:: 4/2004

Lebens- und Einkommenssituation baden-württembergischer Familien

Die Ergebnisse des Mikrozensus im längerfristigen Zeitvergleich spiegeln deutlich die Veränderungen der Familienformen sowie die der Lebens- und Einkommenssituation der baden-württembergischen Familien wider. Zwar lebte auch im Jahr 2003 nach wie vor die Mehrheit der Baden-Württemberger in Familien, jedoch hat sich beispielsweise der Anteil der »traditionellen« Kernfamilien, also der Ehepaare mit Kindern, an allen Familien mit 47 % im Vergleich zu 1980 (58 %) deutlich reduziert. Entsprechend stieg der Anteil der allein Erziehenden an allen baden-württembergischen Familien von 9 auf 13 %.

Im Jahr 2003 gingen von den in Baden-Württemberg lebenden Ehepaaren mit Kindern unter 18 Jahren bei 64 % beide Ehepartner einer Erwerbstätigkeit nach, von den allein erziehenden Vätern und Müttern mit Kindern unter 18 Jahren waren 77 % erwerbstätig. Deutliche Unterschiede zwischen Ehepaaren mit Kindern und allein Erziehenden zeigen sich bei der Einkommenssituation. So mussten 22 % der allein Erziehenden mit minderjährigen Kindern im Jahr 2003 mit einem Einkommen von unter 900 Euro auskommen. Von den Ehe-paaren mit Kindern unter 18 Jahren waren dies lediglich 1 %. Zudem gaben 10 % der allein Erziehenden mit minderjährigen Kindern an, überwiegend von Sozialhilfe zu leben.

Mehrheit der Baden-Württemberger lebt nach wie vor in Familien

Nach der gesetzlich verankerten Abgrenzung zählen zu den Familien Ehepaare mit und ohne Kinder und allein erziehende Väter und Mütter mit ihren Kindern. Im Mikrozensus1 wird diese Familienabgrenzung als so genanntes »traditionelles Familienkonzept« bezeichnet. Nach dieser Definition lebte im Mai 2003 in Baden-Württemberg nach wie vor die Mehrheit der insgesamt 10,67 Mill. Baden-Württemberger, nämlich 8,33 Mill., in Familien. Hierzu zählten 1,35 Mill. Ehepaare mit Kindern, 1,14 Mill. Ehepaare ohne Kinder sowie rund 365 000 allein erziehende Väter und Mütter (darunter gut 64 000 mit Lebenspartner).

Wie der Vergleich mit 1980 zeigt, haben sich die Anteile der drei Familientypen in den letzten Jahrzehnten erheblich verschoben. So ist in Baden-Württemberg der Anteil der Ehepaare ohne Kinder an den Familien insgesamt deutlich angestiegen, von 33 % im Jahr 1980 auf heute 40 %. Demgegenüber hat sich der Anteil der »traditionellen« Kernfamilien, das heißt der Ehepaare mit Kindern, von 58 % im Jahr 1980 auf gerade noch 47 % reduziert. Zu beachten ist allerdings, dass nach dem Erhebungskonzept des Mikrozensus Ehepaare ohne Kinder nicht gleichzusetzen sind mit zeitlebens kinderlosen Ehen. Ehepaare ohne Kinder können zwar zum einen zeitlebens kinderlose Ehen sein, aber auch Ehepaare, die noch keine Kinder haben, oder Ehepaare, deren Kinder den elterlichen Haushalt bereits verlassen haben.

Allein Erziehende nach wie vor überwiegend Mütter

Die Zahl der allein Erziehenden ist in den letzten gut zwei Jahrzehnten deutlich von 228 000 auf rund 365 000 im Jahr 2003 angestiegen. Damit hat sich ihr Anteil an den Familien von gut 9 % auf knapp 13 % erhöht. Bei den allein Erziehenden handelt es sich nach wie vor überwiegend um Mütter. Der Anteil der Väter unter den allein Erziehenden ist zwar in den letzten beiden Jahrzehnten etwas angestiegen, er war jedoch auch 2003 noch vergleichsweise niedrig. So waren 1980 rund 15 % und 2003 annähernd 21 % der allein Erziehenden Männer.

Wie sich aus dem Familienstand ablesen lässt, standen zu Beginn der 80er-Jahre noch andere Lebensumstände im Vordergrund der allein Erziehenden. Die zunehmende Zahl der allein erziehenden Väter und Mütter ist zum einen die Folge der steigenden Scheidungszahlen und zum anderen auch auf die starke Zunahme der nicht ehelichen Geburten zurückzuführen. Zu Beginn der 80er-Jahre war der Tod des Ehepartners noch der wichtigste Grund dafür, dass ein Vater oder eine Mutter Kinder allein aufziehen musste. So war im Jahr 1980 immerhin mehr als die Hälfte der allein Erziehenden verwitwet. Heute trifft dies nur noch auf knapp 23 % der allein erziehenden Väter und Mütter zu. Dagegen hat sich der Anteil der geschiedenen bzw. verheiratet getrennt

lebenden allein erziehenden Väter und Mütter von knapp 38 % auf 52 % im Jahr 2003 erhöht. Der Anteil der ledigen allein erziehenden Elternteile hat sich seit 1980 mit einem Anstieg von rund 15 Prozentpunkten auf knapp 26 % im selben Zeitraum mehr als verdoppelt.

Trend zur kleineren Familie

Die Familien in Baden-Württemberg sind in den letzten beiden Jahrzehnten deutlich kleiner geworden. Im Jahr 1980 hatte eine baden-württembergische Familie mit Kindern im Durchschnitt 1,9 Kinder, im Jahr 2003 nur noch 1,7. Ursächlich für diese Entwicklung ist der Rückgang der Familien mit drei und mehr Kindern. Im Jahr 1980 hatten noch knapp 21 % der Familien drei und mehr Kinder, 2003 traf dies nur noch auf knapp 15 % der Familien zu.

Trotz der in den letzten Jahren stark rückläufigen Geburtenhäufigkeit bei ausländischen Frauen sind die Familien von ausländischen Mitbürgern nach wie vor größer als die der Deutschen. So liegt die durchschnittliche Kinderzahl bei den Baden-Württembergern mit deutschem Pass bei 1,7 Kindern pro Familie, bei den Ausländern bei 1,9 Kindern pro Familie mit Kindern.

Bei immer mehr Ehepaaren mit Kindern sind beide Partner berufstätig

Betrachtet man die Erwerbsbeteiligung der baden-württembergischen Eltern, so zeigen die Ergebnisse des Mikrozensus 2003, dass bei fast 64 % der in Baden-Württemberg lebenden Ehepaare mit Kindern unter 18 Jahren beide Ehepartner einer Erwerbstätigkeit nachgingen (Schaubild). Dies ist ein erstaunlich hoher Anteil von berufstätigen Müttern mit minderjährigen Kindern, selbst wenn man

berücksichtigt, dass bei dieser Quote auch die Frauen im Erziehungsurlaub enthalten sind, die nach dem Erhebungskonzept des Mikrozensus zwar als erwerbstätig gelten, jedoch zum Teil vorübergehend nicht arbeiten. Bei lediglich 1 % der Ehepaare mit Kindern unter 18 Jahren waren beide Ehepartner zu den Nichterwerbspersonen zu zählen, das heißt, sie waren beide weder erwerbstätig noch erwerbslos noch suchten sie eine Stelle. Bei knapp 9 % war mindestens einer der Ehepartner erwerbslos, bei weiteren annähernd 28 % der Ehepaare mit Kindern unter 18 Jahren war nur ein Partner erwerbstätig, während der andere Ehepartner zu den Nichterwerbspersonen zählte. Bei diesen Paaren sind es nach wie vor meistens die Frauen, die – wie anzunehmen ist – aus familiären Gründen zu Hause bleiben. So war in 95 % dieser Familien der Mann erwerbstätig, während die Frau nicht arbeitete und auch nicht auf der Suche nach einem Arbeitsplatz war. Die umgekehrte Variante, wonach die Frau die Familie ernährt und der Ehemann als »Hausmann« für Kinder und Haushalt zuständig ist, wird nur in jedem zwanzigsten Fall praktiziert.

Der Rückblick auf das Jahr 1990 zeigt, dass sich bei der Erwerbsbeteiligung von Ehepaaren mit Kindern unter 18 Jahren im letzten Jahrzehnt deutliche Verschiebungen ergeben haben: Der Trend geht eindeutig dahin, dass bei dieser Familienkonstellation häufiger beide Partner berufstätig sind. Im Jahr 1990 hatte der Anteil der Ehepaare, bei denen beide arbeiten gingen, noch bei 51 % gelegen. Umgekehrt hat sich der Anteil der Ehepaare mit Kindern unter 18 Jahren und nur einem Einkommensbezieher gegenüber 1990 reduziert: Damals war in 43 % der Ehen mit minderjährigen Kindern nur ein Ehepartner berufstätig gewesen, während der andere zu den Nichterwerbspersonen zählte. Aber auch in Familien mit nur einem Berufstätigen lässt sich ein gewisser Wandel erkennen: Im Jahr 1990 haben nur in knapp 3 % »Einverdiener-Familien« die Frauen die »Brötchen« verdient.

Einkommen allein Erziehender deutlich geringer als die von Ehepaaren

Von den allein erziehenden Vätern und Müttern mit Kindern unter 18 Jahren waren 77 % erwerbstätig, 8 % waren erwerbslos2 und knapp 16 % zählten zu den Nichterwerbspersonen.3 Dieser hohe Anteil von Nichterwerbspersonen unter den allein Erziehenden und der ebenfalls beträchtliche Prozentsatz von Ehepaaren mit Kindern, bei denen beide Partner berufstätig sind, hat zur Folge, dass die Nettoeinkommen der allein Erziehenden deutlich hinter denen der Ehepaare mit Kindern zurückbleiben. So musste im Jahr 2003 nur eine kleine Minderheit der Ehepaare mit Kindern unter 18 Jahren (1 %) mit einem Nettoeinkommen von unter 900 Euro auskommen. Von den allein Erziehenden hingegen befanden sich 22 % in dieser Einkommensgruppe (Tabelle). Umgekehrt verfügten 53 % der Ehepaarfamilien mit minderjährigen Kindern, aber nur 8 % der Familien von allein Erziehenden über ein Einkommen von rund 2 600 Euro und mehr.

Jeder zehnte allein Erziehende lebt überwiegend von Sozialhilfe

Einen wichtigen Hinweis auf die sozioökonomische Lage der Familien gibt im Rahmen des Mikrozensus unter anderem die Quote des überwiegenden Lebensunterhalts durch Sozialhilfe (im Folgenden als so genannte Sozialhilfequote bezeichnet), die sich als prozentualer Anteil der Familien mit überwiegendem Lebensunterhalt durch Sozialhilfe an allen Familien definiert. In Baden-Württemberg betrug im Mai 2003 die Sozialhilfequote für die knapp 2,4 Mill. Familien mit minderjährigen Kindern 1,5 %. Bei den Ehepaaren mit Kindern unter 18 Jahren belief sich die Sozialhilfequote dabei lediglich auf knapp 1 %, wohingegen bei den allein Erziehenden 10 % überwiegend von Sozialhilfe lebten. Im Zusammenhang mit dem Bezug von Sozialhilfe zeigen sich auch geschlechtsspezifische Differenzen: So waren im Mai 2003 in Baden-Württemberg mit 11% überdurchschnittlich viele der allein erziehenden Mütter mit Kindern unter 18 Jahren auf Sozialhilfe angewiesen. Dagegen sind allein erziehende Väter kaum von Sozialhilfe abhängig.

Weitere Informationen über die Bevölkerungsstruktur, Familien, Haushalte und Einkommen in Baden-Württemberg sind dem Statistischen Bericht »Bevölkerungsstruktur, Familien, Haushalte und Einkommen in Baden-Württemberg im Mai 2003« zu entnehmen. Der Statistische Bericht kann beim Statistischen Landesamt Baden-Württemberg unter Tel.: (0711) 641-2866, Fax (0711) 641-2130, E-Mail: vertrieb@stala.bwl.de bestellt werden. Zudem sind diese und weitere Statistische Berichte auch unter www.statistik-bw.de zu finden.

1 Mikrozensusgesetz vom 17. Januar 1996 (BGBI.I S.34), zuletzt geändert durch den Artikel 3 Abs. 19 des Gesetzes vom 21. Dezember 2000 (BGBI. I S. 1857), die Verordnung zur Aussetzung einzelner Merkmale des Mikrozensus vom 3. April 2000 (BGBI. I S. 442), in Verbindung mit der Verordnung (EG) Nr. 577/98 des Rates vom 9. März 1998 zur Durchführung einer Stichprobenerhebung über Arbeitskräfte in der Gemeinschaft (ABI. EG Nr. L 77 S. 3) in der derzeit gültigen Fassung, in Verbindung mit dem Gesetz über die Statistik für Bundeszwecke (Bundesstatistikgesetz – BStatG) vom 22. Januar 1987 (BGBI. I S. 462, 565), zuletzt geändert durch Artikel 15 des Gesetzes vom 21. August 2002 (BGBI. I S. 3322).

2 Als Erwerbslose gelten Personen ohne Arbeitsverhältnis, die sich um eine Arbeitsstelle bemühen, unabhängig davon, ob sie beim Arbeitsamt als Arbeitslose gemeldet sind.

3 Alle Personen (zum Beispiel Kinder, Rentner und »Nur-Hausfrauen«), die keinerlei auf Erwerb ausgerichtete Tätigkeit ausüben oder suchen.