:: 3/2007

Fortzüge ins Ausland: Wandern immer mehr Deutsche aus?

Bundesweit wie auch in Baden-Württemberg wurden in den vergangenen 2 bis 3 Jahren deutlich steigende Zahlen von Fortzügen deutscher Staatsbürger ins Ausland registriert. Daran wurde mancherorts die Frage geknüpft, ob immer mehr Deutsche auswandern und – etwas zugespitzter – ob Deutschland vor allem seine gut qualifizierten Kräfte an das Ausland verliert. Eine wesentliche Antwort lässt die amtliche Wanderungsstatistik zu: Anstelle einer dauerhaften einseitigen Auswanderung ins Ausland wird vielmehr ein ständiger Wanderungsaustausch zwischen Baden-Württemberg und dem Ausland erkennbar.

Die Zahl der Deutschen, die Baden-Württemberg in Richtung Ausland verlassen, liegt seit 1995 durchschnittlich bei rund 20 000 Personen pro Jahr. Dabei entwickelte sich die Zahl der Fortzüge deutscher Staatsbürger ins Ausland zunächst zwischen 1995 (rund 22 000 Fälle) und 2000 (17 800) leicht rückläufig. Seit 2000 sind diese Wanderungsströme wieder auf etwa 22 300 Fälle im Jahre 2005 angestiegen. Zusammengenommen haben von 2000 bis 2005 rund 118 000 Baden-Württemberger ihren Wohnsitz ins Ausland verlegt. Die wichtigsten Zielländer waren:

Schweiz 23 000
USA 13 100
Frankreich 11 300
Spanien 6 700
Österreich 5 500

Somit hatte in den vergangenen 6 Jahren jeder dritte Auslandsfortzug von Deutschen die drei unmittelbaren Nachbarländer zum Ziel. Ein knappes weiteres Drittel der Fortzüge ins Ausland ging in ein außereuropäisches Land.

Ob es sich bei diesen Zahlen tatsächlich und auch in diesem Umfang um dauerhafte Fortzüge im Sinne von »Auswanderung« handelt, ist mehr als fraglich. In der amtlichen Wanderungsstatistik liegen keine Informationen darüber vor, inwieweit die dort dokumentierten Zu- und Fortzüge mit dauerhafter Ein- oder Auswanderung gleichgesetzt werden können; der Gesetzgeber sieht die Erfassung von Merkmalen, die Hinweise auf Motive oder Dauer eines Auslandsaufenthalts geben können, nicht vor.

Gleichwohl ist davon auszugehen, dass ein Teil der Fortzüge von Deutschen ins Ausland nur vorübergehende Aufenthalte sind (etwa aus beruflichen Gründen), denen nach gewisser Zeit eine Rückkehr nach Deutschland folgt. Das legen nicht zuletzt die Zahlen über die Zuzüge von Deutschen aus dem Ausland nach Baden-Württemberg nahe. So kehrten zwischen 2000 und 2005 insgesamt knapp 105 000 deutsche Staatsbürger aus dem Ausland zurück. Diese Zahl enthält nicht den Zuzug von Spätaussiedlern. Auch wenn die Bilanz aus Zu- und Fortzügen in diesem Zeitraum insgesamt ein Minus von rund 13 000 Deutschen aufweist, so zeigen die Wanderungsströme im Einzelnen, dass es zwischen Baden-Württemberg und dem Ausland eher einen Wanderungsaustausch gibt als eine einseitige »Auswanderung«. Stellt man den Fortzügen seit 2000 die Zahl der »Rückkehrer« nach Baden-Württemberg gegenüber, so ergibt sich per saldo der größte Wanderungsverlust gegenüber der Schweiz; dorthin zogen rund 13 000 Baden-Württemberger mehr, als Deutsche von dort ins Land zurückkehrten. Demgegenüber fallen die Wanderungsverluste gegenüber den USA und Österreich mit jeweils etwas mehr als 2 000 Deutschen innerhalb von 6 Jahren deutlich weniger ins Gewicht. Auch gegenüber Großbritannien (knapp - 300) und Australien (rund - 800) erreichten die Nettoabwanderungen bislang keine nennenswerte Größenordnung.

Der Blick in die Datenquellen des Auslands bringt keine weitere Aufklärung zur Frage, ob immer mehr Deutsche auswandern. Die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) geht davon aus, dass rund 900 000 deutsche Staatsbürger gegenwärtig in 25 der 29 anderen Mitgliedsstaaten der OECD leben. Insgesamt haben nach Angaben der OECD etwa 3 Mill. in Deutschland geborene Personen ihren Wohnsitz in einem der übrigen OECD-Länder, mit etwa 1,2 Mill. die relativ meisten in den USA. Dabei dürfte es sich jedoch überwiegend um Personen handeln, die heute nicht mehr die deutsche Staatsbürgerschaft besitzen.