Prozentpunkte) sowie 60 bis 69 Jahre (–5,1 Prozentpunkte) beobachtet werden. Auch hatte DIE LINKE den höchsten Anteil an Wählerinnen (60,8 % Frauen, 39,2 % Männer) vorzuweisen. Sowohl der höchste als auch der niedrigste relative Stimmenanteil zeigten sich für DIE LINKE bei den Frauen (7,6 % bei den 16- bis 24-Jährigen, 0,6 % bei den ab 70-Jährigen).

An zweiter Stelle der weiblichsten Wählerschaften folgten der LINKEN die FREIEN WÄHLER nach. Auch sie konnten vor allem Wählerinnen gewinnen und erhielten ihre Stimmen zu 58,2 % von Frauen und zu 41,8 % von Männern. In der Altersstruktur wiederum kamen die FREIEN WÄHLER der AfD und den GRÜNEN relativ nahe: mit knapp zwei Dritteln (65,3 %) waren weit überdurchschnittlich viele Wählerinnen und Wähler der FREIEN WÄHLER zwischen 35 und 69 Jahren alt. Im Vergleich zur vorangegangenen Wahl hatten für die FREIEN WÄHLER vor allem die ältesten demografischen Schichten an Bedeutung gewonnen: die 60- bis 69-Jährigen um 7,2 Prozentpunkte und die 70-Jährigen und Älteren um 3,9 Prozentpunkte, deutlich weniger Gewicht hingegen hatten sie bei der Zielgruppe 45 bis 59 Jahren (–8,6 Prozentpunkte). Die Prozentspanne reichte von 2,3 % bei den Männern ab 70 Jahren bis zu 5,4 % bei den Frauen zwischen 45 und 59 Jahren.

Das erst wenige Monate vor der Wahl (im Januar 2024) neu gegründete BSW zeigt sich als Abspaltung von der LINKEN mit einer ähnlichen Verteilung der Wählerschaft auf die Geschlechter wie letztere (Männer: 44,4 %, Frauen: 55,6 %). Deutliche Unterschiede zeigen sich demgegenüber in der Altersstruktur. Für das BSW hatten die unteren Alterskohorten bis 44 Jahre durchschnittliche Bedeutung, merklich wichtiger als im Durchschnitt waren hingegen die Zielgruppen 45 bis 59 Jahren sowie 60 bis 69 Jahren. Diese machten zusammen mit 50,6 % mehr als die Hälfte der Wählerschaft des BSW aus, unter den Wählenden insgesamt jedoch gerade einmal 43,8 %. Die Gruppe 70 Jahre und älter wiederum hatte vergleichsweise geringe Bedeutung für das BSW. Hier erhielt die Partei auch den schlechtesten Wert (3,2 % unter den Frauen), am besten schnitten sie mit jeweils 6 % bei der jüngsten weiblichen Kohorte und den 60- bis 69-jährigen Frauen ab.

Im Gesamtbild sind die unterschiedlichen Parteipräferenzen verschiedener demografischer Schichten der baden-württembergischen Bevölkerung deutlich zu erkennen, ein Phänomen, das auch aus vorangegangenen Wahlen gut bekannt ist. Trends der vergangenen Wahlen setzten sich allerdings nicht zwangsläufig fort: Gerade die starken Stimmenverluste für die GRÜNEN unter den jüngeren Wählerinnen und Wählern und der gewachsene Zuspruch dieser Altersgruppen für die CDU und die AfD zeugten von veränderten Prioritäten. Ansonsten zeigte sich ein wenig überraschendes Bild. Die CDU und die SPD waren, wie auch bei vorangegangenen Wahlen, besonders unter den älteren Wählerinnen und Wählern erfolgreich und hinsichtlich des Geschlechts relativ ausgeglichen mit leichter Tendenz zu einem höheren Frauenanteil. Die AfD und die FREIEN WÄHLER waren, wie auch das BSW und die GRÜNEN, besonders bei den Wählenden mittleren Alters beliebt und mit Ausnahme der AfD vor allem bei Frauen. Die AfD bot damit keine Überraschung: nach wie vor wählen am ehesten Männer mittleren Alters die Partei. Die FDP zeigte keine Auffälligkeiten in der Altersstruktur ihrer Wählerschaft, wurde aber vermehrt von Männern gewählt. DIE LINKE war hinsichtlich des Alters ihrer Wählerschaft der einzige große Ausreißer und konnte vor allem die jüngeren unter den Wählenden ansprechen und haben den höchsten Anteil an Wählerinnen unter den betrachteten Parteien.

Weitere Informationen zu den Ergebnissen der Europawahl sowie der repräsentativen Wahlstatistik in Baden-Württemberg stehen in Form von Tabellen und Dateien zum Download auf der Homepage des Statistischen Landesamtes bereit: www.statistik-bw.de.

1 Betrachtet werden in diesem Beitrag die Ergebnisse der acht Parteien, welche deutschlandweit die meisten Stimmen erhalten haben. Das sind:CDU, GRÜNE, SPD, AfD, FDP, DIE LINKE, FREIE WÄHLER und BSW.

2 Hier (wie auch im Folgenden) muss beachtet werden, dass bei der Europawahl 2024 (und damit auch bei der repräsentativen Wahlstatistik) erstmals 16- und 17-Jährige wählen durften, was die Gruppe der jüngeren Wählerinnen und Wähler im Kontrast zu früheren Wahlen größer erscheinen lässt und damit einen Vergleich erschwert. Eine gesonderte Auswertung der minderjährigen Wählenden kann nicht vorgenommen werden.

3 Betrachtet wurde die durchschnittliche Abweichung der Parteien, wie in Schaubild 2 dargestellt. Die »Sonstigen« wurden dabei als Gruppe wie die namentlich genannten Parteien behandelt.

4 Ausgenommen das BSW, das 2019 noch nicht angetreten war.

5 Unter »Männer« werden neben den männlichen Wählenden auch diverse Personen und solche ohne Angabe im Geburtenregister zusammengefasst.

6 Es ist wichtig für das Verständnis dieses Abschnitts, die Anteile der Altersgruppen am Ergebnis einzelner Parteien in Relation zu den Anteilen dieser Altersgruppe am Gesamtergebnis zu setzen. Sind etwa im Allgemeinen 20,9 % der Wählenden 70 Jahre oder älter, so ist ein Anteil dieser Altersgruppe von 21,5 % am Ergebnis einer Partei tendenziell durchschnittlich und zeigt keine nennenswerte Überrepräsentation an.