:: 11/2007

20 Jahre Arbeitsmarkt in Baden-Württemberg (Teil II)

Arbeitsplatzdichte in den letzten 20 Jahren in 36 der 44 Stadt- und Landkreise gestiegen

Wie in der Monatsheft-Ausgabe 10/2007 berichtet, hat sich die Zahl der Arbeitsplätze in Baden-Württemberg in den letzten 20 Jahren um mehr als 900 000 von rund 4,5 auf 5,4 Mill. erhöht.1 Es waren vor allem Landkreise, die an dieser positiven Entwicklung großen Anteil hatten. Dennoch gibt es in den Stadtkreisen nach wie vor ein großes Angebot an Arbeitsplätzen. In Teil II der Reihe von vier Monatsheft-Beiträgen zum Thema »20 Jahre Arbeitsmarkt in Baden-Württemberg« steht die Auswertung weiterer Arbeitsmarktindikatoren wie die Versorgung mit Arbeitsplätzen und die Arbeitslosigkeit in den Stadt- und Landkreisen im Mittelpunkt.

Danach stehen in den Stadtkreisen häufig vor Ort rein rechnerisch mehr Arbeitsplätze zur Verfügung, als von den dort lebenden Einwohnern im erwerbsfähigen Alter zwischen 15 und 65 Jahren nachgefragt werden könnten. Stadtkreise üben daher über die Stadtgrenzen hinaus eine besondere Anziehungskraft auf Arbeitnehmer aus, sodass diese oft weite Strecken zurücklegen, um als Einpendler zu ihren Arbeitsplätzen zu gelangen. Trotz des vergleichsweise hohen Arbeitsplatzangebots in den Stadtkreisen ist die Arbeitslosigkeit dort jedoch überdurchschnittlich hoch. Offensichtlich stimmen die Anforderungsprofile der Arbeitgeber und die Qualifikationen und/oder beruflichen Wünsche der dort lebenden Einwohner nicht immer überein.

Region Mittlerer Oberrhein und Stadtkreis Ulm haben höchste Arbeitsplatzdichte

Innerhalb des Landes stehen die 9 Stadtkreise 1985 wie 2005 hinsichtlich des »Versorgungsgrads der Bevölkerung mit Arbeitsplätzen« an der Spitze. Dieser wird durch die sogenannte Arbeitsplatzdichte, also der Zahl der Erwerbstätigen am Arbeitsort (Zahl der Arbeitsplätze) je 1 000 Einwohner im erwerbsfähigen Alter zwischen 15 und 65 Jahren, ausgedrückt. Im Stadtkreis Ulm kamen im Jahr 2005 rein rechnerisch 1 250 Arbeitsplätze auf 1 000 Einwohner im erwerbsfähigen Alter und in weiteren 6 Stadtkreisen, allen voran im Stadtkreis Baden-Baden und im Stadtkreis Stuttgart, gab es ebenfalls mehr Arbeitsplätze als Einwohner im erwerbsfähigen Alter und damit eine rechnerische »Überversorgung« (Schaubild, Tabelle). Insgesamt hat sich die Arbeitsplatzdichte in den letzten 20 Jahren in 36 Kreisen erhöht. Die Stadtkreise stehen zwar an der Spitze der potenziellen Versorgung mit Arbeitsplätzen, allerdings hat sich – auf geringerem Niveau – die Versorgung in den Landkreisen prozentual stärker verbessert (+ 13 % gegenüber + 5 % bei den Stadtkreisen). Im Rhein-Neckar-Kreis stieg die Arbeitsplatzdichte im Zeitraum 1985 bis 2005 mit + 41 % landesweit am stärksten, gefolgt vom Enzkreis mit + 30 % und den Landkreisen Karlsruhe und Heilbronn mit + 26 bzw. + 22 %. Das Niveau der Arbeitsplatzdichte lag 2005 im Rhein-Neckar-Kreis und im Enzkreis mit 569 bzw. 570 Erwerbs-tätigen je 1 000 Einwohner im erwerbsfähigen Alter gemessen am Stadtkreis Ulm, dem Kreis mit der höchsten Arbeitsplatzdichte, jedoch nicht einmal halb so hoch. Im Zollernalbkreis ging die Arbeitsplatzdichte landesweit am stärksten zurück und betrug im Jahr 2005 noch 689.

Generell besitzen insbesondere die Stadtkreise wegen ihres vergleichsweise vielfältigen Arbeitsplatzangebots eine große Anziehungskraft auf das Umland, was in besonderem Maße gilt, wenn ein Stadtkreis nicht unmittelbar von weiteren konkurrierenden Zentren umgeben ist. Die Einpendlerquote, gemessen als Zahl der sozialversicherungspflichtig beschäftigten Einpendler je 100 sozialversicherungspflichtig Beschäftigte am Arbeitsort, liegt in allen Stadtkreisen über 50 %, das heißt, mehr als jeder zweite dort beschäftigte Arbeitnehmer pendelt aus einem anderen Kreis an seinen Arbeitsplatz. Im Stadtkreis Ulm lag die Einpendlerquote mit 66 % landesweit nach Heidelberg (68 %) am höchsten, in den Stadtkreisen Baden-Baden und Stuttgart etwas niedriger (65 bzw. 60 %). Insgesamt reichte die Spannweite der Einpendlerquoten von 68 % im Stadtkreis Heidelberg bis 12 % im Landkreis Konstanz.

Im Regionenvergleich hatte die Region Mittlerer Oberrhein im Jahr 2005 mit 821 Erwerbstätigen je 1 000 Einwohner im erwerbsfähigen Alter die höchste Arbeitsplatzdichte, gefolgt von der Region Stuttgart mit 808. Im Jahr 1985 war die Region Stuttgart noch an der Spitze des Rankings gestanden. Die vergleichsweise geringste Versorgung mit Arbeitsplätzen vor Ort hat die Region Nordschwarzwald mit einer Arbeitsplatzdichte von 660. In allen Regionen mit Ausnahme der Region Neckar-Alb hat sich allerdings die Situation gegenüber 1985 verbessert.

Stadtkreise mit den höchsten Arbeitslosenquoten

Die in den Stadtkreisen lebende Bevölkerung profitiert nur eingeschränkt von dem dort zur Verfügung stehenden großen Arbeitsplatzangebot. An der Spitze aller Kreise mit den landesweit höchsten Arbeitslosenquoten (bezogen auf alle zivilen Erwerbspersonen) waren im Jahr 2006 die 9 Stadtkreise zu finden, allen voran die Stadtkreise Pforzheim und Mannheim mit zweistelligen Arbeitslosenquoten von 11,0 und 10,9 % (Baden-Württemberg: 6,3 %). Dies und die vergleichsweise hohe Zahl an Einpendlern in den Stadtkreisen deuten darauf hin, dass die Anforderungsprofile der Arbeitgeber und die Qualifikationen und/oder beruflichen Wünsche der dort lebenden Einwohner nicht immer übereinstimmen. So leben beispielsweise in den Stadtkreisen vergleichsweise viele Menschen mit ausländischer Staatsangehörigkeit. Der Anteil der ausländischen Bevölkerung im Stadtkreis Stuttgart war im Jahr 2006 mit 23,4 % landesweit am höchsten, gefolgt vom Stadtkreis Mannheim (22,6 %) und dem Stadtkreis Heilbronn (20,1 %). Die ausländische Bevölkerung besitzt meist eine schlechtere berufliche Qualifikation und ist daher weitaus stärker von Arbeitslosigkeit betroffen. Nach Angaben der Bundesagentur für Arbeit lag die Arbeitslosenquote der Ausländer (bezogen auf die abhängigen zivilen Erwerbspersonen) im Jahr 2006 mit 15,2 % mehr als doppelt so hoch wie die Arbeitslosenquote insgesamt (7,1 %).

1 Kaiser, Monika: Zahl der Arbeitsplätze im Land in den letzten 20 Jahren um mehr als 900 000 gestiegen, in: Statistisches Monatsheft Baden-Württemberg 10/2007, S. 32 ff.