:: 11/2007

Voraussichtliche Entwicklung der Erwerbspersonenzahl bis 2025

Modellrechnung für die Stadt- und Landkreise Baden-Württembergs

Der demografische Wandel hat Konsequenzen für praktisch alle gesellschaftlichen Bereiche. Neben den Auswirkungen auf die Kinderbetreuung und den Bildungsbereich, das Gesundheitswesen und die Rentenversicherung stehen auch die Konsequenzen für die Entwicklung des Erwerbspersonenpotenzials im Blickpunkt des Interesses. Dabei wirft die Alterung der Bevölkerung und die erwartete Bevölkerungsabnahme die Frage auf, ob künftig von einem steigenden oder sinkenden Arbeitskräfteangebot auszugehen ist.

Unter der Annahme moderat steigender Erwerbsquoten – insbesondere bei den Frauen – ist für Baden-Württemberg noch bis zum Jahr 2015 mit einem Anstieg des Arbeitskräfteangebots um 430 000 auf dann 5,9 Mill. zu rechnen. Im Zeitraum 2015 bis 2025 würde die Zahl der Erwerbspersonen zurückgehen, aber immer noch um gut 50 000 über dem Niveau von 2005 liegen.

Regional wird diese Entwicklung voraussichtlich recht unterschiedlich verlaufen: Am stärksten könnte die Erwerbspersonenzahl im Landkreis Biberach sowie in Ulm und Baden-Baden ansteigen; dagegen könnte die Erwerbspersonenzahl insbesondere im Landkreis Heidenheim, in Mannheim sowie im Rhein-Neckar-Kreis abnehmen. Diese Entwicklung wird von einer flächendeckenden Alterung des Arbeitskräftepotenzials begleitet werden.

Im Jahr 2005 gab es in Baden-Württemberg 5,48 Mill. Erwerbspersonen, die sich aus rund 5,09 Mill. Erwerbstätigen und 387 000 Erwerbs-losen zusammensetzen (i-Punkt). Die Erwerbspersonenzahl hat sich damit innerhalb eines Jahrzehnts um 370 000 oder 7 % erhöht. Das Plus war dabei bei den Frauen viermal so stark wie bei den Männern (+ 12,9 % gegenüber + 3,1 %). Dennoch liegt die Erwerbsquote der Männer – das heißt der Anteil der Erwerbspersonen an der Bevölkerung im Alter von 15 Jahren bis 65 Jahren – mit knapp 83 % weiterhin deutlich über der der Frauen (68 %). Die Erwerbsbeteiligung der Bevölkerung insgesamt im Alter von 15 bis unter 65 Jahren lag zuletzt bei 75 %, 1995 noch bei 73 %.

Die rechnerisch ermittelten regionalen Unterschiede in der Erwerbsbeteiligung sind relativ moderat; die Spannweite bei den 44 Stadt- und Landkreisen Baden-Württembergs reicht von 72 % bis 80 % (vgl. i-Punkt): Die höchsten Quoten mit jeweils mehr als 77 % weisen die eher ländlich strukturierten Kreise Tuttlingen, Emmendingen, Heidenheim, Sigmaringen sowie der Schwarzwald-Baar-, der Zollernalb-und der Ortenaukreis auf. Am geringsten ist die Erwerbsbeteiligung in den universitär geprägten Kreisen Tübingen und Heidelberg. In Heidelberg resultiert dieses Ergebnis aus einer sehr geringen Erwerbsbeteiligung der Männer, während die der Frauen sogar höher als landesweit ist.

Bevölkerung im erwerbsfähigen Alter und Erwerbsbeteiligung determinieren die künftige Erwerbspersonenzahl

Die künftige Erwerbspersonenzahl ist von zwei Faktoren abhängig: Zum einen von der Entwicklung und altersstrukturellen Zusammensetzung der Bevölkerung im erwerbsfähigen Alter; zum anderen vom erwarteten Trend bei der Erwerbsbeteiligung.

Bei Konstanz der derzeitigen Erwerbsbeteiligung würde das Arbeitskräfteangebot aufgrund der zu erwartenden Bevölkerungsentwicklung1 in allen 44 Stadt- und Landkreisen bis zum Jahr 2025 zurückgehen. Am stärksten wäre der Rückgang in Mannheim sowie im Landkreis Heidenheim mit jeweils 11 %. Relativ moderat würde die Erwerbspersonenzahl im Landkreis Biberach sowie in Ulm zurückgehen (jeweils – 3 %).

Eine Konstanz der Erwerbsbeteiligung ist jedoch unwahrscheinlich. Vielmehr ist zu erwarten, dass die Erwerbsquoten aus folgenden Gründen in den nächsten Jahren ansteigen werden:2

  • Der Einstieg in das Berufsleben wird aufgrund der Verkürzung der Gymnasialzeit und der angestrebten Straffung der Studienzeiten durch Bachelor- bzw. Masterstudiengänge künftig früher erfolgen;
  • Das Renteneintrittsalter soll stufenweise angehoben werden;
  • Die Erwerbsquoten der Frauen werden sich – wie bereits in der Vergangenheit – tendenziell weiter an die (höheren Werte) der Männer angleichen. Dieser Trend wird sich in Zukunft wahrscheinlich noch verstärken, denn der angestrebte Ausbau von Krippenplätzen und Ganztagesbetreuung gibt Frauen in Zukunft zunehmend die Möglichkeit Berufstätigkeit und Familie zu verbinden. Das neue Unterhaltsrecht, enthält darüber hinaus die Verpflichtung Geschiedener sich stärker als bisher selbst um ihr Auskommen zu kümmern.

Höchster Anstieg der Erwerbspersonenzahl im Landkreis Biberach

Unter der Annahme eines moderaten Anstiegs der Erwerbsquoten (siehe i-Punkt), wird die Erwerbspersonenzahl in Baden-Württemberg bis zum Jahr 2015 um 430 000 auf dann 5,91 Mill. ansteigen. Im Zeitraum 2015 bis 2025 könnte die Zahl der Erwerbspersonen auf 5,53 Mill. zurückgehen; das Arbeitskräfteangebot würde dann aber immer noch um gut 50 000 über dem Niveau von 2005 liegen.

Regional wird die Entwicklung der Erwerbspersonenzahl bis 2025 recht unterschiedlich verlaufen: Die höchsten Zuwächse könnten der Landkreis Biberach sowie Ulm und Baden-Baden mit + 6 % bzw. + 5 % gegenüber 2005 erzielen. Dagegen würde in immerhin 14 der 44 Stadt- und Landkreise die Erwerbspersonenzahl bis zum Jahr 2025 zurückgehen, am stärksten im Landkreis Heidenheim, in Mannheim sowie dem Rhein-Neckar-Kreis. Entscheidender Grund für diese regionalen Unterschiede sind die in der Bevölkerungsvorausrechnung berechneten Veränderungen der Bevölkerungszahl im erwerbsfähigen Alter (vgl. i-Punkt ).

Die ansteigende Erwerbsbeteiligung hätte – trotz der zurückgehenden Bevölkerungszahl im Erwerbsfähigenalter – zur Folge, dass im Jahr 2015 in allen Kreisen und im Jahr 2025 in den meisten Kreisen des Landes die Lasten der sozialen Sicherungssysteme auf mehr Schultern verteilt sein werden: Derzeit liegt der landesweite Anteil der Erwerbspersonen an der Gesamtbevölkerung bei 51 %; im Jahr 2015 läge dieser Anteil bei 55 % und im Jahr 2025 immerhin noch bei 52 %. Von den 44 Stadt- und Landkreisen hätten dann Stuttgart, Heidelberg sowie Freiburg im Breisgau mit 55 % bzw. 56 % den höchsten Anteil, die Landkreise Karlsruhe und Rastatt mit 49 % die niedrigsten Werte.3

Die Unternehmen in Baden-Württemberg müssen sich darauf einstellen, dass ihre Belegschaften künftig aus mehr älteren Arbeitnehmern bestehen werden. Derzeit liegt der Anteil der 50-Jährigen und Älteren landesweit bei gut 25 %; in Baden-Baden sind es sogar 30 %, in den universitär geprägten Kreisen Freiburg, Tübingen und Heidelberg dagegen nur bei 22 bzw. 23 % . Im Jahr 2025 werden in Baden-Württemberg voraussichtlich 35 % der Erwerbspersonen zu dieser Altersgruppe gehören, in den Landkreisen Biberach, Ravensburg, Breisgau-Hochschwarzwald und dem Bodenseekreis sowie in Baden-Baden werden es sogar 37 % bzw. 38 % sein. Diese Entwicklung bedeutet, dass Innovationen und die Bewältigung des technischen, wirtschaftlichen und sozialen Wandels künftig mehr als bisher auch von einer älteren Erwerbsbevölkerung getragen werden müssen.

Alles in allem: Erwerbspersonenzahl könnte in den nächsten Jahren weiter steigen

Die Einwohnerzahlen in Baden-Württemberg werden voraussichtlich nur noch bis zum Jahr 2011 ansteigen, um danach stetig zurückzugehen. Auch die Bevölkerung im erwerbsfähigen Alter von 15 bis unter 65 Jahren wird ab 2013 kontinuierlich abnehmen. Allerdings ist zu erwarten, dass künftig die Erwerbsbeteiligung ansteigen wird, sodass in den meisten Kreisen des Landes das Erwerbspersonenpotenzial sogar noch bis zum Jahr 2025 zunehmen könnte.

So gesehen ist nicht zu erwarten, dass es in den nächsten Jahren zu einem Arbeitskräftemangel kommt. Andererseits verkürzt diese rein quantitative Betrachtung die zu erwartenden Entwicklungen auf dem Arbeitsmarkt: Gerade in Zeiten der Globalisierung und des damit steigenden internationalen Konkurrenzdrucks wird es immer stärker auf ein ausreichend qualifiziertes Arbeitskräftepotenzial ankommen; Berechnungen zeigen, dass es trotz weiterhin steigender Erwerbspersonenzahlen zu einem Fachkräftemangel kommen könnte.4

1 Zugrunde gelegt wurde die aktuelle regionalisierte Bevölkerungsvorausrechnung auf der Basis 2005; vgl. Dominé, Attina/Schwarck, Cornelia: Neue regionalisierte Bevölkerungsvorausrechnung bis 2025 für Baden-Württemberg, in: Statistisches Monatsheft Baden-Württemberg 6/2007, S. 8 ff.

2 Vgl. hierzu ausführlicher: Hin, Monika/Schmidt, Sabine: Alternde Erwerbsbevölkerung: Problem oder Chance für den Wirtschaftsstandort Baden-Württemberg?, in: Statistisches Monatsheft Baden-Württemberg 4/2007, S. 9 ff. (Zitierweise: Hin, Monika/Schmidt, Sabine: Alternde Erwerbsbevölkerung).

3 Insbesondere das Ergebnis für Heidelberg scheint im Widerspruch zu der auf Seite 29 gemachten Aussage zu stehen, dass hier die Erwerbsbeteiligung zu den landesweit niedrigsten gehört. Der scheinbare Widerspruch erklärt sich dadurch, dass in Heidelberg der Anteil der Bevölkerung im nicht-erwerbsfähigen Alter (unter 15-Jährige sowie 65-Jährige und Ältere) an der Gesamtbevölkerung am geringsten ist.

4 Vgl. beispielsweise Hin, Monika/Schmidt, Sabine: Alternde Erwerbsbevölkerung, S. 15 f.