:: 10/2004

Jugend forscht – auch in Baden-Württemberg

Dass Baden-Württemberg auch im Jahr 2004 wieder Sieger im Bundeswettbewerb »Jugend forscht« hervorgebracht hat, kommt nicht von ungefähr. Gezielte schulische Förderung und aktives Engagement von Lehrern, Ausbildern und der Wirtschaft schaffen die Voraussetzungen für erfolgreiche Jungforscher. Rund 10 % der insgesamt 8 315 bundesweit angemeldeten Teilnehmerinnen und Teilnehmer kommen mit ihren Arbeiten aus Baden-Württemberg, im Finale standen schließlich 20 von ihnen. Für zwei 18 und 19 Jahre alte Jungforscher ging dann der Traum in Erfüllung: die Juroren kürten sie mit ihrer Arbeit zu Bundessiegern.

Innovation mit Partyleuchte und Webcam

Als Bundesbildungsministerin Edelgard Bulmahn am 16. Mai 2004 die jungen Sieger des Bundeswettbewerbes »Jugend forscht« in einer Feierstunde im Audimax der Universität des Saarlandes in Saarbrücken ehrte, ging der 39. Wettbewerb dieser Art in Deutschland zu Ende. Insgesamt stellten sich 213 Finalisten mit 113 Projekten den Juroren, darunter auch zwei junge Forscher aus Baden-Württemberg. Mit ihrer eigens für den Wettbewerb entwickelten Apparatur wurden Frederick Schaal und Torben Ott aus Stuttgart Bundessieger im Fachgebiet Chemie. Durch ihr kostengünstiges Spektralfotometer für den Schulbetrieb wird ein qualitativer und auch quantitativer Stoffnachweis ermöglicht. »Mithilfe einer handelsüblichen Webcam, einem Spalt aus Glasfasern und einer Partyleuchte gelang es ihnen, zum Beispiel Metalle in kleinen Mengen nachzuweisen. Die Daten der Webcam werden auf einen Computer übertragen und mit einer selbst entwickelten Software ausgewertet«.1 Baden-Württemberg stellte in der diesjährigen Finalrunde mit 20 Teilnehmern die stärkste Gruppe unter den Bundesländern (Tabelle 1) und lag mit acht Projekten ebenfalls im Spitzenfeld.

Noch im Jahr 1966, dem Beginn der Wettbewerbe, waren es lediglich 244 Mädchen und Jungen, die sich an der ersten Runde beteiligten. Unter dem Motto »Wir suchen die Forscher von morgen« hatte Stern-Chef Henri Nannen im Dezember 1965 zur Teilnahme aufgerufen.2 Mehrere große Unternehmen – von denen einige noch heute Partner sind – übernahmen Patenschaften für die Wettbewerbe in den einzelnen Bundesländern. Anfangs standen die klassischen Schul- und Studienfächer Biologie, Chemie, Mathematik und Physik zur Wahl, 1968 kam das Fachgebiet Technik hinzu, ein Jahr später Geo- und Raumwissenschaften und 1975 Arbeitswelt, mit dem vor allem junge Auszubildende in stärkerem Maße für den Wettbewerb angesprochen werden sollten. Für das steigende Interesse von Mädchen und Jungen der unteren Klassen von Gymnasien sowie Haupt- und Realschulen wurde eine eigenständige Wettbewerbssparte nötig, sodass es seit 1969 für alle Teilnehmer bis 15 Jahre neben der Sparte »Jugend forscht« die Juniorensparte »Schüler experimentieren« gibt.

Jeder zehnte Teilnehmer kam 2004 aus Baden-Württemberg

In beiden Sparten vergeben zahlreiche Patenunternehmen und öffentliche Einrichtungen auf allen drei Wettbewerbsebenen (Regional-, Landes- und Bundeswettbewerb) für gute Platzierungen Geld- und Sachpreise. Einer der Preisstifter mit Tradition ist der Bundeskanzler, der 1971 zum ersten Mal den Sonderpreis für die originellste Arbeit auslobte. Die ersten Gewinner dieses Preises durften Willy Brandt 1972 ihr Projekt vorstellen. Seit den 80er-Jahren präsentieren die Jungforscher ihre Projekte außer im Wettbewerb nicht nur beim Kanzler, sondern auch auf eigenen Messen.

Aus der Aktion der Zeitschrift Stern wurde 1975 der gemeinnützige Verein »Stiftung Jugend forscht« gegründet, ein gemeinsames Förderungswerk von Bundesregierung, Stern, Wirtschaft und Schulen. Das heutige Bundesministerium für Bildung und Forschung finanziert nach wie vor die Arbeit der Geschäftsstelle und der Bundespräsident begleitet den Wettbewerb seit 1977 als Schirmherr. Unmittelbar nach der deutschen Wiedervereinigung wurde der Wettbewerb »Jugend forscht« auch in den neuen Bundesländern organisiert. Bereits im März 1991 konnten 16 Landeswettbewerbe ausgetragen werden. Dieser erste gesamtdeutsche Bundeswettbewerb fand in Würzburg statt.

Insgesamt hatten sich für den 39. Bundeswettbewerb im Jahr 2004 mehr als 8 300 Schülerinnen und Schüler angemeldet, davon auch 270 Mädchen und 516 Jungen aus Baden-Württemberg. Damit kamen in diesem Jahr fast 10 % der Teilnehmenden aus unserem Bundesland (Tabelle 2). Gegenüber dem Vorjahr bedeutet dies erneut einen Rekordzuwachs (+ 17 %). Verglichen mit 1966, dem ersten Jahr des Wettbewerbs mit 57 Teilnehmenden, haben sich 2004 fast 14-mal so viele Teilnehmer aus Baden-Württemberg angemeldet, und verglichen mit 1991 hat sich die Teilnehmerzahl vervierfacht – bundesweit hat sich die Teilnehmerzahl in diesem Zeitraum nur etwas mehr als verdoppelt. Auf Bundesebene liegt der Mädchenanteil bei 38 %, in Baden-Württemberg sind 34 % der Teilnehmenden weiblich.

Die Baden-Württemberger reichten im Jahr 2004 zusammen 375 Arbeiten ein, die am häufigsten (289) in Gruppen und seltener von Einzelnen bearbeitet wurden. Mit 204 Teilnehmenden war für Baden-Württemberg das Fachgebiet Biologie das bedeutsamste, was auch bundesweit zutrifft (Schaubild). Der Bundessieger in diesem Fachgebiet kam dieses Jahr aus dem Saarland und konnte eindrucksvoll die Funktionen verschiedener Hirnareale beim Erlernen einer unbekannten (künstlichen) Sprache analysieren. Dazu entwickelte er eine bedeutungsfreie Sprache und verschiedene Testverfahren zum Nachweis von Gedächtnisleistungen.

Ein weiterer Schwerpunkt der aus Baden-Württemberg eingereichten Arbeiten lag – bezogen auf die Teilnehmer – im Fachgebiet Technik: hier waren 161 junge Menschen mit Untersuchungen beschäftigt, die sich auf überwiegend technische Konstruktionen beziehen. Der Bundessieger im Fachgebiet Technik kam dieses Jahr aus Bayern und baute in Eigenregie für sein Modellflugzeug ein Miniaturstrahltriebwerk, wobei er die hierfür benötigten Arbeits- und Hilfsmittel, wie etwa eine elektronische Auswuchtmaschine, ebenfalls selbst herstellte.

Bisher stellt Baden-Württemberg 45 Bundessieger

Geforscht wird zu Hause, am Arbeitsplatz oder in der Schule. Teilnehmen können interessierte Nachwuchsforscherinnen und -forscher unter 22 Jahren: Schülerinnen und Schüler, Auszubildende, Zivildienstleistende, Bundeswehrangehörige und Studenten im 1. Studiensemester. Ein Netz von Betreuern, meist Lehrerinnen und Lehrer oder Ausbilder, unterstützen die Bemühungen der jungen Leute.

Doch nicht immer können Schüler und Schulen die notwendigen Gerätschaften oder Materialien selbst finanzieren. Um hier Abhilfe zu schaffen, richtete »Jugend forscht« Sponsorpools ein, die von Förderern aus der Wirtschaft finanziert werden. Ein Sponsorpoolverwalter vergibt auf Antrag Mittel an »Jugend forscht«-Projekte im jeweiligen Bundesland. 1993 entstand der erste Sponsorpool in Bayern – inzwischen gibt es solche Pools auch in Baden-Württemberg, Berlin, Bremen, Hamburg, Hessen, Niedersachsen, Rheinland-Pfalz und im Saarland.3 Alle Teilnehmer an »Jugend forscht« werden zunächst mit ihren Arbeiten zu einem der 65 Regionalwettbewerbe eingeladen, die bundesweit zwischen Februar und März stattfinden. In Baden-Württemberg werden in sieben Regionalkonkurrenzen von Nordbaden bis Südwürttemberg die Teilnehmer für den Landeswettbewerb ermittelt. Die baden-württembergischen Landessieger stellen schließlich mit den Gewinnern der übrigen 15 Landeswettbewerbe im Finale auf Bundesebene ihr Können unter Beweis.

Die besondere und auch ständig weiter ausgebaute qualifizierte Förderung der jungen Talente hat für Baden-Württemberg zu hervorragenden Ergebnissen geführt. So kamen in den letzten 39 Jahren von den über 270 Bundessiegern in diesem Wettbewerb 45 aus Baden-Württemberg.4 Mit dieser Bilanz liegt Baden-Württemberg deutlich an der Spitze vor Bayern mit 38 Siegern, Nordrhein-Westfalen mit 36 Siegern und Hessen mit 35 Siegern. In den Jahren ab 1991, seit sich 16 Bundesländer beteiligen, konnte unser Land 17 von knapp 100 Bundessiegern stellen, eine Spitzenposition vor Bayern und Nordrhein-Westfalen mit 15 bzw. 9 Siegern. Aber nicht nur bei den Siegern kann sich diese Bilanz sehen lassen: im selben Zeitraum wurden Teilnehmende aus Baden-Württemberg 75-mal auf den Plätzen 1 bis 5 ausgezeichnet; sie liegen damit deutlich vor Bayern (57) und Rheinland-Pfalz (47).

Bezieht man allerdings die ursprünglichen Anmeldezahlen der Teilnehmer für das Jahr 2004 und auch die Zahl der Finalteilnehmer selbst auf die Gruppe der Jugendlichen eines Bundeslandes, so liegen Bremen, das Saarland und Hamburg auf den vorderen Rängen. Ein Hinweis auf eine höhere »Ausschöpfungsquote« als in den Flächenländern? Wahrscheinlich ist, dass sich die Jugendlichen in Stadtstaaten leichter ansprechen lassen. Andererseits könnte die diesjährige Zusammensetzung eher zufallsbedingt sein. Hier würde nur ein langjähriger und tiefer gehender Vergleich eine passende Antwort geben können.

Übrigens – am 30. November geht’s weiter, denn dann ist Anmeldeschluss für die 40. Runde im Jahr 2005!