Verdienste in Baden-Württemberg im April 2023 – Teil 2
Insgesamt geringer Anteil an Niedriglöhnen, aber weiterhin starke Lohnspreizung
Nachdem im ersten Teil dieses Beitrags anhand der neuen Verdiensterhebung – welche mit Erhebungsumstellung zum Jahresbeginn 2022 die früheren Verdiensterhebungen ablöste – die allgemeine Entwicklung von Verdiensten und Arbeitszeit der Arbeitnehmenden in Baden-Württemberg betrachtet wurde, soll im nachfolgenden zweiten Teil nun der Fokus auf die Beschäftigung und Verdienste im Niedriglohnsektor und Mindestlohnbereich gelegt werden. Denn gerade auch Beschäftigte mit niedrigen Verdiensten und geringfügig Beschäftigte sind in der Regel weniger resilient gegenüber negativen ökonomischen Entwicklungen wie beispielsweise den wirtschaftlichen Folgen der Coronapandemie und dem damals massiven Anstieg von Kurzarbeit, welche auch aktuell wieder eine zunehmende Rolle als Instrument zur Abfederung konjunktureller Schwächen bei den Unternehmen spielt.
Hinsichtlich der Angemessenheit der Mindestlohnhöhe gibt es eine immer wiederkehrende kontroverse öffentliche Debatte. Die Anpassungen des Mindestlohns stehen im Spannungsfeld zwischen Arbeitgeberverbänden, Gewerkschaften und Partei-/Wahlkampfpolitik und unterliegen unterschiedlichen Einflüssen und Interessenslagen, wie etwa den steigenden Lebenshaltungskosten einerseits und den wirtschaftlichen Belastungen der Unternehmen – unter anderem durch hohe Energiepreise und allgemein schwächelnde Konjunktur – auf der anderen Seite (vgl. i-Punkt »Mindestlohn und Mindestlohnentwicklung in Deutschland«).
Auch im Wahlkampf für die Bundestagswahl 2025 standen Forderungen nach einer Anhebung des Mindestlohns per Regierungsbeschluss statt über Aushandlungen der Mindestlohnkommission im Raum, was wiederum auf Kritik bei Arbeitgeberverbänden wie zum Beispiel dem Deutschen Hotel und Gaststättengewerbe führt.
In Baden-Württemberg war die Betroffenheit von Arbeitnehmenden durch den Mindestlohn und der Anteil am Niedriglohnsektor im April 2023 im Bundesvergleich verhältnismäßig gering. Mit 5,5 % der Beschäftigungsverhältnisse mit Mindestlohn und 2,7 % unter Mindestlohn sowie einem Anteil von ca. 15 % aller Jobs im Niedriglohnbereich lagen die Werte für den Südwesten unter oder etwa im Bundesdurchschnitt (6,2 %, 2,6 % und 16,3 %). Je nach Wirtschaftsbereich und Region, in denen eine Person in Baden-Württemberg beschäftigt war, zeigten sich jedoch zum Teil deutliche Unterschiede. Der mittlere Bruttostundenverdienst war beispielsweise in der Region Stuttgart und im Bodenseekreis mit 25,50 Euro um einiges höher als etwa in der Region Calw (20 Euro), sodass die Beschäftigungsverhältnisse in Calw entsprechend potenziell stärker vom Mindestlohn betroffen sind.