:: 11/2006

Der landwirtschaftliche Grundstücksmarkt in Baden-Württemberg

»Wachsen oder weichen?« ist die Kernfrage, die Jahr für Jahr viele Inhaber landwirtschaftlicher Betriebe vor schwierige Entscheidungen stellt. Dies ist im Kleinen das, was man im Großen als Strukturwandel in der Landwirtschaft bezeichnet. Dahinter stehen veränderte Rahmenbedingungen und hoher wirtschaftlicher Anpassungsdruck, nicht zuletzt aufgrund einer mehr und mehr aus Brüssel geprägten Agrarpolitik. So kommt es zu dem Phänomen, dass die Großen tendenziell immer größer und die Kleinen immer kleiner werden, bis sie eines Tages ganz aus der landwirtschaftlichen Produktion aussteigen müssen.

Eine Maßnahme zur Existenzsicherung der Betriebe ist meist die Flächenaufstockung durch die Einbeziehung von landwirtschaftlichen Nutzflächen aufgegebener oder verkleinerter Betriebe in die eigene Bewirtschaftung. Hierbei sind grundsätzlich zwei Möglichkeiten denkbar: nämlich Pacht oder Kauf. Bei der Pacht entstehen variable, beim Kauf fixe Kosten. Für Kauf könnten Argumente wie Planungssicherheit, größerer Entscheidungsfreiraum in der Frage der Flächennutzung oder steuerliche Aspekte (wie Absicherung von Gewinnen) sprechen. Die wichtigsten Pluspunkte der Pacht sind, dass die aufzuwendenden Finanzmittel zum einen überschaubar bleiben und zum anderen auf sich ändernde Rahmenbedingungen relativ unproblematisch und vergleichsweise schnell reagiert werden kann.

Pachtflächen immer wichtiger

Im Rahmen der Kaufwertstatistik für landwirtschaftliche Grundstücke wurden 2005 die Preise von deutlich weniger als 4 000 Kauffällen ermittelt; dabei wechselten landwirtschaftliche Grundstücke mit einer Fläche von insgesamt rund 3 300 Hektar (ha) Fläche der landwirtschaftlichen Nutzung (FdlN)1 die Besitzer, also durchschnittlich 0,9 ha je Verkaufsfall. Im Vergleich hierzu erreicht die Pacht in Baden-Württemberg ganz andere Dimensionen und wird für das Wachstum und den Erhalt der landwirtschaftlichen Betriebe immer wichtiger. 7 von 10 landwirtschaftlichen Betrieben bewirtschafteten auch gepachtete Flächen. Rund 879 700 ha von knapp 1,45 Mill. ha landwirtschaftlich genutzter Fläche waren 2005 zugepachtet. Der Pachtflächenanteil erreichte mit 60,8 % einen neuen Höchststand. Zum Vergleich: Im Jahr 1979 betrug der Anteil der Pachtflächen erst 34,3 %. Nur ein gutes Zehntel der Pachtflächen wurde 2005 von Familienangehörigen und Verwandten, neun Zehntel aber von fremden Personen zugepachtet. Auch hier hat sich seit 1979 (14 % bzw. 86 %) ein steter Wandel vollzogen. Zupacht von Verwandten ist in Anbetracht des eng begrenzten Personenkreises eben nur in gewissem Umfang möglich.

Die wachsende Bedeutung der Pachtflächen für den wirtschaftlichen Erfolg eines Betriebes zeigt sich auch in der Höhe des Pachtentgeltes.2 Wurden im Jahr 1979 durchschnittlich noch 117 Euro pro Hektar LF und Jahr bezahlt, so waren im Jahr 2003 im Mittel 183 Euro/ha, 2005 sogar 188 Euro/ha zu entrichten. Pachtland war damit im Südwesten so teuer wie noch nie zuvor. Je nach Nutzungsart und der damit verbundenen Wertschöpfung je Flächeneinheit fällt das Niveau der Pachtpreise allerdings sehr unterschiedlich aus.

Die höchsten Pachtpreise in Baden-Württemberg werden für Rebland entrichtet. Mit weitem Abstand folgen die Baumobstanlagen. Diese Flächen werden häufig ebenfalls sehr intensiv genutzt und erbringen hohe Deckungsbeiträge. Hinzu kommt, dass Flächen, die für den Anbau von Reben bzw. von Obstkulturen geeignet sind, auf räumlich eng umgrenzte Gebiete beschränkt sind. Ein knappes Gut erzielt aber auf allen Märkten höhere Preise als eines, das im Vergleich zur Nachfrage häufiger angeboten wird. Grünland hat in Relation zum Ackerland den Nachteil, dass die Nutzungsalternativen sehr beschränkt sind. Hohe Wertschätzung erfreut sich das Grünland nur dort, wo das Raufutter über intensive Milchviehhaltung optimal verwertet werden kann. Insgesamt setzt sich die gepachtete LF im Wesentlichen aus Ackerland (58,5 %) und aus Grünland (34 %) zusammen. Rebland und Baumobstanlagen kommen lediglich auf Anteilswerte von 1 % bzw. knapp darunter. Bei den restlichen Pachtungen handelt es sich um Flächen, bei denen der Pachtaufwand nicht auf die einzelnen Nutzungsarten aufgegliedert werden konnte.

Pachtland für Haupterwerbsbetriebe nahezu unverzichtbar

Deutliche Unterschiede im Pachtverhalten gibt es zwischen Haupt- und Nebenerwerbsbetrieben. 9 von 10 Haupterwerbsbetrieben haben Flächen zugepachtet, unter den Nebenerwerbs-betrieben dagegen nur jeder zweite. Zwei Drittel der Pachtflächen im Land werden von Haupt-erwerbsbetrieben bewirtschaftet, ein knappes Fünftel von Nebenerwerbsbetrieben. Die restlichen Pachtflächen entfallen zumeist auf Personengesellschaften bzw. auf eine – allerdings verschwindend geringe – Zahl an Betrieben in der Hand juristischer Personen (ca. 200). Unter den Betrieben mit Pachtungen haben die Personengesellschaften mit durchschnittlich 43 ha je Betrieb die meisten Flächen gepachtet, gefolgt von den Haupterwerbsbetrieben mit 30 ha. Nebenerwerbsbetriebe pachten durchschnittlich nur 8 ha hinzu.

Die Auswertung der Pachtverhältnisse nach Betriebsgrößenklassen schließlich vermittelt nochmals die Zusammenhänge, wenn auch aus anderem Blickwinkel:

  • Je größer ein Betrieb ist, umso größer ist auch die Wahrscheinlichkeit, dass er Pachtflächen bewirtschaftet.
  • Mit zunehmender Betriebsgröße verschiebt sich das Verhältnis Eigen-/Pachtfläche in Richtung Pachtflächen.
  • Die höchsten durchschnittlichen Pachtpreise werden in den unteren Größenklassen bezahlt. Dahinter stehen die auf Sonderkulturen und Gartenbau spezialisierten Betriebe, die in der Lage sind, einen »überdurchschnittlichen« Pachtzins zu entrichten.
  • Im Größenklassenbereich zwischen 10 und 100 ha LF sind die Pachtentgelte weitgehend auf demselben Niveau. Bei den größten Betrieben liegt der durchschnittliche Pachtzins deutlich niedriger. Es darf vermutet werden, dass es sich hierbei häufig um Altpachtverträge handelt, die noch zu vergleichsweise günstigen Konditionen abgeschlossen werden konnten. Andere Betriebe dieser Größenklasse sind an weiteren Zupachtungen kaum mehr interessiert, weil die Arbeitskapazitäten ihnen nur noch geringen Spielraum lassen.

Kaufwerte für landwirtschaftliche Flächen bemerkenswert stabil

Für landwirtschaftliche Grundstücke (ohne Gebäude und ohne Inventar) in Baden-Württemberg wurde im Jahr 2005 ein durchschnittlicher Kaufpreis von 18 930 Euro je Hektar Fläche der landwirtschaftlichen Nutzung (FdlN) entrichtet. Gegenüber dem Vorjahr (knapp 18 550 Euro je ha) sind die landwirtschaftlichen Bodenpreise leicht gestiegen.3 Sie liegen damit aber weiterhin auf dem seit 1993 zu beobachtenden Niveau von etwa 18 500 Euro bis knapp 20 000 Euro je ha. Ende der 80er- Anfang der 90er-Jahre hatten die Preise noch um rund 2 000 Euro/ha höher gelegen.

Vor allem in den Stadt- und Landkreisen der Verdichtungsräume, häufig Gebiete mit besseren natürlichen Ertragsbedingungen, wurden die höchsten Grundstückspreise erzielt. Unter den Landkreisen führen Böblingen, Ludwigsburg und Esslingen mit durchschnittlichen Bodenpreisen von 29 300 bis 54 800 Euro/ha die Preisskala an. Die höheren Grundstückspreise in den Stadtkreisen Heilbronn (40 800), Baden-Baden (45 200) und Ulm (64 300) sprechen dafür, dass das Preisniveau hier stark von den örtlichen Baulandpreisen beeinflusst sein dürfte. Die hohen Grundstückspreise in der Landeshauptstadt Stuttgart (161 500) haben sich gegenüber dem Vorjahr (223 800) wieder weitgehend »normalisiert«. Am unteren Ende der Preisskala lagen die eher ländlichen Gebiete mit meist unterdurchschnittlichen Bodenqualitäten (Schwarzwald, Schwäbische Alb, Odenwald), wie die Landkreise Reutlingen, Schwarzwald-Baar-Kreis, Waldshut, Tuttlingen, Sigmaringen und der Neckar-Odenwald-Kreis mit Grundstückspreisen von 8 600 bis 10 100 Euro/ha.

Auch Bodenqualität und Parzellengröße beeinflussen den Preis

Neben der regionalen Lage werden die Kaufpreise wesentlich von der Bodenqualität, also der natürlichen Ertragsfähigkeit bestimmt. Für geringwertigere Böden mit Ertragsmesszahlen (EMZ)4 zwischen 20 und 30 (auf einer Skala von 1 bis 100) wurden durchschnittlich 9 400 Euro/ha, bei etwas besseren Böden mit Ertragsmesszahlen zwischen 40 und 50 bereits 16 000 Euro/ha entrichtet. Für gute bis sehr gute Böden (EMZ > 70) ergaben sich für die veräußerten Flächen mit 35 300 Euro/ha auch die höchsten Preise.

Die Parzellengröße hat ebenfalls Einfluss auf die Kaufwerte. Bei Kleinstflächen bis 25 Ar werden Spitzenpreise von fast 34 900 Euro/ha bezahlt. Mit zunehmender Parzellengröße gehen die durchschnittlichen Kaufwerte dann zurück, um sich ab etwa 1 ha bei 15 500 bis 16 000 Euro je Hektar einzupendeln.

Für größere Grundstücke ab 1 ha sind darüber hinaus Aussagen zu weiteren, den Kaufpreis bestimmenden Faktoren möglich. So wurde für Ackerland mit 16 800 Euro/ha im Landesdurchschnitt ein merklich höherer durchschnittlicher Kaufpreis entrichtet als für Grünland (knapp 12 100 Euro/ha). Des Weiteren zeigt sich eine deutliche Preisdifferenzierung nach den jeweiligen Erwerbern der Grundstücke: Nicht-landwirtschaftliche Käufer bezahlten wesentlich höhere durchschnittliche Grundstückspreise als Haupt- bzw. Nebenerwerbslandwirte. Die Preisspanne bewegte sich bei Ackerland von rund 14 700 Euro/ha beim Kauf durch Nebenerwerbslandwirte über 17 100 Euro/ha bei Haupterwerbslandwirten bis auf 17 600 Euro/ha bei Nichtlandwirten. Bei Grünland entsprechend von 9 800 Euro/ha über 12 400 Euro/ha bis auf 16 800 Euro/ha. Die von Nichtlandwirten bezahlten relativ hohen Preise hängen möglicherweise damit zusammen, dass hier längerfristig doch mit Umwandlungen der landwirtschaftlichen Flächen in andere Nutzungsarten gerechnet wird.

Ausblick

Der Strukturwandel innerhalb der Landwirtschaft vollzieht sich zumeist über die Zupacht von Flächen. Ein Erwerb kommt nur in Ausnahmefällen in Betracht. Sowohl Pacht- als auch Kaufpreise variieren teilweise erheblich in Abhängigkeit von den Nutzungsmöglichkeiten eines Grundstückes und der Person des Interessenten. Es ist nicht damit zu rechnen, dass die strukturelle Entwicklung zum Stillstand kommt. Es werden weiterhin Flächen zu pachten und zu kaufen sein, um die wirtschaftliche Existenz abzusichern. Ob dem Angebot eine entsprechende Nachfrage in allen Regionen des Landes gegenübersteht, wird davon abhängen, ob es neben den auslaufenden Betrieben zugleich auch entwicklungsfähige und -willige gibt.

1 Hierbei ist zu beachten, dass sich diese Flächendefinition nicht mit der in der Agrarstatistik üblichen »landwirtschaftlich genutzten Fläche (LF)« deckt. Die FdlN umfasst im wesentlichen Acker- und Grünlandflächen, nicht jedoch Rebland und Flächen der gärtnerischen Nutzung.

2 Um die Situation am Pachtmarkt möglichst realitätsnah wiederzugeben, werden zur Berechnung des Pachtentgeltes die Pachtungen von Familienangehörigen oder von Verwandten nicht berücksichtigt.

3 Hintergrundinformationen zu methodischen Fragen der Kaufwertstatistik für landwirtschaftlichen Grundbesitz siehe: Betzholz, Thomas: Der landwirtschaftliche Grundstücksmarkt im Südwesten, in: Statistisches Monatsheft Baden-Württemberg 5/2005, S. 37 ff.

4 Die Ertragsmesszahl (EMZ) eines Grundstücks ist das Produkt aus Fläche (in Ar) und Acker- bzw. Grünlandzahl (Verhältniszahlen der Bodenschätzung, die die relative Ertragsfähigkeit bei ortsüblicher Bewirtschaftung widerspiegeln). Die EMZ kann Werte zwischen 7 und 100 einnehmen. Der beste Boden erhielt die Wertzahl 100.