:: 4/2009

Forschungsdatenzentrum der Statistischen Landesämter

Aktuelle und zukünftige Entwicklungen

Das Forschungsdatenzentrum (FDZ) der Statistischen Landesämter mit 16 regionalen Standorten, darunter auch in Stuttgart, hat sich zu einem zentralen und für die Arbeit von zahlreichen Wissenschaftlern/-innen unverzichtbaren Bestandteil der informationellen Infrastruktur in Deutschland entwickelt. Dies ist eines der Kernergebnisse, zu denen die Gutachtergruppe zur Evaluation des FDZ der Statistischen Landesämter gekommen ist. Als Serviceeinrichtung bietet es der wissenschaftlichen Forschung Zugang zu amtlichen Mikrodaten. Insgesamt stehen mittlerweile Mikrodaten von 60 Statistiken aus nahezu allen Themenbereichen zur Verfügung. In mehr als 350 Forschungsprojekten ist bereits von dieser Möglichkeit Gebrauch gemacht worden. Am häufigsten werden Statistiken aus dem Bereich Mikrozensus und Bevölkerung nachgefragt, gefolgt von den Wirtschaftsstatistiken und dem Bereich Agrar und Umwelt. Die Bereiche Umwelt und Baugewerbe werden dabei fachlich vom FDZ-Standort Stuttgart betreut. Das FDZ der Länder wird noch bis Ende 2009 als Pilotprojekt vom Bundesministerium für Bildung und Forschung gefördert. Die Statistischen Ämter der Länder arbeiten daran, das FDZ über 2009 hinaus dauerhaft zu etablieren und die Serviceleistungen des FDZ der Länder zu sichern. Dieses Ziel wird auch von der Wissenschaft vehement unterstützt.

Breites und gut erreichbares Datenangebot für die Wissenschaft

Beginnend im Jahr 2001, wurden in den zurückliegenden Jahren in Deutschland leistungsfähige Forschungsdatenzentren bei verschiedenen Datenproduzenten (zum Beispiel den Statistischen Ämtern des Bundes und der Länder, der Bundesagentur für Arbeit und der Deutschen Rentenversicherung) aufgebaut. Diese bieten der empirischen Wissenschaft mit einem zwischenzeitlich breiten Dienstleistungsangebot eine umfassende und fundierte Datenbasis. Der Rat für Sozial- und Wirtschaftsdaten (RatSWD), ein unabhängiges Gremium von empirisch arbeitenden Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern sowie von Vertreterinnen und Vertretern wichtiger Datenproduzenten und Servicezentren, bringt in seinem letzten Jahresbericht deshalb auch zum Ausdruck, dass die Daten der amtlichen Statistik eine zentrale Basis für exzellente Grundlagenforschung und wissenschaftliche Politikberatung darstellen, die es zu erhalten und weiter auszubauen gelte. Durch die neu aufgebaute Infrastruktur, mit der der Wissenschaft der Zugang zu den Mikrodaten der amtlichen Statistik ermöglicht wird, haben sich die Bedingungen für länderübergreifende wissenschaftliche Analysen deutlich verbessert. Mikrodaten oder Einzeldaten sind die Originaldaten statistischer Erhebungen, die sich auf die einzelnen befragten Einheiten, zum Beispiel Personen oder Betriebe, beziehen.

Das FDZ der Statistischen Landesämter spielt dabei eine besondere Rolle, da etwa 250 Statistiken regelmäßig im Zuständigkeitsbereich der Landesämter durchgeführt werden. Und in ihrer Verantwortung liegt es, die statistischen Informationen dezentral zu erheben, aufzubereiten, auszuwerten, zu speichern und für weitere Zwecke zur Verfügung zu stellen.

Beim Aufbau der länderübergreifenden Datenbestände und der Zusammenstellung der für die Nutzer wichtigen Informationen (Metadaten) 1 haben sich die einzelnen Ämter der Länder auf fachliche Schwerpunkte spezialisiert. Mithilfe dieser effizienten Arbeitsteilung konnte ein fachlich breites Daten- und Metadatenangebot erstellt werden, das den hohen Qualitätsanforderungen der Wissenschaft genügt. Durch die Beteiligung aller Länder verfügt das FDZ der Statistischen Landesämter über 16 regionale Standorte und ist dadurch für alle Wissenschaftler/-innen auch räumlich gut erreichbar. Das komplette Datenangebot kann an allen diesen 16 Standorten genutzt werden. Dies ist insbesondere für die sogenannte On-Site-Nutzung (siehe i-Punkt) von großem Vorteil, da auf diese Weise die Auswertung sensibler Mikrodaten in den Räumen der Statistischen Ämter ermöglicht wird.

Das FDZ des Statistischen Bundesamts nimmt die entsprechenden Aufgaben für die zentral durchgeführten Statistiken wahr. So ergänzen sich die Tätigkeiten beider FDZ der amtlichen Statistik zu einem einheitlichen Dienstleistungsangebot.

Weitere Zunahme der Datennutzung 2008

Durch die weiter ausgebaute fachliche Breite des mittlerweile 60 Statistiken umfassenden Datenangebotes, aber auch durch die regionale Präsenz des FDZ, hat die Nutzung von amtlichen Mikrodaten durch die Wissenschaft im letzten Jahr weiter erheblich zugenommen. Im Jahr 2008 wurden beim FDZ der Statistischen Landesämter Mikrodaten für 157 Projekte beantragt. Gegenüber dem Vorjahr ist dies ein Plus von 15 %. Bereits 2007 war mit 134 Projekten gegenüber 2006 (89) eine beachtliche Steigerung erreicht worden (siehe Schaubild 1). Insgesamt wurde das Angebot des FDZ der Länder seit 2004 bereits in mehr als 470 Forschungsprojekten genutzt. Der FDZ-Standort Stuttgart hat bislang insgesamt ca. 40 Forschungsprojekte betreut, bei denen Statistiken aus verschiedensten Bereichen genutzt wurden. Allein im letzten Jahr starteten 10 neue Forschungsprojekte von Universitäten, Fachhochschulen und anderen wissenschaftlichen Instituten aus Baden-Württemberg am FDZ-Standort Stuttgart. Im Rahmen von 15 Projekten wurde der Gastwissenschaftlerarbeitsplatz im Statistischen Landesamt Baden-Württemberg genutzt. Für die anderen wurden sogenannte Scientific-Use-Files ausgewertet oder die kontrollierte Datenfeinverarbeitung genutzt (siehe i-Punkt). Die am häufigsten genutzten Statistiken sind mit 33 % der Mikrozensus und die Bevölkerungsstatistiken. Weitere 20 % der nachgefragten Datenbestände waren Wirtschaftsstatistiken, 12 % stammten aus Agrar- und Umweltstatistiken. Die übrigen Datenbestände bezogen sich auf die Bereiche Gesundheit (10 %), Steuern und Finanzen (9 %), andere Haushaltsbefragungen (7 %), Soziale Sicherung und Rechtspflege (4 %) sowie Bildung (4 %).

Neu im FDZ: »Investitionen für den Umweltschutz« …

Im Zuge der Spezialisierung der einzelnen Statistischen Landesämter auf fachliche Schwerpunkte hat der FDZ-Standort Stuttgart die Bereiche Umwelt- sowie Baugewerbestatistiken übernommen. Bereits in den Jahren 2004 und 2005 wurden die Mikrodaten zur Wasserversorgung und Abwasserbeseitigung im Öffentlichen Bereich sowie im Bereich des Verarbeitenden Gewerbes und der Energiewirtschaft in die zentrale Datenhaltung des FDZ aufgenommen2.

2008 wurde das Angebot um 2 umweltökonomische Erhebungen für zunächst jeweils 3 aktuelle Berichtsjahre erweitert. Während die »Erhebung der Investitionen für den Umweltschutz« wichtige Informationen zur Abbildung der Ausgabenseite von Umweltschutzmaßnahmen, das heißt zur Nachfrage nach Umweltschutzgütern aus der gewerblichen Wirtschaft liefert, bildet die »Erhebung der Waren-, Bau- und Dienstleistungen für den Umweltschutz« das für den Markt produzierte Angebot an Umweltschutzgütern ab.

Die »Erhebung der Investitionen für den Umweltschutz« dient der Beschaffung von Informationen über den Umfang, die Struktur und die Entwicklung der Investitionstätigkeit für den Umweltschutz im Produzierenden Gewerbe. Es handelt sich um eine jährliche Erhebung bei bundesweit höchstens 15 000 zu befragenden Unternehmen/Betrieben. Dabei sind die Umweltschutzinvestitionen diejenige Teilsumme der Gesamtinvestitionen, deren ausschließlicher oder überwiegender Zweck im Schutz der Umwelt vor schädlichen Einflüssen durch die Produktionstätigkeit liegt3. Die umweltschutzbezogenen Angaben sind in Verbindung mit einigen ökonomischen Merkmalen, wie zum Beispiel der Höhe der Gesamtinvestitionen, der Anzahl der Beschäftigten und der Höhe des Umsatzes für die selben Berichtseinheiten verfügbar.

… und »Waren-, Bau- und Dienstleistungen für den Umweltschutz«

Die jährliche »Erhebung der Waren und Dienstleistungen für den Umweltschutz« liefert Informationen über den Umfang, die Struktur und die Entwicklung der erstellten Waren, Bauleistungen und Dienstleistungen, die dem Umweltschutz dienen. Sie erfasst insbesondere die Erhebungsmerkmale Umsatz nach Art der Waren, der Bauleistung und der Dienstleistung, jeweils getrennt nach Abnehmern im Inland sowie in Ländern der Europäischen Union und im übrigen Ausland (ab 2006 nur noch nach inländischen Abnehmern und Abnehmern in anderen Ländern).

Die Informationen aus beiden Erhebungen, sowohl die Umweltschutzinvestitionen als auch die Umsätze mit Umweltschutzgütern, werden gegliedert nach verschieden Umweltbereichen dargestellt. Im Einzelnen sind dies die Bereiche Abfallwirtschaft, Gewässerschutz, Lärmbekämpfung, Luftreinhaltung, Naturschutz und Landschaftspflege sowie Bodensanierung. Ab dem Berichtsjahr 2006 sind auch Angaben zum Bereich Klimaschutz mit einbezogen. Dies erweitert das Analysepotenzial der Datenbestände im Hinblick auf die ökonomischen Auswirkungen von Umweltschutzaktivitäten beträchtlich.

Aktuelle Mikrodaten zum Baugewerbe

Darüber hinaus wurden im vergangenen Jahr weitere Berichtsjahre der Baugewerbestatistiken am FDZ-Standort Stuttgart zentralisiert und für die Wissenschaft aufbereitet. Seit Ende 2008 liegen die Mikrodaten des Monatsberichts im Bauhauptgewerbe für die Jahre 2003 bis 2007 sowie der Investitionserhebungen im Bauhaupt- und das Ausbaugewerbe für die Jahre 2003 bis 2006 komplett vor. Die Baustatistiken liefern mit den Daten zu Arbeitsentgelten, Arbeitsstunden und Umsätzen sowie Investitionstätigkeit einen umfassenden Einblick in die Struktur und Entwicklung der Baubranche. In diesem Jahr soll zusätzlich die Ergänzungserhebung im Bauhauptgewebe ins FDZ aufgenommen werden. Diese liefert grundlegende Erkenntnisse auch für kleinere Betriebe.

Verknüpfung von Wirtschafts- und Umweltdaten schafft erhöhtes Analysepotenzial

Der inhaltlichen Weiterentwicklung des Dienstleistungsangebotes im FDZ dient insbesondere auch das Projekt »Amtliche Firmendaten für Deutschland« (AFiD), mit dem Mikrodaten aus verschiedenen einzelnen Statistiken zu Paneldaten sowie statistikübergreifend verknüpft bzw. zusammengeführt werden. Die Mikrodaten der amtlichen Wirtschafts- und Umweltstatistiken standen für wissenschaftliche Analysen bisher nur im Querschnitt und unverknüpft zur Verfügung. Die Verknüpfung der Wirtschafts- und Umweltstatistiken soll zukünftig mithilfe des Unternehmensregisters erfolgen. Durch diese Verknüpfung wird das Analysepotenzial der Daten deutlich erhöht: Von der Wissenschaft könnten dann für einzelne Betriebe/Unternehmen zukünftig die Informationen aus verschiedenen Statistiken im fachlichen Kontext genutzt werden. Auch Analysen zeitlicher und themenübergreifender Entwicklungen werden erleichtert. Die Zusammenführung der Mikrodaten im Projekt AFiD erfolgt schrittweise. Für die Bereiche Landwirtschaft, Dienstleistungen und Verarbeitendes Gewerbe liegen bereits erste AFiD-Produkte vor. An diese Datenbestände können zusätzlich Merkmale der Verdienststrukturerhebungen und der Umweltstatistiken herangespielt werden. Datenschutz und statistisch garantierte Geheimhaltung bleiben stets gewahrt.

Vom FDZ-Standort Stuttgart wurde in einem ersten Schritt die Statistik über die Wasserversorgung und Abwasserbeseitigung im Bereich des Verarbeitenden Gewerbes für die Erhebungsjahre 1995, 1998, 2001 und 2004 im Quer- und Längsschnitt mit dem Betriebspanel verknüpft. Das Betriebspanel enthält ökonomische Informationen aus dem Monatsbericht für Betriebe im Produzierenden Gewerbe, der Investitions- sowie der Kleinbetriebserhebung. Mit diesem um das Umweltmodul Wasser erweiterten Datenbestand besteht die Möglichkeit, umweltrelevante Merkmale wie den Wasserverbrauch oder die Kreislaufnutzung von Betrieben nicht mehr isoliert, sondern im Zusammenhang mit betriebswirtschaftlichen Größen zu untersuchen.

An Stelle des Betriebspanels können die AFID-Umweltmodule auch mit dem AFiD-Panel »Industriebetriebe« verknüpft werden. Dieses erweitert das bestehende Betriebspanel um die Informationen aus der Produktionserhebung im Verarbeitenden Gewerbe. Dadurch ergeben sich weitere Analysemöglichkeiten, beispielsweise über den produktbezogenen Wasser- bzw. Ressourcenverbrauch.

In einem weiteren Schritt wird zurzeit das Betriebspanel mit den Merkmalen der umweltökonomischen Erhebungen, der »Investitionen für den Umweltschutz« und der »Waren und Dienstleistungen für den Umweltschutz« 2003 bis 2005 verknüpft, sodass die umweltökonomischen Merkmale im Kontext mit den allgemeinen betriebswirtschaftlichen Kosten- und Produktionsgrößen von Betrieben und Unternehmen analysiert werden können4.

Ausblick

Sowohl der Rat für Sozial- und Wirtschaftsdaten als auch der Statistische Beirat begrüßen nachdrücklich die vom FDZ der Statistischen Landesämter geschaffene informationelle Infrastruktur für die empirisch arbeitende Wissenschaft und möchten diese unter Beibehaltung aller vorhandenen Standorte dauerhaft erhalten wissen. Die Breite des Datenangebotes und die gute Erreichbarkeit begründen die offenbar große Zufriedenheit der wissenschaftlichen Nutzer. Regelmäßige Befragungen der Nutzer seitens des FDZ belegen, dass die Wissenschaftler mit den erbrachten Dienstleistungen durchweg zufrieden, rund zur Hälfte sogar voll und ganz zufrieden sind. Die Statistischen Ämter der Länder prüfen derzeit die Möglichkeiten einer dauerhaften Etablierung des FDZ der Länder, die seitens der Wissenschaft gefordert wird. Die Erhaltung der Basisinfrastruktur, die die Pflege des Daten- und Metadatenangebotes sowie die notwendige IT-Ausstattung umfasst, sowie deren inhaltliche Weiterentwicklung in den Statistischen Landesämtern ist für die Funktionalität des Forschungsdatenzentrums zwingend erforderlich.

Im Zuge der Bemühungen um die dauerhafte Etablierung des FDZ der Statistischen Landesämter werden derzeit insbesondere Fragen der zukünftigen Finanzierung der erforderlichen Arbeiten sowie Möglichkeiten einer weiteren Intensivierung der engen Zusammenarbeit mit dem FDZ des Statistischen Bundesamtes bis hin zu einer möglichen Zusammenlegung beider FDZ diskutiert.