:: 10/2006

Zur Einkommenssituation von Männern und Frauen in Baden-Württemberg

2001 hatten 3,9 Mill. unbeschränkt Lohn- und Einkommensteuerpflichtige ihren Wohnsitz in Baden-Württemberg. Der Gesamtbetrag ihrer Einkünfte belief sich auf 142,1 Mill. Euro. Von den 3,9 Mill. Steuerpflichtigen wurden rund die Hälfte nach dem so genannten Splittingtarif besteuert, wobei die zusammen veranlagten Ehegatten als ein Steuerpflichtiger gezählt werden. Gleichwohl ist aufgrund der Angabe des Geschlechts eine Darstellung der steuerlichen Einkommenssituation nach männlichen und weiblichen Einkommensbeziehern (Steuerfälle) möglich. Im Folgenden sollen daher die Einkommensunterschiede zwischen Männern und Frauen genauer betrachtet werden, wobei keine Differenzierung nach Einkunftsarten und weiteren Merkmalen, wie die Kinderzahl, erfolgt.

Durchschnittseinkommen der Männer doppelt so hoch wie das von Frauen

Insgesamt gab es in Baden-Württemberg im Jahr 2001 ca. 5 Mill. Steuerfälle1, die eine »Summe der Einkünfte« in Höhe von 142,6 Mill. Euro erzielten, das heißt im Durchschnitt 29 400 Euro. Mit ungefähr 2,8 Mill. männlichen und 2,2 Mill. weiblichen Lohn- und Einkommensbeziehern sind bereits quantitative Unterschiede erkennbar. Deutlicher ist die Abweichung beim Vergleich des Durchschnittseinkommens. Nimmt man das arithmetische Mittel der Summe der Einkünfte als Basis2, verdienen Männer durchschnittlich 36 000 Euro, während Frauen nur etwa die Hälfte, nämlich 18 700 Euro an Einkommen erzielen.

Wie Tabelle 1 zeigt, ist dabei in den beiden Randbereichen, also den hohen und niedrigen Einkommensklassen, ein erheblicher Unterschied festzustellen. Frauen sind bei den niedrigen Einkommen überdurchschnittlich vertreten. So befanden sich mit ca. 260 000 Steuerfällen die zweithäufigste Anzahl von Frauen in der Einkommensklasse unter 2 500 Euro. Männer sind dagegen bedeutend häufiger in den oberen Einkommensklassen präsent. Sie waren in der Einkommensklasse von 50 000 bis 125 000 Euro am dritthäuftigsten vertreten, nur knapp hinter den beiden darunter liegenden Einkommensklassen.3 Die 422 000 Fälle entsprechen einem Anteil von 87 % an allen Steuerfällen in der Einkommensklasse von 50 000 bis 125 000 Euro.

Arbeitsmarktfaktoren scheinen dabei eine wichtige Rolle zu spielen. Männer arbeiten in relativ gut bezahlten »Männerbranchen« (zum Beispiel Chemie, Bau, Druck), während Frauen oft in schlecht bezahlten Branchen (zum Beispiel Hotel und Gaststätten, Bekleidung, Nahrungsmittel) beschäftigt sind. Zudem üben Frauen oft Niedriglohntätigkeiten (Friseurin, Verkäuferin) aus, während in männerdominierten Berufen (Techniker, Ingenieur) hohe Einkommen erzielt werden. Auch der hohe Anteil von Frauen in Teilzeitarbeit trägt zu den Einkommensunterschieden bei.

Stärkere Einkommensunterschiede bei Ehepaaren

Bei den Einkommen von Ehepaaren, die in der Regel ihre Einkünfte zusammen veranlagen, also im Prinzip gemeinsam erzielen, wird er-sichtlich, dass sich der Unterschied beim Beitrag zum gemeinsamen Einkommen zwischen Männern und Frauen in Ehegemeinschaften verstärkt. Darüber hinaus verschiebt sich auch die Zahl der Steuerfälle, hauptsächlich zurückzuführen auf eine größere Erwerbstätigkeit zugunsten der Männer.

Insgesamt fielen knapp 3 Mill. Steuerfälle in den Splittingtarif für verheiratete Ehepaare. Folgende Konstellationen sind möglich: Entweder ist der Mann Antragsteller und die Frau hat zusätzlich noch ein Einkommen (Doppelverdiener mit 1 Steuerpflichtigen -> 2 Steuerfälle). Den gleichen Sachverhalt gibt es mit einer Frau als Antragsteller. Die anderen beiden Möglichkeiten sind Mann oder Frau als Antragsteller mit Partnerin oder Partner ohne eigenes Einkommen (Einverdienst-Ehe mit 1 Steuerpflichtigen -> 1 Steuerfall). Bei der Einverdienst-Ehe gibt es also noch den nicht verdienenden Ehepartner, der durch die 3 Mill. Fälle in der Steuerstatistik nicht erfasst wurde.

Die Männer hatten einen Anteil von rund 1,9 Mill. oder 60 % aller Steuerfälle in Ehegemeinschaften. Verheirate Männer erzielten dabei ein Durchschnittseinkommen von rund 41 000 Euro, Frauen durchschnittlich hingegen nur 17 000 Euro. Bei den 1,9 Mill. Alleinveranlagten4 kommen männliche und weibliche Antragsteller etwa gleich häufig vor. Darüber hinaus gleichen sich die Einkommen stärker an. Die Männer erhalten mit ca. 27 000 Euro ein durchschnittliches Einkommen, das nur noch rund 6 000 Euro über dem der Frauen liegt.

Wie zu vermuten war, sind Männer und Frauen sowohl bei Anzahl der Steuerfälle als auch bei der Einkommenshöhe am ehesten gleichgestellt, wenn es sich um alleine Veranlagte handelt. Dies ist wohl darauf zurückzuführen, dass Männer und Frauen vor allem in jungen Jahren alleine veranlagt werden, Partnerschaften oft noch keine Ehegemeinschaften und beide Personen finanziell noch relativ selbstständig sind.

Bei Alleinstehenden ist ein deutlicher Gleichlauf mit einer leichten Verschiebung zugunsten der Männer in den höheren Einkommensklassen zu erkennen. Die einzelnen Einkommensklassen sind also bei alleine veranlagten Männern und Frauen ungefähr mit gleichen Anteilen vertreten.

Bei Ehegemeinschaften dagegen ist der Anteil niedriger Einkommensklassen bei Frauen deutlich höher als bei Männern und in den oberen Einkommensklassen verhält es sich umgekehrt.

Die Ehefrau als Alleinverdienerin ist die Ausnahme

Von den insgesamt 3 Mill. Steuerfällen, die nach Splittingtarif veranlagt werden, sind ca. 20 % bzw. 600 000 Fälle Ehegemeinschaften, denen nur ein Einkommen zur Verfügung steht.5 Das Durchschnittseinkommen in allen Fällen dieser »Einverdienst-Ehe«, also geschlechterunabhängig, liegt mit 36 300 Euro über dem Durchschnittseinkommen bei Ehegemeinschaften insgesamt. Das Einkommen soll ja die Versorgung der gesamten Ehegemeinschaft unter Einschluss möglicher Kindern gewährleisten. In der Regel ist es der Mann, der in den »Einverdienst-Ehen« das Einkommen erzielt. Er war in 560 000 bzw. 93 % der Steuerfälle Antragsteller.

Die 560 000 Ehegemeinschaften mit Männern als Alleinverdiener hatten dabei insgesamt 21,2 Mrd. Euro an Einkünften, das heißt im Durchschnitt 37 400 Euro zur Verfügung. Die 40 000 Frauen, die mit ihrem Einkommen alleine die Familie versorgten, erzielten im Mittel 19 800 Euro an Einkünften und somit das höchste Durchschnittseinkommen aller Frauen.

Verdienen beide Ehepartner, ist die Anzahl von männlichen und weiblichen Steuerfällen mit ca. 1,2 Mill. naturgemäß gleich. Knapp ein Viertel der Frauen hatten Einkünfte von 1 bis 5 000 Euro, während dieser Anteil bei Männern nur bei 7 % lag. Auch die Unterschiede in den Einkommen sind erheblich. So erzielen die Männer im Mittel mit 42 300 Euro das 2,5-fache des Einkommens von Frauen, die durchschnittlich nur 16 900 Euro erhielten, was auch auf den großen Anteil von Frauen bei geringfügig Beschäftigten bzw. Teilzeitkräften zurückzuführen ist. Kürzere Erwerbszeiten aufgrund der Versorgung von Kindern beeinflussen die Höhe des Einkommens zusätzlich.

Frauen sind außerdem zum überwiegenden Teil diejenigen, die kein Einkommen erzielen bzw. nicht erwerbstätig sind, wenn der Ehegemeinschaft nur ein Einkommen zur Verfügung steht. Und das, obwohl gerade in dieser Gruppe die Männer relativ einkommensschwach sind.6 Da die Gruppe der Männer in Ehen mit zwei Einkommensbeziehern am einkommensstärksten ist, lässt sich nicht belegen, dass gerade bei hohem Einkommen des Mannes eine verstärkte Tendenz zur »Versorger-Ehe« besteht. Der gut verdienende Arzt oder Manager mit der nicht berufstätigen Gattin als klassisches Beispiel für das Modell des männlichen (Allein)-Familienernährers ist scheinbar eher die Ausnahme. Die Frau verdient zumindest etwas dazu.

Einkommensunterschiede nehmen mit zunehmendem Lebensalter besonders stark zu

Ein weiterer wichtiger Aspekt, der die gewonnenen Erkenntnisse stützt, ist die Aufteilung in Altersgruppen. Wie Schaubild 3 zeigt, stiegen die Durchschnittseinkommen mit zunehmendem Alter bis zum Alter von 60 Jahren und gingen anschließend leicht zurück. Der Rückgang könnte auf Faktoren wie vorzeitiger Ruhestand und altersbedingte Teilzeit beruhen. Die Tendenz zur Einkommenssteigerung mit zunehmendem Lebensalter ist geschlechterunabhängig, wenn auch bedeutend stärker bei den Männern ausgeprägt. So stieg das durchschnittliche Einkommen der Männer in der Altersgruppe der 20- bis 30-Jährigen bis zur Altersgruppe der 50- bis 60-Jährigen um 130 %, während der Anstieg bei den Frauen zwischen diesen Altersgruppen nur 30 % betrug.

Auch hier scheinen die verheirateten Frauen eine wichtige Rolle zu spielen. Während bei ihnen der Einkommensanstieg zwischen den oben genannten Altersgruppen nur 22 % beträgt, liegt er bei alleine veranlagten Frauen immerhin bei 66 %. Die Einkommensunterschiede zwischen verheirateten und unverheirateten Frauen in jungen Jahren (bis zum Alter von 30 Jahren) fallen bezeichnenderweise nur gering aus, steigen anschließend jedoch wohl wegen Eheschließung bzw. Kindern und damit verringerter Erwerbsarbeit signifikant an.

Dies verdeutlicht zwei Sachverhalte: Die Einkommensunterschiede zwischen den Ge-schlechtern verstärken sich mit zunehmenden Alter zuungunsten der Frauen. Faktoren wie kürzere Unternehmenszugehörigkeit von Frauen aufgrund von Babypausen oder Pflege von Familienmitgliedern, aber auch der große Anteil von Frauen in Teilzeitjobs und geringfügigen Beschäftigungen wirken verstärkt ab einem bestimmten Alter.7 Die Familienzeit liegt zudem meist in den Jahren, in den auch die Karrieren vorangetrieben werden, was die Einkommensunterschiede zusätzliche verstärkt.8 In Ehegemeinschaften sind die Unterschiede noch ausgeprägter, vermutlich aufgrund von steuerlichen Aspekten. Das (oft höhere) Einkommen des Mannes gibt zusätzliche Sicherheit und Ehegattensplitting oder die für die Frau ungünstige Steuerklassenkombination III-V9 können die Entscheidung von Frauen für eine Erwerbstätigkeit zusätzlich negativ beeinflussen.

Vergleicht man in Tabelle 4 den Anteil von Männern und Frauen an der Anzahl der Steuerfälle der jeweiligen Altersgruppe, fällt auf, dass bei den Alleinveranlagten, mit zunehmendem Alter der Anteil der Frauen ansteigt. Im Alter von 50 bis 65 Jahren stellen die Frauen mit knapp 55 % die Mehrheit an allen Steuerfällen, wohl weil der Anteil der verheirateten Männern in dieser Altersgruppe höher ist. Eine weitere Ursache könnte darin liegen, dass Frauen länger auf das Erzielen von Einkünften angewiesen sind, denn Frauen haben bis zu diesem Alter meist kürzere Erwerbszeiten verbunden mit einem geringeren Einkommen. Als Alleinveranlagte müssen sie ihren Lebensunterhalt und auch ihre Altersversorgung jedoch selbst sichern. Bei den Ehegemeinschaften zeigt sich dagegen, je älter die Frauen sind, desto seltener tragen sie zur Einkommenserzielung bei. Nur noch in 38 % der Steuerfälle von 50- bis 65-Jährigen sind Frauen betroffen. Die Einkünfte des Ehegatten sind gewissermaßen ein zusätzlicher Sicherheitsfaktor für die Altersversorgung der Frau.

Neue Situation durch Steuerreformen?

Insgesamt ist positiv anzumerken, dass die Einkommensunterschiede zwischen Männern und Frauen, zumindest geringfügig, abgenommen haben.10 Nicht berücksichtigt wurde in der Darstellung die Betreuung und Versorgung der Kinder. In der letzten Zeit sind Diskussionen in Gang gekommen, ob das Ehegattensplitting in Richtung eines Familiensplittings erweitert werden könnte, sodass die Einkommenssituation sowohl von Frauen und Männern als auch Kindern im Kontext in der Einkommensteuerstatistik dargestellt werden könnte.

1 Nur bei zusammen veranlagten Ehepaaren mit zwei Einkommen ergibt ein Steuerpflichtiger zwei Steuerfälle, sonst entspricht die Anzahl der Steuerpflichtigen der Anzahl der Steuerfälle.

2 In diesem Beitrag wird für Einkommen der Begriff der »Summe der Einkünfte« verwendet.

3 Dabei entfiel bei Männern auf diese Einkommensklasse ca. 30 % aller Einkünfte.

4 Alleinveranlagte können Alleinstehende, unverheiratete Personen in Partnerschaften oder Ehepartner, die sich getrennt veranlagen lassen, sein.

5 Das heißt in denen nur einer der beiden Partner ein Einkommen erzielt.

6 Durchschnittseinkommen der Männer in Ehen mit einem Einkommensbezieher 37 400 Euro, in Ehen mit zwei Einkommensbeziehern 42 300 Euro.

7 Lebensgemeinschaften werden anders als Ehegemeinschaft durch das Steuersystem als zwei Alleinveranlagte erfasst.

8 Vgl. »Die Frauen-Falle«, in: Der Spiegel, Nr. 17/2006, S. 42.

9 Beim Mann in Steuer-klasse III werden unter anderem zusätzliche Freibeträge angerechnet, die der Frau in Steuerklasse V verloren gehen.

10 Um 2,8 % von 1977 bis 1997, vgl. Bundesfamilienministerium, Materialie Nr. 85/2002: Bericht zur Berufs- und Einkommenssituation von Männern und Frauen, S. 5.