:: 4/2008

Bruttoanlageinvestitionen der Gesamtwirtschaft

Investitionen gehören zu den zentralen Größen im wirtschaftlichen Geschehen: Sowohl im kurzfristigen Konjunkturverlauf als auch in der Entwicklung der langfristigen Produktionskapazität einer Volkswirtschaft. So können die Investitionen direkten Einfluss auf die Konjunktur haben und damit Einkommens- und Beschäftigungseffekte auslösen. Investitionsaktivitäten liefern zudem Hinweise über das Vertrauen der Wirtschaftsakteure in die zukünftige Entwicklung, denn diese erfolgen grundsätzlich in der Hoffnung, dass sie später einmal Früchte tragen.

In Baden-Württemberg wurden im Jahr 2005 rund 56,6 Mrd. Euro in neue Sachanlagen investiert. Dies entspricht einem Anteil von 14,0 % an allen in Deutschland getätigten Investitionen. Im Vergleich der Bundesländer stellt Baden-Württemberg – hinter Nordrhein-Westfalen (19,9 %) und Bayern (18,6 %) – damit das drittgrößte Investitionsvolumen.

Die Investitionsbereitschaft hängt von einer Vielzahl verschiedener Faktoren ab. Hierzu zählen das aktuelle Zinsniveau auf dem Finanzmarkt, die erwartete Rendite geplanter Investitionen, das Preisniveau der Investitionsgüter sowie die Gewinnsituation der Unternehmen und deren Risikobereitschaft. Darüber hinaus beeinflussen die Konjunkturerwartungen – insbesondere die erwartete Nachfrage – und die staatlichen Rahmenbedingungen die Investitionsbereitschaft der Unternehmen. Auf Veränderungen folgen meist empfindliche Reaktionen, die sich unmittelbar auf die Investitionstätigkeit auswirken und sich in großen jährlichen Schwankungen niederschlagen. Dies wird besonders deutlich, wenn die Entwicklung der Investitionen im Konjunkturverlauf betrachtet wird.

Im Jahr 20051 beliefen sich die in Baden-Württemberg getätigten Bruttoanlageinvestitionen gemessen in jeweiligen Preisen2 auf insgesamt rund 54,8 Mrd. Euro. Dem Zugang an neuen Anlagen in Höhe von 56,6 Mrd. Euro stand ein Abgang an gebrauchten Anlagen von fast 1,8 Mrd. Euro gegenüber. Im Rahmen der neuen Anlagen wurden etwa 30,5 Mrd. Euro in neue Bauten sowie gut 26,1 Mrd. Euro in neue Ausrüstungen und sonstige Anlagen investiert (i-Punkt).

Bezogen auf alle in Deutschland getätigten Investitionen stellte Baden-Württemberg einen Anteil von 14,0 %. Im Vergleich dazu fiel der Anteil des Landes am gesamten Bruttoinlandsprodukt in Deutschland mit 14,5 % etwas höher aus. Während deutschlandweit für das Jahr 2005 ein preisbereinigter3 Anstieg von 1,0 % verzeichnet wurde, sank das Gesamtvolumen der Investitionen in Baden-Württemberg im Vergleich zum Jahr 2004 um 3,5 %. Dabei fiel der Rückgang bei den Bauinvestitionen etwas verhaltener als im Bundesdurchschnitt aus. Allerdings konnte eine Zunahme – wie deutsch-landweit um 5,5 % – bei den Ausrüstungen und sonstigen Anlagen hierzulande nicht erreicht werden. Vielmehr lagen die Ausrüstungsinvestitionen in Baden-Württemberg deutlich unter dem Niveau des Jahres 2004 (– 4,8 %). Dies ist vor allem auf die Entwicklung im Fahrzeugbau sowie in der DV-Branche zurück zu führen. Nach Jahren mit überdurchschnittlich hohem Investitionsvolumen wurde der Vorjahreswert in beiden Branchen deutlich unterschritten.

Dienstleistungsbereich größter Investor

In der Darstellung nach Wirtschaftsbereichen4 leistete der Dienstleistungsbereich mit einem Volumen in Höhe von 44,1 Mrd. Euro bzw. fast vier Fünfteln den größten Beitrag am Investitionsaufkommen des Südwestens. Zu berücksichtigen ist, dass in diesem Bereich auch das kapitalintensive Grundstücks- und Wohnungswesen enthalten ist. Weitere 11,8 Mrd. Euro entfielen auf das Produzierende Gewerbe und knapp 0,7 Mrd. Euro auf den Bereich der Land- und Forstwirtschaft, Fischerei. Im Vergleich zum Jahr 2004 konnte die Land- und Forstwirtschaft, Fischerei als einziger Wirtschaftsbereich einen Zuwachs an neuen Anlagen verbuchen. Insgesamt wurden im Jahr 2005 etwa 0,1 Mrd. Euro mehr investiert als noch ein Jahr zuvor. Aufgrund des geringen Beitrages dieses Wirtschaftsbereiches zur Wirtschaftsleistung wurde das Gesamtergebnis Baden-Württembergs jedoch kaum beeinflusst.

Investitionsschwäche im Produzierenden Gewerbe

Das Produzierende Gewerbe, das gut ein Fünftel der Gesamtinvestitionen in Baden-Württemberg stellte, verzeichnete im Jahr 2005 einen überdurchschnittlichen Rückgang von 7,7 %.

Produzierendes GewerbeInvestitionen in Mrd. EUR
20042005
Insgesamt12,811,8
Neue Bauten1,51,4
Neue Ausrüstungen und sonstige Anlagen11,310,4

Die Ausrüstungsinvestitionen – auf die sich der größte Teil des Investitionsgeschehens konzentrierte – gingen um 8,2 % und die Bauinvestitionen um insgesamt 4,2 % zurück. Dieses Ergebnis wurde hauptsächlich vom Investitionsverhalten des Verarbeitenden Gewerbes geprägt: Denn mit gut 10,0 Mrd. Euro entfielen 85,2 % aller im Produzierenden Gewerbe getätigten Investitionen auf diesen Wirtschaftsabschnitt. Im Verarbeitenden Gewerbe wurde im Vergleich zu den Vorjahreswerten deutlich weniger an Finanzmitteln für neue Ausrüstungen und neue Bauten – hauptsächlich bedingt durch die bereits erwähnte rückläufige Entwicklung im Fahrzeugbau – ausgegeben. Damit sind die Anlageinvestitionen des Verarbeitenden Gewerbes insgesamt um 8,8 % gesunken. Ebenso rückläufig waren die Anlageinvestitionen im Baugewerbe (−9,3 %) sowie im Wirtschaftsabschnitt Bergbau, Gewinnung von Steinen und Erden (−1,7 %).

Positive Signale innerhalb des Produzierenden Gewerbes gingen lediglich von der Energie- und Wasserversorgung aus: Hier sanken zwar die Bauinvestitionen, doch wurden die Ausrüstungsinvestitionen ausgeweitet, sodass im Jahr 2005 insgesamt ein preisbereinigter Zuwachs von 2,2 % an neuen Anlagen erreicht wurde.

Auch im Dienstleistungsbereich Investitionen rückläufig

Auch das Investitionsvolumen im Dienstleistungsbereich lag im Jahr 2005 um 2,8 % unter dem Vorjahreswert.

DienstleistungsbereichInvestitionen in Mrd. EUR
20042005
Insgesamt45,544,1
Neue Bauten29,328,8
Neue Ausrüstungen und sonstige Anlagen16,115,3

Hier gingen sowohl die Ausrüstungs- als auch die Bauinvestitionen zurück. Während in den drei Wirtschaftabschnitten des Dienstleistungsbereiches die Investitionen in neue Anlagen durchweg einen Rückgang aufwiesen, entwickelten sich die jeweiligen Ausrüstungs- und Bauinvestitionen unterschiedlich. So sind im Bereich der Finanzierung, Vermietung und Unternehmensdienstleister die Ausgaben für Ausrüstungen und sonstige Anlagen von 8,8 Mrd. Euro im Jahr 2004 auf 7,4 Mrd. Euro im Jahr 2005 gesunken. Die Ausgaben für neue Bauten stiegen dagegen von 20,1 Mrd. auf 21,3 Mrd. Euro an. Insgesamt bedeutete dies einen Rückgang des Investitionsvolumens um 0,9 %.

Dagegen investierten die öffentlichen und privaten Dienstleister wie auch der Bereich Handel, Gastgewerbe und Verkehr 10 % bzw. 11,6 % mehr in Ausrüstungen und sonstige Anlagen als im Vorjahr. Die rückläufige Entwicklung der Investitionen in neue Bauten führte jedoch auch in diesen beiden Bereichen zu einer Verringerung der Gesamtausgaben für neue Anlagen. So fiel das Investitionsvolumen für das Jahr 2005 im Bereich Handel, Gastgewerbe und Verkehr um 11,0 %, das der öffentlichen und privaten Dienstleister um 2,2 % niedriger aus als im Jahr 2004.

Investitionsquote auf niedrigstem Niveau seit 1991

Aufgrund der im Jahr 2005 rückläufigen Investitionen lag die Investitionsquote, die den Anteil der Bruttoanlageinvestitionen am Bruttoinlandsprodukt darstellt, in Baden-Württemberg im Jahr 2005 mit 17,0 % auf dem niedrigsten Stand seit 1991. Ähnlich niedrige Quoten wurden zuletzt im Jahr 2003 sowie im Jahr 1997 verzeichnet. Während sich die Durchschnittsquote der alten Bundesländer (ohne Berlin) ebenfalls auf 17,0 % belief, lag der Bundesdurchschnitt mit 17,4 % etwas über der Quote des Südwestens. Mit dem kräftigen Wirtschaftswachstum in den Jahren 2006 und 2007 dürften die Investitionen allerdings deutlich angestiegen sein, sodass auch wieder mit einem Anstieg der Investitionsquote gerechnet werden kann.5 Ebenso würden verstärkte Investitionsaktivitäten den für das langfristige Wirtschaftswachstum notwendigen Erneuerungs- und Erweiterungsprozess der Produktionsanlagen stützen.

Investitionsverhalten spiegelt Strukturwandel wider

Erfolgt die Differenzierung nach Wirtschaftsbereichen, so lässt sich auch bei den Investitionsaktivitäten ein Strukturwandel zugunsten der Dienstleistungsbereiche nachvollziehen. Sowohl im Produzierenden Gewerbe als auch im Bereich der Land- und Forstwirtschaft, Fischerei lagen die Investitionen im Jahr 2005 deutlich unter dem Niveau von 1991. Die Dienstleistungsbereiche verzeichneten in diesem Zeitraum hingegen einen preisbereinigten Zuwachs von 16 %. Besonders deutlich stiegen die Investitionsausgaben dabei im Handel, Gastgewerbe und Verkehr sowie in der Sparte Finanzierung, Vermietung und Unternehmensdienstleister. Folglich ist der Anteil der von den Dienstleistern getätigten Investitionen von 1991 auf 2005 erheblich gewachsen.

1 Die Investitionsrechnung des Arbeitskreises »Volkswirtschaftliche Gesamtrechnungen der Länder« basiert auf sehr umfangreichen und detaillierten Datenquellen, die zum Teil sehr spät vorliegen. Deshalb können erst mit einem Zeitverzug von gut 2 Jahren die Investitionsdaten für alle Wirtschaftsbereiche veröffentlicht werden.

2 Das heißt die Preisentwicklungen werden nicht berücksichtigt.

3 Aus methodischen Gründen werden die Veränderungsraten preisbereinigt angegeben, das heißt die Preisentwicklungen werden berücksichtigt.

4 Da die Transaktionen mit gebrauchten Anlagen zwischen den investierenden Wirtschaftsbereichen – mangels statistischer Unterlagen – nicht vollständig abgebildet werden können, erfolgt die Darstellung der Investitionen nach Wirtschaftsbereichen ausschließlich auf Grundlage der aufgewandten Mittel für den Erwerb neuer Anlagen.

5 Zur Investitionstätigkeit des Verarbeitenden Gewerbes im Jahr 2006 vgl. Hoffmann, Thomas: »Zur Entwicklung der Investitionen im Verarbeitenden Gewerbe seit 1995«, in: »Statistisches Monatsheft Baden-Württemberg 12/2007«