:: 10/2004

Ausbildung in Berufen des Gesundheitswesens

Im Gesundheitswesen wurden in den letzten Jahren vielfältige Reformansätze unternommen, um die steigenden Kosten in den Griff zu bekommen. Hiervon waren unter anderem die Organisation von Krankenhäusern oder die Übernahme von Kosten für Heilbehandlungen durch die Krankenkassen betroffen. Indirekt hat dies auch Auswirkungen auf die Ausbildung in Berufen des Gesundheitswesens. So ist die Bereitstellung von Ausbildungsplätzen durch Krankenhäuser auch ein Kostenfaktor. Ebenso könnte die Nachfrage nach einzelnen Berufen sinken, wenn deren »Geschäftsgrundlage« durch die Einschränkung der Kostenübernahme von Leistungen beeinträchtigt wird. Derzeit werden an den Schulen für Berufe des Gesundheitswesens gut 15 800 Schüler unterrichtet. Sie streben Berufe an wie Krankenschwester, Hebamme, Rettungsassistent, Physiotherapeut, Logopäde oder medizinisch-technischer Assistent. In den letzten 20 Jahren waren beachtliche Schwankungen der Schülerzahlen zu verzeichnen.

Bunte Palette von Berufen

An den Schulen für Berufe des Gesundheitswesens erfolgt die Ausbildung in nicht ärztlichen Gesundheitsdienstberufen. Das typische Beispiel hierfür ist die Krankenschwester bzw. der Krankenpfleger. Allerdings ist das angebotene Berufsspektrum noch sehr viel größer: Neben den pflegerischen Berufen sind hier auch therapeutische und technische Berufe zu finden; zu ersteren zählen unter anderem Physiotherapeuten, Ergotherapeuten oder Logopäden, zu letzteren medizinisch-technische oder operationstechnische Assistenten.1

Der häufigst gewählte Ausbildungsberuf ist jener der Krankenschwester bzw. des Krankenpflegers. Im Schuljahr 2003/04 wurden an den Krankenpflegeschulen knapp 7 600 Schüler gezählt. Das war fast die Hälfte der insgesamt gut 15 800 Schüler, die Schulen für Berufe des Gesundheitswesens besuchten. Hierzu kommen noch die fast 1 100 Schüler an den Kinderkrankenpflegeschulen im Land. Eine Besonderheit stellt die integrierte Pflegeausbildung dar. Hier spezialisieren sich die Auszubildenden erst im zweiten Teil ihrer Ausbildung in Richtung Krankenpflege, Kinderkrankenpflege oder Altenpflege. Diese integrierte Pflegeausbildung wird derzeit nur in Kooperation verschiedener Krankenhäuser der Region Stuttgart am Robert-Bosch-Krankenhaus in Stuttgart angeboten. Die enge Verzahnung der theoretischen und praktischen Ausbildung in den pflegerischen Berufen hat zur Folge, dass diese Schulen grundsätzlich an Krankenhäuser angeschlossen sind.

Unter den therapeutischen Ausbildungsgängen nahmen die Schulen für Physiotherapie mit über 2 700 Schülern die zahlenmäßig bedeutendste Stellung ein, gefolgt von den Schulen für Ergotherapie mit gut 1 200 Schülern. Viele der Schulen, die diese Ausbildungen anbieten, sind private Institute, die nicht an einer Klinik angesiedelt sind. Die fast 1 000 medizinisch-technischen Assistenten teilen sich in die Richtungen Laborassistent und Radiologieassistent auf. Mit knapp zwei Dritteln stellen die angehenden Laborassistenten dabei die Mehrzahl der Schüler. Der am Ende von Tabelle 1 aufgeführte Bildungsgang für medizinische Dokumentation ist am Universitätsklinikum Ulm beheimatet. Medizinische Dokumentare zählen zwar nicht zu den Gesundheitsdienstberufen im engeren Sinne, deren Ausbildung und spätere Tätigkeit ist jedoch mit dem Gesundheitswesen eng verbunden.

Krankenpflege bleibt eine Domäne von Frauen

Tabelle 1 zeigt, dass überwiegend Frauen die Bildungsgänge an Schulen für Berufe des Gesundheitswesens besuchen: Gut 82 % der Schüler waren im vergangenen Schuljahr weiblich. Ihr Anteil in der Krankenpflegeausbildung lag mit 84 % sogar noch darüber. Bei der Ausbildung in der Kinderkrankenpflege war die Schülerschaft sogar zu 98 % weiblich, lediglich 21 angehende Kinderkrankenpfleger wurden hier unterrichtet. An den Schulen für Hebammen werden in Baden-Württemberg weiterhin ausschließlich Frauen ausgebildet. Wie bereits in den vergangenen Jahren befand sich unter den Schülern kein einziger Mann.

Nur in zwei Ausbildungsgängen sind Frauen in der Minderheit: bei Medizinlaboranten und bei Rettungsassistenten. Bei Ersteren stellten sie knapp die Hälfte der zusammen lediglich 56 Schüler im Schuljahr 2003/04. Bei Letzteren war dagegen nur gut ein Viertel der 238 Auszubildenden weiblich.

Über 13 % der Schüler waren bereits 30 Jahre alt oder älter. Dies kann zum einen darauf zurückgeführt werden, dass pflegerische Berufe für Wiedereinsteiger in das Berufsleben attraktiv sein können. Zum anderen ist in den therapeutisch ausgerichteten Bildungsgängen ein relativ hoher Anteil von Schülern zu finden, die bereits eine erste Berufsausbildung abgeschlossen haben und hier eine berufliche Zusatzqualifikation erwerben wollen. So hatten gut 16 % der angehenden Physiotherapeuten, rund 29 % der Ergotherapeuten und fast die Hälfte der Logopäden bereits das 30. Lebensjahr vollendet.

Auch für Schweizer und Franzosen ist die Ausbildung attraktiv

Gut 7 % der Schüler an den Schulen für Berufe des Gesundheitswesens besaßen im vergangenen Schuljahr nicht die deutsche Staatsangehörigkeit. Damit lag deren Anteil unter dem Durchschnitt für alle beruflichen Schulen Baden-Württembergs, der 11,5 % betrug. Die Verteilung auf die einzelnen Ausbildungsgänge war recht unterschiedlich. Unter den zahlenmäßig bedeutenderen wiesen die Schulen für Krankenpflegehilfe mit gut 17 % den höchsten Ausländeranteil auf, gefolgt von den Schulen für Massage und medizinische Bademeister mit knapp 14 % und den Schulen für Physiotherapie mit 12 %. Die niedrigsten Werte von unter 3 % verzeichneten die Diätschulen, die Schulen für Hebammen, die Logopädieschulen und die Schulen für Kinderkrankenpflege. Die folgende Texttabelle der häufigsten Staatsangehörigkeiten zeigt für das Schuljahr 2003/04, dass Schüler aus unseren Nachbarländern Schweiz und Frankreich recht häufig Schulen in Baden-Württemberg besuchen:

Türkei134 Schüler
Schweiz126 Schüler
Frankreich94 Schüler
Italien86 Schüler
Österreich78 Schüler

Besonders attraktiv für unsere »Nachbarn« ist die Physiotherapie-Ausbildung. Zählt man zu den schweizerischen und den französischen Schülern noch diejenigen aus dem ebenfalls nahe liegenden Österreich hinzu, so stammten rund zwei Drittel der 326 ausländischen angehenden Physiotherapeuten aus diesen drei Staaten. Die Vorliebe für diesen Ausbildungsgang erklärt auch die vorderen Plätze in der Rangfolge der häufigsten Staatsangehörigkeiten: Zwei Drittel der Schüler aus der Schweiz und aus Österreich besuchten Physiotherapieschulen, von den Franzosen waren dies sogar fast sieben Achtel. Nach Beendigung ihrer Ausbildung dürften diese Physiotherapeuten ihren Beruf wahrscheinlich eher in ihrem Heimatland als in Deutschland ausüben.

Zwei Drittel mit mittlerem Schulabschluss

Im Schuljahr 2003/04 haben insgesamt 5 922 Schüler ihre Ausbildung an einer Schule für Berufe des Gesundheitswesens begonnen. Diese dauert in den meisten Fällen drei Jahre. Ausnahmen bilden hier nur die Schulen für Krankenpflegehilfe und für Rettungsassistenten mit einer Ausbildungsdauer von einem Jahr und die Schulen für Massage und medizinische Bademeister, für Medizinlaboranten sowie für medizinische Fußpflege, deren Absolventen nach zwei Jahren die Prüfung ablegen können.

Rund zwei Drittel der Ausbildungsanfänger konnten einen mittleren Schulabschluss vorweisen. Die meisten von ihnen hatten diesen an einer allgemein bildenden Schule erworben. Schaubild 1 lässt erkennen, dass nur wenige Schüler mit Hauptschulabschluss eine Ausbildung im Gesundheitswesen anstreben. Größere Anteile von Hauptschulabgängern sind lediglich an den Krankenpflegehilfeschulen, den Schulen für Massage und medizinische Bademeister sowie an den Schulen für Rettungsassistenten anzutreffen. Rund 29 % der neu eingetretenen Schüler besaßen mit der Fachhochschul- oder Hochschulreife eine Hochschulzugangsberechtigung. Besonders hohe Anteile zwischen 47 % und 78 % weisen die Schulen für medizinische Dokumentation, die Hebammenschulen, die Logopädieschulen und die Schulen für Physiotherapie auf. Von den knapp 500 Abiturienten, die eine Ausbildung an den Krankenpflege- und Kinderkrankenpflegeschulen begonnen haben, dürften dies viele als Vorbereitung auf ein Medizinstudium ansehen.

Mehr als 2 600 neue Pflegekräfte

Im Sommer 2003 beendeten mehr als 2 600 Schüler mit Erfolg ihre Ausbildung im pflegerischen Bereich. Von diesen haben 2 154 ihren Abschluss in der Krankenpflege, 292 in der Kinderkrankenpflege und 172 in der Krankenpflegehilfe erworben. Weitere 216 geprüfte Rettungsassistenten stehen nun für Notfalleinsätze zur Verfügung. Bei den therapeutischen Berufen stellten die 649 Abgänger der Schulen für Physiotherapie die größte Gruppe dar. An den Schulen für Ergotherapie wurden 398 Prüfungen erfolgreich abgelegt. Von den Auszubildenden mit dem Ziel medizinisch-technischer Assistent konnten 228 ihr Abschlusszeugnis in Empfang nehmen.

Bezogen auf die Schülerzahl zu Beginn der jeweiligen Ausbildung konnten insgesamt rund 82 % der Schüler den angestrebten Abschluss erwerben. In der Kranken- und Kinderkrankenpflege lag der Anteil der erfolgreichen Abschlüsse geringfügig darüber, in der Ausbildung zum Ergotherapeuten betrug er sogar 92 %. Von den Physiotherapieschülern konnten dagegen nur 68 % die Ausbildung abschließen, die Schulen für medizinisch-technische Assistenten hatten eine »Erfolgsquote« von rund 75 %.

Schülerzahlen deutlichen Schwankungen unterworfen

Schaubild 2 verdeutlicht die spürbaren Schwankungen der Schülerzahlen seit 1980. Zunächst stieg die Zahl kontinuierlich von 12 800 bis zum Schuljahr 1986/87 auf gut 15 900 an. In den folgenden Jahren sank sie bis 1991/92 wieder auf knapp 13 200 ab, um dann bis 1996/97 wieder deutlich anzusteigen. Auf dem damals erreichten Niveau von rund 16 000 verharrte die Schülerzahl drei Jahre lang. Der folgende Rückgang auf gut 14 800 Schüler dauerte bis zum Schuljahr 2001/02. Seitdem ist die Schülerzahl wieder um rund 1 000 angestiegen. Dieser Verlauf kann nur teilweise durch die unterschiedlich starken Besetzungszahlen der Geburtsjahrgänge der Schülerschaft erklärt werden. Diese Entwicklung wurde auch durch die vielen Reformansätze beeinflusst, die in den letzten 20 Jahren im Gesundheitswesen unternommen wurden.

Bezogen auf einzelne Ausbildungsberufe lassen sich im Zeitablauf sehr unterschiedliche Tendenzen feststellen. Die Krankenpflegeschulen wiesen bis Mitte der 80er-Jahre stark steigende Schülerzahlen auf, die im Schuljahr 1986/87 mit fast 10 300 ihren Höhepunkt erreichten. Anschließend sanken sie bis Anfang der 90er-Jahre auf unter 7 800 ab. Nach einem kurzen »Zwischenhoch« in der Mitte der 90er-Jahre liegt die Schülerzahl seit dem Schuljahr 2000/01 im Bereich von rund 7 500. Dieses im Vergleich zu den Verhältnissen vor 15 bis 20 Jahren deutlich niedrigere Niveau dürfte wohl zum Teil darauf zurückzuführen sein, dass die Krankenpflegeausbildung von den Krankenhäusern inzwischen verstärkt auch unter dem Kostengesichtspunkt gesehen wird.

Die Ausbildung in der Physiotherapie nahm dagegen einen deutlichen Aufschwung: Vor 20 Jahren wurden in den damaligen Schulen für Krankengymnastik 713 Schüler gezählt, im vergangenen Jahr dagegen genau 2 000 mehr. Die Ausbildung wurde Mitte der 90er-Jahre neu geregelt: Die 2-jährige Krankengymnastikausbildung wurde durch die bundeseinheitlich geregelte 3-jährige Physiotherapieausbildung ersetzt. Allein die Verlängerung der Ausbildungsdauer erklärt den Großteil des Anstiegs um 630 Schüler im Schuljahr 1996/97.

Diese Beispiele zeigen, dass politische Vorgaben, finanzielle Zwänge und inhaltliche Rahmensetzungen die Ausbildung beeinflussen. Da das Gesundheitswesen auch in Zukunft unter Reformdruck stehen wird, werden sich auch die Schulen für Berufe des Gesundheitswesens diesen Einflüssen nicht entziehen können.

1 Im Text wird auf die additive Nennung der femininen und maskulinen Berufsbezeichnungen aus Gründen besserer Lesbarkeit verzichtet. Sie werden als Gattungsbegriffe aufgefasst, die beide Geschlechter umfassen.