:: 8/2006

Bachelor- und Masterstudiengänge an Baden-Württembergs Hochschulen

Läuft alles nach den Planungen der EU-Bildungsminister, werden Studienanfänger ab 2010 nur noch mit Bachelor- oder Masterstudiengängen an den Hochschulen Europas beginnen. Wichtige Ziele dieser europaweiten Umstellung sind ein kürzeres und effizienteres Studium, eine Verstärkung des internationalen Studienaustausches sowie mehr Praxisbezug. Zum Wintersemester 2005/06 strebten in Baden-Württemberg 23 700 Studierende einen Bachelor- und knapp 6 000 einen Masterabschluss an. Dies entsprach einem Anteil von 9,8 % bzw. 2,5 % aller Studierenden. Besonders in den Wintersemestern 2004/05 und 2005/06 stieg die Zahl der Anfänger von Bachelorstudiengängen sehr stark, während die von Masterstudiengängen nur geringfügig zunahm. Wie weit die Studienreform an den Hochschulen des Landes fortgeschritten ist, ob dadurch eine Verkürzung der Studiendauer erreicht wurde, diese und weitere Fragen sollen im folgenden Beitrag näher untersucht werden.

22 % aller Studienanfänger im Jahr 2005 strebten einen Bachelorabschluss an

An den baden-württembergischen Hochschulen hat der umfassende Bologna-Reformprozess (i-Punkt) schon seine Spuren hinterlassen. Zum Wintersemester 2005/06 waren rund 23 700 Studierende in einen Bachelor- und knapp 6 000 in einen Masterstudiengang eingeschrieben. Dies entsprach einem Anteil von 9,8 % bzw. 2,5 % aller Studierenden. Die Entwicklung der Anfängerzahlen der letzten Jahren verdeutlicht, dass in nächster Zukunft mit einem weiteren Anstieg der Bachelorstudierenden zu rechnen ist: Nach einem geringen Wachstum bis 2002 nahm die Zahl der Anfänger in Bachelorstudiengängen seit 2003 sehr stark zu. Im Studienjahr1 2005 strebten deshalb schon 22 % aller Studienanfänger im ersten Fachsemester einen Bachelorgrad an. Bei den Anfängern von Masterstudiengängen war dagegen ein wesentlich geringeres Wachstum zu beobachten, das in den letzten beiden Jahren weit hinter dem der Bachelorstudiengänge zurückblieb. Deswegen betrug im Studienjahr 2005 der Anteil der Anfänger von Masterstudiengängen nur 5 %.

Weil die neuen Studiengänge erst seit kurzem angeboten werden, erlangten im Prüfungsjahr2 2004 rund 640 Studierende einen Bachelor- und 1 450 Studierende einen Masterabschluss. Wegen der kürzeren Regelstudienzeit von zwei bis vier Semestern für einen Masterabschluss beendeten mehr Master- als Bachelorstudenten ihr Studium mit einem der neuen Abschlüsse.

Fachhochschulen haben die meisten Master- und Bachelorstudierenden

Die einzelnen Hochschulen sind in der Umsetzung des Bologna-Prozesses unterschiedlich weit vorangeschritten. An den Fachhochschulen des Landes waren zum Wintersemester 2005/06 rund 18 600 Bachelor- und Masterstudierende eingeschrieben, das entsprach einem Anteil von 27 % an allen FH-Studierenden. Damit lagen sie weit über dem Durchschnitt von 12 %. An den Universitäten wurde dagegen mit knapp 11 000 Studierenden in Bachelor- und Masterstudiengängen nur ein unterdurchschnittlicher Anteil von 8 % erreicht. An den Pädagogischen Hochschulen, Kunst- und Verwaltungsfachhochschulen gab es nur vereinzelt Master- und Bachelorstudenten. Inzwischen werden aber auch bei diesen Hochschularten verstärkt Studiengänge auf die neuen Abschlussarten umgestellt.

Auch die einzelnen Hochschulen wiesen große Unterschiede bezüglich der Umsetzung der Studienreform auf. Die Zeppelin University Friedrichshafen, die Hochschule für Gestaltung Schwäbisch Hall, die Fachhochschule für Wirtschaft und Medien Calw, die International University in Germany Bruchsal und das erst kürzlich eröffnete Theologische Seminar Reutlingen haben nur noch Studierende, die einen der neuen Abschlüsse anstreben. Diese Institutionen gehören allerdings zahlenmäßig gesehen zu den kleineren Hochschulen des Landes und sind private Einrichtungen. Bei den übrigen 64 Hochschulen liegt die Hochschule für Wirtschaft und Technik Reutlingen mit der Hälfte der Studierenden in den neuen Studiengängen an der Spitze. Außer in Reutlingen streben auch an der Hochschule für Sozialwesen Esslingen, an der Hochschule für Technik, Wirtschaft und Gestaltung Konstanz, an der Hochschule der Medien Stuttgart, an der Hochschule Furtwangen – Informatik, Technik, Wirtschaft, Medien, an der Hochschule für Gestaltung Schwäbisch-Gmünd sowie an der Hochschule für Technik Stuttgart mehr als 40 % der Studenten eine der neuen Abschlussarten an. Unter den Universitäten hebt sich Konstanz mit dem höchsten Anteil an Studierenden in Bachelor- bzw. Masterstudiengängen (26,7 %) hervor. Den zweithöchsten Anteil hat die Universität Hohenheim mit 16,3 %. Insgesamt waren an 45 Hochschulen des Landes Studierende in Bachelor- und Masterstudiengängen eingeschrieben. Eine ganze Reihe der 69 Hochschulen im Land hatte demnach zum Wintersemester 2005/06 noch keine Bachelor- oder Masterstudierenden.

Die Hälfte der Studierenden in Masterstudiengängen sind aus dem Ausland

Wichtige Ziele des Bologna-Prozesses sind unter anderem eine verstärkte Internationalisierung, eine Verkürzung der Studienzeiten und ein größerer Praxisbezug der Hochschulausbildung. Nicht alle diese Ziele lassen sich mit den Daten der Hochschulstatistik überprüfen. Für eine verstärkte Internationalisierung ist dies mit Hilfe einer Auswertung der Herkunft der Studierenden möglich. Nach den Ergebnissen der Hochschulstatistik haben die vom Ausland kommenden Studierenden schon ein klares Votum abgelegt. Sie bevorzugen im Land ein Masterstudium. Fast die Hälfte aller angehenden Masterabsolventen im Wintersemester 2005/06 waren so genannte Bildungsausländer, das heißt sie hatten eine ausländische Staatsbürgerschaft und eine im Ausland erworbene Hochschulzugangsberechtigung. Bezogen auf alle Studiengänge betrug dieser Anteil dagegen knapp 12 %, bei den Bachelorstudiengängen nur 9 %. Die finanzielle Seite könnte hier eine Rolle spielen, denn im Gegensatz zu den Angeboten der meisten anderen ausländischen Hochschulen ist ein Mastertitel in Baden-Württemberg bisher teilweise ohne Studiengebühren zu haben. Ferner ist zu bedenken, dass es in anderen Staaten schon länger Bachelorstudiengänge gibt, an die sich ein Masterstudium anschließen kann. Studierende aus solchen Staaten haben deswegen noch einen gewissen »Startvorteil«.

Unter den Staaten mit mehr als 100 Studierenden in Baden-Württemberg nutzten besonders Studierende außerhalb Europas, nämlich aus Pakistan, Indien, Mexiko, Indonesien, Thailand und Kolumbien gerne das hiesige Angebot an Masterstudiengängen. Innerhalb Europas erreichten türkische, schweizerische und griechische Studierende erhöhte Anteile. Die Studienberechtigten aus den meisten der 40 Unterzeichnerstaaten der Bologna-Erklärung nehmen somit nur in geringem Umfang an den in Baden-Württemberg angebotenen Masterstudiengängen teil.

Bachelorabschluss im Durchschnitt nach 6,5 Semestern

Eine Analyse der Fachstudiendauer gibt Aufschluss über eine mögliche Verkürzung der Studienzeiten durch die neuen Abschlüsse. Allerdings ist ein solcher Vergleich nur mit Einschränkungen möglich, weil Studienziele und -inhalte der Bachelor- und Masterstudiengänge sich von den klassischen Diplom- oder Magisterstudiengängen unterscheiden. Ferner werden die Bachelor- und Masterstudiengänge erst seit kurzem angeboten, sodass für einen Vergleich nur geringe Fallzahlen herangezogen werden können. Schließlich ist davon auszugehen, dass die Absolventen der ersten Prüfungsjahre eher die Personen sind, die auch ein Diplom- oder Magisterstudium überdurchschnittlich schnell abgeschlossen hätten. Trotzdem zeigen die Studienzeiten der bisherigen Absolventen, dass eine Verkürzung des Studiums möglich scheint. So benötigten die rund 640 Bachelorabsolventen des Prüfungsjahres 2004 bis zu ihrem Examen im Durchschnitt 6,5 Semester und befanden sich damit innerhalb der Regelstudienzeit, die auf sechs bis acht Semester ausgerichtet ist. Im Vergleich zur mittleren Fachstudienzeit der 11 500 Fachhochschulabsolventen, die bei rund 8,4 Semester lag und deren Abschlüsse dem Bachelorgrad in der Wertigkeit entsprechen3, war sie damit erheblich kürzer.

Ein Masterstudium kann ein vorhergehendes Studium fachlich vertiefen, gilt aber als eigen-ständiger Studiengang. Für die rund 1 450 deutschen Masterabsolventen lag die durchschnittliche Fachstudienzeit mit 3,9 Semestern ebenfalls innerhalb der Regelstudienzeit von zwei bis vier Semestern. Wird die mittlere Studiendauer von Bachelor- und Masterstudium addiert, ergibt sich mit 10,4 Semestern eine kürzere Studiendauer als bei den gleichberechtigten Diplom- und entsprechenden Abschlüssen einer Universität mit 11,5 Semestern. Die mittlere Studiendauer der 11 150 Diplomanden des Prüfungsjahres 2004 befand sich am oberen Rand der Regelstudienzeiten, die je nach Studiengang zwischen neun und zwölf Semestern variieren.

Die Gesamtstudiendauer enthält alle Urlaubs- und Fachsemester, für die ein Studierender jemals an einer deutschen Hochschule eingeschrieben war, unabhängig von der Zahl der Studiengänge. Die Gesamtstudiendauer eines Masterabsolventen müsste daher entsprechend der Hochschulstatistik die Anzahl der Fachsemester des Masterstudiums und die Fachsemester eines zuvor abgelegten Studiums enthalten. Allerdings fehlen bei rund der Hälfte der deutschen Studierenden und bei allen Bildungsausländern statistische Angaben zur Gesamtstudiendauer.

Die mittlere Gesamtstudiendauer der 542 deutschen Masterabsolventen mit entsprechenden Angaben betrug 11,7 Semester. Sie übertraf damit die addierte mittlere Fachstudiendauer der Bachelor- und Masterststudiengänge, lag aber noch knapp unter der mittleren Studiendauer von Diplomstudiengängen an Universitäten. Die gegenüber der addierten Fachstudiendauer längere Gesamtstudiendauer der Masterstudiengänge ist hauptsächlich dadurch zu erklären, dass 60 % der Masterabsolventen zuvor ein Fachhochschul-Diplom, weitere 10 % ein Universitäts-Diplom und nur 9 % einen Bachelorgrad abgelegt hatten. Somit scheint der Weg über einen Bachelor zum Master bisher die Ausnahme zu sein.

Masterstudierende bevorzugen Ingenieurwissenschaften

Der Interessensschwerpunkt der Bachelorstudenten konzentrierte sich im Wintersemester 2005/06 auf die Fächergruppen »Ingenieurwissenschaften«, »Rechts-, Wirtschafts- und Sozialwissenschaften« sowie »Mathematik/Naturwissenschaften«. Dies sind auch weitgehend die beliebtesten Fächergruppen aller Studierenden. Allerdings sind die Bachelorstudenten in den »Ingenieurwissenschaften« etwas häufiger anzutreffen als Studierende mit anderen Abschlusszielen. Unter den kleineren Fächergruppen wurden von den Bachelors die »Agrar-, Forst- und Ernährungswissenschaften« häufiger gewählt als vom Durchschnitt. In der Fächergruppe »Humanmedizin und Gesundheitswissenschaften« waren dagegen sehr wenig Studierende, die einen Bachelorabschluss anstreben, vertreten.

Die meisten Studierenden in Masterstudiengängen waren bei den »Ingenieurwissenschaften« eingeschrieben. Erst auf dem zweiten Platz folgten die »Rechts-, Wirtschafts- und Sozialwissenschaften« und auf dem dritten die »Mathematik/Naturwissenschaften«. Die »Sprach- und Kulturwissenschaften« waren im Vergleich zu allen Studierenden deutlich unterrepräsentiert. Dagegen wurde die Fächergruppe »Agrar-, Forst- und Ernährungswissenschaften« von den angehenden Masterabsolventen noch stärker bevorzugt als von den angehenden Bachelorabsolventen.

Ein sehr differenziertes Bild ergibt eine Analyse der in der Statistik vorhandenen 195 Studienfächer. Unter ihnen gibt es Fächer wie Neue Medien, Facility Management oder interdisziplinäre Studien mit dem Schwerpunkt Rechts-, Wirtschafts- und Sozialwissenschaften, die nur mit einem Bachelor oder Master abgeschlossen werden können. Mit weniger als 150 Personen sind hier allerdings wenig Studierende eingeschrieben. Daneben gibt es Fächer mit insgesamt mehr als 1 000 Studierenden wie die Agrarwissenschaft/Landwirtschaft (70,6 %) oder die Internationale Betriebswirtschaft (38,6 %), die teilweise in Englisch angeboten werden oder einen internationalen Bezug haben und deswegen einen überdurchschnittlich hohen Anteil an Bachelor- oder Masterstudierenden aufweisen. Zu einigen stark nachgefragten Studienfächern wie der Rechtswissenschaft oder der Humanmedizin ist die Reform dagegen bisher noch nicht durchgedrungen. Sie haben jeweils weniger als ein Prozent Anteil an den neuen Studiengängen. Unter den Studienfächern mit mehr als 5 000 Studierenden weisen ferner Elektrotechnik (18,5 %), Informatik (17,2 %), Wirtschaftsingenieurwesen (16,8 %) und die Betriebswirtschaftslehre (12,6 %) über-durchschnittlich hohe Anteile an den neuen angestrebten Abschlüssen auf. Rund 70 der in der Statistik ausgewiesenen Studienfächer können bisher noch nicht mit einem Bachelor- bzw. Masterabschluss studiert werden. Hierher gehören vorwiegend pädagogische und künstlerische Studienfächer sowie der Bereich der Verwaltungswissenschaften, aber auch die Zahnmedizin oder die Luft- und Raumfahrttechnik.

1 Studienjahr: Sommersemester und darauf folgendes Wintersemester.

2 Prüfungsjahr: Sommersemester und vorhergehendes Wintersemester.

3 Nach einem Beschluss der Kultusministerkonferenz vom 12. Juni 2003 verleiht ein Bachelorgrad grundsätzlich dieselben Berechtigungen wie ein Diplomabschluss einer Fachhochschule. Der erfolgreiche Abschluss eines konsekutiven Masterstudiums entspricht dem eines Diplom- oder Magisterabschluss einer Universität oder einer gleichgestellten Hochschule.