:: 7/2006

Flächeninanspruchnahme in den Bundesländern

Immer mehr in den Blickpunkt der Umweltbeobachtung ist in den letzten Jahren auch der »Flächenverbrauch« geraten, also die Umwidmung von vormals naturnah land- und forstwirtschaftlich genutzter Fläche zu Siedlungs- und Verkehrsflächen. Negative Folgen werden hierbei in einer zunehmenden Zersiedlung der Landschaft und der Versiegelung der Böden gesehen, womit insbesondere Beeinträchtigungen des Naturhaushalts verbunden sein können. So können die Funktionen des Bodens geschädigt und Tier- und Pflanzenarten in Mitleidenschaft gezogen werden. In Deutschland wurde in den Jahren 2001 bis 2004 im Durchschnitt eine Fläche von 115 ha pro Tag für Baumaßnahmen, also für den Straßenbau, die Errichtung von Wohngebäuden und Gewerbegebieten und für Freizeiteinrichtungen in Anspruch genommen. In Baden-Württemberg hat im gleichen Zeitraum die tägliche Flächeninanspruchnahme 10,4 ha betragen. Längerfristig hat die Siedlungs- und Verkehrsfläche seit 1997 im Land um fast 33 000 ha zugenommen, das entspricht umgerechnet nahezu dem Flächenumfang von 47 000 Fußballfeldern oder über 80 % der Fläche des Stadtstaates Bremen. Infolge dieser Entwicklung hat sich der Anteil der Siedlungs- und Verkehrsfläche an der Gesamtfläche seit 1997 von 12,7 % auf nunmehr 13,6 % erhöht. Dieser Flächenzuwachs für Baumaßnahmen beruhte vor allem auf Verlusten von Landwirtschaftsfläche.

Siedlungs- und Verkehrsfläche: Baden-Württemberg über dem Bundesdurchschnitt

Die Flächennutzung in den einzelnen Bundesländern vermittelt ein sehr unterschiedliches Bild. Wegen der spezifischen Besonderheiten zum Beispiel hinsichtlich Topografie, Bodengüte und -beschaffenheit, Siedlungs- und Verkehrsinfrastruktur, Bevölkerungsdichte und der Wirtschaftsstruktur (wie zum Beispiel der Bedeutung der Land- und Forstwirtschaft) weicht die Flächennutzung in den einzelnen Ländern teilweise erheblich voneinander ab. Angesichts der Befürchtungen einer zunehmenden Zersiedelung der Landschaft und einer Versiegelung der Böden interessieren vor allem die Unterschiede zwischen den Ländern bei der Inanspruchnahme von Bodenfläche für Siedlungs- und Verkehrszwecke. So liegt der Anteil der Siedlungs- und Verkehrsfläche unter den Flächenländern in Nordrhein-Westfalen mit einem Spitzenwert von 21,6 % am höchsten, gefolgt vom Saarland (20,1 %) und Hessen (15,1 %). Baden-Württemberg bewegt sich mit einem Anteil von 13,6 % etwas über dem Bundesdurchschnitt von knapp 13 %.

Die Flächenländer der alten Bundesländer haben einen größeren Anteil von Siedlungs- und Verkehrsflächen an der Gesamtfläche als die neuen Bundesländer. In absoluten Zahlen entspricht die Siedlungs- und Verkehrsfläche Nordrhein-Westfalens mit 7 370 km2 nahezu der Hälfte der Landesfläche Schleswig-Holsteins. Sie wird aber noch übertroffen von Bayern, wo für Siedlungs- und Verkehrszwecke rund 7 610 km2 beansprucht werden. In Baden-Württemberg beträgt die Siedlungs- und Verkehrsfläche rund 4 870 km2 – das entspricht in etwa der Summe der Flächen des Saarlands und der Stadtstaaten Berlin, Hamburg und Bremen. Die niedrigsten Anteile an Siedlungs- und Verkehrsflächen weisen die ostdeutschen Bundesländer Mecklenburg-Vorpommern (7,2 %) und Brandenburg (8,6 %) auf. Aufgrund der hohen Bevölkerungs- und Siedlungsdichte liegt der Anteil der Siedlungs- und Verkehrsfläche in den Stadtstaaten naturgemäß erheblich höher – so beispielsweise in Berlin bei 69 %. Eine Umwidmung in Siedlungs- und Verkehrsfläche bedeutet jedoch nicht zwangsläufig eine Flächenversiegelung, also das vollständige Abdichten offener Böden zum Beispiel durch bauliche Anlagen und Verkehrsflächen, weil zwischen diesen bebauten Flächen auch nennenswerte Grün- und Freiflächen liegen, die (statistisch) ebenfalls zu den bebauten Flächen gezählt werden. Nach Schätzungen ist knapp die Hälfte der Siedlungs- und Verkehrsfläche im Land, das sind rund 2 380 km2 bzw. 7 % der Landesfläche Baden-Württembergs versiegelt. Das entspricht nahezu der Landesfläche des Saarlandes.

In Baden-Württemberg entfallen 38 % der Bodenfläche auf Waldflächen

Beachtliche Strukturunterschiede gibt es zwischen den Bundesländern auch hinsichtlich der Bedeutung von Landwirtschafts- und Waldflächen. Nicht zuletzt wegen der landschaftsprägenden Mittelgebirge ist – gemessen an der Landesfläche – Rheinland-Pfalz mit 41,5 % Waldfläche das waldreichste Bundesland Deutschlands, gefolgt von Hessen mit 40,0 % und Baden-Württemberg mit 38,1 %. Mit 24 600 km2 ist Bayern das Land mit der absolut größten Waldfläche. Damit übertrifft in Bayern allein die Waldfläche jeweils die gesamte Bodenfläche von Hessen, Mecklenburg-Vorpommern oder Sachsen-Anhalt. Vergleichsweise wenig Bedeutung haben dagegen die Waldflächen unter den Flächenländern in Schleswig-Holstein mit einem Anteil von 10 %.

Spitzenreiter bei der anteiligen Bedeutung der Landwirtschaftsfläche ist mit Abstand Schleswig-Holstein, wo 71 % der Bodenfläche landwirtschaftlich genutzt werden. Es folgen Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen-Anhalt und Niedersachsen mit Anteilen zwischen 61 % und 64 %. Der hohe Anteil der Landwirtschaftsfläche erklärt auch die vergleichsweise große Bedeutung des Agrarsektors in diesen Ländern. So ist dort der Anteil der Landwirtschaft an der gesamten Bruttowertschöpfung überdurchschnittlich hoch. Auch liegen die Anteile der Bruttowertschöpfung der Landwirtschaft und der agrarischen Erzeugung dieser Länder an Deutschland insgesamt über den jeweiligen Anteilen des Bruttoinlandsprodukts.

Siedlungs- und Verkehrsfläche expandiert in allen Bundesländern

Im Bundesdurchschnitt ist der Anteil der Siedlungs- und Verkehrsfläche an der Gesamtfläche seit 1997 um 1 Prozentpunkt auf 12,8 % gestiegen, wobei Ausweitungen in allen Bundesländern zu beobachten waren. Von den Flächenländern wiesen dabei Sachsen und Nordrhein-Westfalen die höchsten Anteilssteigerungen auf. In den ostdeutschen Ländern dürfte sich dabei teilweise der Nachholbedarf bei Vorhaben zum Ausbau der Infrastruktur niedergeschlagen haben mit dem Ziel, das Verkehrsnetz zu er-weitern und allgemein die Standortbedingungen der Unternehmen mit der Bereitstellung von Gewerbegebieten und Einrichtungen zur Ver- und Entsorgung zu verbessern. Dies wird auch deutlich, wenn man die prozentuale Veränderung der Siedlungs- und Verkehrsfläche seit 1997 betrachtet.

Änderung der Siedlungs- und Verkehrsfläche
Bundesland%
Hamburg3,5
Saarland4,2
Berlin(Ost und West)4,2
Hessen4,2
Bremen4,7
Thüringen6,2
Rheinland-Pfalz6,3
Nordrhein-Westfalen6,7
Baden-Württemberg7,2
Niedersachsen7,8
Deutschland8,5
Bayern9,8
Sachsen10,0
Schleswig-Holstein10,8
Brandenburg11,2
Mecklenburg-Vorpommern16,5
Sachsen-Anhalt18,7

Mit die höchsten Veränderungsraten in diesem Zeitraum ergaben sich in den ostdeutschen Ländern Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern und Sachsen-Anhalt, während Baden-Württemberg nur einen Anstieg von 7,2 % aufwies. Deutschlandweit nahm die Siedlungs- und Verkehrsfläche um 8,5 % zu, wobei nicht die Schaffung neuer Verkehrswege (+ 3,9 %), sondern in erster Linie die Zunahme der Gebäude- und Freiflächen das Wachstum bestimmte (+ 9,1 %). Diese Expansion ging vor allem zu Lasten der Landwirtschaftsfläche, die in allen Ländern zurückging, beispielsweise allein in Baden-Württemberg seit 1997 um mehr als 42 000 ha. Umgerechnet in einen täglichen »Flächenverbrauch« bedeutet dies, dass pro Tag in Baden-Württemberg in den Jahren 2001 bis 2004 die Landwirtschaftsfläche um 13 ha abnahm. Deutschlandweit ging die Landwirtschaftsfläche um täglich 117 ha zurück. Auf der anderen Seite nahm die Waldfläche im Land täglich um 3 ha und bundesweit um gut 80 ha zu.

Zunahme der Siedlungs- und Verkehrsfläche verlangsamt sich

Das Tempo bei der Zunahme der Siedlungs- und Verkehrsfläche hat sich allerdings in fast allen Bundesländern verlangsamt. So ist beispielsweise in Bayern die tägliche Umwidmung im Rahmen baulicher Vorhaben für Siedlungs- und Verkehrsflächen von 28,4 ha im Zeitraum 1997 bis 2000 auf 18,0 ha in den Jahren 2001 bis 2004 gesunken. In Baden-Württemberg sank der tägliche »Flächenverbrauch«, also die Umwidmung in Siedlungs- und Verkehrsfläche in den genannten Zeiträumen von täglich 12 ha auf 10,4 ha. Im Jahr 2004 belief sich die tägliche Zunahme der Siedlungs- und Verkehrsfläche in Baden-Württemberg sogar nur noch auf 8,8 ha. Hierbei sind allerdings gegenläufige Entwicklungen erkennbar: Während beispielsweise tendenziell die tägliche Flächeninanspruchnahme in den Ländern bei den Gebäude- und Freiflächen abnahm, erhöhte sich bei der Hälfte der Länder die tägliche Flächeninanspruchnahme für Verkehrszwecke noch weiter. Von der ehrgeizigen Zielgröße der vormaligen Bundesregierung – formuliert in der Nachhaltigkeitsstrategie von 2002 – den täglichen »Flächenverbrauch« bis zum Jahre 2020 bundesweit auf 30 ha zu reduzieren, ist man angesichts einer aktuellen täglichen Flächenumwidmung für Siedlungs- und Verkehrszwecke in Deutschland von 115 ha noch weit entfernt. Für Baden-Württemberg würde dies bedeuten, dass statt gut 10 ha (wie im Zeitraum 2001 bis 2004) künftig täglich weniger als 3 ha für Siedlungs- und Verkehrsflächen umgewidmet würden.

Inwieweit die Verlangsamung bei der Zunahme von Siedlungs- und Verkehrsflächen bereits eine Trendumkehr signalisiert, ist noch nicht abzusehen. Es ist aber erkennbar, dass mit der begrenzten Ressource Boden in vielen Gemeinden vorsichtiger und sparsamer umgegangen wird. Dämpfende Effekte gingen in letzten Jahren sicherlich auch von der vergleichsweise schwachen Konjunkturentwicklung aus. Modellrechnungen des Statistischen Landesamtes ergeben, dass in hohem Maße vor allem die Einkommens- und Wirtschaftsentwicklung und weniger der Bevölkerungszuwachs in den letzten zweieinhalb Jahrzehnten den »Flächenverbrauch« beeinflusst haben. Unterstellt man, dass die bereits in der Vergangenheit bestandenen wesentlichen Ursachenfaktoren für die Flächenumwidmung auch in Zukunft unverändert gelten, kann erwartet werden, dass die Siedlungs- und Verkehrsfläche in der zweiten Hälfte dieses Jahrzehnts täglich um voraussichtlich zwischen 11,9 und 13,5 ha, von 2010 bis 2015 täglich zwischen 8,9 und 13 ha anwachsen wird.1 Es sind auch grundsätzlich niedrigere Werte erzielbar, wenn den bisher wirkenden Mechanismen des »Flächenverbrauchs« weiter entgegengesteuert wird und Anstrengungen bei der Nutzung bereits bestehender oder auch neuer Instrumente, Maßnahmen und Projekte zur Eindämmung der Flächenumwidmung in der Zukunft Erfolg haben.2 Unter Zugrundelegung des oben geschilderten Szenarios, das für Baden-Württemberg die sehr anspruchsvolle Zielgröße eines »Flächenverbrauchs« von lediglich noch 3 ha am Tag bedeuten würde, könnte im Falle der Realisierung der Anteil der Siedlungs- und Verkehrsfläche an der Gesamtfläche des Landes bis zum Jahr 2020 auf nur 14 % steigen.

Bei dieser einfachen Modellrechnung wird unterstellt, dass die seither in Siedlungs- und Verkehrsflächen umgewidmeten Areale unverändert bestehen bleiben.

Abkoppelung des »Flächenverbrauchs« vom Wirtschaftswachstum?

Der Indikator »Flächenproduktivität«, also der Quotient aus Bruttoinlandsprodukt und der Siedlungs- und Verkehrsfläche, zeigt im Zeitablauf in den einzelnen Bundesländern sehr unterschiedliche Entwicklungsmuster. In Baden-Württemberg ist seit 1993 die Flächenproduktivität um ca. 8 % gestiegen, weil das Bruttoinlandsprodukt (BIP) stärker zugenommen hat als der Flächenverbrauch. Im Bundesdurchschnitt lag der Anstieg der Flächenproduktivität in diesem Zeitraum mit rund 4 % deutlich niedriger. Bezogen auf die mengenmäßige wirtschaftliche Leistung – gemessen als Bruttoinlandsprodukt – ist demnach in den letzten Jahren weniger Siedlungs- und Verkehrsfläche »verbraucht« worden. Seit 2002 ist allerdings eine Stagnation der Produktivitätsentwicklung zu verzeichnen. Zwar weist Baden-Württemberg mit rund 60 Euro BIP je ha unter den Flächenländern mit die höchste Produktivität auf, aber nicht zuletzt aufgrund des stärkeren Wirtschaftswachstums weisen andere Bundesländer wie zum Beispiel Brandenburg, Sachsen und Hessen jeweils einen vergleichsweise höheren Produktivitätszuwachs auf. Auch wenn sich in den letzten Jahren die Zunahme der Produktivitätsentwicklung beim Flächenverbrauch in Baden-Württemberg abgeschwächt hat, ist doch langfristig eine deutliche Produktivitätssteigerung zu beobachten, die auch nennenswert über dem Bundesdurchschnitt liegt. Insofern kann von einer gewissen Abkoppelung des »Flächenverbrauchs« vom Wirtschaftswachstum – also einem merklichen Effizienzgewinn bei der Flächennutzung gesprochen werden. Ob diese Abkoppelung künftig auch stabil bleibt und insbesondere, ob damit bereits eine nachhaltige Entwicklung erreicht ist, kann aus aktueller Sicht noch nicht beurteilt werden.

Verkehrsfläche je Einwohner in Baden-Württemberg unterdurchschnittlich

Die Flächenausstattung je Einwohner, hier gemessen als Siedlungs- und Verkehrsfläche je Einwohner, beträgt im Bundesdurchschnitt 553 m2. Dieser Wert variiert wegen der unterschiedlichen Bevölkerungsdichte und -entwicklung sowie der voneinander abweichenden Anteile der Siedlungs- und Verkehrsfläche erheblich zwischen den einzelnen Bundesländern. Den Spitzenwert weist mit 987 m2 Brandenburg auf, den niedrigsten Flächenkonsum pro Einwohner hat Nordrhein-Westfalen mit 408 m2. Baden-Württemberg liegt mit 454 m2 deutlich unter dem Bundesdurchschnitt. Bei der Verkehrsfläche je Einwohner (180 m2) und bei der Gebäude- und Freifläche (243 m2) liegt das Land ebenfalls unter den Mittelwerten für Deutschland (211 bzw. 290 m2).

Mit zweistelligen Veränderungsraten hat seit 1997 die Flächenausstattung je Einwohner in den ostdeutschen Bundesländern überdurchschnittlich zugenommen, wobei vor allem bei den Gebäude- und Freiflächen ein Zuwachs zu verzeichnen war. Hierin spiegeln sich der Nachholbedarf im Zuge von Baumaßnahmen für Infrastrukturverbesserungen und Ausbau von Gewerbeflächen sowie der Rückgang der Bevölkerungszahl wider. Baden-Württembergs Zuwachs von 438 auf 454 m2 Siedlungs- und Verkehrsfläche je Einwohner fiel nicht zuletzt auch wegen des Bevölkerungsanstiegs in den letzten Jahren vergleichsweise moderat aus und beruhte allein auf der gestiegenen Flächenausstattung je Einwohner bei der Gebäude- und Freifläche, während die Relation bei der Verkehrsfläche konstant blieb.

Zentrale Kennziffern für Baden-Württemberg günstig

Ungeachtet der auch weiterhin bestehenden dringenden Aufgabe, den »Flächenverbrauch« einzudämmen, ergeben sich im Ländervergleich in der Bilanz für das Land einige günstige Aspekte. Zum einen ist, wie gezeigt, eine vergleichsweise langsamere Zunahme der Siedlungs- und Verkehrsfläche in den zurückliegenden Jahren sowie eine überdurchschnittliche Flächenproduktivität festzustellen. Darüber hinaus bewegt sich die Flächeninanspruchnahme je Einwohner sowohl bei der Verkehrsfläche als auch der Gebäude- und Freifläche deutlich unter den Durchschnittswerten im Bund. Außerdem liegen die Anteile Baden-Württembergs am Bund bei den aktuell vorliegenden zentralen demografischen und ökonomischen Kenngrößen wie zum Beispiel der Wirtschaftsleistung (Anteil am Bund 14,5 %), den Erwerbstätigen (13,9 %), der Bevölkerung (13,0 %) merklich über dem Anteil des Landes (10,7 %) an der Siedlungs- und Verkehrsfläche am Bundesgebiet.

Hoher Zuwachs der Siedlungs- und Verkehrsfläche in kleinen Gemeinden

Der Anteil der Siedlungs- und Verkehrsfläche an der Bodenfläche steigt in Baden-Württemberg erwartungsgemäß mit zunehmender Gemeindegröße deutlich an. Während in den kleinen Gemeinden mit unter 2 000 Einwohnern der Prozentwert der Siedlungs- und Verkehrsfläche bei lediglich 7,5 % liegt, wird in Gemeinden mit 10 000 bis 20 000 Einwohnern bereits fast der doppelte Anteilswert erreicht. In den Großstädten mit über 100 000 Einwohnern wird ein Spitzenwert von durchschnittlich fast 40 % Siedlungs- und Verkehrsfläche erzielt. Auf der anderen Seite sinkt der Anteil der Landwirtschafts- und Waldfläche mit steigender Gemeindegröße erheblich. Interessant ist dabei, dass mit sinkender Gemeindegröße ein immer größer werdender Anteil der Siedlungs- und Verkehrsfläche auf die Nutzung für Verkehrszwecke entfällt. So liegt dieser Anteil in Gemeinden mit unter 10 000 Einwohnern teilweise deutlich über 40 %. Er sinkt dann kontinuierlich und beträgt in den Gemeinden mit über 50 000 Einwohnern nur noch etwa 30 %.

Ein Blick auf die Entwicklungsdynamik in den letzten Jahren zeigt, dass mit abnehmender Größe der Gemeinde die Zuwächse bei der Siedlungs- und Verkehrsfläche in den letzten Jahren tendenziell höher ausfielen. Das geht in erster Linie auf die deutliche Ausweitung der Gebäude- und Freifläche Wohnen zurück, die in den Gemeinden unter 50 000 Einwohnern zweistellige prozentuale Zunahmen verzeichnete. Damit nahmen auch die Flächenanteile für Gebäude- und Freiflächen merklich zu – nicht zuletzt auch wegen der kräftigen Ausweitung der Areale für Gewerbe und Industrie in den kleineren Gemeinden. Dies gilt auch für die Erholungsfläche in den kleineren Gemeinden, die ebenfalls überproportional zulegte. Ursächlich für diese Effekte dürften die niedrigen Baulandpreise in kleineren Gemeinden sein und die zunehmende Flächenknappheit in den größeren Städten und Gemeinden. Insbesondere in den Stadtkreisen ist das Erweiterungspotenzial für Siedlungs- und Verkehrsflächen weitgehend aufgebraucht. So sind in Stuttgart, Karlsruhe und Pforzheim nur noch 9 % bis 11 % der Gemarkungsfläche theoretisch für Ausweitungen der Siedlungs- und Verkehrsflächen vorhanden.3 Ein etwas anderes Bild ergibt sich bei der Entwicklung der Verkehrsfläche nach der Gemeindegröße in den zurückliegenden Jahren: Mit Ausnahme der Großstädte, die eine Stagnation des Verkehrsflächenkonsums aufweisen, nahm die Flächeninanspruchnahme für verkehrliche Zwecke in den anderen Gemeindegrößenklassen in etwa ähnlicher Größenordnung zu. Insgesamt scheint demnach das Problem der Flächenumwidmungen aktuell weniger in den verdichteten Gebieten, als vielmehr in den kleineren, ländlicher geprägten Gemeinden aufzutreten.

1 Vergleiche hierzu Betzholz, Thomas u.a.: Der Flächenverbrauch in Baden-Württemberg und seine wichtigsten Bestimmungs-gründe, in: Statistische Analysen, Heft 7/2005, S. 7 ff.

2 Zum Beispiel Modellvorhaben »Eindämmung des Landschaftsverbrauchs durch Aktivierung des innerörtlichen Potenzials« (MELAP).

3 Vgl. hierzu: Wöllper, Frank: Flächennutzung: Ansprüche und Wirklichkeit, in: Statistisches Monatsheft 11/2004, S. 46 ff.