:: 10/2006

Erste Arbeitsmarktergebnisse auf Basis des Mikrozensus 2005

Mit der Einführung des neuen Mikrozensusgesetzes zum 1. Januar 2005 gingen erhebliche methodische, technische und organisatorische Veränderungen einher, die die Statistischen Ämter des Bundes und der Länder vor große Herausforderungen gestellt haben.1 Von besonderer Bedeutung, vor allem im Hinblick auf die zukünftigen Möglichkeiten der Ergebnisdarstellung, ist dabei die Umstellung des Erhebungskonzeptes vom Berichtswochenkonzept auf eine unterjährige Erhebung. So können zukünftig sowohl Jahres- als auch Quartalsdurchschnittsergebnisse erstellt werden, was die Qualität der Mikrozensusdaten erheblich erhöht, da zukünftig nicht nur die Angaben einer Berichtswoche, sondern die Angaben aller Wochen eines Jahres bzw. Quartals abgebildet werden. Die ersten Arbeitsmarktergebnisse auf Basis der Jahresdurchschnittsergebnisse des Mikrozensus 2005 verdeutlichen hierbei eine weitere Angleichung der Erwerbsbeteiligung der baden-württembergischen Männer und Frauen. So beläuft sich die Erwerbstätigenquote der Frauen mittlerweile auf 63 % und die der Männer auf knapp 77 %. 1990 lag die Differenz noch bei 23 Prozentpunkten. Dabei sind Männer nahezu doppelt so häufig als Selbstständige tätig wie Frauen. Zudem zeigt sich, dass in den letzten 10 Jahren die Zahl der befristet Beschäftigten überproportional stark zugenommen hat. Vor allem die jüngeren Erwerbstätigen sind hiervon betroffen.

Umstellung auf den unterjährigen Mikrozensus seit 1. Januar 2005

Bis einschließlich der Befragung 2004 wurde der Mikrozensus nach dem Berichtswochenkonzept durchgeführt. Dabei wurde jedes Jahr eine feiertagsfreie Woche Ende April/Anfang Mai als so genannte Berichtswoche festgelegt. Nach Ablauf dieser Woche wurden die Haushalte zur Situation in dieser Berichtswoche befragt, das heißt die meisten Antworten der Befragten bezogen sich auf diese Woche. Folglich spiegelten die Ergebnisse der Mikrozensusbefragung lediglich die Situation einer Woche im Jahr wider. Dabei galt dieses Berichtswochenkonzept als zuverlässiges und anerkanntes Erhebungskonzept. Mit dem Umstieg auf ein unterjähriges Erhebungskonzept können Quartals- und Jahresdurchschnittsergebnisse bereitgestellt werden, die die Situation des ganzen Jahres bzw. eines Quartals widerspiegeln.2 Ziel ist es, im unterjährigen Erhebungskonzept alle Wochen des Jahres abzubilden. Vor allem im Hinblick auf die Darstellung von Arbeitsmarktdaten, einem Kernthema des Mikrozensus, bietet das unterjährige Erhebungskonzept erhebliche Vorteile, da damit das Arbeitsmarktgeschehen, das einer zunehmenden Flexibilisierung und einem immer schnelleren Wandlungsprozess unterliegt, umfassender abgebildet werden kann. Auch saisonale Spitzen und flexible Arbeitsverhältnisse können nun adäquat dargestellt werden. Ein weiterer Vorteil des neuen Erhebungskonzeptes ist die höhere Aktualität der Ergebnisse, indem nicht nur Jahresdurchschnittsergebnisse, sondern auch Quartals- und Monatsergebnisse bereitgestellt werden. Aufgrund des geänderten Erhebungskonzeptes und der daraus resultierenden zum Teil eingeschränkten Vergleichbarkeit sollen im Folgenden die Jahresdurchschnittsergebnisse des Mikrozensus 2005 nicht im Vorjahresvergleich dargestellt werden, da davon auszugehen ist, dass sich die hierbei ergebenden Veränderungen überwiegend auf die konzeptionelle Umstellung zurückzuführen sind.

Erwerbsbeteiligung von Männern und Frauen gleicht sich an

Im Jahresdurchschnitt 2005 zählten von den rund 10,7 Mill. Baden-Württembergern knapp 5,1 Mill. zu den Erwerbstätigen. Gegenüber 1980 ist die Zahl der Erwerbstätigen in Baden-Württemberg um beachtliche 20 % angestiegen. Im längerfristigen Vergleich wird auch deutlich, dass vor allem Frauen von den in den letzten 25 Jahren zusätzlich geschaffenen Beschäftigungsmöglichkeiten profitiert haben. Ihre Zahl ist gegenüber 1980 sogar um 35  % angestiegen (Männer + 10 %). Lag der Anteil der Frauen an den Erwerbstätigen im Jahr 1980 noch bei knapp 40 %, stellen die Frauen mittlerweile annähernd 45 % der Erwerbstätigen in Baden-Württemberg (2,37 Mill. erwerbstätige Frauen). Die Erwerbsbeteiligung der Frauen ist in den vergangenen 25 Jahren kontinuierlich gestiegen, jene der Männer gesunken. Von 100 Frauen bzw. Männern im erwerbsfähigen Alter, das heißt im Alter von 15 bis unter 65 Jahren, waren erwerbstätig:

JahrFrauenMänner
19805484
19905881
20056377

Dabei verdeutlicht auch der Vergleich der alters-spezifischen Erwerbstätigenquoten von Männern und Frauen die Angleichung des Erwerbsverhaltens beider Geschlechter über nahezu alle Altersgruppen hinweg während der letzten 25 Jahre.

Dienstleistungsbereich wichtigster Arbeitgeber

Der längerfristige Vergleich mit 1980 zeigt eine deutliche Strukturveränderung hinsichtlich der Verteilung der Erwerbstätigen auf die Wirtschaftsbereiche: Der tertiäre Sektor ist mittlerweile zum wichtigsten Arbeitgeber in Baden-Württemberg geworden. Während 1980 erst 43 % im Dienstleistungsbereich tätig waren, sind es heute nahezu 60 % der Erwerbstätigen. Im Gegenzug hat die Bedeutung des Produzierenden Gewerbes stark nachgelassen. Im Jahr 1980 arbeitete noch mehr als jeder zweite baden-württembergische Erwerbstätige im Produzierenden Gewerbe, 2005 hingegen nur noch 38 %. Der Anteil der Arbeitsplätze in der Land- und Forstwirtschaft ist in den letzten 25 Jahren von knapp 5  % auf heute 2 % zurückgegangen.

Männer arbeiten doppelt so häufig als Selbstständige wie Frauen

Unter den baden-württembergischen Erwerbstätigen waren im Jahr 2005:

Angestellte52 %
Arbeiter31 %
Selbstständige10 %
Beamte und Richter5 %
mithelfende Familienangehörige1 %

Nach Geschlechtern ergibt sich hier indes ein differenzierteres Bild. Männer waren doppelt so häufig als Selbstständige tätig wie Frauen. Der höhere Anteil der Arbeiter unter den männlichen Erwerbstätigen dürfte auf die geschlechtsspezifische Arbeitsmarktteilung zurückzuführen sein. Männer sind häufiger in Berufen zu finden, die mit einem Arbeiter-Status (wie zum Beispiel technische und gewerbliche Berufe) verbunden sind, wohingegen Frauen häufiger Berufe im Angestelltenverhältnis (wie zum Beispiel: Büro- und Gesundheitsberufe) wählen.

Teilzeitarbeit nach wie vor eine Domäne der Frauen

Von den knapp 5,1 Mill. erwerbstätigen Baden-Württembergern übten im Jahr 2005 rund 1,37 Mill. Personen (knapp 27 %) eine Teilzeittätigkeit bis einschließlich 34 Wochenarbeitsstunden aus. Frauen sind unter den Teilzeitbeschäftigten mit gut 1,1 Mill. Erwerbstätigen nach wie vor deutlich überrepräsentiert. Damit arbeitete im Jahr 2005 jede zweite erwerbstätige Frau in Teilzeit; unter den Männern war es jeder Zwölfte. Auch die geringfügigen Beschäftigungen3, die so genannten Minijobs, erweisen sich als Domäne der Frauen. Von der rund einer halben Million Personen, die im Jahr 2005 im Rahmen der Mikrozensuserhebung eine geringfügige Beschäftigung als einzige oder hauptsächliche Erwerbstätigkeit angaben, waren über drei Viertel Frauen. Der hohe Anteil an Teilzeitkräften unter den erwerbs-tätigen Frauen in Baden-Württemberg wirkt sich natürlich auch auf deren Anteil an dem erbrachten Arbeitsvolumen aus. Frauen stellen zwar mittlerweile knapp 45 % der Erwerbstätigen, ihr Anteil an den insgesamt geleisteten Arbeitsstunden beträgt aber nur 37 %.

Immer mehr Erwerbstätige mit befristeten Arbeitsverträgen

Von den knapp 4,3 Mill. abhängig Erwerbstätigen (ohne Auszubildende) verfügten im Jahr 2005 annähernd 0,4 Mill. über einen befristeten Arbeitsvertrag. Dies entspricht einem Anteil von gut 9 %. Männer und Frauen sind dabei gleichermaßen in derartigen Arbeitsverhältnissen zu finden. Ausländische Erwerbstätige befinden sich dagegen häufiger in befristeten Arbeitsverhältnissen. Unter den ausländischen abhängigen Erwerbstätigen hatte jeder Achte, einen befristeten Vertrag, unter den Deutschen nur jeder Elfte. Im längerfristigen Vergleich mit dem Jahr 1995 ist die Zahl der befristeten Arbeitsverhältnisse um stattliche 158 000 bzw. 69 % angestiegen, bei der Gesamtentwicklung waren es nur 8 %. Durch kaum einen anderen Indikator wird die Entwicklung zum flexiblen Arbeitsmarkt evidenter. Offensichtlich stellt der befristete Arbeitsvertrag für viele jüngere Arbeitskräfte den Einstieg in das Berufsleben dar. Von den abhängig Erwerbstätigen unter 30 Jahren hatte 2005 mehr als jeder Vierte nur einen befristeten Arbeitsvertrag. Anders ausgedrückt bedeutet dies aber auch, dass weit mehr als jeder zweite befristet Beschäftigte (56 %) unter 30 Jahre alt ist.

1 Hin, Monika: Das neue Mikrozensusgesetz ab 2005, in: Statistisches Monatsheft Baden-Württemberg 4/2005, S. 12 ff.

2 Die Forderung den Mikrozensus als unterjährige Erhebung durchzuführen geht auf eine Initiative der EU zurück. Seit 1998 schreibt die EU-Verordnung zur Durchführung der EU-Arbeitskräfteerhebung ein unterjähriges Erhebungskonzept vor. Verordnung (EG) Nr. 577/98 des Rates vom 9. März 1998 zur Durchführung einer Stichprobenerhebung über Arbeitskräfte in der Gemeinschaft (Amtsblatt der EG Nr. L 77 vom 15. März 1998, S. 3).

3 Bei geringfügigen Beschäftigungen handelt es sich um Tätigkeiten mit einem Verdienst von nicht mehr als 400 Euro pro Monat im Jahresdurchschnitt oder um Beschäftigungen, die auf höchstens zwei Monate oder 50 Arbeitstage während eines Jahres begrenzt sind.