:: 12/2004

Bildungsniveau und Arbeitsmarktchancen junger Ausländer in Baden-Württemberg

Von den knapp 10,7 Millionen Einwohnern Baden-Württembergs im Mai 2003 waren annähernd 9,4 Mill. Deutsche und knapp 1,3 Mill. besaßen eine ausländische Staatsangehörigkeit. Der Anteil der ausländischen Bevölkerung lag damit bei gut 12 %. Die Auswertung der Aufenthaltsdauer der Personen mit ausländischer Staatsbürgerschaft ergab, dass 20 % im Laufe der 90er-Jahre ins Land gekommen sind, während annähernd 35 % der ausländischen Einwohner bereits vor 1990 zugezogen sind und knapp ein Viertel der in Baden-Württemberg lebenden Ausländer in Deutschland geboren wurde. Obwohl somit ein nicht unbeträchtlicher Anteil der in Baden-Württemberg lebenden Ausländer hier geboren wurde und damit zumindest prinzipiell formal die gleichen Ausbildungschancen hat wie die deutschen Altersgenossen, bleibt sowohl das schulische als auch das berufliche Bildungsniveau der jungen Ausländer deutlich unter dem der Deutschen. Die im Durchschnitt schlechtere schulische und berufliche Qualifikation der ausländischen Bevölkerung wirkt sich in erheblichem Maße auf die Arbeitsmarktchancen der Ausländer aus. So lag die Erwerbslosenquote der Ausländer im Alter von 15 bis unter 65 Jahren im Mai 2003 mit knapp 15 % mehr als doppelt so hoch wie bei den Deutschen in der gleichen Altersgruppe (gut 6 %).

Ohne Schulabschluss: Nur 1 % der jungen Deutschen, jedoch 9 % der jungen Ausländer

Die jüngere Generation in Baden-Württemberg verfügt heute im Durchschnitt über ein wesentlich höheres formales schulisches Bildungsniveau als ihre Eltern und Großeltern. Ein Vergleich der allgemeinen Schulabschlüsse von jungen Deutschen und Ausländern offenbart jedoch ein starkes Gefälle: Zwar verfügt die junge Ausländergeneration im Alter von 20 bis unter 30 Jahren über eine höhere schulische Ausbildung als der Gesamtdurchschnitt der ausländischen Bevölkerung, jedoch bleibt das formale schulische Bildungsniveau der jungen Ausländergeneration weit hinter dem ihrer deutschen Altersgenossen zurück. So verfügen 40 % der Deutschen, jedoch lediglich 26 % der Ausländer im Alter von 20 bis unter 30 Jahren über das Abitur bzw. die Fachhochschulreife. Den Realschulabschluss hat etwa jeder dritte Deutsche (34 %), jedoch nur ungefähr jeder fünfte Ausländer (knapp 19 %) dieser Altersgruppe im Land. Demgegenüber hat annähernd jeder zweite junge Ausländer (47 %) den Hauptschulabschluss, bei den Deutschen ist dies nur noch bei einem Viertel der Fall. Besonders eklatant sind die Unterschiede zwischen jungen Deutschen und jungen Ausländern, wenn es um die Gruppe derer geht, die keinen Schulabschluss vorweisen können. Dies ist nämlich nur noch bei 1 % der Deutschen der Fall, stellt jedoch mit knapp 9 % der Ausländer im Alter von 20 bis unter 30 Jahren eine beträchtlich große Gruppe dar.

Diese Zahlen zeigen, dass zwar auch die junge Ausländergeneration von der Bildungsexpansion und den Bestrebungen nach Chancengleichheit profitiert hat, bei den jungen Deutschen hingegen ist der Trend zu höheren formalen Bildungsabschlüssen wesentlich dynamischer verlaufen. Allerdings ist zu berücksichtigen, dass die Gruppe der jungen Ausländer in Baden-Württemberg sehr heterogen zusammengesetzt ist. Einen ausländischen Pass besitzen in Baden-Württemberg nicht nur Personen, die als »Gastarbeiterkinder« die hiesigen Bildungseinrichtungen besucht haben, sondern auch solche, die in ihren Heimatländern zur Schule gegangen sind und erst als Jugendliche oder junge Erwachsene aus ganz unterschiedlichen Anlässen – zum Beispiel zum Studieren, als Bürgerkriegsflüchtlinge oder Asylbewerber – ins Land gekommen sind. Dennoch decken sich die Ergebnisse des Mikrozensus mit den Ergebnissen vieler anderer Studien, die darauf verweisen, dass Ausländerkinder noch stärker als bisher der schulischen Förderung bedürfen.

45 % der jungen Ausländer ohne beruflichen Ausbildungsabschluss

Der Vergleich der beruflichen Qualifikation von jüngeren Deutschen mit der von gleichaltrigen Ausländern zeigt zwar, dass die jüngeren Ausländer besser ausgebildet sind als ihre Eltern und Großeltern. Jedoch wird auch deutlich, dass – da die jungen Ausländer bereits ein durchschnittlich geringeres Niveau bei den allgemeinen Schulabschlüssen aufweisen – auch das Niveau der beruflichen Bildung der jungen Ausländergeneration beträchtlich hinter dem ihrer deutschen Altersgenossen zurückbleibt. Immer noch 45 % der Ausländer im Alter von 30 bis unter 35 Jahren verfügen über keinen beruflichen Ausbildungsabschluss. Von ihren deutschen Altersgenossen war dies nur noch bei 10 % der Fall (Schaubild). Auch sind Ausländer bei allen übrigen Ausbildungsabschlüssen unterrepräsentiert. Während 58 % der jungen Deutschen über eine Lehr- /Anlernausbildung verfügen, haben nur 39 % der Ausländer im entsprechenden Alter eine Lehre abgeschlossen. Eine Meister-/Technikerausbildung konnten 13 % der Deutschen, jedoch nur 4 % der Ausländer vorweisen. Und über einen Fachhochschul- bzw. Hochschulabschluss verfügten 19 % der Deutschen im Alter von 30 bis unter 35 Jahren gegenüber 12 % ihrer ausländischen Altersgenossen.

Der Vergleich des beruflichen Ausbildungsniveaus der deutschen und ausländischen Erwerbstätigen im Alter von 30 bis unter 35 Jahren spiegelt im Wesentlichen die Ausbildungsstruktur der ausländischen und deutschen

Bevölkerung in dieser Altersgruppe wider. Es zeigt sich jedoch, dass bei den ausländischen Erwerbstätigen in dieser Altersgruppe etwas mehr als 41 % eine Lehrausbildung abgeschlossen haben und »lediglich« 42 % über keinen beruflichen Ausbildungsabschluss verfügen.

Ebenso wie bei den jungen Deutschen hat sich auch bei der jüngeren Ausländergeneration in Baden-Württemberg das Ausbildungsniveau von Männern und Frauen deutlich angeglichen. Insbesondere liegt der Anteil der ausländischen Frauen im Alter von 30 bis unter 35 Jahren mit einer Lehre mit 38 % nur noch geringfügig unter dem Anteil ihrer männlichen Altersgenossen (knapp 40 %). Und auch der Anteil der ausländischen Männer (gut 43 %) und Frauen (rund 46 %) ohne berufliche Ausbildung weist nur noch geringe Unterschiede auf.

Ausländer mit schlechteren Arbeitsmarktchancen

Das im Durchschnitt niedrigere berufliche Ausbildungsniveau von Ausländern führt – wie die Erwerbslosenquote zeigt – offensichtlich dazu, dass die Chancen der Ausländer auf dem Arbeitsmarkt deutlich schlechter sind und damit das Armutsrisiko deutlich höher ist. Nimmt man die Erwerbslosenquote als Maßstab für die Arbeitsmarktchancen, so waren von den jüngeren deutschen Erwerbspersonen im Alter von unter 35 Jahren im Mai 2003 knapp 7 % ohne Arbeit, bei den jüngeren ausländischen Erwerbspersonen lag die Erwerbslosenquote mit knapp 14 % hingegen doppelt so hoch.

Grundsätzlich gilt, dass Personen mit niedrigerer beruflicher Qualifikation oder gar ohne Berufsausbildung schlechtere Arbeitsmarktchancen haben als höher qualifizierte Bewerber. So wiesen – bei einer durchschnittlichen Erwerbslosenquote der 15- bis unter 65-Jährigen von gut 7 % im Mai 2003 in Baden-Württemberg – die Akademiker mit knapp 4 % eine deutlich unter dem Durchschnitt liegende Erwerbslosenquote auf, während die der Personen ohne beruflichen Abschluss bei annähernd 13 % lag.

Die durchschnittlich schlechtere berufliche Qualifikation der Ausländer scheint jedoch nicht der einzige Grund für ihre höhere Erwerbslosenquote zu sein, denn auch solche Ausländer mit Berufsausbildung finden schwerer eine Arbeit als ihre deutschen Kollegen. So lag in der Altersgruppe der 15- bis unter 65-Jährigen die Erwerbslosenquote der Deutschen mit einer Lehr-/ Anlernausbildung bei knapp 6 %, bei Personen mit ausländischem Pass und vergleichbarer Ausbildung lag diese jedoch bei knapp 13 % (Tabelle 1).

Ausländer sind in jungen Jahren und im Alter häufiger erwerbstätig als Deutsche

Im Mai 2003 gingen in Baden-Württemberg knapp 71 % der deutschen Bevölkerung, jedoch nur knapp 62 % der ausländischen Bevölkerung im Alter von 15 bis unter 65 Jahren einer Erwerbstätigkeit nach. In allen Altersgruppen zwischen 20 bis unter 65 Jahren lag die Erwerbstätigenquote der Deutschen über der der Ausländer. Lediglich bei den 15- bis unter 20-Jährigen sowie bei den 65-Jährigen und Älteren war die Erwerbsbeteiligung ausländischer Baden-Württemberger etwas höher als die der Deutschen (Tabelle 2).

Diese Zahlen zeigen, dass die Ausländer, sofern sie erwerbstätig sind, früher ins Berufsleben einsteigen und später Rentner werden als ihre deutschen Kollegen. Der etwas frühere Beginn der Berufstätigkeit von jungen Ausländern steht sicherlich auch im Zusammenhang mit der im Vergleich zu den Deutschen niedrigeren oder häufig gänzlich fehlenden beruflichen Ausbildung. Der längere Verbleib der Ausländer im Berufsleben dürfte dagegen eher aus finanziellen Gründen erforderlich sein.

Resümee

Zwar zeigt sich, dass die junge Ausländergeneration heute über ein wesentlich höheres formales schulisches Bildungsniveau als ihre Eltern und Großeltern verfügt, jedoch macht der Vergleich der Schulabschlüsse von jungen Deutschen und jungen Ausländern deutlich, dass das schulische Bildungsniveau der jungen Ausländer weit hinter dem ihrer deutschen Altersgenossen zurückbleibt.

Ähnlich verhält es sich auch beim Vergleich der beruflichen Ausbildungsabschlüsse junger Deutscher und Ausländer. Auch hier zeigt sich, dass das Niveau der beruflichen Bildung der jungen Ausländergeneration hinter dem ihrer deutschen Altersgenossen zurückbleibt. Besonders auffällig ist hierbei der hohe Anteil junger Ausländer ohne beruflichen Ausbildungsabschluss. Grundsätzlich gilt dabei, dass Personen mit niedrigerer beruflicher Qualifikation oder gar ohne Berufsausbildung schlechtere Arbeitsmarktchancen haben als höher qualifizierte Bewerber. Damit verbunden ist zudem ein deutlich höheres Armutsrisiko der jungen Ausländergeneration. Eine schlechtere berufliche Qualifikation stellt nicht zuletzt auch eine Erschwernis für die Integration ausländischer Mitbürger in die Gesellschaft dar.