:: 10/2007

Berufliche Perspektiven von Fachhochschulabsolventen

Ergebnisse einer Online-Befragung

Angesichts steigender Zahlen an Studienberechtigten in den nächsten Jahren und des »doppelten Absolventenjahrgangs« im Jahr 2012, wird es immer wichtiger, die Hochschulausbildung am Bedarf des Arbeitsmarktes auszurichten und Daten für den Übergang vom Studium ins Berufsleben bereitzustellen. Das Datenangebot der amtlichen Statistik über den Hochschulbereich deckt zwar zahlreiche Fragestellungen ab, liefert aber keine Anhaltspunkte über den Wechsel der Studenten ins Berufsleben und deren beruflichen Karriere. Um diese Datenlücke zu schließen, beauftragten das Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst sowie die Hochschule für Technik Stuttgart (HfT), die Hochschule für Wirtschaft und Umwelt Nürtingen-Geislingen (HfWU) und die Hochschule Mannheim (HS Mannheim) das Statistische Landesamt mit einer Absolventenbefragung. Im Rahmen dieser Studie wurden rund 3 000 Absolventen, die einen Abschluss an einer der drei Hochschulen gemacht hatten, befragt.

Nach den Ergebnissen dieser Untersuchung haben Absolventen von Fachhochschulen gute Chancen auf dem Arbeitsmarkt. Von den insgesamt 850 Absolventen, die sich an der Studie beteiligten, waren 90 % zum Zeitpunkt der Befragung erwerbstätig und nur 5 % auf Arbeitssuche. Mehr als zwei Drittel der Absolventen waren nach ihrer Selbsteinschätzung mit ihrer Erwerbstätigkeit in hohem Maße oder überdurchschnittlich zufrieden.

Erhebung als Online-Befragung

Die Erhebung wurde als Online-Befragung durchgeführt. Die Absolventen wurden durch die Hochschule per Brief auf die Befragung hingewiesen. Mit dem Anschreiben der Hochschule erhielten die Absolventen eine Kennung und ein Passwort, mit dem sie sich über das Internet auf der Homepage des Statistischen Landesamtes einloggen konnten, um rund 60 Fragen anonym zu beantworten. Der Fragenkatalog befasste sich überwiegend mit dem Übergang vom Studium in den Beruf und mit dem abgeschlossenen Studium. Das Frageprogramm war gemeinsam mit den drei Hochschulen entwickelt worden.

Von Oktober bis Dezember 2006 gaben 850 der rund 3 000 angeschriebenen Absolventen eine Antwort ab, davon entfielen 375 auf den Abschlussjahrgang 2002 und 475 auf den Jahrgang 2005. Rund 320 Briefe konnten aufgrund von Adressänderungen nicht zugestellt werden. Ohne Berücksichtigung dieser Antwortausfälle hatte sich damit fast ein Drittel der Absolventen an der Umfrage beteiligt. Die HfT Stuttgart wies mit 47 % die höchste Rücklaufquote auf, gefolgt von der HfWU Nürtingen mit 28 % und der HS Mannheim mit 24 %. Eine Hochrechnung der eingegangenen Meldungen auf die Grundgesamtheit der Absolventen der beiden Jahrgänge war wegen fehlender Ausgangsdaten nicht möglich. Die Repräsentativität ist insofern eingeschränkt. Dies muss bei der Interpretation der Ergebnisse beachtet werden.

84 % der Absolventen waren studienadäquat tätig

Ein Drittel der 850 beteiligten Absolventen waren Frauen. Ausländische Staatsangehörige waren nur mit einem geringen Anteil von 5 % an der Erhebung vertreten. Unter den 46 von den Absolventen gewählten Studiengängen dominierte mit 90 % Anteil die Abschlussart »Diplom«, daneben spielte nur der Masterabschluss noch eine Rolle.

Zu den Studiengängen mit 20 und mehr Absolventen gehörten Diplomstudiengänge mit folgenden Fachrichtungen:

Betriebswirtschaftslehre173
Architektur115
Bauingenieurwesen89
Landschaftsarchitektur47
Agrarwirtschaft31
Biotechnologie29
Vermessungswesen und Geoinformatik29
Mathematik27
Wirtschaftsingenieurwesen26
Energie- und Recycling-Management20
Verfahrenstechnik20

Zum Zeitpunkt der Befragung waren 90 % der Absolventen berufstätig (Schaubild 1). 84 % der Absolventen übten eine Tätigkeit aus, für die ein akademischer Abschluss notwendig bzw. verlangt worden war. Somit hatten fast alle Absolventen eine studienadäquate Berufstätigkeit gefunden. 5 % der Absolventen waren zum Zeitpunkt der Befragung auf Arbeitssuche. Weitere 5 % der Absolventen waren nicht erwerbstätig, weil sie beispielsweise ein weiteres Studium begonnen hatten, promovierten oder sich in Elternzeit befanden. Zum Zeitpunkt der Befragung suchten nur noch wenige Absolventen der Jahrgänge 2005 und 2002 einen Arbeitsplatz. So betrug beim Abschlussjahrgang 2005 der Anteil der Arbeitssuchenden 6 %, beim Jahrgang 2002 lediglich noch 3 %.

Über die Hälfte der Absolventen verdient in ihrer derzeitigen Tätigkeit zwischen 30 000 und 50 000 Euro im Jahr

Nach den Ergebnissen der Studie kam über die Hälfte der Absolventen auf ein Bruttojahreseinkommen zwischen 30 000 und 50 000 Euro. Weitere 13 % verdienten zwischen 50 000 und 70 000 Euro und 3 % sogar über 70 000 Euro. Dagegen war der Anteil der Geringverdiener, die weniger als 20 000 Euro verdienten, mit einem Anteil von 10 % relativ gering. Die Einkommen des Jahrgangs 2002 liegen erwartungsgemäß höher (Schaubild 2). Gegenüber dem Jahrgang 2005 ist besonders der Anteil der Einkommensklassen mit mehr als 50 000 Euro gestiegen.

Die höchsten Verdienste hatten in einer Betrachtung nach Studiengängen mit mehr als 20 beteiligten Absolventen die Wirtschaftsingenieure, gefolgt von den Betriebswirten, Verfahrensingenieuren und Mathematikern. Über ein durchschnittliches Einkommen verfügten die Absolventen der Studiengänge Vermessungs- und Bauingenieurwesen bzw. Biotechnologie. Unter dem Durchschnitt lagen die Verdienste der Landschaftsarchitekten, Architekten und Agraringenieure.

Auch nach dieser Studie verdienen Frauen mit der gleichen Ausbildung weniger als Männer. In den Gehaltsklassen mit mehr als 40 000 Euro sind Frauen seltener vertreten als Männer. Es liegt nicht nur an der Studienwahl, die Frauen in schlechter bezahlte Berufe führen, sondern wohl auch daran, dass Frauen ihre Berufszufriedenheit nicht so stark vom Verdienst abhängig machen. So waren zum Beispiel die Frauen des paritätisch besetzten Studiengangs Betriebswirtschaftslehre trotz geringerem Einkommen fast genauso zufrieden mit ihrer Er-werbstätigkeit wie die Männer.

Internet gewinnt für die Bewerbung um eine Arbeitsstelle an Bedeutung

Die erfolgreichste Bewerbungsmethode bestand darin, mit dem Arbeitgeber direkt Kontakt aufzunehmen bzw. das Internet zu nutzen. Auch ein Praktikum oder Beziehungen zu Verwandten und Bekannten spielten bei der erfolgreichen Suche nach der ersten Stelle eine beachtliche Rolle. Erst auf dem 5. Rang folgt der klassische Weg über eine Annonce in der Zeitung. Eine Unterscheidung nach Jahrgängen zeigt, dass das Internet allein innerhalb dieser 3 Jahre bei der Stellensuche eine immer größere Bedeutung gewonnen hat (Schaubild 3). So fanden 23 % der Absolventen des Jahrgangs 2005 eine Beschäftigung über das Internet – fast doppelt so viele wie beim Jahrgang 2002.

Die meisten Fachhochschulabsolventen sind mit Erwerbstätigkeit und Studium sehr zufrieden

Mehr als zwei Drittel der Absolventen waren nach eigener Einschätzung mit ihrer Arbeit in hohem Maße oder überdurchschnittlich zufrieden. Weitere 19 % waren durchschnittlich zufrieden und nur 8 % waren mit ihrer derzeitigen Erwerbstätigkeit unterdurchschnittlich oder gar nicht zufrieden. Zwischen den beiden Jahrgängen gibt es bezüglich dieser Einschätzung kaum Unterschiede.

Von den 715, die eine studienadäquate Tätigkeit gefunden haben, waren 70 % unbefristet beschäftigt, 18 % hatten einen Zeitvertrag und jeder Zehnte war selbstständig. Ferner absolvierten einige der Befragten ein Referendariat, ein Trainee-Programm oder arbeiteten im Rahmen eines Werkvertrages. Der Anteil an Zeitverträgen ist unter den Absolventen des Jahrgangs 2002 mit einem Anteil von 8 % wesentlich geringer als im Abschlussjahr 2005 mit 26 %.

Von den 850 Absolventen waren knapp 60 % mit ihrem Studium überdurchschnittlich, und 9 % waren sogar in hohem Maße zufrieden (Schaubild 4). Im Mittelfeld der Zufriedenheitsskala bewegten sich weitere 25 %. Dagegen betrug der Anteil der unzufriedenen bzw. gar nicht zufriedenen Absolventen etwas mehr als 6 %. Das insgesamt gute Urteil der Absolventen fiel für den Jahrgang 2002 noch etwas besser aus als für den Jahrgang 2005. Die hohe Zufriedenheit der Absolventen mit ihrem Studium kommt auch dadurch zum Ausdruck, dass mehr als zwei Drittel der Absolventen den gleichen Studiengang an derselben Hochschule noch einmal wählen würden.

Trotz hoher Zufriedenheit mit dem Studium machten die Absolventen zahlreiche Verbesserungsvorschläge. Insgesamt wurden von rund 820 Absolventen 2 300 Verbesserungen vorgeschlagen (Schaubild 5). Der am häufigsten genannte war: »Mehr Befähigung zum Umsetzen von Wissen in praktisches Handeln«, dicht ge-folgt von der Forderung nach: »Mehr Praxisbezug bzw. Anwendung von Fachwissen«. Am dritthäufigsten wurde genannt: »Mehr Angebote zur Berufsorientierung und Bewerbungsstrategien« Darin dürfte zum Ausdruck kommen, dass die Suche nach einer Erwerbstätigkeit für bestimmte Absolventengruppen schwierig ist. Demgegenüber sind die Forderungen nach einer »besseren Konzeption des Studienangebots«, »mehr Wissenschaftlichkeit«, »besseren Infrastruktur an der Hochschule« oder nach einer »besseren Betreuung im Praxissemester« weniger wichtig für die Absolventen.

Zahlreiche Absolventen können einen zweiten Studienabschluss vorweisen

Neben der abgeschlossenen Hochschulausbildung an einer der beteiligten Hochschulen (im folgenden Anschreibestudium genannt) können viele Absolventen noch eine weitere akademische Ausbildung vorweisen. Erfragt wurden zusätzliche Studienaktivitäten, Promotionen und sonstige akademischen Berufsausbildungen, für die ein Studienabschluss vorausgesetzt wird, wie zum Beispiel ein Referendariat, ein Trainee-Programm oder den Vorbereitungsdienst für die gehobene Vermessungslaufbahn im Staatsdienst. Insgesamt wurden von 206 der 850 Absolventen Zusatzqualifikationen gemeldet. Über die Hälfte waren erfolgreich abgeschlossen, weitere 16 % zum Zeitpunkt der Befragung noch nicht beendet und knapp 33 % ohne Abschluss abgebrochen worden. Von den abgeschlossenen und noch nicht beendeten Zusatzqualifikationen betrafen 81 % ein Studium, 10 % eine akademische Berufsausbildung und 8 % eine Promotion. Die akademischen Berufsausbildungen und Promotionen wurden fast ausschließlich nach dem Anschreibestudium begonnen und waren meistens zum Zeitpunkt der Befragung noch nicht beendet. Die meisten erfolgreich beendeten Zusatzqualifikationen betrafen ein weiteres Studium, das vor dem Anschreibestudium abgelegt worden war.

Interessant ist auch, dass drei Viertel der Absolventen vor oder während des Anschreibestudiums schon Berufserfahrung gesammelt hatten. So waren 61 % der Absolventen während ihrer Studienzeit erwerbstätig und 54 % gaben an, vor der Studienzeit eine Erwerbstätigkeit ausgeübt zu haben. Im Durchschnitt betrug die Tätigkeitsdauer während des Studiums 14 Monate und vor dem Studium rund 29 Monate.